Ich hatte schon gesagt, dass wir den Antrag der SPD ablehnen. Wir benötigen diesen Antrag momentan nicht. Wir werden natürlich auch weiterhin die Träger der Jugendhilfe unterstützen.
Gibt es jetzt in dieser zweiten Runde weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Die einbringende SPD-Fraktion hat dann noch das Schlusswort. Ich sehe jetzt keinen weiteren Redebedarf in dieser zweiten Runde. Ich frage wieder die Staatsregierung. – Nicht in dieser Runde. Könnte es noch eine dritte Runde geben, aus der CDU-Fraktion heraus oder einer anderen Fraktion? – Das sehe ich nicht. Damit hat nun die Staatsregierung das Wort. Bitte, Herr Staatsminister Prof. Wöller.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gleich zu Beginn stellt die Begründung des Antrages der einreichenden Fraktion der SPD richtigerweise fest: „Das Kinderfördergesetz, das am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, ist ein wichtiger Schritt im Mosaik des bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren in Sachsen.“
Gestatten Sie mir eingangs zwei Anmerkungen dazu. „Ein Stein im Mosaik“ heißt, bei allem Respekt, freilich auch, dass von anderer Seite Entscheidendes geleistet wird, allen voran von Kommunen und Freistaat. Sonst hätten wir nicht das im Vergleich mit westdeutschen Bundesländern schon heute beachtliche Angebot an Krippenplätzen.
Einen zweiten Punkt möchte ich unterstreichen: Die Umsetzung dieses 2013 in Kraft tretenden Rechtsanspruchs auf Förderung in einer Kita oder in der Kindertagespflege ab Vollendung des ersten Lebensjahres ist Aufgabe der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also der Landkreise und kreisfreien Städte. Darauf sind meine Vorredner in der Debatte bereits eingegangen.
Die Gemeinden sind nach den Regelungen des Sächsischen Kindertagesstättengesetzes dazu verpflichtet, entsprechende Einrichtungen zu bauen und sie zu finanzieren. Allerdings unterstützt die Staatsregierung die Kommunen dabei seit vielen Jahren kontinuierlich, indem sie generell die Neuschaffung bzw. Sanierung und Modernisierung von Plätzen in Kindertageseinrichtungen fördert.
Allein seit 2005 hat das Land mehr als 143 Millionen Euro Fördermittel für Investitionen bereitgestellt. Seit 2008 stellt der Bund nun explizit Fördermittel für die Schaffung neuer bzw. die Erhaltung bestehender U-3Plätze, also der Plätze für Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr, zur Verfügung. Davon entfielen auf Sachsen etwa 100 Millionen Euro im Jahr 2009, und 2010 kamen noch einmal 94 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II – Mittel für die „Einrichtungen der frühkindlichen Infrastruktur“ – hinzu. Außerdem beteiligt sich das Land Sachsen mit rund einem Drittel an den Betriebskosten der Einrichtungen.
Die Finanzierung nach dem 2002 novellierten Sächsischen Kindertagesstättengesetz hat sich bewährt, und die Landesbetriebskostenzuschüsse an die Gemeinden sind von 227 Millionen Euro im Jahre 2002 auf 370 Millionen Euro im Jahre 2010 gestiegen. Aktuell beträgt der Landeszuschuss für jedes neunstündig betreute Kind 1 875 Euro pro Jahr. Dies wird auch in den Jahren 2010, 2011 und 2012 fortgesetzt, sodass bei steigenden Betreuungszahlen eine adäquat steigende Landesbeteiligung gesichert ist.
Diese vielseitige Förderung durch die Staatsregierung hat zweifellos einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, gute Rahmenbedingungen für eine möglichst flächendeckende Kinderbetreuung in Sachsen zu schaffen. Sie darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Umsetzung des Rechtsanspruches immer noch Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung ist.
Gleiches gilt für die Frage, wie viele Plätze künftig benötigt und zusätzlich geschaffen werden müssen. Das entzieht sich einer zentralen Steuerung. Aber Sachsen ist eindeutig auf einem sehr guten Weg. Wir haben bereits jetzt das Ziel überschritten, das sich die Bundesregierung für das Jahr 2013 gesetzt hat: eine Betreuungsquote von 35 % der Kinder unter drei Jahren. Zum 1. März 2009 besuchten 40,1 % aller sächsischen Kinder unter drei Jahren eine Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflegestelle.
