Protocol of the Session on April 28, 2010

Ich denke, dass die Zweckverbände auch in der Lage sind, wenn der politische Wille vorhanden ist, komplexe Ausschreibungen zu handhaben und entsprechende Kriterien in die Ausschreibung aufzunehmen.

Herr Stange, Sie sagen, wir sollen als Staatsregierung hier Einfluss nehmen und quasi das Heft des Handelns an uns reißen. Wenn Sie dieser Auffassung sind, dann ist es Ihnen ja vollkommen frei, gesetzgeberisch aktiv zu werden und eine Initiative einzureichen, die zu einer Neuordnung des Öffentlichen Personennahverkehrs im Freistaat Sachsen führt. Sie könnten zum Beispiel hier im Landtag entsprechend initiativ werden, die entsprechenden Zweckverbände abzuschaffen, wenn Sie das wünschen. Das überlasse ich Ihnen. Die Möglichkeiten dazu haben Sie, wenn Sie das machen wollen. Wir werden uns, wenn der entsprechende Gesetzentwurf von Ihnen eingereicht wird, auch sachgerecht mit diesem auseinandersetzen.

Weil das Thema Finanzierung des Öfteren im Rahmen der Debatte angesprochen wurde, möchte ich darauf hinwei

sen, dass die Finanzierung dieser Zweckverbände nicht in das Belieben der Staatsregierung gestellt ist, sondern Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, haben in der letzten Legislatur im Rahmen des Haushaltbegleitgesetzes eine gesetzliche Grundlage für die Finanzierung der Zweckverbände geschaffen und damit auch den Betrag festgelegt, den die Zweckverbände erhalten. Solange die gesetzliche Grundlage so besteht, ist die Staatsregierung selbstverständlich an diese gesetzliche Grundlage gebunden und wird auch entsprechend handeln, wie Sie es hier in diesem Hohen Hause beschlossen haben.

Ein Wort zu Herrn Delle: Wenn man wie Sie die Zuwendungen an die EU beklagt, dann muss man auch so konsequent sein und sagen: Wir als Freistaat Sachsen verzichten auf die Fördermittel von dort.

(Holger Apfel, NPD: Da müssten wir ja bescheuert sein!)

Denn, liebe Kollegen von der NPD, wenn kein Land Geld an die EU bezahlt, kann auch kein Geld von der EU zurückfließen,

(Alexander Delle, NPD: Die Griechen haben sich darüber gefreut! – Holger Apfel, NPD: Wir zahlen es, wir haben es uns nicht ausgesucht!)

und gerade wir als Freistaat Sachsen profitieren seit vielen, vielen Jahren insbesondere von diesen EU-Förderprogrammen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Staatsminister?

Gern.

Herr Gansel, bitte.

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass Deutschland – das sind offizielle Zahlen – allein im Jahr 2008 an die Europäische Union 7,8 Milliarden Euro mehr gezahlt hat, als es zurückerhalten hat? – Das wäre die erste Frage.

Zweitens. Wollen Sie ernsthaft die Milchmädchenrechnung aufmachen, dass Deutschland durch dieses Transfervolumen Nutzen hätte, wenn es alleine in die EU-Kassen einzahlt?

Herr Kollege Gansel, wenn wir der Auffassung sind, dass wir in einem politischen Gefüge einheitliche Lebensverhältnisse schaffen wollen, dann führt das immer dazu, dass in gewissen Bereichen mehr eingezahlt wird, als irgendwo ankommt. Ihre Logik weitergeführt, würde das bedeuten, dass es überhaupt keinen Sinn macht, dass Baden-Württemberg oder Bayern in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Sie bekommen ja überhaupt nichts heraus. Warum sollten sie also etwas einzahlen? Es profitieren ja momentan andere Bundeslän

der vom Länderfinanzausgleich. Wenn Sie dieses Argument weiterführen, dann führt das zu dem Ergebnis, dass eine Entsolidarisierung der Gesellschaft betrieben wird. Wir als Freistaat Sachsen wollen das aber nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Gansel?

