Protocol of the Session on September 30, 2010

Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

Wissen Sie, wer dereinst sein Kackblatt in Polen hat drucken lassen, der muss mir hier überhaupt nicht so kommen.

(Beifall bei der Linksfraktion, der CDU und der FDP – Dr. Johannes Müller, NPD: Sehr parlamentarische Ausdrucksweise!)

Das passt auch zur Farbe.

Zu zweitens: Nationalistisches Familienbild und Frauenfeindlichkeit. Auch ich bin dafür, dass mehr Kinder geboren werden. Wir brauchen Kinder in unserem Land. Dabei unterscheide ich allerdings nicht danach, welcher Nationalität diese Kinder sind. Für mich sind es zunächst Kinder, und denen gebührt unser aller Hilfe, Unterstützung und Betreuung, ganz gleich, welcher Nationalität sie sind.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Prof. Dr. Martin Gillo, CDU)

Wenn ich mich an die Zeit erinnere, als Sie sich hier zu Gender Mainstreaming geäußert haben, und dann das sehe, was Sie hier im Antrag geschrieben haben, dann sage ich Ihnen: Für Sie sind Frauen in erster Linie nur zur Reproduktion der Bevölkerung da. Das weise ich entschieden zurück.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das steht natürlich nicht so vordergründig in Ihrem Antrag. Aber wenn ich das nehme, was Sie hier bereits dargestellt haben, und das mit dem Antrag vergleiche, dann kann man zu keiner anderen Auffassung kommen.

Ich sage Ihnen noch eines: Die NPD behindert schon mit ihrem Dasein, mit ihrer Wirkung ohnehin, die Gründung junger Familien in Sachsen.

(Beifall bei der Linksfraktion – Lachen bei der NPD)

Sie sind ein Sicherheitsrisiko für junge Familien in Sachsen!

(Zuruf von der NPD: Gehen Sie mal zum Psychiater!)

Herr Präsident! Ich hoffe, Sie haben gehört, dass mich der Herr zum Psychiater delegieren will. Ich weiß nicht, ob das ordnungsrufwürdig ist. Ich denke, das deckt die freie Meinungsäußerung in einem Landtag nicht. Das will ich deutlich gemacht haben.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Dr. Pellmann, vielen Dank, dass Sie mich darauf aufmerksam machen. Da haben Sie natürlich recht. Nach unserer Geschäftsordnung ist ordnungsrufwürdig, wenn es sich um persönliche Beleidigungen handelt, und das liegt hier vor. Insofern erteile ich ihm den Ordnungsruf.

Zum Dritten: Steinbruchpraxis: Diese Wortschöpfung wird Sie vielleicht verwundern, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber diese Herrschaften – die Frau nehme ich aus; sie tut mir, wie gesagt, leid – haben keine einzige tragfähige, nach vorn weisende sozialpolitische Idee. Sie brechen Steine aus Konzepten anderer heraus. Sie wissen ja, dass sich die Herrschaften gelegentlich auch auf Themen, die meine Fraktion seit Jahr und Tag vertritt, beziehen. Aber in diesem konkreten Fall beziehen sie sich auf ein Konzept, das von Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und zum Teil auch von Kirchen entwickelt wurde und an dessen Entwicklung wir beteiligt waren: die solidarische Erwerbstätigenversicherung in der Rente.

Sie nehmen das Gleiche, deuten es um und bezeichnen das Ganze dann als Volksrentenkasse. – So viel zu Ihrem „Einfallsreichtum“. Sie klauen von anderen, und ich sage Ihnen: Um die Rentenversicherung zu stabilisieren, eine zukunftsfähige Rentenentwicklung in Deutschland zu garantieren, werden Sie nicht gebraucht. Sie verzögern das nur, indem Sie uns Debatten aufzwingen, die uns davon abhalten, weiter über wirklich sinnvolle Lösungen nachzudenken.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Zum Vierten: Geschichtsklitterung: Frau Schüßler hat ja wenigstens den Namen Bismarck genannt. Aber Bismarck steht ja nur in der Überschrift. Im Antrag selbst ist davon nichts zu lesen. Sie wollen das Erbe von Bismarck bewahren. Ich sage Ihnen eins, und ich stehe als Linker gerade heute in der Tradition von August Bebel: Wir haben durchaus – –

(Stefan Brangs, SPD: Hallo, hallo, hallo! – Heiterkeit bei der SPD)

Verehrte Kollegen von der SPD, es gibt Situationen, in denen man eben die gleichen Traditionen hat. Das kann doch sein.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Ich füge einmal hinzu: Wir können ja einmal in einen Wettbewerb treten, wer von uns beiden den Traditionen von August Bebel vielleicht näher steht. Das können wir gern tun. Aber ich spreche doch August Bebel nur deshalb an, weil er seinerzeit sprichwörtlich als der Hauptgegner Bismarcks galt. Ich spreche dies auch deshalb an, weil sich genau am heutigen Tag – vielleicht hat die NPD diesen Tag ja sogar bewusst gewählt; aber so viel Geschichtsbewusstsein hat sie nicht, ich glaube es fast nicht – zum 120. Mal der Fall des berüchtigten Sozialistengesetzes vor dem Deutschen Reichstag jährt. – Das nur am Rande.

