Roland Wöller
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Last Statements
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Giegengack, Sie haben die Staatsregierung gewürdigt. Es passiert nicht alle Tage, dass ein bildungspolitischer Sprecher aus diesem Hohen Haus die Staatsregierung würdigt. Vielen Dank.
Sie haben gesagt, das Bildungspaket käme zu spät.
Sie fühlen sich überrascht davon, dass es sich die Staatsregierung erlaubt hat, noch vor Weihnachten ein Bildungspaket zu schnüren. Ich habe ja Verständnis dafür, dass manche vielleicht auf dem linken Fuß davon überrascht worden sind.
Zu spät ist die Debatte, aber für Bildungspolitik ist es nie zu spät. Deshalb bedanke ich mich dafür, dass wir hier im Hohen Haus Gelegenheit haben, das Paket noch einmal zu erläutern.
Das Ziel ist die Unterrichtsversorgung. Ich denke, darin sind wir uns einig: Wir wollen, dass auch in Zukunft vor jeder Klasse eine Lehrerin oder ein Lehrer steht. Die Schule ist für die Schüler da und nicht umgekehrt: die Schüler für die Schule. Das wird oftmals vergessen, weil die Schule Projektionsfläche für mancherlei Interessengruppe ist. Sie dient jedoch dem Zweck, den Schülern die beste Bildung mitzugeben.
Wenn es um die Schüler geht, kann die Schülerzahl nicht gänzlich außen vor bleiben. Die Debatte hat gezeigt, dass auch die demografische Entwicklung herausgearbeitet wurde. Das ist keine Frage der Zukunft und auch keine Frage der Gegenwart, sondern war Vergangenheit, und zwar eine 20-jährige Vergangenheit. Die Schülerzahlen haben sich halbiert; das ist bekannt. Das muss offenbar immer mal wieder in Erinnerung gerufen werden.
Wir haben eben nicht die Zahl der Lehrer in gleichem Umfang abgebaut, sondern weniger, und zwar so, dass die Beschäftigung gesichert worden ist durch den gesamten Instrumentenkasten von Altersteilzeit, von Teilzeit, von Abfindungen. Das heißt, das große Thema war Beschäftigungssicherung der Lehrerinnen und Lehrer. Das ist gelungen und das ist auch deshalb gelungen, weil es mit der Solidarität der Betroffenen einherging, die dafür einen großen Beitrag geleistet haben, für den ich sehr dankbar bin.
Aber das Ganze hat seinen Preis, und dieser Preis wird jetzt fällig. Das heißt, wir konnten in den letzten Jahren weniger junge Lehrer einstellen, als wir eigentlich gebraucht hätten. Es geht nicht, mit Geld, das man nicht hat, Lehrer zu bezahlen, die man momentan nicht braucht. Das passt irgendwie nicht zusammen.
Deshalb heißt die Aufgabe Umsteuern von einer Situation der Beschäftigungssicherung in eine Situation der langfristigen Sicherung des Lehrerbedarfes. Das Ganze ist ein Prozess. Dieser Prozess braucht Zeit und dieser Prozess hat nicht erst vor Weihnachten begonnen. Er beginnt nicht erst jetzt, sondern diese Diskussion ist bereits vor zwei, drei Jahren geführt worden. Wir haben bereits Maßnahmen ergriffen. Ich darf eine herausgreifen: die Übernahmegarantien von mindestens 50 % eines Jahrganges in den Schularten, die wir tatsächlich brauchen, nämlich Grundschule, Förderschule und Mittelschule.
Das ist in Kraft, meine Damen und Herren. Das ist nicht erst seit heute in Kraft, sondern bereits seit zwei Jahren, und das ist ein klares Signal dafür, dass wir junge Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land brauchen.
Meine Damen und Herren! Wir bewegen uns nicht allein auf der Welt, auch nicht allein in Deutschland, sondern im Konzert der anderen Bundesländer – nicht nur beim Lehrermarkt, sondern insgesamt als Freistaat, in dem wir ja gut aufgestellt sind. Wir haben uns vorgenommen, auch in Bezug auf die finanzielle Situation, uns an den Schnitt der Flächenländer West anzupassen. Das gilt aber nicht für jeden Politikbereich, sondern es gibt Ausnahmen. Diese Ausnahmen sind auch begründet.
Die eine Ausnahme ist der Bildungsbereich; denn wir haben uns schon im letzten Haushalt darauf verständigt, dass wir den Schnitt der Flächenländer West erreichen wollen, auch im Bildungsbereich, aber zuzüglich eines Zuschlages von 5 %, der im Jahr 2020 gilt. Damit stellen wir nachhaltig sicher, dass die Qualität in Sachsen dauerhaft hoch bleibt.
Jetzt komme ich zum Bildungspaket, das viel zu kurz kommt, und deshalb freue ich mich über die Gelegenheit, hier noch einmal näher darauf eingehen zu können. Zunächst zu den Lehrern und den Einstellungsmöglichkeiten: Wir müssen noch einmal klarstellen, weil das immer wieder in der Öffentlichkeit durcheinandergebracht wird: Köpfe, Personen sind nicht gleich Stellen. Wir müssen uns schon auf eine einzige Währung verständigen, und das können nur Stellen sein.
Es ist richtig, dass bis zum Jahr 2020 8 000 Köpfe das System verlassen und in der nächsten Dekade, von 2020 bis 2030, 14 000. Wenn wir uns den Sachverhalt jetzt nur bis 2015 anschauen, wird es schon klarer. Wir können von den gesicherten Altersabgängen sprechen, die Stellen freiziehen, und zwar gesichert in der Höhe von mindestens 1 736. Bis 2015 verlassen Lehrerinnen und Lehrer das System und machen dadurch 1 736 Stellen frei.
Dann gibt es noch außerplanmäßige Abgänge, und es gibt selbstverständlich noch die Teilzeitbereitschaft, die in den Schularten Mittelschule und Gymnasium hoffentlich noch wächst. Dafür machen wir Werbung. Wenn man das addiert – pro Jahr circa 100 –, dann kommt man bis 2015 auf 2 136.
Bitte schön.
Wir haben die Zahlen vorgelegt. Für den Zeitraum von 2012 bis 2015 haben wir einen gesicherten Abgang von insgesamt 1 736. Wenn man sich die Einzeljahre vornimmt, dann bewegt sich der Abgang zwischen knapp 400 bis gut 600. Wenn man die vier Jahre addiert, sind das 1 736. Wenn Sie die außerplanmäßig Ausscheidenden und die Teilzeitbereitschaft aufrechnen, dann sind Sie bei 2 136.
Ich will damit sagen: Bis 2015 haben wir einen Stellenfreizug von 2 136. Mit dem Bildungspaket, das hier in Rede steht, stellen wir 2 200 ein. Deshalb, meine Damen und Herren, kann ich überhaupt nicht verstehen, dass wir zumindest bis 2015 von einem Stellenabbau reden. Das ist nicht der Fall, und dieses Signal senden wir von hier deutlich aus.
Frau Giegengack, ich hatte eingangs bemerkt, dass wir das System auch durch die Altersteilzeit belastet haben. Wir haben auch Fälle – und das sind nicht wenige –, die von der Arbeitsphase in die Ruhephase übertreten oder in der Ruhephase sind. Das heißt, sie belegen eine Stelle. Sie sind zu Hause, also schon nicht mehr im Unterricht, und trotzdem belegen sie eine Stelle. Deshalb ist das kein Arbeitsvermögensverlust. Die Stelle, die sie belegen, kann jedoch nicht besetzt werden. Das überlagert die gesamte Diskussion.
Schule ist immer kompliziert, aber die Altersteilzeit wird bis zum Jahr 2017 herauswachsen. Ich räume ein, dass es sicherlich nicht gut war, aus der Sicht des Systems Schule ein Altersteilzeitmodell mit Arbeitsphase und Ruhephase
zu wählen; denn es geht uns um die jungen Leute. Wenn ich Lehrer im System habe, die Stellen belegen, aber gar nicht mehr im Unterricht sind, dann behindert das unsere Neueinstellungsmöglichkeiten. Deshalb machen wir auch keine Altersteilzeitmodelle mehr in dieser Art und Weise. Aber wir müssen noch eine gute Zeit damit leben, dass Stellen von Leuten, die nicht mehr im Unterricht stehen, belegt werden. Deshalb ist das gesamte System kompliziert. Es kommt darauf an, dass wir die Stellen, die in diesem Zeitraum freigezogen werden, tatsächlich mit jungen Lehrern besetzen. Das tun wir, und dieses Signal geht vom Bildungspaket aus.
Ich möchte den Gedanken weiterführen.
Wir stellen 2 200 bis zum Jahr 2015 ein. Das ist ein klares Signal in der Treppe: 400, 500, 600, 700, und zwar aufsteigend. Auch das ist ein Signal nicht nur an die Jungen, die einen Arbeitsplatz suchen, sondern – dazu komme ich noch – an diejenigen, die sich mit dem Gedanken tragen, auch ein Studium aufzunehmen.
Zum Zweiten. Das ist viel zu kurz gekommen: Natürlich müssen wir Vorsorge betreiben, und das haben wir auch getan, gerade bei den Referendaren. Das ist der Engpass, durch den alle durchkommen müssen, bevor sie fertig ausgebildete Lehrer sind und im System übernommen werden können.
