Protocol of the Session on September 30, 2010

(Beifall bei der NPD)

Gestern debattierten wir übrigens an dieser Stelle über einen Antrag der Linken, die Rentenbeitragszahlung zugunsten der ALG-II-Bezieher fortzusetzen. Dies fand im Grundsatz unsere Zustimmung, wie mein Kollege Alexander Delle ausführte, weil es nicht angehen kann, dass vor allem unsere Landsleute in Mitteldeutschland, die überwiegend unverschuldet das Schicksal der Langzeitarbeitslosigkeit erleiden, am Ende auch noch mit verschärfter Altersarmut bestraft werden – bestraft werden für eine völlig verfehlte Politik, die bereits aus weiten Landstrichen in Sachsen sogenannte Entleerungsräume entstehen ließ und unter der die Wirtschaftsstrukturen ganzer Regionen zusammenbrachen.

Die Sächsische Staatsregierung hat wenigstens einen Teilaspekt des Problems Altersarmut erkannt, wenn sie in ihrer Stellungnahme zu dem eben genannten Antrag schreibt – ich zitiere –: „Das Problem drohender Altersarmut darf nicht ausschließlich im Hinblick auf langjährige Bezieher von Arbeitslosengeld II angegangen werden. Das Thema ist komplex und betrifft auch andere Personengruppen, wie zum Beispiel Selbstständige, die bislang noch keine obligatorische Absicherung gegen die Risiken des Alters und bei Erwerbsminderung haben, oder Menschen, die über lange Jahre im Niedriglohnsektor tätig sind.“

Sie haben es erfasst, meine Damen und Herren von der Regierungsbank, deshalb wird man Ihnen in Zukunft auch vorhalten müssen, dass Sie das bewährte System der bismarckschen Renten- und Sozialversicherung offenbar nicht aus politischem Unverstand, sondern sehenden Auges und in voller Absicht gegen die Wand gefahren haben.

Warum setzen Sie sich nicht für einen branchenübergreifenden Mindestlohn ein oder stimmen den zahlreichen Initiativen, nicht zuletzt auch der NPD, zu? Warum machen Sie sich nicht stark für eine Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in eine privilegienfreie und solidarische Volksrentenkasse – ja, ich bringe dieses Wort noch einmal –, wie von der NPD schon lange gefordert? Warum, wenn die Bundesregierung schon den Bereich ALG II für ihre Streichorgie vorgesehen hat, packen Sie nicht wirklich die heißen Eisen an und organisieren den in Deutschland lebenden Ausländern nicht endlich ein eigenständiges Sozialversicherungssystem? Dies würde auch die Möglichkeiten der Rückkehr mit entsprechender Vergütung in die Heimatländer erleichtern. Diese steht übrigens auch in unserem Programm.

Aber dazu fehlt Ihnen der Mut, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Mut, den der eisernere Kanzler Bismarck in den Jahren 1883 und folgende aufbrachte, als

er sich über die Bedenken seiner Berater hinwegsetzte und schrittweise das in aller Welt als vorbildlich angesehene deutsche Sozialversicherungssystem schaffte.

Mit der Zustimmung zum vorliegenden Antrag würden Sie, meine Damen und Herren, nicht nur eine Lanze brechen für eine weitaus stärkere Berücksichtigung des generativen bestandserhaltenden Beitrages deutscher Familien für Volk und Staat und Sozialsysteme. Aber Sie werden es nicht tun, weil der Antrag a) von der NPD gestellt wurde, Sie b) an dem Erhalt des deutschen Volkes ohnehin kein Interesse mehr haben

(Widerspruch bei der Linksfraktion und der SPD)

und Sie einer multikulturellen Wahnidee nachjagen.

Sie kommen zum Schluss?

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle den Antrag in der Drucksache 5/3061 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

Fragestunde

Drucksache 5/3710

Ihnen liegen die Fragen der Mitglieder des Landtages vor. Diese Fragen wurden auch der Staatsregierung übermittelt. Gleichzeitig ist Ihnen die Behandlung der Reihenfolge der eingereichten Fragen bekanntgemacht worden. Mir ist mitgeteilt worden – diesbezüglich bitte ich die Mitglieder der Staatsregierung, sich darauf einzustellen –, dass die Fragesteller der Fragen 2, 3 und 4 gern eine schriftliche Beantwortung hätten.