Meine verehrte Kollegin Nicolaus hat darauf hingewiesen, dass es schon bedenklich ist, wenn an einigen Stellen im Freistaat Sachsen ein Bedarf entsteht und an anderen offensichtlich Kapazitäten vorhanden sind, die nicht genutzt werden und die auch vom Freistaat Sachsen mit bezahlt werden. Das heißt, wir müssen ein betreuungsgerechtes Angebot vorhalten. Das ist auch ein Gebot des wirtschaftlichen Einsatzes der Mittel. Die Nutzung aller Betreuungsangebote – Krippe, Kindergarten, Hort, Tagespflege – steigt kontinuierlich. 2002 hat sich die Anzahl betreuter Kinder unter drei Jahren fast verdoppelt.
Ich denke, diese Zahlen sprechen für sich. Wir sind gut dafür gerüstet, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr entsprechend dem Kinderförderungsgesetz ab dem 1. August 2013 zu erfüllen. Die Unterstützung der Staatsregierung ist den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und den Gemeinden dabei in bewährter Form sicher.
Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Prof. Wöller. – Nun hat die SPD-Fraktion das Schlusswort.
Eigentlich kommt ja das Schlusswort vor dem Änderungsantrag. Dieser wird danach noch durch die einbringende Fraktion der GRÜNEN begründet. – Bitte, Frau Kollegin Stange, das Schlusswort für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion hat sich schon gelohnt, muss ich sagen. Wir haben eine deutliche Botschaft erhalten, dass die Koalition offenbar im Rahmen der Haushaltsdebatte darüber nachdenkt, die Landesinvestitionsmittel für den Kindertagesstättenbereich auch in den Haushalt einzustellen. Es ist ein guter Schritt, wenn dies gelingt.
Ansonsten möchte ich gern auf den Kern unseres Antrages zurückkommen. Frau Nicolaus, entschuldigen Sie bitte, aber Sie haben ein wenig um den Kern dieses Antrages herumgeredet. Es ging nicht darum, den Kommunen in irgendeiner Weise einen Vorwurf zu machen, dass sie ihren Verpflichtungen nicht nachkämen – die Kommunen tun dies sehr wohl, und ich denke auch, in gutem Maße –, sondern es geht ausschließlich darum, ob die Bundesmittel für die Betriebskosten des Ausbaues der Krippenplätze für die unter Dreijährigen über das Land an die Kommunen und die freien Träger weitergereicht werden, so wie wir das im letzten Doppelhaushalt über die von mir vorhin genannten Maßnahmen getan haben.
Genau dies geschieht jetzt nicht; denn wenn das Land – der Staatsminister hat es gerade nochmals deutlich gemacht – nichts anderes tut als das, was er bereits zugesagt hat – für jeden Krippen- und jeden Kindertagesstättenplatz 1 875 Euro zur Verfügung zu stellen –, dann überlässt er faktisch den Ausbau und die Bezahlung der Betriebskosten für diese zusätzlichen Plätze komplett den Kommunen – komplett! –; und darum geht es.
Es wäre ein fairer Ausgleich – so war es auch einmal am Beginn dieser Debatte vor zwei Jahren geklärt worden –, dass mindestens die Hälfte dieser Betriebskosten, die vom Bund kommen, an die Träger, die Kommunen weitergereicht werden, damit sie ihrer Verpflichtung nachkommen, und genau das passiert nicht. Frau Nicolaus, das war der Kern.
Dies gilt genauso für Frau Schütz. Es ging nicht darum, in irgendeiner Weise Kindertagespflege oder das Wahlrecht der Eltern zu diskutieren, darin sind wir uns ganz schnell einig – das ist auch überhaupt nicht der Kern der Debatte –, sondern es geht darum: Werden diese Gelder, die der Bund zur Verfügung stellt, da er mit den Ländern gemeinsam festgestellt hat, man darf die Kommunen an dieser Stelle nicht allein lassen, weitergereicht?
