Protocol of the Session on April 28, 2010

Wir bewegen uns nicht im freien Markt, wie in dem Fall, da Sie meinten, die Hotelsteuern senken zu müssen, sondern wir bewegen uns in einem ausschließlich öffentlich finanzierten Markt. Das ist einfach etwas anderes, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

Natürlich brauchen wir den Dienstleistungswettbewerb dringend in einer Situation, in der die Deutsche Bahn einerseits noch die Monopolstellung im Schienenpersonennahverkehr hat, andererseits ihre Gewinne beim Kauf ihrer Konkurrenten privatisiert.

Deshalb geht es, Herr Kollege Brangs, anders als Sie gesagt haben, bei diesem Wettbewerb nicht nur um Lohnkosten und Tarifbindung – das geht übrigens auch ohne Flächentarif, Frau Kollegin Springer, ich schicke Ihnen dazu Material zu –, es geht auch um Energiekosten. Hier rächt sich bitter, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Freistaat in den letzten Jahren im öffentlichen Verkehr nicht nach ökologischen Kriterien gefördert hat.

(Widerspruch des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Nein, da wird er preiswerter, Herr Herbst.

Die Bahn fährt teilweise mit geförderten Fahrzeugen ohne Energierückspeisung mit höheren Energiekosten. Die Energiekosten sind halt der zweite große Preistreiber im Schienenpersonennahverkehr, Herr Kollege Herbst. Wir brauchen also einen Dienstleistungswettbewerb mit einem klaren Ordnungsrahmen, aber wir brauchen auch eine klare Finanzierung. Nach der Streckenstilllegungsphase der Neunzigerjahre sollten jetzt nicht nur keine weiteren Streckenstilllegungen – –

(Unruhe bei der FDP)

Dass die FDP die Energiepreise so aufregen – nun gut!

Nach der Streckenstilllegungsphase der Neunzigerjahre brauchen wir keine weiteren Streckenstilllegungen. Wir brauchen einen Streckenausbau und Finanzierungssicherheit für die Zweckverbände, deren Vergabe Sie ansprachen, denn der Geber dieser Gelder ist immer noch der Freistaat Sachsen.

(Widerspruch bei der FDP)

Genau da liegt die Rolle des Freistaates Sachsen, Herr Kollege Herbst, die Sie leider immer noch so bitterlich verkennen, obwohl die beiden Koalitionsfraktionen gerade einen Antrag in den Landtag eingebracht haben, der die Regierung auffordert, über die Finanzierungssituation im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr zu berichten. Sehr richtig fordern Sie die Regierung auf, ihre Arbeit zu machen. Da sind wir uns einig. Sie haben aber offensichtlich nicht verstanden, was Sie da unterschrieben haben, denn der Freistaat muss die Erbringung der Leistungen über seine Finanzkompetenz koordinieren. Das geht ohne Bürokratie, ohne Landesverkehrsgesellschaft, das geht mit intelligenten und einfachen Mitteln, wenn man denn regieren will und nicht nur schöne Dinge vom Wettbewerb und vom Markt redet.

Sie warfen uns vor, wir wollten Zwangsbeglückung. Wenn Sie einmal auf der Homepage Ihres Wirtschaftsministers nachlesen, für den bisher Nahverkehr kaum ein Thema war, werden Sie finden: Das Ziel der Verkehrspolitik im Freistaat Sachsen ist, dass der Öffentliche Personennahverkehr und besonders der Bahnverkehr ausgebaut wird.

Ja, das wollen wir auch. Dazu muss die Regierung einiges tun. Zurzeit ist Sachsen ein Land des Bahnfrusts. Wir wollen, dass Sachsen wieder ein Land der Lust am Bahnfahren durch gute Fahrgastrechte, durch guten Service und durch sichere Finanzierung wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion – Beifall der Abg. Petra Köpping, SPD)

Die CDUFraktion; Herr Abg. Heidan, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Offensichtlich habe ich bei den Ausführungen der Opposition ein anderes Wahrnehmungsvermögen in Erinnerung.

Frau Jähnigen, Sie haben jetzt gerade davon gesprochen, wie das in den Neunzigerjahren war, als Gleise oder Strecken stillgelegt wurden. Was war denn dafür die Ursache? Die Ursache lag darin, dass ein Monopolist am Markt tätig war, der das ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Wettbewerb letztendlich nach der Wirtschaftlichkeit entschieden hat.

Da schaue ich einmal auf die linke Seite, Herr Stange: Damit sind genau die ländlichen Räume benachteiligt worden.

(Enrico Stange, Linksfraktion: Ja!)

Was haben wir heute? Wir haben jetzt einen Wettbewerb, der es ermöglicht, auch auf weniger lukrativen Strecken Leistungen anzubieten und zu generieren. Das ist nur durch Wettbewerb entstanden, meine Damen und Herren, und durch Flexibilität. Deshalb kann nie die Antwort sein, Herr Brangs, dass Flächentarifverträge die Lösung sind. Wir waren mit Flächentarifverträgen eben gerade so unflexibel, dass wir dann in der finanziellen Darstellung größere Probleme hatten.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen auch eins: Es ist nicht unsere Aufgabe. Hoheitliches Recht, was die Flächentarifverträge oder die Tarifverträge generell betrifft, wird nicht hier in diesem Hohen Hause verhandelt. Hier in diesem Haus sollten wir uns über Infrastruktur unterhalten. Hier in diesem Haus sollten wir uns schon über eine ausreichende finanzielle Ausstattung für die Leistungen unterhalten, aber nicht über Tarifverträge. Das gehört woanders hin, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Ziel des Wettbewerbs ist es, eine hohe Qualität zu erreichen.

