Protocol of the Session on May 19, 2010

In diesem Zusammenhang will ich auch noch einmal auf die Ausführungen von Kollegen Herbst eingehen und deutlich machen, dass es natürlich einen unterschiedlichen Auftrag zwischen privatem und öffentlichrechtlichem Rundfunk gibt. Die Qualität kann man nicht über Quoten messen. Wenn wir darüber hinaus noch sehen, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten Probleme bei jungen Menschen haben, müssen wir uns dem stellen und darüber diskutieren. Bei Menschen unter 30 Jahren schauen 4 bis 6 % öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dabei gibt es rühmliche Ausnahmen. Aber es gibt Möglichkeiten, Qualität und Akzeptanz zu erreichen. Nehmen wir zum Beispiel den „Tatort“, der Kultstatus genießt; er hat auch in der jungen Zuschauerschaft die Akzeptanz, die wir uns wünschen. Hier muss bei den öffentlichrechtlichen Anstalten auf jeden Fall nachgearbeitet werden.

Ich habe mich gefragt, warum eigentlich diese Aktuelle Stunde zu diesem Thema von den Koalitionsfraktionen beantragt wurde. Da ist mir in Richtung der CDU dann irgendwie aufgefallen: Es geht nicht nur darum, von den aktuellen Themen, die wichtig und dringend sind, im Land abzulenken, sondern es geht darum, dass man uns deutlich machen will, in Zukunft möchte man ideologiefrei an die Dinge herangehen. Man fordert ja auch die Haushaltsabgabe. Das ist eine Einheitsabgabe für den

Einheitsrundfunk. Das ist ja eigentlich im Grundsatz ein sozialistisches Modell. Es ist sehr schön, dass sich die CDU-Fraktion in Zukunft auch für so etwas einsetzt.

(Beifall bei der SPD)

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich bin gleich fertig, Herr Präsident.

Was die FDP angeht, so hat sie vielleicht, nachdem ihre Wahlversprechen wie Luftschlösser zerplatzt sind, doch noch einen Slogan, den sie mithilfe der Rundfunkgebühr retten können, nämlich ein einfaches, gerechtes und niedriges Modell.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion sprach der Abg. Panter. Es folgt für die Fraktion GRÜNE der Abg. Herr Kollege Gerstenberg.

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So viel Übereinstimmung ist im Sächsischen Landtag schon selten. Es wundert mich aber nicht, dass sich die Übereinstimmung gegen die bisherige Rundfunkfinanzierung richtet, denn der Nachteil dieser Rundfunkfinanzierung ist spätestens seit der Debatte um die PC-Gebühren offensichtlich geworden. Eine Rundfunkgebühr, die sich auf das einzelne Empfangsgerät bezieht, war sicher einst sinnvoll, als die Familie sich um den einzigen Fernseher scharte und noch die Nachbarn hinzukamen. Dies ist überholt in einer Zeit der Vielfalt. Wir haben schon von den Geräten gehört, mit denen Radio und Fernsehen empfangen werden können, wie zum Beispiel Notebook und Handy. Sie ist überholt in einer Zeit der schnellen technischen Entwicklung, von der wir heute nur eines mit Sicherheit nicht wissen: Wir wissen noch nicht, welche Neuerung uns vielleicht schon morgen auf elektronischem Gebiet erwartet.

Diese Übereinstimmung ist aber etwas überraschend. Alle sind gegen die derzeitige Rundfunkgebühr. Die starke Zustimmung zur Haushaltsabgabe war so aber nicht zu erwarten, denn viele verschiedene Modelle waren in den letzten Jahren in der Diskussion.

Ich glaube, Herr Prof. Kirchhof hat mit seinem Gutachten Klarheit geschaffen. Er hat juristisch den Weg zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach dem Prinzip „ein Haushalt – eine Abgabe“ freigemacht. Kirchhof nennt das „Rundfunkbeitrag“ in seinem Gutachten. Er hat natürlich recht. Abgaberechtlich ist das wie die bisherige Rundfunkgebühr ein Beitrag. Nicht das Empfangen wird bezahlt, sondern das Empfangenkönnen wird angeboten. Aber egal, was darauf steht: Darin ist das, was wir GRÜNEN seit Jahren unter dem Namen „Haushaltsbezogene Mediengebühr“ gefordert haben.

Ich gehe jetzt davon aus, dass die Staatskanzlei nach diesem Gutachten und nachdem die juristischen Bedenken aus dem Weg geräumt wurden, dieses Haushaltsmodell umsetzt, denn es ist einfach, transparent und zukunftssicher. Einfach ist es, weil für jeden Haushalt ein einheitlicher Beitrag erhoben wird, unabhängig von der Zahl der Empfangsgeräte. Unternehmen können gestaffelt nach der Betriebsgröße einbezogen werden.