Auch dort haben wir eine Erfolgsbilanz. Wir hatten vor zwei Jahren noch 375 Referendare, die wir neu eingestellt haben, jetzt sind es über 1 000. Das ist, meine Damen und Herren, innerhalb von zwei Jahren eine Verdreifachung der Kapazität. Das haben wir festgeschrieben. Wir haben eine Gesamtstellenzahl bei den Referendaren von 2 050. Wenn sich die Referendarzeit noch verkürzt, können mehr junge Leute einen Referendariatsplatz beanspruchen, und wenn Sie an den Schulen sind, dann sagen es Ihnen viele, dass sie sich freuen, jetzt viele Referendare im Kollegium zu haben. Das ist ein klares Signal, das wir auch mit diesem Bildungspaket aussenden.
Hinzu kommt, dass wir die Referendariatsausbildung nicht nur in Leipzig und in Dresden vornehmen, sondern Chemnitz ans Netz genommen haben. Ich sage Ihnen heute auch, dass das wahrscheinlich nicht reichen wird. Wir versuchen alles daran zu setzen, um in der Fläche die Referendariatsausbildung weiter auszubauen, ortsnah, auch im ländlichen Raum, weil es eine Voraussetzung ist, junge Lehrer zu werben.
Zum Dritten und Letzten, meine Damen und Herren.
Bitte.
Es waren verschiedene Referendare zu berücksichtigen, nicht nur diejenigen, die im Staatsexamen sind, sondern auch diejenigen, die im Master sind bzw. diejenigen, die jetzt wieder ins Staatsexamen kommen. Wir haben ja die Lehrerausbildung umgestellt, das heißt, wir haben auch zwei Einstellungstermine zu berücksichtigen.
Richtig ist, dass wir die Zahl deutlich erhöht haben. Das heißt, schon über 1 000 sind Neueinstellungen, und diese werden sich leicht erhöhen. Die Gesamtkapazität habe ich Ihnen genannt: Sie liegt bei 2 050. Die Neueinstellungen werden sich weiter erhöhen, weil wir eine Verkürzung der Referendariatszeiten von zwei Jahren auf ein Jahr haben. Es sind welche dabei, die noch bei zwei Jahren sind. Das wird sich sukzessive verkürzen. Deswegen können wir bei festgelegter Stellenzahl auch mehr Referendare durch das System schleusen.
Zum Dritten, zur Ausbildung. Da bin ich gern bereit, Kritik zu akzeptieren. Was passiert nach 2015? Das wissen wir nicht. Aber wir müssen Vorsorge betreiben, weil wir dann natürlich einen Abgang haben, der etwa jährlich bei 1 300 bis 1 600 liegt. Deswegen müssen wir jetzt handeln, das heißt, die Ausbildungskapazitäten an den Universitäten deutlich erhöhen. Das haben wir getan, und zwar von 1 000 auf mindestens 1 700. Das ist ein ehrgeiziges Ziel.
Aber was ist die Alternative, meine Damen und Herren? Es gibt keine. Wir müssen anfangen und werben, wir müssen die Kapazitäten aufbauen. Worüber ich auch froh bin – das war vielleicht auch ein Lernprozess bei Ihnen –, dass wir hier nicht mehr über ideologische Schulmodelle von gestern diskutieren, sondern über das Wichtigste, was wir haben, woran auch die Bildungsqualität hängt: Das sind unsere Lehrerinnen und Lehrer. Deshalb freue ich mich, dass es letztes Jahr gelungen ist, die Bundesbildungsministerin und den Bund dazu zu bewegen, eine Lehrerexzellenzinitiative zu machen, indem wir das Bildungspaket mit einer Landesexzellenzinitiative unterfüttern. Ich glaube, dass es das richtige Signal ist. Wir brauchen nicht nur genügend Lehrer, wir brauchen die richtigen, und die müssen qualitativ hochwertig ausgebildet werden. Das Signal geht auch vom Bildungspaket aus, meine Damen und Herren.
Ich komme zur Zusammenfassung. Es sind mit Sicherheit noch nicht alle Fragen beantwortet. Dieses Bildungspaket
ist ein Handlungsrahmen. Die Arbeit ist nicht zu Ende, sondern sie geht weiter. Deswegen haben wir uns darauf verständigt, dies fortlaufend zu überprüfen. Dort, wo es nötig ist, müssen wir nachsteuern. Aber klar ist auch das Signal, meine Damen und Herren: Wir haben mit diesem Bildungspaket einen deutlichen Schritt in Richtung einer langfristigen Sicherung des Lehrerbedarfs getan, denn im Ergebnis heißt das: mehr Studenten, mehr Referendare, mehr Lehrer. Dieses Signal geht klar von dem Bildungspaket aus. Wir werden die Herausforderung gemeinsam meistern. Um diese konstruktive Unterstützung in diesem Hause bitte ich sehr herzlich.
Vielen Dank.
Nein.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine gute Schule ist guter Unterricht, und zum guten Unterricht gehören qualifizierte Lehrkräfte. Das bezieht sich nicht nur auf den Unterricht und auf die jetzige Situation, sondern auch auf die Frage der Lehrerausbildung. Kernaufgabe ist, die Schule mit qualitativ hochwertigen Lehrern zu versorgen und damit die langfristige Sicherung des Lehrerbedarfs in diesem Lande sicherzustellen.
Lassen Sie mich zwei Vorbemerkungen machen. Erstens. Die Schule ist für die Schüler da und nicht die Schüler für die Schule. Das gilt auch für die Interessengruppen. Die Schüler sind nicht für Interessengruppen da, sondern wir haben die Aufgabe, den Schülern die beste Bildung mitzugeben, damit sie erfolgreich eine Ausbildung, ein Studium und ihr Leben gestalten können.
Für einige schon.
Das Zweite ist die Frage der Demografie. Die Demografie ist unmittelbar mit dem sächsischen Schulsystem verknüpft, und auch die Frage der Schülerentwicklung kann nicht gänzlich abgekoppelt von der Frage der Lehrerversorgung betrachtet werden. Die Frage der Demografie und die Herausforderung der Demografie ist nicht nur eine Frage der Zukunft, sie ist nicht nur eine Frage der Gegenwart, sondern sie ist eine Vergangenheitsfrage, und zwar einer zwanzigjährigen Vergangenheit, was den Freistaat Sachsen betrifft.
Wir hatten einen enormen Schülerrückgang, eine Halbierung der Schülerzahlen. Das heißt – das ist ja auch in der Debatte zum Ausdruck gekommen –, dass wir 20 Jahre lang die Sicherung der Arbeitsplätze der vorhandenen Lehrer betrieben haben. Das heißt 20 Jahre lang Arbeitsplatzsicherung. Das bedeutete keine Entlassung – was für die Betroffenen erfreulich ist. Doch das ist nur gelungen durch Teilzeitvereinbarungen, durch eine Solidaritätsleistung auch der Betroffenen, und – strategisch der wichtigste Faktor – wir konnten die zusätzlichen Ressourcen für eine Investition in ein pädagogisches Plus, das heißt eine Investition in die Qualität der Bildung, verwenden. Ich glaube, das ist maßgeblicher Beitrag dafür, dass wir dadurch in Sachsen, in Deutschland und auch im internationalen Vergleich gut dastehen.
Das Ganze hat aber einen Preis. Dieser Preis wird jedoch heute fällig. Weil wir alle Lehrer im System gehalten haben, war es nicht möglich, mehr junge Leute in das System zu holen. Das ist die Wahrheit. Sie gestatten mir,
wenn ich nicht nur dafür brenne, etwas für diejenigen zu tun, die im System sind, die Arbeit haben, sondern dass mein Augenmerk, meine Leidenschaft auch denjenigen gilt, die Arbeit bekommen wollen. Das sind die jungen Menschen, die wir hier in Sachsen halten und denen wir eine Perspektive in die Zukunft geben wollen.
Zu viele junge Leute mussten gehen, weil sie keine Einstellungsmöglichkeiten bekommen haben. Sie sind dorthin gegangen, wo sie gebraucht wurden, und es ist sehr schwer, sie überhaupt wieder zurückzuholen.
Die Situation von der Arbeitsplatzsicherung zur Sicherung des Arbeitsvermögens ist aber jetzt eine andere. Diese ist beschrieben worden, ausgelöst durch die Altersstruktur, durch den Altersabgang, der uns bevorsteht. Bis zum Jahr 2020 verlassen 8 000 Lehrerinnen und Lehrer das System und noch einmal in der nächsten Dekade, von 2020 bis 2030, weitere 14 000. Damit verlassen insgesamt drei Viertel der Lehrerinnen und Lehrer aus Altersgründen in den nächsten Jahren den Schuldienst.
Das ist eine immense Herausforderung für die Zukunft – eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen und die nicht über Nacht zu lösen ist.
Aber lassen Sie mich auf die momentane Situation eingehen und damit auf das Schuljahr 2011/2012. Wir sind immer noch in der Phase der Arbeitsplatzsicherung. Es ist gerade einmal ein Jahr her, dass wir auch vor diesem Landtag Demonstrationen hatten; es ging um eine weitere Teilzeitvereinbarung im Mittelschul- und Gymnasialbereich. Das Positive dabei ist, dass wir jetzt Vollzeitberuf haben, auch in den Mittelschulen und Gymnasien. Der Lehrerberuf ist wieder ein Vollzeitberuf – das ist ein gutes Signal –, aber das heißt natürlich auch, dass wir an den Mittelschulen und den Gymnasien eine sehr auskömmliche Unterrichtsversorgung haben, dass der Pool in Verantwortung des Schulleiters sehr hoch ist – auch das gehört zur Wahrheit –, und das betrifft nicht nur die Mittelschulen und Gymnasien, sondern auch die beruflichen Schulen. Auch wenn es nicht in jedem einzelnen Fach und in jeder einzelnen Schule gesichert ist, so kann momentan keine Rede von einem generellen Lehrermangel sein; dem möchte ich nachdrücklich entgegentreten.