Ich habe eine andere Wahrnehmung, ich habe es am Anfang meiner Rede hier bereits gesagt. Wir haben durchaus noch vieles zu tun. Einiges wird sicherlich der Wettbewerb in den nächsten Jahren erreichen können, was Verbesserungsmöglichkeiten in den Fahrgastangeboten sind. Aber wir haben durch die Zulassung des Wettbewerbes auch die Anbieter dazu bewegt, dass sie genauer auf die Kundenwünsche eingehen. Die Kundenwünsche sprechen eine andere Sprache.

Wenn Sie hier verkünden, dass Sie einen Mindestlohn oder einen Lohn zu einer definierten Größe fordern, dann müssen Sie betriebswirtschaftlich auch dazu bereit sein zu sagen: Dann gibt es auch einen Mindestpreis oder einen Preis zu einer definierten Größe, meine Damen und Herren. Es kann nicht Sinn und Zweck Ihrer Übung sein, dass wir das alles wieder verstaatlichen wollen und dann von staatlicher Seite die Preisgestaltung und das Angebot machen. Das würde ein Schritt nach hinten und nicht ein Schritt nach vorn sein.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich will noch etwas zum ländlichen Raum sagen, weil ich es schon angeführt habe. Der ländliche Raum wird – Gott sei Dank – durch unsere Verkehrsverbünde noch sehr gut bedient. Das war möglich, weil sich die einzelnen Verbünde – und dabei kann ich die Kritik überhaupt nicht verstehen – etwas einfallen lassen und auf den Wettbewerb eingestellt haben. Dementsprechend haben sie auch ihre Angebote generiert, dass der ländliche Raum noch bedient werden kann.

Zu Zeiten einer Deutschen Bahn, die als Monopolist hier am Markt tätig war, wäre das nicht mehr möglich gewesen. Das bitte ich zu beachten und bei Ihren Diskussionen und Entscheidungen letztendlich auch zu berücksichtigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Linksfraktion, bitte, Herr Stange.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, mit welchem Klippschulgrundverständnis von Wettbewerb die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen hier ans Werk gehen.

Obwohl er fairen Wettbewerb will, will Herr Herbst gleichzeitig faire Löhne ausschließen. Das passt für mich nicht zusammen. Wenn alle faire Löhne zahlen müssen, dann ist das doch alles andere als Wettbewerbsverzerrung. Es sind gleiche Voraussetzungen im Wettbewerb für alle Wettbewerberinnen und Wettbewerber.

(Beifall bei der Linksfraktion sowie der Abg. Stefan Brangs, SPD, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Wenn wir heute eine Strichliste geführt hätten, Herr Heidan, wer am meisten die Begrifflichkeit der Verstaatlichung im Munde geführt hat,

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

dann hätten Sie an der Spitze gestanden. Ich kann mich erinnern, ich habe nicht einmal den Begriff Verstaatlichung verwendet, ich glaube, die Kollegen von der SPD und den GRÜNEN ebenfalls nicht.

Worum geht es? Es geht tatsächlich um eine faire Ausgestaltung dieser Wettbewerbsordnung, die wir nun einmal haben, für den Personennahverkehr. Es geht um die Ausgestaltung der Vorgaben, die wir aus der EU-Richtlinie und dem GWB haben, und um nichts anderes. Also bemühen Sie sich bitte in der Regierungskoalition um ein sinnvolles volkswirtschaftliches Verständnis von Wettbewerb, aber nicht in dieser Art und Weise.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Redezeit hat jetzt noch die FDP, und zwar 3 Minuten. Werden diese noch gewünscht? – Die Fraktion GRÜNE hat noch 1 Minute. Wird die gewünscht? –

(Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Bitte?

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Wir warten ab!)

Die NPD hat noch 43 Sekunden. – Kein Bedarf mehr.

Ich frage jetzt noch einmal die GRÜNEN: Sie wollen nach der Staatsregierung sprechen?

Die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Morlok, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen versuchen, einige Punkte aus der bisher geführten Debatte klarzustellen.

Frau Jähnigen, Sie haben ganz zu Beginn Ihrer Ausführungen darauf hingewiesen, dass wir im Öffentlichen Personennahverkehr eben gerade ein Bestellerverhältnis haben. Das heißt also, es gibt Besteller. In unserem Fall, im Freistaat Sachsen, sind es die Nahverkehrszweckverbände, die die Leistungen bestellen und im Rahmen ihrer Bestellung auch definieren, welche Leistungen sie haben möchten.

Es ist schon vom Kollegen Herbst darauf hingewiesen worden, dass Sie und auch andere Kollegen dieses Hohen Hauses kommunale Mandatsträger sind und sicherlich auch in den verschiedenen Zweckverbänden vertreten sind. Dort haben Sie die Möglichkeit, konkret über die Ausformulierung der Bestellung entsprechende Standards festzulegen. Das, was Sie wünschen, müssen die Anbieter letztendlich erbringen.