Transparent ist es, weil endlich Schluss ist mit den Unsicherheiten bei den gutwilligen Gebührenzahlern, mit den Debatten, wann ein Zweitfernseher, ein Autoradio oder ein PC im Arbeitszimmer angemeldet werden muss.

Zukunftssicher ist es, weil es endlich die Vielfalt an neuen Empfangsgeräten akzeptiert und nicht mehr der technischen Entwicklung hinterherhechelt.

Kollege Clemen, ich will nicht um Urheberschaft streiten, aber ich habe auch mit Genugtuung diesen Weg hin zu einer Haushaltsabgabe verfolgt. Die Bundestagsfraktion der GRÜNEN hat 2006 mit einem Beschluss dieses Modell in der öffentlichen politischen Debatte verankert. Wenn ich heute online nachschaue, finde ich noch eine Meldung vom September 2006, wonach die GRÜNEN sich im Sächsischen Landtag für eine geräteunabhängige Mediengebühr, die jeder Haushalt zahlen muss, starkgemacht haben. Das war übrigens die gleiche Debatte, in der die CDU/SPD-Koalition sich noch für die PC-Gebühr entschieden hatte.

(Beifall bei den GRÜNEN – Michael Weichert, GRÜNE: Hört, hört!)

Zu fragen ist natürlich auch, was vom Tisch ist. Das ist die kleine Reform, die sowieso nichts gebracht hätte. Es betrifft auch die Kopfpauschale, die die FDP unter dem Namen Medienabgabe lange favorisiert hat. Singlehaushalte wären bevorzugt, aber Familien mit erwachsenen Kindern benachteiligt worden. Auch die Verschlüsselung und Pay-per-View, von der Linksfraktion als technokratische Lösung immer wieder ins Gespräch gebracht, ist vom Tisch. Sie ist nicht vereinbar mit dem Gutachten und auch nicht mit dem Grundversorgungsauftrag. Nutzer auf eine verschlüsselte Digitalplattform zu zwingen, ist schwer mit Daten- und Verbraucherschutz in Übereinstimmung zu bringen.

Endgültig klar ist auch, dass eine Finanzierung über Steuern und Einzug über das Finanzamt nicht infrage kommt. Das wäre eine Verletzung des Gebotes der Staatsferne.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch eine gruselige Vorstellung: Wenn der jeweiligen Regierungsmehrheit das Programmangebot einer kritischen Berichterstattung nicht gefiele, dann könnte sie bei dem nächsten Haushalt an der Finanzierung drehen. So darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht finanziert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich appelliere jetzt trotz aller Bedenken und Stolpersteine an Sie: Setzen wir uns gemeinsam ein! Es ist lange

diskutiert und abgewogen worden. Jetzt geht es um das zügige Umsetzen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unentbehrlich in unserer Kultur- und Medienlandschaft. Er hat eine grundgesetzliche Aufgabe, im Zeitalter der elektronischen Kommunikation für eine freie und umfassende Meinungsbildung eine Grundlage zu legen. Die derzeitige von der GEZ erhobene Gebühr ist mit Recht unbeliebt. Die Art der Erhebung hat zur schwindenden Akzeptanz beigetragen.

Dadurch ist auch die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschwächt worden. Umso wichtiger ist es, diese Reform jetzt durchzusetzen und zur nächsten Gebührenperiode wirksam werden zu lassen. Sie gibt ARD, ZDF und Deutschland-Radio eine stabile Finanzierung und sichert uns eine Programmvielfalt, die – davon bin ich überzeugt – weltweit keinen Vergleich zu scheuen braucht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion GRÜNE war das der Abg. Gerstenberg. Für die NPD-Fraktion spricht der Abg. Apfel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Rundfunkgebührensystem und das Verhalten der GEZ haben etwas von modernem Raubrittertum.

Steigende Rundfunkgebühren trotz sprudelnder Werbeeinnahmen, bürokratische Wasserköpfe, sinkende Programmqualität und politische Tendenzberichterstattung sprechen eine klare Sprache auf diesem Gebiet.

Sicher gäbe es zu diesem Thema viel zu sagen. Da ich aber weiß, dass die Scheindemokraten in diesem Hause keinem sachlichen Argument zugänglich sind und dies sprichwörtlich Perlen vor die Säue wären – –

Herr Abg. Apfel, für die „Scheindemokraten“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der CDU)

Da ich weiß, dass Argumente sprichwörtlich Perlen vor die Säue wären, kann ich heute eigentlich lediglich feststellen, dass dieses Parlament nur noch eine pseudodemokratische Narrenbude ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der NPD)

Eine Narrenbude, die keine Meinungsfreiheit mehr kennt.