Damit zum Thema Unterrichtsausfall – auch dieser hat in der Debatte eine Rolle gespielt. Wenn man sich den Schaum vor dem Mund wegwischt und einen Blick auf die Zahlen wirft, dann wird manches klar. Wir haben bei den Gymnasien einen Unterrichtsausfall in Deutschland von durchschnittlich 8 %, an den sächsischen Gymnasien von 3,2 %.
Wir haben an den Grundschulen einen Unterrichtsausfall von durchschnittlich 4 % in Deutschland – auch wenn Ihnen die Zahlen nicht passen, Frau Falken; das kann ich ja nachvollziehen, Sie hätten gern einen höheren Unter
richtsausfall genannt bekommen, um noch höhere Horrorzahlen zu verbreiten –,
aber Sie müssen sich schon gefallen lassen, dass man sich die Fakten ansieht, bevor man anfängt, Unwahrheiten in die Welt zu setzen.
Noch einmal: Bei den Grundschulen 4 % in Deutschland und 2,8 % in Sachsen; bei den beruflichen Schulen 10 % in Deutschland und 5,9 % in Sachsen. Ich möchte deutlich machen, dass Unterrichtsausfall generell ärgerlich ist, insbesondere für die Betroffenen. Aber hier Horrorszenarien zu zeichnen ist einfach unredlich und wird der Sache nicht gerecht.
Ebenso zu den Abordnungen, meine Damen und Herren. Abordnungen hat es schon immer gegeben und Abordnungen sind nichts Neues. Sie sind ein notwendiges Instrument der Unterrichtsabsicherung.
Ja.
Sie kennen die Statistiken. Ich habe gerade die Zahlen genannt und muss nicht noch einmal darauf eingehen. Unterrichtsausfall ist es dann, wenn kein Lehrer vor der Klasse steht. Auch Lehrer werden krank, sie werden chronisch krank oder sind chronisch krank. Das sind die Wechselfälle des Lebens. Übrigens ist es auch bei Schuljahresbeginn passiert, dass Lehrer einen Arbeitsvertrag in der Tasche hatten und sehr kurzfristig abgesagt haben. Das Problem ist mittlerweile gelöst, hat aber dazu geführt, dass beispielsweise in den ersten Tagen und Wochen kein Unterricht abgehalten werden konnte oder ein Teil davon fachfremd vertreten wurde.
Meine Damen und Herren, zu den Abordnungen. Auch dort muss man genauer hinsehen. Wir haben eine sinkende Zahl von Vollabordnungen und eine leicht steigende Zahl von Teilabordnungen. Auch das hat Gründe, nämlich dass wir die Integration und Inklusion vorantreiben wollen. Wir wollen das Wohl des Kindes fördern – auch desjenigen Kindes, welches einen sonderpädagogischen Förderungsbedarf hat –, und wir wollen sie möglichst an Regelschulen beschulen. Wenn wir das tun, dann brauchen wir eine pädagogische Unterrichtshilfe; dann brauchen wir Sonderpädagogen, die ihnen dort helfen. Deswegen werden sie abgeordnet. Das heißt, wer für Inklusion ist, wer für Integration ist, der kann nicht gegen Ab
ordnungen sein. Sie müssen sich für das eine oder für das andere entscheiden. Wir entscheiden uns für die Integration und die Inklusion und deswegen ordnen wir Sonderpädagogen ab, damit sie den Kindern entsprechend helfen.
Meine Damen und Herren, wir haben Handlungsbedarf, das ist gar keine Frage, und wir müssen demografische Vorsorge betreiben.
Was haben wir getan? Wir handeln nicht erst seit heute, sondern schon seit zwei Jahren, was diese Frage betrifft. Wir wollen die Qualitätssicherung unseres sächsischen Systems auch in Zukunft und deswegen haben wir im Haushalt Vorsorge getroffen. Wir wollen dauerhaft unsere Lehrerausstattung an den Schnitt der Flächenländer West anpassen – zuzüglich eines Zuschlages von 5 %. Auch im Westen haben wir eine demografische Entwicklung. Das heißt, dort sinkt die Schülerzahl und die Lehrerzahl wird nicht im gleichen Maße abgesenkt.
Nein, ich möchte es gern zu Ende führen.
Das heißt, der Osten wird sich nicht an den Westen anpassen, sondern der Westen an den Osten, auch was die Unterrichtsversorgung betrifft. Wir haben Übernahmegarantien für Absolventen, ausgesprochen vor zwei Jahren, und zwar in den Fächern Grundschule, Mittelschule und Förderschule, gerade weil es zu viele sind, die das Lehramt Gymnasium studieren – in Fächerkombinationen, die dauerhaft, jedenfalls langfristig, nicht gebraucht werden –, und wir haben die Zahl der Referendare deutlich erhöht: von 375 Neureferendaren in den letzten Jahren auf über 1 160 im kommenden Schuljahr. Das ist eine Verdreifachung der Zahl der Referendare. Auch die Gesamtzahl konnte insgesamt mehr als verdoppelt werden – bei gleichzeitigem Blick auf die Qualität der Ausbildung. Deswegen ist die Referendarausbildung auch in Chemnitz erweitert worden.
Ein letzter Punkt. Es ist Ihnen sicherlich nicht entgangen und war Gegenstand der Diskussion im Schulausschuss – es betrifft nicht nur die Referendare, sondern auch die Einstellungen –: Wir haben zu Beginn dieses Schuljahres so viele eingestellt wie in den Jahren zuvor nicht, nämlich 631, darunter 236 im Grundschullehramt. Außerdem möchte ich eine Richtigstellung machen: Es werden nur Lehrer eingestellt, die eine entsprechende pädagogische Ausbildung haben. Die Behauptung, sie wären pädagogisch nicht ausgebildet, ist schlichtweg falsch;
sondern das ist eine Einstellungsvoraussetzung für den Schuldienst.
Meine Damen und Herren, diese Herausforderung ist beschrieben worden. Wir stellen uns dieser Herausforderung; das Umsteuern hat begonnen. Wir stellen uns nicht, indem wir Horrorszenarien zeichnen, sondern indem wir Schritt für Schritt diese Aufgabe angehen und abarbeiten, und ich darf Sie weiterhin um Ihre Unterstützung bitten.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, im Verlauf dieser Debatte ist deutlich geworden, dass die Kooperation und der Austausch von Sachsen mit Polen und Tschechien sowohl auf qualitativ als auch quantitativ hohem Niveau anzusiedeln ist. Die Staatsregierung, die Lehrkräfte, die Schulträger und alle weiteren Beteiligten bemühen sich intensiv und erfolgreich um einen möglichst nachhaltigen Austausch. Das ist auch völlig in Ordnung, denn – im behandelten Antrag wurde das dankenswerterweise bereits sehr richtig angesprochen – für die Gegenwart und für die Zukunft der jungen Menschen ist es von größter Wichtigkeit, die Ereignisse der Vergangenheit zu kennen.
Konrad Adenauer hat im Rückblick auf die Zeit nach dem Krieg gesagt: „Die Einheit Europas war ein Traum Weniger, sie wurde eine Hoffnung für viele, und sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“
Vor 60 Jahren beschäftigten sich nur Visionäre mit dem Thema Europa. Heute ist europäisches Denken und Handeln alltäglich. Schule kann und muss dazu beitragen, dass junge Menschen ein Bewusstsein für die eigene europäische Geschichte entwickeln. Schule kann und muss helfen, Respekt vor und Interesse an europäischer Vielfalt zu wecken und auszubauen.
Jean Monnet, einer der Mitbegründer der Europäischen Gemeinschaft, hat gesagt: „Wenn ich die gesamte europäische Gemeinschaft noch einmal zu gestalten hätte, so
würde ich nicht mit der Wirtschaft anfangen, sondern ich würde mit der Kultur beginnen.“
Das bedeutet, dass das Verhältnis der Menschen füreinander und der Austausch untereinander eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür ist, dass Europa weiter zusammenwächst.
Dies, meine Damen und Herren, ist die Grundlage der europäischen Integration, und das ist auch das, was Europa erst lebendig macht.
Meine Damen und Herren! Unsere eigene jüngste Vergangenheit, das geteilte Deutschland, ist für immer mehr Menschen Geschichte. Ich meine hier Geschichte als abstrakten Begriff. Man kennt sie aus Büchern, sie gehört zur Allgemeinbildung, aber – und das ist das Tragische daran, das Unausweichliche – sie betrifft die Menschen mehr und mehr nicht mehr persönlich. Doch genau hier liegt der Irrtum. Geschichte berührt uns, und zwar jeden Einzelnen, auch persönlich; denn unsere Gegenwart ist das Ergebnis unserer Vergangenheit. Wir können das Heute nur verstehen, wenn wir das Gestern kennen.
Das, meine Damen und Herren, geht nur mit einem geschulten Blick. Der Schlüssel hierfür, also der Schlüssel für einen geschulten Blick, ist die Bildung. Die vielfältigen Angebote von Kooperationen und Schüler- bzw. Jugendaustauschen mit unseren Nachbarländern sind ein sehr wichtiger Beitrag zur Bildung unserer Schülerinnen und Schüler.
Wenn auch die Debatte gezeigt hat, dass es selbstverständlich noch Potenzial gibt – das ist ja gar keine Frage –, so möchte ich doch auf die reiche Landschaft an Angeboten verweisen, nicht nur schulisch, sonder auch außerschulisch, die sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickelt hat. Das Umbruchjahr 1989/90 hat uns eine neue Freiheit geschenkt, und die Errungenschaften der friedlichen Revolution sind eine große historische Leistung und sie sind unser gemeinsames Erbe. Ihr unblutiger Verlauf ist Erfolg eines einzigartigen Vermächtnisses, das uns die Menschen, die für eine friedliche und demokratische Neuordnung auf die Straße gingen, hinterlassen haben.