Dazu bitte ich im Rahmen der Haushaltsdebatte, dass diese Frage in den Koalitionsfraktionen eindeutig geklärt wird; denn die Kommunen werden jetzt mehrfach belastet. Sie bekommen nicht nur keine Bundesmittel, sondern sie müssen auch 11 Millionen Euro zusätzlich für die Beitragsbefreiung der sozial Schwachen bezahlen, da das kostenfreie Vorschuljahr wegfällt. Außerdem müssen sie für die Investitionen, Frau Nicolaus, die über dem Bereich der U 3 liegen, in den Kommunen vollständig selbst aufkommen, da – zumindest bisher – keine Landesmittel für Investitionen eingestellt sind. Letzteres wird
ja wahrscheinlich im Laufe der Haushaltsberatungen geklärt werden. Vielleicht gelingt es auch, den Bundesrechnungshof nicht erst auf eine falsche Fährte zu locken; denn der Bund hat nicht ohne Grund die Gelder an die Kommunen und nicht an die Länder weitergereicht.
Das war das Schlusswort der SPD-Fraktion, gehalten von Frau Kollegin Dr. Stange. – Wir kommen nun zum bereits angesprochenen Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 5/3766. Er soll nun eingebracht werden. Bitte, Frau Kollegin Giegengack.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch ein paar Worte zu unserem Änderungsantrag. Frau Dr. Stange hatte es bereits angesprochen. Es soll eine Konkretisierung des Antrages der SPD sein. Wir möchten – damit folgen wir der Logik des Antrages zum Schulhausausbau – zuallererst eine Grundlage für die nötigen Investitionen schaffen. Wir möchten, dass die landesweite Bedarfssituation eruiert wird. Der Bedarf ist sehr unterschiedlich, auch das haben wir schon zur Kenntnis genommen, aber – der Minister hat es vorhin angesprochen – darüber gibt es bisher keine Daten. Nur wenn wir diese Daten haben, wissen wir, wie viel Landesmittel wir einstellen müssen.
Auch den zweiten Punkt wollen wir konkretisieren. Wir wollen, wie es Frau Dr. Stange bereits angesprochen hat, dass die Mittel für die Betriebskosten an die Kommunen weitergereicht werden, und zwar entsprechend ihrem Anteil, den sie an den Betriebskosten tragen. Ferner wollen wir bedarfsgerecht Landesfördermittel für Investitionen bereitstellen.
Noch kurz ein Wort zu Ihnen, Frau Nicolaus. Ich möchte für meine Stadt Folgendes sagen: Bei 60 Millionen Euro Mindereinnahmen in einer Stadt wie Chemnitz denkt man sich natürlich irgendwelche Maßnahmen aus, wie man damit umgehen will. Auch wir sind sehr unglücklich über den Vorschlag, dass die Betreuungszeiten wieder eingeschränkt werden.
Ich muss aber auch darauf hinweisen, dass, als dies das erste Mal eingeführt worden ist, dies mit der Mehrheit aus SPD und CDU vollzogen wurde, auch wenn es einigen Stadträten – Frau Saborowski-Richter hatte damals große Bauchschmerzen – nicht gefallen hat. Aber auch mit 3 Millionen Euro Investitionsmitteln aus dem FAG kann man keine großen Sprünge für Investitionen bei den Kitas in Chemnitz machen. Man muss sich die Situation vor Ort genau anschauen.
Das war der Änderungsantrag, begründet durch die Abg. Giegengack. Jetzt gibt es darauf eine Reaktion. Für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Nicolaus, bitte schön.
Herr Präsident! Frau Giegengack, Sie haben die Antwort für uns schon parat gehabt. Sie haben ausgeführt, dass Sie in Chemnitz hohe Mindereinnahmen hatten und deshalb die Betreuungszeiten einschränken. Was sollen wir mit den hohen Mindereinnahmen machen? Sollen wir jetzt mehr Geld ausgeben, als wir haben? – Damit erübrigt sich jegliche Diskussion. Wir lehnen den Antrag ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich stelle den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/3766, zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthal
tungen? – Damit ist dieser Änderungsantrag bei Gegenstimmen, ohne Stimmenthaltungen abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 5/2142. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag in der Drucksache 5/2142 nicht beschlossen.
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Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile zuerst der einreichenden Fraktion das Wort. Bitte, Herr Kollege Lichdi.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt kommen wir zu dem inhaltlichen Antrag, den Sie als Koalition durch Ihre heutige Aktuelle Debatte etwas ausbremsen wollten. Nichtsdestotrotz werden Sie nicht herumkommen, sich zu erklären, wie Sie es mit den Ankündigungen des Herrn Staatsministers Morlok – der jetzt seinen Platz einnimmt, vielen Dank – halten.