Was das Verdienst im Sinne von Bismarck betrifft – auch etwas getrieben durch die Stärke der Arbeiterbewegung –, so ist es die Tatsache, überhaupt mit einem Sozialversicherungssystem begonnen zu haben. Aber es gibt keine direkte Kontinuitätslinie von Bismarck zu unserem heutigen Rentenversicherungssystem in Deutschland. Es gibt sie aus zweierlei Hinsicht nicht:

Ein Grund ist: Bismarck hatte damals ein anderes System, zum Teil auf Fonds abgestellte Rentenkassen, im Sinn und dies auch praktiziert. Heute basiert – ich hoffe, dies wird weiter gestärkt – unser Rentensystem auf dem Umlageprinzip, und das möge auch so beibehalten werden. Wenn sich die NPD gerade in der Rentenfrage auf Bismarck beruft, dann will ich Ihnen sagen: Das ist der größte Hohn, den man erleben kann. Ihre geistigen Vorgänger haben die Rentenkassen während der Zeit des Faschismus geschlossen

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Ihre haben Sie auch geschlossen!)

und haben sie sozusagen ihrer Kriegskasse einverleibt. 1945 stand man in Deutschland ohne Rentenkassen da. Man musste neu beginnen, und, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können von mir nicht erwarten, dass ich der beste Freund von Konrad Adenauer wäre; aber unter seiner Kanzlerschaft wurde seit 1957 in der damaligen Bundesrepublik ein völlig neues, tragfähiges System der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt, auf das wir auch heute noch bauen.

Das muss man zumindest auch als Linker, wenn es sich um den „Vater der CDU“ handelt, einmal anerkennen dürfen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: So sind wir! – Oh-Rufe bei der CDU)

Na, sehen Sie! – Das hat aber überhaupt nichts damit zu tun, dass sich etwa – damit komme ich zum Ausgangspunkt zurück – die NPD ausgerechnet auf das Erbe von Bismarck stützen könnte. Ich habe die Gründe genannt, weshalb das völlig daneben ist.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, sage ich noch einmal persönlich: Ich hätte mir vor 20, vielleicht sogar noch vor zehn Jahren nicht vorstellen können, dass ich einmal in einem Parlament – vielleicht auch im Sächsischen Landtag – stehen würde und Otto

Fürst Bismarck gegen Rechtsradikale, Rechtsextremisten, wen auch immer, zu verteidigen hätte.

(Arne Schimmer, NPD: Da sagen Sie mal etwas Positives!)

Das musste ich heute tun, und ich habe es leider nicht mit großem Vergnügen getan und hoffe, solche Dinge bleiben mir in Zukunft, wenn diese Herrschaften endlich aus dem Landtag heraus sind, erspart.

(Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Dr. Pellmann. – Meine Damen und Herren! Mir liegen – – Und immer wieder klappt das. Frau Schüßler, bitte.

Danke, Herr Präsident. – Ich möchte von dem Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen.

Bitte sehr.

Erst einmal, Herr Dr. Pellmann: Ich brauche Ihr Mitleid wirklich nicht. Ich bin vielleicht nicht die tollste Rednerin, das weiß ich auch; aber dieser Text ist mir nicht „vorgesetzt“ worden. Im Gegenteil, er bezieht sich auf unser neues Parteiprogramm, das wir in diesem Jahr beschlossen haben, und diese Passage im Parteiprogramm wurde auf Bestreben des Ringes Nationaler Frauen beschlossen, dessen Vorsitzende ich war. Ich habe daran also wirklich mitgearbeitet.

(Heiterkeit bei der CDU)

Inhaltlich, falls das bei Ihnen nicht so angekommen ist. – Das wollte ich nur noch einmal klarstellen. Auf Ihr Mitleid kann ich wirklich verzichten.

Was aber das Tollste ist und was ich Ihnen fast übel nehmen könnte – wenn ich nicht wüsste, dass es von Ihnen kommt –, ist die „Verhinderung junger Familien“. Sagen Sie mir einmal: Wie verhindern wir denn junge Familien? Das hätte ich wirklich gern von Ihnen gewusst.

Sie wollten intervenieren und keine Fragen stellen, Frau Schüßler.

(Gitta Schüßler, NPD: Er hat sie ja vorhin nicht zugelassen! – Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Ich beantworte sie auch nicht!)

Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Aber von der NPD-Fraktion?

(Dr. Johannes Müller, NPD: Als Schlusswort; ich habe kaum noch Redezeit!)

Sie wollen zum Schlusswort kommen. Gut. Ich frage aber zunächst noch die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte das Schlusswort, Herr Dr. Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Pellmann, irgendwo ist das

Mitleid meiner Fraktionskollegen auch bei Ihnen. Wer von Verhinderung von Kindern durch meine Fraktion spricht und dann nicht einmal in der Lage ist, auf eine Frage zu antworten, kann mir eigentlich wirklich nur leid tun.