Als Kultusminister ist es mir wichtig, vor allem bei unseren Kindern und Jugendlichen die Erinnerung an diese, die Erinnerung an unsere Vergangenheit wach zu halten. Wer die dunklen Flecken der deutschen Geschichte kennt, der weiß den Wert der Freiheit umso mehr zu schätzen, und – da sind wir wieder beim konkreten, beim persönlichen und nicht beim abstrakten Geschichtsbild – wer die Orte des Grauens wie Theresienstadt oder Orte der Hoffnung wie Kreisau besucht, der ist vielleicht ein bisschen wachsamer.
Denn diese Orte ermahnen uns, dass auf deutschem Boden niemals wieder ein Unrechtsstaat möglich sein darf und dass jeder von uns – das betrifft insbesondere die junge Generation – zu jeder Zeit mitverantwortlich ist für sein Umfeld. Auch deswegen ist es sehr wichtig, den Austausch mit unseren europäischen Nachbarn zu pflegen und auszubauen. So kann es uns gelingen, unsere Kinder für Toleranz, Demokratie und Eigeninitiative zu begeistern. In Sachsen sind wir auf einem sehr guten Weg dorthin.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete, ich beantworte Ihre Fragen wie folgt:
Zu 1. Seit Schuljahresbeginn traten bis zum Ende der vergangenen Woche – 07.10.2011 – am Förderschulzentrum für Erziehungshilfe folgende Krankheitsfälle von Lehrkräften auf: sechs Lehrkräfte kurzzeiterkrankt – bis drei Tage –, acht Lehrkräfte längerfristig erkrankt – zwischen vier Tagen bis sechs Wochen –, eine Lehrkraft langzeiterkrankt – über sechs Wochen.
Vom Förderschulzentrum werden zehn Lehrkräfte mit insgesamt 161 Stunden zur Sicherung der integrativen Unterrichtung an Regelschulen abgeordnet. Das Förderschulzentrum für Erziehungshilfe ist die einzige Einrichtung dieser Art in der Stadt Leipzig. Integrationen von Schülerinnen und Schülern mit diesem Förderschwerpunkt können damit nur von Lehrkräften dieser Einrichtung begleitet werden.
Zwei Lehrkräfte sind zur Sicherung der Lehrerausbildung an die Sächsische Bildungsagentur abgeordnet. Eine Lehrkraft ist mit vier Stunden an eine andere Förderschule abgeordnet. Darüber hinaus unterstützt eine pädagogische Unterrichtshilfe im Rahmen der gemeinsamen Anstrengung unterschiedlicher Kräfte bei der Bewältigung der schwierigen Situation die Mittelschule Leipzig-Paunsdorf. An das Förderschulzentrum für Erziehungshilfe Leipzig sind drei Lehrkräfte im Umfang von insgesamt 35 Stunden abgeordnet.
Der planmäßige Unterrichtsausfall am Förderschulzentrum beträgt 3,6 %. Der außerplanmäßige Unterrichtsaus
fall im Berichtszeitraum September betrug 7,06 % und betrifft den gesamten Fächerkanon einschließlich der Unterstützung der integrativen Unterrichtung an Regelschulen. Stundentafelkürzungen sind von Klassenstufe 3 bis 6 notwendig. Sämtliche Schülerinnen und Schüler der Schule besitzen sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich soziale und emotionale Entwicklung. Bei einem Teil kommt weiterer sonderpädagogischer Förderbedarf hinzu.
Ein beachtlicher Teil der Schülerschaft der Schule stellt sich als extrem schwierig dar. Vor diesem Hintergrund ist die Umsetzung eines geordneten Unterrichts selbst für erfahrene Lehrkräfte mit einem überdurchschnittlichen Kraftaufwand verbunden. Dies spiegelt sich auch in häufigen Erkrankungen der Lehrkräfte wider. Im Zeitraum vom Schuljahresbeginn bis Ende vergangener Woche gab es folgende Vorkommnisse: 13 Problemanzeigen beim Allgemeinen Sozialen Dienst der Stadt Leipzig, zehn Anzeigen bei der Polizei, sieben Anzeigen beim Schulträger wegen Sachbeschädigung, eine Anzeige beim Amt für Jugend, Familie und Bildung der Stadt Leipzig wegen körperlicher Gewalt, 14 Anwendungen des § 39 Schulgesetz, also Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen, eine Meldung wegen besonderer Vorkommnisse an die Sächsische Bildungsagentur, sechs Anrufe bei der Notfallnummer 112 wegen Eigen- und Fremdgefährdung.
Zur Frage 2. Ein konkreter Termin für die Aufnahme des planmäßigen Unterrichts kann derzeit nicht genannt werden. Dies hängt zum einen vom Krankenstand der Lehrkräfte und zum anderen vom Greifen der folgenden Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Schule ab. Insbesondere folgende Maßnahmen sind geplant bzw. wurden bereits umgesetzt: Neueinstellung von zwei pädagogischen Unterrichtshilfen zum 01.10.2011, Abordnung von Lehrkräften aus anderen Förderschulen zum 01.11.2011 geplant, enger Kontakt mit der Betriebsärztin, pädagogische Supervision für Lehrkräfte, Festlegung von Maßnahmen in den einzelnen Schulteilen zur intensiveren Aufsichtsführung in den Pausen, Präzisierung der Hausordnung, Anwendung von Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen laut Schulgesetz, Anwendung der Verhaltensmodifikation im Unterricht und in den Pausen, vor allem im Sinne von Verstärkung des positiven Verhaltens, ab Schuljahr 2011/2012 Sozialtraining für Schüler in festgelegten Unterrichtsstunden, enge Kooperation mit der Polizei. Sowohl der Polizeipräsident als auch der Präventionsbeauftragte des Reviers Leipzig-West waren bereits vor Ort.
In jedem der drei Schulteile gibt es eine Schulsozialarbeiterin, die Gewaltprävention und Gewaltdeeskalation als Arbeitsschwerpunkt hat. Des Weiteren nenne ich die enge Zusammenarbeit mit dem Amt für Jugend, Familie und Bildung, mit dem Parkkrankenhaus und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Leipzig, mit dem Institut für Förderpädagogik, Bereich Verhaltensgestörtenpädagogik im Sinne der fachlichen Beratung. Einige der dargestellten Maßnahmen kamen bereits im Schuljahr 2010/2011 zur Anwendung.
Vielen Dank Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass offensichtlich Einigkeit besteht in der Überzeugung, dass wir aus einer ganzen Reihe von Gründen auch auf die Qualifikation unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger mit angewiesen sind,
die wir im Laufe der nächsten Jahre immer dringender benötigen werden. Es herrscht breiter Konsens darüber, dass die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse erleichtert werden soll. Wir haben die Argumente für Verbesserungen in diesem Bereich bereits gehört und deswegen möchte ich nur noch einmal kurz auf die beiden maßgeblichen Ziele eingehen.
Erstens. Wir möchten die Qualifikation der zugewanderten Menschen besser nutzen, um den Fachkräftebedarf auch in Zukunft zu sichern. Zweitens. Wir möchten die Integration der Migrantinnen und Migranten in Sachsen erleichtern. Ganz in diesem Sinne wurde vom Deutschen Bundestag Ende September das Berufsanerkennungsgesetz des Bundes beschlossen. Es umfasst allgemeine Regelungen und Anpassungen zur Anerkennung von
Berufsqualifikationen in rund 60 auf Bundesebene geregelten Berufsgesetzen und Verordnungen.
Lassen Sie mich vier besonders wichtige Aspekte dabei hervorheben. Jeder Migrant und jede Migrantin hat Anspruch darauf, dass der eigene Berufsabschluss jeweils individuell auf Gleichwertigkeit geprüft wird. Die Anerkennungsverfahren werden einheitlicher und transparenter. In der Regel muss innerhalb von drei Monaten geklärt werden, inwieweit die ausländischen Berufsabschlüsse den deutschen Abschlüssen entsprechen. Für eine Reihe von Berufen, für die bisher die deutsche oder EUStaatsangehörigkeit Voraussetzung war, entfällt diese Einschränkung.
Am 4. November soll der Bundesrat über das Gesetz entscheiden. Sobald es beschlossen ist, können wir in Sachsen unverzüglich entsprechende landesrechtliche Regelungen erarbeiten. Mein Haus hat in Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen Ressorts die Aufgabe übernommen, diesen Gesetzentwurf zu erstellen.
Sachsen wird sich für einen lösungsorientierten und zügigen Abschluss von Abstimmungsprozessen einsetzen. Dabei ist mir die Abstimmung zwischen den Ländern sehr wichtig, denn wir können diesen Weg nur gemeinsam gehen. Ein einseitiges sächsisches Vorpreschen würde weder den Interessen der Migrantinnen und Migranten dienen, noch der Sicherung des Fachkräftebedarfs – im Gegenteil. Es würde die länderübergreifende Wirkung der Anerkennungsentscheidung und der Einheitlichkeit des Verfahrens behindern. Nur eine koordinierte Gesetzgebung in den Ländern kann unser gemeinsames Anliegen verwirklichen.
Bei all den Bemühungen um ein vereinfachtes und transparentes Anerkennungsverfahren muss aber auch klar sein: Die Qualitätssicherung hat Priorität. Es können nur Qualifikationen anerkannt werden, die das deutsche Ausbildungs- und Qualifikationsniveau auch tatsächlich erreichen. Auch in diesem Punkt ist sich die Sächsische Staatsregierung einig.
