Protocol of the Session on February 10, 2011

Genau. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit für eine Kurzintervention nutzen. Dass sich Herr Bandmann natürlich nichts sehnlicher als ein NPD-Verbot wünscht, ist klar. Das hängt einerseits mit seinem totalitären Staatsverständnis zusammen und andererseits damit, dass er sich eine unliebsame Rechtsopposition vom Hals halten will.

(Gelächter bei der CDU)

Herr Bandmann, in diesem Staat ist es noch so, dass eine Partei, die nichts Verbotenes tut, auch nicht verboten werden kann. Das Eintreten für die Interessen des deutschen Volkes ist in diesem Staat noch kein Verbotsgrund.

Wenn Sie schon so weihevoll die sächsische Landesverfassung zitieren, darf ich Sie darauf hinweisen, dass im Amtseid der sächsischen Minister die Rede davon ist, dass sie dafür eintreten, Schaden vom Volk abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren. Dort hebt man, auch wenn ein bisschen sonstiges rhetorisches Beiwerk dabei ist, aufs deutsche Volk ab. Das sollten Ihre Regierungsvertreter einmal zur Kenntnis nehmen. Bezugspunkt ist auch in der sächsischen Landesverfassung das Eintreten für die Interessen des eigenen Volkes.

Wenn wir gerade bei dem Thema sind – wir sprachen gestern schon darüber –: In einer Zeit, in der die offizielle

Arbeitslosenquote in Sachsen auf 12,3 % angestiegen ist und laut „Sächsische Zeitung“ 421 000 Sachsen arbeitssuchend sind – in einer solchen Zeit einer weiteren Zuwanderung das Wort zu reden, das ist arbeitnehmerfeindlich, es ist arbeitslosenfeindlich und es ist gegen die sozialen Interessen des eigenen Volkes gerichtet.

(Genau! und Beifall bei der NPD)

Bei 421 000 Arbeitssuchenden in Sachsen weitere Lohndrücker und Arbeitsplatzkonkurrenten ins Land holen zu wollen ist eine politische Schande.

(Beifall bei der NPD – Robert Clemen, CDU: So ein Blödsinn! – Peter Wilhelm Patt, CDU: Das deutsche Volk will Sie doch gar nicht!)

Kollege Bandmann, Sie wollen auf die Kurzintervention reagieren; bitte.

Ich möchte auf die Kurzintervention reagieren, Herr Präsident. – Herr Gansel, auch Ihnen dürfte bekannt sein, dass der Ausländeranteil in Sachsen zwischen 2 und 3 % liegt; der Anteil der Muslime in Sachsen ist unter 0,1 %.

(Holger Apfel, NPD: Deshalb müssen jetzt Hunderttausende reingeschwemmt werden!)

Die offenen Fachkräftestellen in den Ingenieurwissenschaften, in den Kliniken ist auch Ihnen hinlänglich bekannt. Wenn Sie sich einmal im Statistischen Landesamt die demografische Entwicklung, die Alterspyramide in Sachsen anschauen, dann können Sie sehen, in welchen Jahren welche Menschen überhaupt noch in der Lage sind, Arbeitsplätze in Sachsen zu besetzen.

(Dr. Johannes Müller, NPD: Was hat die CDU in den letzten 20 Jahren gemacht?)

Von daher ist es eine völlig undifferenzierte und einseitige Wahrnehmung, die Sie hier mit Parolen in den Saal schreien – denn vernünftig reden können Sie ja nicht. Sie können ja nicht argumentieren.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Zuruf von der NPD)

Sie versuchen als jemand, der hier immerhin das Gastrecht genießt – Herr Gansel, Sie sind ja auch erst nach Sachsen gekommen, Sie sind doch hier nicht groß geworden, wir haben Sie toleriert – –

(Holger Apfel, NPD: Da gibt es noch einige im Hause: Herrn Morlok …!)

