Viertens. Wir brauchen eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung, die aber den Namen Alterssicherung verdient. Die gegenwärtige Altersgrundsicherung ist in keiner Weise armutsfest. Es muss eine Grundsicherung sein, die vornehmlich vom Bund gezahlt wird und nicht aus Sozialhilfeleistungen, die damit immer mehr auf die Haushalte der Kommunen drückt.
Fünftens. Der Vollständigkeit halber: Wir müssen in der Tat gerechte Löhne zahlen, damit Altersarmut nicht prognostizierbar ist.
Sechstens. Jawohl, Herr Krauß, ich hätte es eh gebracht: Wir brauchen selbstverständlich endlich die Renteneinheit nach 20 Jahren. Die Rentner werden gegenwärtig doppelt bestraft. Sie bekommen hier niedrigere Löhne, und zugleich wird ihnen dann der Rentenpunkt um 12 % geringer bewertet. Das muss aufhören. Solange es bar jeglicher Produktivität in einer Reihe von Bereichen faktisch im Osten niedrigere Löhne gibt oder sich das marktwirtschaftlich so manifestiert, brauchen wir auch künftig den Hochwertungsfaktor und können trotzdem die Rentenangleichung vollziehen. Das alles würde zu einer wesentlichen Veränderung führen.
Insofern haben wir heute die Aktuelle Debatte aufgerufen, weil als Voraussetzung dafür natürlich zunächst als erste Maßnahmen die Beibehaltung der Rentengarantie und die Abschaffung der Rentenregelung „Renteneintrittsalter mit 67“ dazugehören. Aber das reicht – darin stimme ich allen zu – nicht aus. Haben wir endlich Mut zu wirklichen Veränderungen, und bringen wir nicht, wie die Koalition, heute erneut alte Kamellen, die einfach nicht mehr zu einer sinnvollen Debatte taugen!
Das war der Abg. Pellmann für die Fraktion DIE LINKE. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Diesen kann ich nicht feststellen. Ich bitte die Staatsregierung mit Frau Staatsminister Clauß ans Rednerpult.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Keine Frage, das Thema Rente beherrscht nach wie vor die
öffentliche Diskussion, und dies ist wohl nachvollziehbar; denn es handelt sich um ein zentrales Bedürfnis, das Bedürfnis der sozialen Sicherheit im Alter.
Aus der Debatte kristallisieren sich verschiedene Schwerpunkte heraus: die Rentengarantie, die Altersarmut und das Renteneintrittsalter. Zur Rentengarantie gehört aber auch die Frage, ob an dieser Garantie dauerhaft festgehalten werden kann. Das heißt, dass Rentenzahlungen bei sinkenden Löhnen gleich bleiben. Unser Ministerpräsident hat sich dazu kürzlich geäußert, und er hat die Rentengarantie nur in dem Zusammenhang angesprochen und darauf hingewiesen, dass es zu einem Generationskonflikt führen könnte. Ich habe auch zur letzten Debatte, was die Rentendiskussion betrifft, angesprochen, dass wir ein Miteinander der Generationen brauchen und keinen Generationenkonflikt.
Wir scheuen die öffentliche Debatte nicht, aber wir warnen gleichzeitig vor Panikmache. Unter dem Vorzeichen der Demografie – wir können nicht wegreden, dass wir letzten Endes älter werden. Unser Lebensalter steigt und steigt – hier wurde es auch schon angesprochen –, sodass sich der Rentenbezug durchschnittlich in den letzten 40 Jahren von zehn auf 17 Jahre erhöht hat. – Das ist die eine Seite. Aber die andere Seite ist, dass zu wenige Kinder geboren werden, und diese gesellschaftliche Veränderung muss ich zur Kenntnis nehmen und kann nicht den Kopf in den Sand stecken.