In die Erarbeitung eines Gesetzentwurfes fließen natürlich die Impulse aus den verschiedenen sächsischen Initiativen und Vorarbeiten ein. Herausheben will ich dabei die im September vorgelegten Empfehlungen des runden Tisches „Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse“ unter Leitung unseres Kollegen und Ausländerbeauftragten des Freistaates Sachsen, Prof. Martin Gillo. Dieser runde Tisch wurde auf Initiative der Staatsregierung gegründet. Mitgewirkt haben die Staatsministerien des Innern, für Soziales und Verbraucherschutz, für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, für Wissenschaft und Kunst und mein Haus.
Dank der Tatsache, dass sich die Sächsische Staatsregierung bereits frühzeitig um das Thema Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse bemüht hat, kann ich an dieser Stelle noch auf zwei weitere Errungenschaften hinweisen. Im Jahre 2010 wurde im Auftrag meiner Kollegin Christine Clauß und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die sogenannte ANSA-Studie erstellt. Auch darauf ist im Rahmen der Diskussion
hingewiesen worden. Die Ergebnisse dieser Studie haben zur Eröffnung der ersten Informations- und Beratungsstelle „Anerkennung Sachsen“ am vergangenen Mittwoch in Dresden geführt.
Diese Beratungsstelle hat drei Funktionen: Lotsenfunktion, Servicefunktion und eine Verzahnungsfunktion. Sie berät zu den Anerkennungsmöglichkeiten, informiert über Anerkennungsverfahren, gibt Hinweise zu Qualifizierungsmöglichkeiten und zu beruflichen Alternativen. Sie bietet persönliche Beratung in Chemnitz, Dresden, Leipzig und Zwickau und richtet sich dabei nicht nur an Migrantinnen und Migranten, sondern möchte mittelfristig alle für die Anerkennung relevanten Akteure miteinander vernetzen.
Die zweite Errungenschaft: Aus der Studie ist ein Leitfaden zur Anerkennung ausländischer Qualifikation in Sachsen als Orientierungshilfe für Akteure und Ratsuchende entstanden. Er wird ein wichtiges Instrument im Rahmen dieser Beratungsstelle IBAS darstellen.
Ich erlaube mir in diesem Hause auch darauf hinzuweisen, dass die beiden sächsischen Koalitionsparteien bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, sich für verbesserte Möglichkeiten zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse einzusetzen. Mit den genannten Initiativen der Unterstützung der Bundesgesetzgebung durch die Sächsische Staatsregierung und einer darauf aufbauenden Landesgesetzgebung wird dieses Ziel erreicht. Ich freue mich, dass drei Oppositionsfraktionen dieses Ziel teilen.
Meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister, mein Kollege Sven Morlok, verfolgt dieses Thema im Rahmen der von ihm federführend bearbeiteten Fachkräftestrategie des Freistaates Sachsen weiter. Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen fügt sich nahtlos in diese Strategie ein. Ich bitte deshalb um Zustimmung.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht erst seit der Ausrufung der Bildungsrepublik Deutschland durch unsere Kanzlerin ist klar, dass das Thema Bildung von entscheidender Bedeutung ist
(Andreas Storr, NPD: Das ist doch alles Quatsch! Niemals war die Bildung so schlecht wie heute! – Ministerpräsident Stanislaw Tillich: Das mag bei Ihnen zutreffen!)
sowohl für das Wohlergehen des Einzelnen als auch für den Wohlstand unseres Landes und damit der gesamten Gesellschaft.
Die Bildungspolitik – nicht nur die sächsische Bildungspolitik – steht vor wichtigen und schwierigen Aufgaben. Der demografische Wandel muss bewältigt, die Unterrichtsversorgung sichergestellt, die Lehrerausbildung qualitativ weiterentwickelt und die Zahl der Schulabbrecher gesenkt werden. Dies sei nur beispielhaft genannt.
Um diese Aufgaben bewältigen zu können, müssen Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten klar definiert und abgegrenzt sein. Daher ist es gut, dass Bildungspolitik vor allem Ländersache ist. Die Föderalismusreform von 2006 war ja streng genommen keine echte Reform, da sich der Bund auch vorher nicht an der Grundfinanzierung der Bildung beteiligt, sondern nur projektbezogen gefördert hat. Aber im Rahmen ihrer Beschlüsse ist die Einteilung der Verantwortlichkeiten gestärkt worden.
Meine Damen und Herren! Nicht, dass Sie mich missverstehen: Als überzeugter Bildungsföderalist ist Bildungsföderalismus für mich kein Selbstzweck. Er dient einem Zweck, nämlich die bestmögliche Qualität im Rahmen eines Wettbewerbes hervorzubringen und damit die Qualität der Bildung entscheidend zu verbessern.
Bundesweit einheitliche Schulen würden unsere Eigenverantwortung aushöhlen, die Rahmenbedingungen und Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern missachten und den Wettbewerb um Qualität zunichte machen. Ich wundere mich schon über Töne in diesem Hohen Haus, die gegen den Bildungsföderalismus reden. Es steht nicht mehr und nicht weniger auf dem Spiel als die Eigenständigkeit und die Eigenstaatlichkeit der Länder. Meine Damen und Herren, worüber wollen wir dann im
Kern noch diskutieren und debattieren und vor allem für unser Land entscheiden, wenn nicht in einer der entscheidenden Kernaufgaben, nämlich der Bildungspolitik der Länder?
Aber – auch das will ich sagen – Bildungsföderalismus heißt nicht, die Kooperation zwischen Bund und Ländern auszuschließen, im Gegenteil. Selbstverständlich müssen Bund und Länder kooperieren. Man kann und muss klare Verantwortlichkeiten benennen und zusammenarbeiten. Wir haben bereits im Rahmen des Grundgesetzes Möglichkeiten und Bereiche der Zusammenarbeit, und diese gilt es auszuschöpfen.
Ich persönlich habe den Eindruck, dass wir noch nicht annähernd an die Grenzen der Möglichkeiten der Kooperation gegangen sind. Lassen Sie es uns doch gemeinsam versuchen und ausprobieren. Bislang bin ich dabei nicht an die Grenzen gestoßen. Bund und Länder wirken bereits jetzt in verschiedenen Bereichen zusammen: in der frühkindlichen Bildung, beim Übergang von Schule zu Beruf, in der beruflichen Bildung und in der Weiterbildung. Dort existiert bereits eine sehr erfolgreiche Kooperation zum Nutzen und zum Wohle der Bildung in unserem gesamten Land, nicht nur in Sachsen.
Auch die von Sachsen vorgeschlagene Exzellenzinitiative Lehrerbildung wurde von Frau Bundesministerin Annette Schavan bereits aufgegriffen. Ich bin sehr dankbar, dass wir von Sachsen aus einen Impuls leisten können; denn Grundlagen für die Zukunft Deutschlands werden nicht nur in den Forschungslabors und Universitäten geschaffen, sondern dies beginnt im Klassenzimmer. Wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir die besten Lehrerinnen und Lehrer nicht nur in den Klassenzimmern haben, sondern wir müssen sie auch an den Universitäten ausbilden. Deshalb müssen wir mehr tun als in der Vergangenheit, und zwar gemeinsam mit den Universitäten und der Wissenschaft. Das ist eine der entscheidenden Zukunftsaufgaben in unserem Land, die wir jetzt angehen wollen.
Ja, bitte.
Wir haben einen nicht allzu langen, aber intensi
ven Diskussionsprozess hinter uns. Übrigens bin ich sehr dankbar, dass die Wertschätzung und Anerkennung des Lehrerberufes und des Erzieherberufes überhaupt einmal in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist.
Das war in der Vergangenheit nicht so. Gerade Vertreter Ihrer Partei haben nicht dazu beigetragen, den Lehrerberuf besonders attraktiv zu machen.
Wir diskutieren das, und ich höre jetzt Zustimmung. Die Aufgabe wird gemeinsam darin bestehen,
in den nächsten Jahren dafür Sorge zu tragen, dass wir das umsetzen können. Ich bin der Überzeugung, dass es mit den bisherigen Instrumenten im Rahmen der grundgesetzlich abgesteckten Möglichkeiten erreichbar sein wird, bei der Lehrerausbildung gemeinsam mehr zu tun und damit der gesamtstaatlichen Verantwortung von Bund und Ländern auch in diesem Bereich Rechnung zu tragen.
Herr Lichdi, beruhigen Sie sich doch! Sie sehen ja, dass wir in kürzester Zeit entsprechende Fortschritte gemacht haben. Aber die Lehrerausbildung ist nicht der einzige Bereich, in dem so etwas möglich ist.
Ich bringe Ihnen gern ein Beispiel. Außerdem bereiten Bund und Länder derzeit eine gemeinsame Initiative zur Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung von der Kita bis zur Sekundarstufe I vor. Das sind ganz konkrete Beispiele, bei denen die Kooperation funktioniert. Sie funktioniert auch ohne eine Grundgesetzänderung sehr gut.
Auch andere Modelle sind im Gespräch. Sie wissen, dass ich mich in diesem Zusammenhang für gemeinsame Prüfungsaufgaben für die Abiturprüfung in Deutsch und Mathematik und für gemeinsame Prüfungen beim Hauptschul- und Realschulabschluss starkmache. Selbstverständlich müssen wir die Sorgen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger nach mehr Gemeinsamkeit und Mobilität ernst nehmen. Gerade deshalb bin ich dafür, den Bildungsföderalismus weiter zu entwickeln, und zwar verantwortungsvoll.