Herr Abg. Apfel, das war Ihr zweiter Ordnungsruf. Ich weise Sie darauf hin, dass ich Ihnen beim nächsten Ordnungsruf das Wort entziehen werde.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird heute ein Zeichen gegen die Gesinnungsdiktatur dieses Herrn Präsidenten, gegen die Gesinnungsdiktatur von Herrn Dr. Rößler setzen und für den heutigen

Tag – ich betone für den heutigen Tag – diese Sitzung, diese Narrenbude namens Sächsischer Landtag verlassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD – Christian Piwarz, CDU: Auf Wiedersehen! – Holger Apfel, NPD: Bis morgen! – Andreas Storr, NPD: Für diese Scheindemokratie stehen wir als Statisten nicht zur Verfügung! – Die anwesenden Mitglieder der NPD-Fraktion verlassen den Sitzungssaal.)

Wir kommen jetzt zur nächsten Runde in der Rednerfolge. Die Staatsregierung will in dieser ersten Runde nicht das Wort ergreifen. Ich bitte die einbringenden Fraktionen und beginne mit der CDU-Fraktion. Herr Kollege Clemen, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte auf einige Argumente noch einmal kurz eingehen, die jetzt vorgetragen worden sind.

Der Herr, der gerade diesen Raum verlassen hat, hat davon geredet, dass es sprudelnde Werbeeinnahmen gegeben habe. Ich glaube, diese braunen Gesinnungstäter haben irgendwo ein klein wenig die Realität der letzten Jahre verpasst; aber das ist ja nichts Neues. Die Werbeeinnahmen sind in Deutschland in den letzten zwei Jahren jedes Jahr um ungefähr 25 % zurückgegangen. Man kann zurzeit überhaupt nicht mehr von sprudelnden Werbeeinnahmen reden.

Ich bin natürlich froh, als Mitglied des Hörfunkrates im Programmausschuss von Deutschland-Radio, einem werbefreien Programm, mitwirken zu dürfen. Andererseits ist natürlich auch zu begrüßen, dass sich die Intendanten – sowohl Ernst Elitz als auch Willi Steul – selbst in Werbespots des Senders bei den Gebührenzahlern für die Gebühren bedankt haben und bedanken, die insbesondere auch zur Finanzierung von Deutschland-Radio beigetragen haben. Das würde ich mir auch bei dem einen oder anderen Intendanten anderer Anstalten wünschen.

(Beifall der Abg. Christian Piwarz, CDU, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Herr Panter, zu Ihrer Frage des Einheitsrundfunks will ich sagen: Ich kann offen gestanden bei ARD, ZDF und Deutschland-Radio in der Vielfältigkeit ihrer Programme nun tatsächlich keinen Einheitsrundfunk erkennen. Wenn Sie das so sehen, haben Sie vielleicht eine etwas andere Brille auf oder müssten Ihre einmal putzen. Aber Sie sind doch selbst im Rundfunkrat vom MDR vertreten und könnten dort darauf einwirken, dass das, was man so als Einheitsrundfunk betrachten könnte, sich zu breiteren Bevölkerungsschichten hin bewegt.

Ich glaube, der MDR ist gut beraten, bei anderen einmal nachzuschauen, wie man diesen Altersdurchschnitt von 58,6 Jahren ein klein wenig nach unten bewegt. Das ist zwar schwierig, aber machbar.

Der Punkt ist der, dass mittlerweile große deutsche Heroen des Fernsehens, wie Thoma, sagen: Das Problem ist doch überhaupt kein Problem an sich. Wir als RTL bedienen die bis 40-Jährigen, und wenn die die 40 überschritten haben, gehen sie zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Natürlich kann das für uns nicht das Ziel sein, dass wir dieses duale System quasi als duale Zweiteilung der jeweiligen Fernsehzuschauer oder Hörfunkteilnehmer oder Internetnutzer sehen.

Der entscheidende Punkt ist der: Es sind insgesamt im System die unter 25-Jährigen in erheblichem Maße abhanden gekommen, weil sie sich eben über ganz neue Angebote – Internetradio, Internetfernsehen, Blogs, Myspace oder andere Dinge – informieren und im Grunde genommen dem klassischen Rundfunksystem, auch dem klassischen dualen Rundfunksystem, nicht mehr zur Verfügung stehen.

Deswegen, Herr Gerstenberg, bin ich jetzt bei Ihnen. Wer den Urheberschutz für sich erheben kann, das sei dahingestellt. Ich weiß nur, dass wir dieses Thema vor zehn Jahren einmal in die Debatte geworfen haben hier in diesem Hohen Hause. Deswegen brauchen wir eine Umstellung der gerätebezogenen Gebühr auf eine Haushaltsabgabe oder ein ähnliches Modell. Da sind wir als Politik gefordert, uns darüber Gedanken zu machen, wie das Modell aussehen kann.