Eine weitere Frage wäre – und diese gilt es auch zu beantworten –: Sollte zur nachhaltigen Sicherung ein grundlegender Wechsel von beitragsfinanzierter zu vollständig steuerfinanzierter Rente erfolgen? Die Zahlen unseres Statistischen Landesamtes sagen aus, dass wir Zeit haben, eine vorausschauende, gut durchdachte und vor allem auch nachhaltige Entscheidung zu treffen. Sachsen hat sich in die Diskussion bundesweit eingebracht; denn hier brauchen wir ein planvolles Handeln, was Bundesregierung, Bundestag und vor allem alle Bundesländer betrifft. Alle müssen sich daran beteiligen.
Der Forderung unseres Ministerpräsidenten, das gesamte Rentensystem zu beleuchten, sind wir ebenfalls nachgegangen. Eine Option könnte zum Beispiel das Modell unseres Altministerpräsidenten Prof. Biedenkopf sein. Wir stimmen uns gerade mit anderen Bundesländern über die streuerfinanzierte Rente ab, und es wird sich in der Diskussion und im Meinungsaustausch letzten Endes zeigen, was generell bei der Rente in den Ebenen, die ich angesprochen habe, mehrheitsfähig ist.
Was die Armutsdiskussion und die Altersarmut betrifft, so ist sich die Staatsregierung sehr wohl auch dieses Problems bewusst. Eine Aufforderung zum Handeln ist nicht notwendig. Parallel zu den anderen Diskussionen gibt es eine bundesweite Kommission gegen Altersarmut, und diese wird eine Gesamtlösung erarbeiten. Ich bin jetzt schon auf die Ergebnisse gespannt. Sie wird sich nicht nur mit den SGB-II-Empfängern beschäftigen, sondern auch andere Gruppen werden in den Fokus genommen, die
Ich komme nun zu Ihrer Forderung auf Rückkehr zur Rente mit 65. Sehr wohl kann man dafür Verständnis haben, weil es die Menschen bewegt. Aber ich bin überzeugt, dass damals die Anhebung des Eintrittsalters ein Gebot der Vernunft war.
Diese Anhebung erfolgt schrittweise, das heißt verhältnismäßig, sodass sich jeder darauf einstellen kann.
Wir brauchen vor allem eine altersgerechte Personalpolitik, ganz unabhängig vom Renteneintrittsalter, denn wir sehen schon am Horizont den Fachkräftemangel. Dieser wirkt sich für ältere Arbeitnehmer positiv aus. Wenn wir die unterschiedlichen Belastungen berücksichtigen – hier wurde der Dachdecker genannt; ich denke zum Beispiel an die Krankenschwester am Krankenbett – und viel Kreativität und Flexibilität diesbezüglich entwickeln, dann werden wir auf alle Fälle diese Optionen durchspielen.
Wichtig ist: Wir können die Herausforderungen der Zukunft nicht mit den Instrumenten der Vergangenheit meistern, vor allem nicht unter dem Vorzeichen unserer Demografie und auch nicht, wenn wir nachhaltige und gerechte Lösungen wollen und brauchen.
Wichtig ist hierbei unsere Wirtschaftspolitik. Der Arbeitsmarkt braucht gute und erfahrene Fachkräfte. Wir müssen die Unternehmen ermutigen und Rahmenbedingungen setzen, die die Einstellung älterer Mitarbeiter erleichtern. Dann werden wir zu einem Ergebnis kommen, das Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit unterstreicht.
Es sprach Frau Staatsministerin Clauß für die Staatsregierung. Am Mikrofon 1 sehe ich Herrn Kollegen Pellmann. Möchten Sie vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen?
Herr Präsident! Das möchte ich gern tun, vielen Dank. – Frau Staatsministerin, ich will auf zwei Punkte kurz eingehen, die ich völlig anders sehe – das trifft Sie sicherlich nicht unerwartet –, als Sie das hier dargestellt haben. Wir nehmen den demografischen Wandel unserer Gesellschaft sehr wohl zur Kenntnis. Wir beschäftigten uns vielleicht schon früher als manch anderer mit dem Problem, auch statistisch gesehen.