Das ist doch das Problem. Auch Herr Apfel ist doch nicht in Sachsen groß geworden.

(Zurufe von der NPD)

Wenn man jetzt einmal in die Fakten greift: Selbst Sie haben einen Berater, der aus Schweden gekommen ist. Meinen Sie den, der jetzt auswandern soll? Meinen Sie diese Leute, die Sie bedienen, oder meinen Sie die Leute, die Ihre Zeitung drucken oder die in Görlitz unter Ihrem

Dach wohnen mit polnischem Kennzeichen – meinen Sie die?

Wir sollten doch bei der Wahrheit bleiben, wie Sie versuchen, den Leuten ein Feindbild zu suggerieren, das jeglicher Basis entbehrt, und versuchen mit Hass und Gülle dieses Parlament zu besudeln. Sie sind eine Minderheit und haben die klare Ablehnung des deutschen Volkes!

(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Es gibt eine weitere Kurzintervention am Mikrofon 7; bitte.

Ja, Herr Präsident, ich möchte auch noch einmal kurz intervenieren. Herr Bandmann, Ihre beiden Redebeiträge waren frei von Fakten und Zahlen zur Lage am sächsischen Arbeitsmarkt. Ich habe eben in Form einer Kurzintervention bei begrenzter Redezeit mehrere Zahlen genannt. Ich kann Ihnen auch noch andere Zahlen nennen. Sie werfen uns hier Fakten- und Zahlenlosigkeit vor und blasen nichts anderes als Worthülsen heraus.

Herr Gansel, darf ich Sie darauf hinweisen: Sie dürfen nicht auf den Redebeitrag, auf die Reaktion auf die Kurzintervention erneut reagieren, sondern Sie müssen nach Geschäftsordnung eine eigenständige Kurzintervention zum Debattenbeitrag abliefern.

Herr Präsident, dann gibt es jetzt die eigenständige Intervention. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass zum 1. Mai dieses Jahres – Sie wissen es, Sie haben es ja auch immer gewollt und verteidigt – die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union in Kraft tritt – mit der Folge, dass sich sämtliche arbeitssuchenden Menschen der EU-Beitrittsstaaten Osteuropas im gesamten EU-Raum frei bewegen und sich überall ihren Arbeitsplatz suchen können und dass Sachsen aufgrund der geografischen Lage – es ist spekulativ, aber Sie können davon ausgehen, dass es so passieren wird – Zehntausende Osteuropäer abbekommen wird; Zehntausende, die hier ihr Glück suchen und hiesige Löhne und Sozialleistungen unter Druck setzen. Das ist ausgemacht.

Polen hat jetzt schon eine offizielle Arbeitslosenquote von 13 % und in den ostpolnischen Regionen liegt die offizielle Arbeitslosenquote bei über 20 %. Da können Sie die Uhr danach stellen, dass Jiři und Bolek ihre Koffer packen und ihr Arbeitsmarktglück hier in Sachsen suchen, und das geht zulasten der hiesigen Arbeitssuchenden und Arbeitnehmer.

(Beifall bei der NPD – Zurufe von der CDU und den LINKEN)

Das war eine Kurzintervention des Abg. Gansel. – Es gibt eine erneute Reaktion; bitte, Herr Kollege Bandmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Europäische Union ist in der Tat nicht nur eine Wirtschaftsunion und Sicherheitsunion, sondern auch eine Sozialunion, und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt bedingen immer zwei Menschen: einer, der Arbeit nachfragt, und ein anderer, der einen Arbeitsplatz anbietet und sich das beste Angebot aussucht.

(Jürgen Gansel, NPD: Der sind wir?!)

Das ist Wettbewerb und diese Wettbewerbssituation hat für Deutschland und auch für den östlichen Teil, und zwar den Freistaat Sachsen, zu Wohlfahrt geführt. Wenn man sich die Entwicklung in den letzten 20 Jahren anschaut, die der Freistaat Sachsen seit der Friedlichen Revolution genommen hat, dann ist dies eine einzige Erfolgsgeschichte.