Es ist doch extrem unwahrscheinlich, dass es, wie bei den behandelten Anträgen gefordert, zu dauerhaften Finanzhilfen des Bundes für Bildung kommt, ohne dass der Bund inhaltlich Einfluss nimmt oder es zumindest versucht. Darauf haben meine Vorredner – Kollege Bläsner und Kollege Colditz – zu Recht hingewiesen. Ich halte es für gefährlich, diese klaren Zuständigkeiten aufzuweichen.
Meine Damen und Herren! Beim Wunsch nach der Änderung des Grundgesetzes geht es wohl kaum darum, Grundlagen für eine bessere Schulpolitik zu schaffen. Gute Bildungspolitik kann auf Landesebene gemacht werden. Es geht vielmehr darum, Einfluss zu nehmen, zumal Bildung aus den bekannten Gründen ein besonders wichtiges Thema ist. Hinzu kommt: Lehrer, Eltern und Schüler haben kein Interesse an Zuständigkeitsdebatten, sondern wollen Qualität. Diese Qualität ist in Sachsen sehr hoch, und ich möchte, dass das so bleibt.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gesellschaft befindet sich im steten
Wandel. In Bezug auf die frühe Entwicklungsphase von Kindern war man lange der Ansicht, sie liege allein in der Obhut der Frau. Von diesem Erziehungs- und Rollenverständnis hat man sich in der Vergangenheit mehr und mehr gelöst. Geschlechterrollen sind nicht mehr so eindeutig verteilt. Beispielsweise wächst die Zahl der jungen Väter, die das Elterngeld beziehen, beständig. Dieser Wandel wird, das dürfte nicht weiter verwundern, insbesondere von der jungen Generation getragen.
Der Sächsische Bildungsplan hält bereits in dem ersten Kapitel Grundlagen fest, dass Mädchen und Jungen die Gelegenheit haben müssen, sich jenseits von Rollenklischees des typisch weiblichen und typisch Männlichen zu entwickeln. Ein geschlechterbewusster Umgang mit den Kindern und ein geschlechterbewusstes Umfeld stehen in unmittelbarem Zusammenhang und prägen Erziehung und Entwicklung. Für eine gute Entwicklung brauchen Kinder erwachsene Bezugspersonen – am besten Frauen und Männer.
Der besagte Wandel im Selbst- und Rollenverständnis von Mann und Frau hat in den Kindertageseinrichtungen ebenfalls eingesetzt. Aus fachlicher Sicht ist das sehr zu begrüßen. Ebenfalls erfreulich ist, dass das Interesse von Männern, in der Kindertagesbetreuung tätig zu werden, zugenommen hat. Auch die Einrichtungsträger und die fast durchgängig von Frauen geprägten Teams sind dem gegenüber aufgeschlossener, als das zu vermuten gewesen wäre.
Es freut mich, dass der Anteil der Männer an pädagogischem Personal in den Kindertageseinrichtungen in den letzten Jahren erheblich angewachsen ist. Frau Abg. Nicolaus hatte darauf hingewiesen. Im Jahr 2010 waren es 3,3 %, im Jahre 2006 waren es erst 1,6 %. Damit hat sich der Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre – wenn auch auf niedrigem Niveau – mehr als verdoppelt. Wie überall gilt auch hier: Verhalten prägt Verhältnisse.
Ich möchte diese Entwicklung so gut es geht unterstützen. Ich wünsche mir, dass sie sich fortsetzt und es künftig auch mehr Grundschullehrer gibt.
Ein weiteres Indiz dafür, dass das Interesse junger Männern am Erzieherberuf gewachsen ist, ergibt sich auch aus der Anzahl der Schüler, die im jeweiligen Schuljahr eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher aufgenommen haben. Der Männeranteil bei den Fachschülern ist im ersten Ausbildungsjahr von 10 auf rund 14 % angestiegen.
Hinzu kommt Folgendes: Es gibt die Möglichkeit, die Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher entweder in dreijähriger Vollzeitausbildung oder in berufsbegleitender Teilzeitausbildung zu machen. Für die letzte Option der Kombination – in der Regel eine vierjährige Ausbildung und eine Teilzeittätigkeit – profitieren neben den Kita-Trägern zunehmend insbesondere Männer. Zunehmend nehmen auch pädagogische Fachkräfte mit Hochschulabschlüssen sozialer Arbeit und Heilpädagogik
sowie Absolventen der neu spezialisierten Studiengänge der Frühpädagogik ihre Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen auf. Der Männeranteil unter den Studierenden ist in den Studiengängen übrigens von 12,9 auf 18,8 % gestiegen.
Dass Sachsen der Förderung des Männeranteils in Kindertageseinrichtungen sehr offen gegenübersteht, wurde auch im Rahmen des 2010 initiierten Bundesprogramms „Mehr Männer in Kitas“ noch einmal deutlich. Die meisten Interessebekundungen kamen aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Rheinland-Pfalz. Ich freue mich, dass bei den ausgewählten Modellprojekten der Freistaat Sachsen mit vertreten ist. Ziel des Projektes ist, Netzwerke von relevanten Akteuren aufzubauen, die dazu beitragen, den männlichen Anteil an den Erziehern in Kitas zu erhöhen.
Das Landesjugendamt und das Fachreferat meines Hauses unterstützen das sächsische Modellprojekt im Rahmen des Beirates und werden sich für eine öffentlichkeitswirksame Darstellung der Erfahrungen und der Ergebnisse einsetzen. So können die Landkreise und kreisfreien Städte so schnell wie möglich davon profitieren.
Um den eingangs beschriebenen Wandlungsprozess weiter zu unterstützen, wird gegenwärtig eine eigens zum Thema „Mehr Männer in Kitas“ gewidmete Internetseite vorbereitet. Sie soll die weitere Etablierung des Themas in der Öffentlichkeit unterstützen und sowohl Kita-Träger als auch interessierte Männer und Schüler ansprechen und informieren.
Wir nutzen außerdem die Möglichkeit der Berufsorientierung an den Schulen, um Schüler frühzeitig für diesen Beruf zu interessieren. Wir nehmen Kontakt mit den Regionaldirektionen Sachsens und der Bundesagentur für Arbeit auf, um nach Möglichkeit die dort angesiedelte Berufsberatung zu nutzen. So können wir neben den Berufsanfängern auch weiter bildungswillige Quereinsteiger, was wichtig ist, in den Blick nehmen.
All das zeigt, dass die Kindertagesbetreuung in Sachsen dem Zugang von männlichen Fachkräften bereits seit geraumer Zeit sehr aufgeschlossen gegenübersteht. Ich bin deshalb sehr dankbar für die Initiative der Koalitionsfraktionen, die dem Thema damit einen zusätzlichen Schub verleiht. Die erfreulichen Entwicklungen in diesem Bereich werden vor allem unseren Jüngsten zugute kommen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Stand der Inklusion in Sachsen zu sprechen komme, lassen Sie mich kurz auf zwei Fragen eingehen: Was bedeutet Inklusion? Was möchten wir mit der UN-Behindertenrechtskonvention erreichen?
Der Schriftsteller Hans Kasper schreibt – ich zitiere –: „Die Humanität erreichte mehr, wenn sie, statt die Gleichheit zu loben, zum Respekt vor dem Wunder der Vielfalt riete.“ – So weit Hans Kasper.
Genau darum geht es bei der Frage der Inklusion: um die Wertschätzung der Vielfalt, um den Respekt vor der Heterogenität des Menschen auch in der Bildung und Erziehung. Unsere Schüler – behindert oder nicht – haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse, darunter auch solche, die der Bereitstellung spezieller Mittel und Methoden bedürfen. Inklusion bedeutet aber nicht nur, dass jede Schule mit einer Rampe oder einem Aufzug zu versehen ist, damit sie für jedermann barrierefrei zugänglich ist.
Inklusion bedeutet in erster Linie, die Barrieren in den Köpfen zu beseitigen. Inklusion bedeutet ferner Einbeziehung und Dazugehörigkeit. Um die Barrieren in den Köpfen der Menschen zu überwinden, strebt Inklusion daher an, dass nicht behinderte und behinderte Schüler gemeinsam und voneinander lernen, dass sie den Tag unter demselben Dach verbringen, sich begegnen und kennenlernen, dass sie gegenseitige Berührungsängste
überwinden und abbauen und den anderen respektieren und schätzen lernen. Sie haben denselben Schulweg, sie teilen den Pausenhof und sie lernen sich im Rahmen der Ganztagsangebote kennen. Sie verbringen Zeit miteinander, und am besten verbringen sie auch die Freizeit miteinander.
Um das zu ermöglichen, soll die Zahl der Partnerklassen erweitert und die Kooperation zwischen Förderschulen und anderen allgemeinbildenden Schulen sowie Berufsschulen ausgebaut werden. Sehr sinnvoll sind auch Kooperationen mit Vereinen und anderen Institutionen.
Kann ein Einzelner Kooperation und Partnerschaft intensivieren? Nein, das kann er nicht. Dazu gehören immer mindestens zwei. Die Kooperation zwischen Schulen, Verbänden und Vereinen voranzutreiben und die Partnerschaft zwischen Schule und Eltern zu stärken ist – auch darauf ist in der Diskussion hingewiesen worden – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, müssen alle Beteiligten aktiv werden.
Herr Kollege Colditz hat in der Diskussion richtigerweise darauf hingewiesen: Schule muss einen wichtigen Beitrag dazu leisten, aber es wäre falsch, Schule als abgeschlossenen Bereich zu betrachten. Wenn sich die Gesellschaft nicht ändert, dann, denke ich, laufen die Bemühungen der Inklusion ins Leere.