Wir stellen die Frage: Was geschieht zurzeit und was geschah in den letzten Jahrzehnten mit dem Produktivi
tätsgewinn? Was geschah damit? Wir müssen ihn anders verteilen und dann werden wir auch die demografische Problematik meistern.
Selbstverständlich durch Umverteilung. Ich weiß, dass Ihnen das nicht passt, aber nehmen Sie es endlich zur Kenntnis!
Das Nächste: Frau Staatsministerin, wir sind nachdrücklich und prinzipiell mit Ihrem in Ihren Reihen vielleicht nicht mehr so sehr angesehenen Parteifreund Blüm einer Meinung. Wir sind der Auffassung, die gesetzliche Rentenversicherung
hat eine Zukunft und sie muss gestärkt werden. Wir dürfen nicht zu einem Biedenkopf-Modell kommen, das Sie heute erneut genannt haben; denn das BiedenkopfModell öffnet den Profitinteressen von Versicherungs- und Bankenkonzernen Tür und Tor.
(Beifall bei der Linksfraktion – Gelächter bei der CDU und der FDP – Elke Herrmann, GRÜNE, steht am Mikrofon.)
Ja, Herr Präsident, das möchte ich. – Die Frau Staatsministerin ist in ihrer Rede darauf eingegangen, dass Bund und Länder über nachhaltige Renten nachdenken müssen. Sie hat uns an dieser Stelle verschwiegen, dass die Bundesregierung mit ihrem Sparpaket bereits Nägel mit Köpfen gemacht hat, indem sie die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Menschen, die die Grundsicherung erhalten, schlicht abschafft und damit die Rentenversicherung nachhaltig schwächt.
Ich denke, dass sich dieses Vorgehen einfach nicht damit vereinbaren lässt, dass Bund und Länder gemeinsam über eine Lösung des Problems nachdenken müssen. Vielleicht sind beide der Meinung, das Problem trifft am Ende die Kommunen, die die Grundsicherung bezahlen müssen. Deshalb ist es für sie letztendlich nicht so wichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe keinen weiteren Redebedarf. Die 1. Aktuelle Debatte ist damit abgeschlossen. Wir kommen zu
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 01.09.2010 war in der „SZ“ zu lesen – ich zitiere –:
„Den Mitgliedern der FDP/CDU-Regierung in Sachsen müssen am Montagmorgen die Ohren geklungen haben. Der Kreistag Sächsische Schweiz/Osterzgebirge kritisierte Sachsens Sparpolitik, vor allem die des Wirtschaftsministers, beim Nahverkehr mit deftigen Worten: ‚Der Freistaat ist auf einem Irrweg’, so sagte zum Beispiel der CDUFraktionschef Maik Ruck. ‚Die geplanten Kürzungen beim Nahverkehr, der Verkehrsverbund Oberelbe soll ab 2011 jährlich 8,4 Millionen Euro weniger Zuschüsse erhalten, seien vor allem ein Schlag gegen den ländlichen Raum. Die Verlässlichkeit der Verträge, Zusagen und Politik so zu missachten nenne ich sittenwidrig’ – so Ruck und fügt hinzu: ‚Man kann sich beim Freistaat nur darauf verlassen, dass man sich nicht verlassen kann.’“
Worum geht es? Es geht um in der Haushaltsveranschlagung geplante Kürzungen im ÖPNV-Bereich von circa 83 Millionen Euro. Wenn man hinzurechnet, dass die Bundesmittel um 14 Millionen Euro für 2011 aufgestockt wurden, dann reden wir über einen Entzug aus dem konsumtiven und investiven Bereich für die Zweckverbände von circa 100 Millionen Euro.
Nun ist Mobilität – ich denke, das ist in diesem Haus allgemein anerkannt – ein wichtiger Bestandteil für die Lebensqualität. Mobilität sichert Wachstum und Versorgung, zum Beispiel Gesundheit. Sie sichert Teilhabe, zum Beispiel Ehrenamt. Sie sichert Job und damit Existenz.