Sicher, es sind noch nicht alle Probleme gelöst; es wird auf dieser Welt auch nicht jedes Problem gelöst werden. Lassen Sie sich ein Zitat aus der Bibel vorhalten: „Besser ein Gericht Kraut mit Liebe als ein gemästeter Ochse mit Hass“.

Wir haben mit Hass schlechte Erfahrungen gemacht und deswegen sind die Menschen mit Kerzen auf die Straße gegangen und haben Hass zum Einsturz gebracht. Das, was Sie hier auf den Schild heben, wollen wir nicht wieder haben!

(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Wir fahren in der ersten Rednerrunde fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Kind.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Vertreter dieser neofaschistischen, nazistisch orientierten Partei von sich gegeben haben, hat die Larve endgültig vom Gesicht gerissen. Sie haben sich selbst demaskiert als geistige Nachfahren der Faschisten von 1933 bis 1945,

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

die dieses Land in einen großen Ruin gestürzt haben.

Zu dem Thema, das Sie anzureißen versucht haben. Die Chance, ausländische Mitbürger, Migranten in diesem Land zu integrieren, das ist eine Chance für die Zukunft, für unser Land.

(Jürgen Gansel, NPD: Sagen Sie das mal den Arbeitslosen!)

Wenn wir das vernünftig gestalten, knüpfen wir an gute historische Tradition an. Bis zu der unsäglichen Machter

greifung Ihrer geistigen Väter war es gang und gäbe, dass Arbeitnehmer in Europa gewandert sind.

(Jürgen Gansel, NPD: Schauen Sie es sich einmal in der Weimarer Republik an! Bei guten Gesellen war es üblich, dass sie auf mehrere Jahre durch verschiedene europäische Länder gereist sind, gearbeitet haben, Erfahrungen gesammelt haben. Das war ein Gewinn für die Zivilgesellschaft in Europa. Sie haben diese gute Tradition durchtrennt. Ihre geistigen Väter waren dafür verantwortlich, dass in meiner Heimatstadt Taucha 26 Lager bestanden haben, (Jürgen Gansel, NPD: Reden Sie von der Gegenwart!)

in denen sie ausländische Mitbürger Europas als Zwangsarbeiter missbraucht, ausgebeutet und getötet haben – für Ihre miesen Kriegsziele, für Ihren Größenwahn. Damit muss ein für allemal Schluss sein!

(Beifall bei den LINKEN und der SPD – Zurufe von der NPD)

Ich erinnere hier im Hohen Hause zu der inhaltlichen Debatte an unsere Debatte vom 30.03.2010, in der wir auf die noch zu lösenden Probleme im Zusammenhang mit dem 1. Mai dieses Jahres hingewiesen haben, dass wir länderübergreifend Initiativen brauchen und noch Aufgaben in entsprechendem Umfang vor uns stehen, um für faire und gute Arbeit in dem gemeinsamen Wirtschaftsraum Europa zu arbeiten. Für die Grenzregion, zu der wir zählen, sind Aufgaben zu lösen.

Meine Fraktion hat sich im laufenden Jahr darum gekümmert, wir haben Arbeitsbesuche in Polen und Tschechien gehabt und uns mit den Kolleginnen und Kollegen ausgetauscht. Unsere Forderungen in dem Bereich sind hinlänglich bekannt: Arbeitsbedingungen müssen verhandelt, Standards müssen bearbeitet und erhandelt werden, und es ist auch die Diskussion um den Mindestlohn zu führen.

Das ist richtig, da liegen noch Aufgaben vor uns, und das werden wir in der Zivilgesellschaft vorantreiben. Und – dessen bin ich mir ganz sicher – wir brauchen Ihre Unterstützung aus Ihrem Lager nicht.