Dieses gemeinsame Aktivwerden, das ist es, was wir voranbringen müssen und wollen, damit die Inklusion – also Einbeziehung und Dazugehörigkeit – tatsächlich stattfinden kann.
Meine Damen und Herren! Jeder Vater und jede Mutter möchte das Beste für das eigene Kind. Der Auftrag von Schule ist es, jedes Kind individuell zu fördern; denn jeder zählt. Deshalb ist es so wichtig, dass Eltern und Schule gemeinsam das Wohl des Kindes an die erste Stelle aller Überlegungen und Entscheidungen stellen, dass sie gemeinsam überlegen, was der richtige Weg zum jeweils aktuellen Zeitpunkt für das Kind ist.
Ich möchte noch einmal betonen, wie wichtig in diesem Zusammenhang die Elternarbeit ist und wie wichtig es ist, die Partnerschaft zwischen Schule und Eltern weiter auszubauen. Wir müssen die Eltern als einen der wichtigsten Partner noch mehr einbeziehen.
Das sächsische Schulsystem sieht für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf integrativen Unterricht an einer Regelschule oder Unterricht an einer allgemeinbildenden Förderschule vor. Die Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention und das Bekenntnis zur Förderschule sind kein Widerspruch. Im Gegenteil: Erklärtes Hauptziel ist es, dass jeder Schüler – ob mit oder ohne sonderpädagogischem Förderbedarf – die jeweils bestmögliche Unterstützung erfährt und den höchstmöglichen Schulabschluss erreicht.
Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es in Sachsen vielfältige Förderformen und Förderorte, an denen die Lehrkräfte
eine unersetzliche Arbeit leisten. Meine Damen und Herren, das Ziel von Inklusion ist eine passfähige und passgenaue Lösung für jeden. Auf dem Weg dorthin haben wir in Sachsen in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. Auch das ist angesprochen worden, und dafür bin ich dankbar.
Im Schuljahr 2004/2005 lag der Anteil der integrativ beschulten Schüler bei 8,3 %, im vergangenen Schuljahr 2010/2011 bei 20,9 %. Das bedeutet weit mehr als eine Verdoppelung. Hier sei noch einmal den Lehrkräften, insbesondere den Sonderpädagogen, den Eltern und Schulträgern herzlich gedankt.
Die Staatsregierung setzt sich weiterhin dafür ein, dass dieser Trend anhält.
Deshalb begrüße ich, dass sich das Hohe Haus mit dem Thema Inklusion vertieft befasst. Ich begrüße auch den Gruppenantrag und möchte mich herzlich dafür bedanken. Ich denke, er bringt uns in dieser Sache weiter. Allein die Tatsache, dass das seltene Instrument des Gruppenantrages Verwendung findet, spiegelt wider, dass es bei uns in Sachsen das Bemühen gibt, sich dieser Herausforderung im Parlament fraktionsübergreifend anzunehmen. Das ist auch mein Anliegen.
Ich bin vorhin schon darauf eingegangen: Wir möchten und müssen die Vielfalt als Chance begreifen. Dieser Leitsatz der sächsischen Bildungspolitik beinhaltet die individuelle Förderung für jedes Kind, selbstverständlich auch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist sehr wichtig und sie ist ein Prozess, der Zeit braucht. Es muss in vielen Köpfen ein Umdenken stattfinden. Bei allen Überlegungen und Entscheidungen, diesen Prozess betreffend, steht das Wohl des Kindes immer an erster Stelle.
Kollege Wehner, ich bin Ihnen sehr dankbar und habe aufmerksam zugehört, als Sie hier im Hohen Haus von Ihrem persönlichen Weg gesprochen haben. Ich sagte, es ist ein Prozess, und es gibt in diesem Prozess zu Beginn mehr Fragen als Antworten. Niemand kann für sich in Anspruch nehmen, alle Antworten zu Beginn des Prozesses zu haben.
Genau wie Sie von Ihren persönlichen Erfahrungen auf Ihrem Bildungsweg gesprochen haben, sind es genau die Fragen, die mich beschäftigen, wenn ich an Förderschulen bin, insbesondere an Förderschulen für Kinder mit geistiger Behinderung bzw. mit mehrfach geistiger Behinderung. Man kehrt zurück mit Demut und mit Hochachtung vor den Sonderpädagogen, die dort arbeiten. Es kommen einem sehr viele Fälle unter. Man unterhält sich mit den Eltern und den Sonderpädagogen.
Ein Fall – ich möchte keine Namen nennen –, der genau das anspricht, was Sie, Herr Kollege Wehner, erwähnt haben, zeigt mir, dass wir gemeinsam noch viel zu tun haben. Es handelt sich um ein sprachgestörtes Kind, das zunächst an einer Förderschule zwei Jahre unterrichtet
worden ist, dann den Übergang an die Regelschule, die Mittelschule, geschafft hat, dort erfolgreich seinen Realschulabschluss absolviert hat und jetzt auf dem beruflichen Gymnasium seine allgemeine Hochschulreife anstrebt.
Folgende Frage habe ich den Sonderpädagogen und den Lehrern an dieser Mittelschule gestellt: Was wäre passiert, wenn das Kind von Anfang an auf der Regelschule gewesen wäre? Sie sagten mir übereinstimmend – Sonderpädagogen, Eltern und die Lehrer an der Mittelschule –: Das Kind hätte nicht die Möglichkeit gehabt, quasi in einem pädagogischen Sauerstoffzelt besonders betreut zu werden, um dann hinreichend geschult zu sein und den Sprung auf die Mittelschule zu schaffen.
Wir müssen also individuelle Lösungen finden, abgestimmt auf jedes Kind und zum Wohle jedes Kindes. Das muss unser gemeinsamer Kompass sein. Dass wir dafür noch Potenzial haben und dass es noch Diskussionsbedarf gibt, ist in diesem Hohen Hause, denke ich, unbestritten.
Um eine Umsetzung zum Wohle der Kinder sicherzustellen, liegt mir die Einbeziehung des großen Erfahrungsschatzes aller Betroffenen mit ihrer jeweils ganz unterschiedlichen Perspektive am Herzen. Es war von Zeit die Rede, es war auch von zehn Jahren die Rede, Frau Kollegin Stange. Entscheidend ist, dass wir zügig beginnen
und Experten zügig zusammenholen. Das Entscheidende für mich sind Fortschritte in der Sache. Ich habe es bereits betont und sage es noch einmal: Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur gelingen kann, wenn alle Beteiligten aufeinander zugehen und miteinander kooperieren.
Wir wollen das sächsische Schulsystem im Sinne der Inklusion schrittweise weiter ausgestalten. In den nächsten Monaten werden wir uns schwerpunktmäßig mit folgenden Aufgaben befassen, nicht abschließend, aber schwerpunktmäßig:
Die Diagnostik muss auf den Prüfstand, wir werden die Kooperation zwischen Förderschulen und allgemeinen Schulen ausweiten, und zwar so, dass sich Schüler mit und ohne Behinderung im Rahmen von Ganztagsangeboten und außerunterrichtlichen Bereichen begegnen können. Wir intensivieren die Einrichtung von Partnerklassen, sodass behinderte und nicht behinderte Kinder unter einem Dach lernen können. Wir vereinfachen den Wechsel zwischen den Schularten, wir verstärken die Kooperation zwischen Kindertageseinrichtungen und Grund- bzw. Förderschulen. So können wir Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten früher und gezielt fördern. Wir intensivieren das Angebot der Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung. Gerade hier, glaube ich, besteht ein besonderer Bereich, nämlich bei der Lehrerausbildung von Beginn an für das sonderpädagogische Werk- und Rüstzeug zu sorgen, in der Vermittlung, das dann in allen Schularten zum Tragen kommen kann.
Meine Damen und Herren! Wir haben in Sachsen bei der Realisierung eines inklusiven Schulwesens bereits einiges erreicht. Das sollten wir auch nicht kleinreden. Dazu gehört die enorme Steigerung – ich sagte es bereits – des Anteils der integrativ unterrichteten Schüler. Dennoch wollen wir Fortschritte erzielen. Wir wollen unser Schulsystem weiter entwickeln, und dazu brauchen wir neben allen Beteiligten das Engagement der Lehrkräfte, insbesondere der Förderschullehrerinnen und -lehrer. Diesen möchte ich an der Stelle noch einmal sehr herzlich für ihr unermüdliches Engagement danken. Sie machen es möglich, dass Kinder und Jugendliche bestmöglich gefördert und unterstützt werden für einen Teil ihres Lebensweges, den sie später in der Gesellschaft gehen werden.
Meine Damen und Herren! In diesem Sinne bedanke ich mich für die Diskussion und für den Antrag, in diesem Sinne werden wir den Antrag gemeinsam umsetzen.
Herzlichen Dank.
Zu 1.: Am Dr.-Wilhelm-André-Gymnasium Chemnitz wurden in diesem Schuljahr in der Jahrgangsstufe 12 die Leistungskurse in den Fächern Mathematik und Englisch wegen sinkender Schülerzahlen von ursprünglich je drei geplanten auf jeweils zwei Kurse reduziert.
Zu 2.: Die Zusammenlegung musste erfolgen, da Schüler im Sommer das Gymnasium gewechselt haben bzw. die Jahrgangsstufe 11 wiederholen. Grundlage für die Kursbildung ist die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen
Staatsministeriums für Kultus und Sport zur Klassen- und Gruppenbildung, zur Bedarfsberechnung für die Unterrichtsversorgung und zum Ablauf des Schuljahres 2011/2012.