Wir beginnen mit der Frage 1, laufende Nr. 3. Es geht um die Finanzierung des City-Tunnels Leipzig. Herr Abg. Stange, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um die Finanzierung des City-Tunnels Leipzig. Im Entwurf des Haushaltsplans 2011/2012, Einzelplan 07, Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist auf Seite 86 unter dem Haushaltstitel 891 04 in den Erläuterungen dargestellt – ich zitiere –: „Die Deckungsfähigkeit zu Einzelplan 15 dient der Absicherung einer beantragten, aber noch nicht bewilligten EFRE-Bundesförderung des Projekts.“

Ich frage die Staatsregierung:

1. Wann und in welcher Höhe der Förderung wurde der entsprechende Antrag zur EFRE-Bundesförderung gestellt?

2. Unter welchem Aktenzeichen wird der Antrag geführt und welchen Bearbeitungsstand hat der Vorgang bei der Bundesregierung?

Vielen Dank. – Es antwortet für die Staatsregierung Herr Staatsminister Morlok.

Herr Präsident! Gestatten Sie mir, dass ich mit der Beantwortung der zweiten Frage beginne. Ein

Aktenzeichen ist der Staatsregierung nicht bekannt. Derzeit wird der Antrag, der beim Bundesministerium vorliegt, mit dem Antragsteller, der DB AG, abgeklärt. Weitere Informationen über den Bearbeitungsstand auf Bundesebene liegen uns nicht vor.

Zur ersten Frage, dem inhaltlichen Hintergrund. Wie Sie wissen, habe ich mich zu Beginn meiner Amtszeit intensiv mit dem City-Tunnel Leipzig beschäftigt. Es war in der Vergangenheit so, dass die Kosten für den CityTunnel und der Anteil des Freistaates dem Haushaltsplan des Freistaates Sachsen nicht zu entnehmen waren. Deshalb war es für das Parlament nicht möglich, die Kosten und die Kostenentwicklung in den folgenden Haushaltsjahren zu bewerten und die Risiken abzuschätzen. Es kam mehrmals dazu, dass aufgrund von Kostensteigerungen für den City-Tunnel andere Projekte zurückgestellt werden mussten. Einige im laufenden Haushalt vorgesehenen Projekte konnten plötzlich nicht finanziert werden, weil die Gelder für den City-Tunnel benötigt wurden.

Diese intransparente Praxis haben wir beendet, indem wir im Haushaltsplan – Sie haben die entsprechende Stelle bereits zitiert – transparent dargelegt haben, welche Kosten nach der derzeitigen Kostenschätzung auf den Freistaat Sachsen nicht nur im vorliegenden Doppelhaushalt, sondern auch in den folgenden Haushalten bis zum Abschluss des Projektes zukommen werden.

Es ist so, dass nicht der Freistaat Sachsen, sondern die Deutsche Bahn einen Antrag gestellt hat, einen Teil der Projektkosten für den City-Tunnel über eine EFREFörderung zu finanzieren. Konkret sollen das – so der derzeitige Antragstand – 97,2 Millionen Euro sein. Das sind – um das deutlich zu machen – keine zusätzlichen Kosten, sondern das sind die Kosten, die im Rahmen der Kostenschätzung von 960 Millionen Euro enthalten sind,

die aber, sofern der entsprechende Antrag Erfolg hat, über das EFRE-Programm des Bundes in der genannten Höhe finanziert werden sollen.

Die DB AG hat diesen Antrag am 5. Februar beim Bundesministerium eingereicht. Über den Bearbeitungsstand hatte ich Ihnen bereits berichtet. Da dieser Antrag noch nicht entschieden ist, könnte es sich bei Ablehnung des Antrages ergeben, dass der genannte Betrag nicht mit EFRE-Mitteln finanziert wird, sondern durch den Freistaat Sachsen aufzubringen ist. Für diesen Fall wäre er zusätzlich aus dem Haushalt zu finanzieren.

Wenn Sie sich den Haushaltsplan anschauen, dann sehen Sie, dass dies für die Jahre des nächsten Doppelhaushaltes 25,5 Millionen Euro im Jahr 2011 und 31,1 Millionen Euro im Jahr 2012 sind.

Der Vermerk hat einzig und allein den Zweck sicherzustellen, dass alle anderen geplanten Maßnahmen im Einzelplan 07 unabhängig davon, ob dieser EFREFörderantrag erfolgreich ist oder nicht, durchgeführt werden können. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass, wenn sich herausstellen würde, dass dieser Betrag im Einzelplan 07 bereitgestellt werden müsste, dies zulasten vieler anderer Investitionen, auch im öffentlichen Personennahverkehr, gehen würde. Dies möchte die Staatsregierung nicht. Deshalb hat die Staatsregierung in dem Haushaltsvorschlag, den sie dem Parlament unterbreitet hat, diesen Deckungsvermerk ausgebracht, damit wir die Möglichkeit in dem Fall haben, wenn der EFREAntrag nicht bewilligt wird, die erforderlichen Mittel aus dem Gesamthaushalt bereitzustellen.

Ich denke, das ist ein transparentes Verfahren. Deswegen haben Sie es, Herr Kollege Stange, auch gemerkt. Es ist gut, dass wir gemeinsam offen und transparent über die Kosten diskutieren.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Ich hatte vorhin ausgeführt, dass von den Fragestellern der Fragen 2, 3 und 4 eine schriftliche Beantwortung erbeten wird. Das betrifft die laufenden Nummern 1, 4 und 2.

Wir kommen nun zur Frage Nr. 5. Fragestellerin ist Frau Abg. Roth. Es geht um die Grunderwerbssteuer für Immobilien bei Gemeindefusionen.

Danke, Herr Präsident. – Ich frage zur Grunderwerbsteuer für Immobilien bei Gemeindefusionen.

Der „LVZ“ vom 18.09.2010 ist zu entnehmen, dass bei Gemeindefusionen und Gemeindeeingliederungen für den Immobilienbesitz der bisherigen Gemeinden eine Grunderwerbsteuer erhoben wird.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wie soll die Erhebung der Grunderwerbsteuer bei Gemeindezusammenschlüssen konkret gestaltet werden?

2. Für welche Immobilienarten ist die Erhebung einer Grunderwerbsteuer vorgesehen?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Prof. Unland.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Roth, ich möchte Ihnen die Antwort kurz übermitteln. Ich beginne mit der ersten Frage. Nach der Fusion wird das zuständige Finanzamt an die betroffenen Kommunen herantreten und um eine Aufstellung der betroffenen Grundstücke und Beteiligungen bitten. Die Grunderwerbsteuer wird vom Finanzamt für die übergegangenen Grundstücke festgesetzt und erhoben. Die Steuer wird in diesen Fällen vom Wert des Grundstücks berechnet. Als Wert des Grundstücks gilt der Grundbesitzwert im Sinne des Bewertungsgesetzes und die Steuer beträgt 3,5 % der Bemessungsgrundlage.

Auf Ihre zweite Frage möchte ich wie folgt antworten; von der Logik her hätte ich diese vielleicht zuerst beantworten sollen: Grunderwerbsteuer fällt bei einem kommunalen Zusammenschluss hinsichtlich der gemeindlichen Grundstücke an, die einem – das ist wichtig – Betrieb gewerblicher Art zugeordnet sind und auf einen anderen Rechtsträger übergehen. Das Gleiche gilt auch hinsichtlich der Grundstücke, die einem kommunalen Unternehmen in privater Rechtsform gehören, wenn der kommunale Zusammenschluss zu einem Wechsel der Gesellschafter führt. Eine Differenzierung zwischen Immobilienarten kennt das Gesetz nicht.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Nachfrage?

Ja, sicher.

Frau Roth, bitte.

Herr Staatsminister, auf welche Summe beziffern sich die geschätzten Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer in diesen Fällen?