Dieser Anfrage liegt ein Verwaltungsrechtsstreit zwischen einem kommunalen Schulträger und der Mutter dreier Schüler zugrunde. Der Freistaat ist daran nicht beteiligt. Das Staatsministerium für Kultus und Sport war auch nicht über den Stand des Verfahrens informiert.
Die Haltung der Staatsregierung zur Lernmittelfreiheit ist bekannt und wurde auch diesem Hause gegenüber mehrfach dargelegt: Wie in allen anderen Bundesländern auch, sind die Eltern verpflichtet, ihre Kinder für den Unterricht mit entsprechenden Arbeitsmaterialien auszustatten. Das ergibt sich aus § 31 Abs. 1 des Sächsischen Schulgesetzes.
In vielen Schulen ist es gängige Praxis, dass die Lehrer die benötigten Materialien für die Eltern besorgen und ihnen die Kosten in Rechnung stellen. Damit ist gewährleistet, dass die Schüler zeitgleich über die gleichen Materialien verfügen. Je nach konkretem Sachverhalt werden die einschlägigen Rechtsinstitute des bürgerlichen Rechts analog zur Anwendung kommen, zum Beispiel der Auftrag oder die Geschäftsführung ohne Auftrag.
Die Juristen meines Hauses sehen die Erhebung von Kopierkosten für Arbeitsmaterialien, die Lehrer im lehrplanmäßigen Unterricht einsetzen, mit Blick auf die in Artikel 102 Abs. 4 der Sächsischen Verfassung verankerte Lernmittelfreiheit als problematisch an. Daher wurden die Schulen gebeten, nach Möglichkeit von der Erhebung der Kopierkosten abzusehen.
Die Pressemitteilung über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden am 30.06.2011 kam kurz vor den Ferien. Daher gab es nur eingeschränkte Möglichkeiten zu reagieren. Zunächst wurden über die SBA alle Schulen informiert. Eine von mir durchgeführte Abfrage bei den Schulen hat ergeben, dass mehr als die Hälfte aller Schulen Kopierkosten erhebt.
In den das Schuljahr vorbereitenden Dienstberatungen wurden die Auswirkungen des Urteils des Verwaltungsgerichts Dresden diskutiert. Im Ergebnis waren sich die Praktiker mehrheitlich einig, dass es derzeit für einen ordnungsgemäßen Schulablauf notwendig ist, an der bisherigen Praxis festzuhalten. Dabei soll insbesondere durch flexible Lösungen verhindert werden, dass die Unsicherheiten, die durch die Entscheidung ausgelöst wurden, zulasten der betroffenen Schüler gehen.
Aus diesem Grunde wurde entschieden, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts die Schulen vor Ort eine schulspezifische Vorgehensweise festlegen. Das entspricht auch einer Bitte der kommunalen Spitzenverbände. Es ist nachvoll
ziehbar, dass auch die Schulträger eine Vorlaufzeit für mögliche Veränderungen in der Handhabung benötigen.
Ich möchte abschließend nochmals betonen, dass die Kopierkosten nicht vom Freistaat erhoben werden, sondern von den Schulträgern, denen auch die entsprechenden Einnahmen zufließen. Mein Haus kann daher – zumal in Anbetracht der noch nicht abschließend geklärten Rechtslage – auf die Lösung des Problems zunächst nur bedingt Einfluss nehmen.
Zu 1: Augenblicklich stellt sich die Personalsituation an der Pestalozzi-Mittelschule Hartha wie folgt dar: 18 Lehrkräfte Stammpersonal, 10 Lehrkräfte (74 Stunden) auf Abordnungsbasis von anderen Mittelschulen, drei Lehrkräfte (10,5 Stunden) auf Abordnungsbasis von anderen Schularten (davon 9 Stunden Gymnasium, 1,5 Stunden FÖS), keine Referendare.
Die Aufgaben des Schulleiters werden derzeit vom Schulleiter der Mittelschule Roßwein im Rahmen einer Teilabordnung wahrgenommen.
Zu 2: Es ist geplant, an der Pestalozzi-Mittelschule Hartha die Schulleiterstelle baldmöglichst auszuschreiben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Schuljahr hat begonnen und ist auch dieses Jahr wieder eine organisatorische Herausforderung. Es geht um 380 000 Schüler in 19 000 Klassen an 1 380 Schulen, und es geht darum, die etwa 33 000 Lehrerinnen und Lehrer den Schulen so zuzuordnen, dass der Unterricht abgesichert werden kann.
Dazu waren in diesem Schuljahr 17 000 Personalvorgänge notwendig, und zwar in allen Schularten. Es
bedurfte Gesprächen zwischen den Lehrkräften, mit den Schulleitungen, mit den Schulreferenten unter Einbeziehung der Personal- und Schwerbehindertenvertretungen. Die Aufgabe ist klar: Die Personalmaßnahmen sind vor Schuljahresbeginn abzuschließen, also alle Abordnungen, alle Teilabordnungen, alle Versetzungen, alle Änderungen des Beschäftigungsumfangs. Dies ist der Anspruch, und diesem Anspruch müssen wir gerecht werden; deswegen will ich ihn auch gar nicht relativieren.
In den Planungen haben wir insbesondere bei den Grundschulen für eine Grundbereichsabsicherung von 100 % gesorgt. Aber – auch das ist in der Diskussion deutlich geworden – es ist in wenigen Einzelfällen im Grundschulbereich zu Engpässen gekommen. Das sind unvorhersehbare Ausfälle, wie es sie auch in den vorangegangenen Schuljahren gegeben hat. Das ist bedauerlich, aber es geht um Menschen. Dies sind Einzelfälle, die zu Ausfällen führen, und diese Ausfälle haben natürlich Gründe. Diese Gründe können vielfältiger Art sein. Einige haben ihren Dienst nicht angetreten, weil sie Alternativangebote hatten. Es kam zu Kündigungen und Auflösungsverträgen. Es gab Risikoschwangerschaften, und Sie haben sicherlich dafür Verständnis, dass die Gesundheit von Mutter und Kind Vorrang vor dem Einsatz im Schuldienst hat. Und: Es kam zu plötzlichen Erkrankungen.
Sofortige Ersatzeinstellungen sind nicht immer möglich, gerade im Grundschul- und Förderschulbereich, weil wir jedem geeigneten Bewerber ein Einstellungsangebot unterbreitet hatten. Deswegen ist die jetzige Situation in der Schulvorbereitung auch ein Spiegelbild des Paradigmenwechsels, ein Paradigmenwechsel, der schon beschrieben wurde, den wir schon an anderer Stelle in diesem Hohen Haus diskutiert haben. Und wir sind mittendrin in diesem Paradigmenwechsel:
Während wir vor 20 Jahren aufgrund des dramatischen Schülerrückgangs – das war nahezu eine Halbierung – im Fokus hatten, die Beschäftigung der Lehrerinnen und Lehrer zu sichern – was auch gelungen ist –, müssen wir jetzt und in Zukunft den Lehrerbedarf langfristig sichern. Dass beides vor allem nicht zeitgleich optimal zu lösen ist, ist auch klar; dies geht nur auf einer Zeitschiene. Deswegen ist der Grundschulbereich derjenige Bereich, um den es jetzt und in Zukunft in besonderem Maße geht.
Es ist richtig: Wir müssen Antworten finden, und wir müssen reagieren. Und wir haben reagiert, nicht erst jetzt, sondern schon vor zwei Jahren, indem wir diesen Prozess beschrieben haben, indem wir Einstellungszusagen gegeben, indem wir auch die Frage der Lehrerausbildung gesichert haben.
Ich will nur darauf hinweisen, dass es auch ein klares Signal ist, wenn wir, wie beispielsweise Ende vergangenen Jahres, deutlich gemacht haben, dass jetzt die grundständige Lehrerausbildung im Bereich der Grundschule, im Bereich der Mittelschule und im Bereich des Gymnasiums an mindestens zwei Standorten, nämlich in Leipzig und Dresden, erfolgen wird, gemeinsam mit der Kapazitätsplanung. Für die Hochschulen ist das ein klares Signal,
dass wir einen Lehrerbedarf haben und ihn auch in Zukunft sichern wollen.
Was das konkrete Schuljahr anbetrifft, haben wir drei Maßnahmen eingeleitet, nämlich erstens bezüglich der noch vorhandenen Teilzeitbeschäftigung im Grundschulbereich. Wir haben allen Beschäftigten im Grundschulbereich Angebote unterbreitet, ihre Wunschbeschäftigung zu ändern und damit mit dem Schuljahr 2011/2012, also ein Jahr früher, wieder in Vollzeit zu kommen.
Wir haben – zweitens – bereits mit dem jetzigen Haushalt die Zahl der Referendare deutlich erhöht, aber im laufenden Haushalt noch einen draufgelegt, nämlich in diesem Jahr 250 zusätzliche Referendare, und werden nächstes Jahr noch zusätzlich 573, darunter 193 Grundschulreferendare, einstellen.
Drittens: Wir haben in diesem Schuljahr so viele Einstellungen vorgenommen wie all die Jahre zuvor nicht, nämlich – auch diese Zahl ist genannt worden – 632, davon im Grundschulbereich 238. Das ist, meine Damen und Herren, ein klares Signal. Das ist vor allem auch ein Signal an diejenigen, die von außen kommen. Wir haben 100 Lehrkräfte, die ihren Wohnsitz außerhalb Sachsens hatten, bzw. 58, die ihren Vorbereitungsdienst außerhalb Sachsens geleistet haben, also ein deutliches Signal. Das ist auch ein Rückgewinn, wenn es Rückkehrer darunter gibt – wenn auch nicht gleich immer zu identifizieren –, und das freut mich besonders.
Bitte schön.