Ich denke, ich bin auf das Argument ausreichend eingegangen. Danke.

Diese Debatte hat aber offenbart – und dafür bin ich sehr dankbar –, welches Verhältnis die SPD und DIE LINKE zu den Gewerkschaften haben.

Auf meinen Zwischenruf, dass es hier im Freistaat Sachsen ja entsprechende Tarifverträge gäbe, haben Sie, Kollege Hahn, entgegnet: „Von Scheingewerkschaften“, und Kollege Brangs sprach in der Debatte von Hungerlöhnen und Lohndrückerei.

(Alexander Delle, NPD: Das ist ja NPD-Jargon!)

Das ist ja interessant; weil es eine Reihe von Tarifverträgen gibt, mit Unternehmen, die nicht zum Konzern der DB AG gehören, sind das ganze acht Stück. Davon wurden zwei von der GDL abgeschlossen, fünf von Transnet und einer von ver.di. Wenn Sie das mit Ihrem Zwischenruf ernst gemeint haben, Herr Kollege Hahn, dann sind das aus Ihrer Sicht Scheingewerkschaften.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist eine interessante Neuigkeit, die diese Debatte heute zutage gebracht hat.

Herr Kollege Brangs, wenn Sie Ihre Vorwürfe bezüglich Hungerlöhnen und Lohndrückerei aufrecht erhalten, dann sind Sie der Auffassung, dass sich ver.di, Transnet und GDL an Lohndrückerei beteiligen und Hungerlöhne vereinbaren.

Sehr interessant, wie Sie diese Gewerkschaften sehen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Jähnigen, bitte.

(Mehrere Abgeordnete stellen sich für Kurzinterventionen an die Saalmikrofone.)

Sie können trotzdem nach vorn kommen, aber ich würde jetzt natürlich die Kurzinterventionen zulassen. Ich fange mit Mikrofon 1 an. Herr Dr. Hahn, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich möchte die Gelegenheit zu einer Kurzintervention nutzen, weil mir schon sehr wichtig ist, dass in der Diskussion darauf hingewiesen wurde, dass sich immer mehr private Anbieter selbst aussuchen, mit wem sie Tarifverträge schließen. Wir alle kennen das Beispiel

der AUB. Das ist eine bezahlte – ich bleibe bei diesem Begriff – Scheingewerkschaft in diesem Bereich.

(Zuruf von der Linksfraktion: Jawohl!)

Ich befürchte, dass bei der weiteren Privatisierung und Streckenvergabe mit derartigen Scheingewerkschaften erneut niedrige Verträge abgeschlossen werden.

Darauf bezog sich mein Zwischenruf. Genau das will ich nämlich nicht.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Brangs, bitte.

Frau Präsidentin! Auch ich möchte natürlich im Rahmen der Kurzintervention klarstellen, in welchem Zusammenhang ich von Lohndrückerei und Dumpinglöhnen gesprochen habe.

Ich habe hier im Sächsischen Landtag über das Beispiel der DB Regio Südost GmbH berichtet. Das ist eine Tochter, die aus dem Konzern ausgegründet wurde. Diese Tochter hat ohne Abschluss eines gewerkschaftlichen Tarifvertrages mit den Beschäftigten Lohneinbußen von 20 % vereinbart. Sie hat 42 Stunden Arbeitszeit eingeführt und – das habe ich schon gesagt – Sonn- und Feiertagszuschläge gestrichen. Das ist Lohndrückerei und Ausbeutung der Beschäftigten, um konkurrenzfähig zu sein. Das ist ein falscher Weg, der in die Sackgasse führt. Dabei bleibe ich.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Herr Gansel, bitte.

Frau Präsidentin! Auch ich möchte in Form einer Kurzintervention das eine oder andere Ministerwort aus Sicht der NPD-Fraktion zurechtrücken. Wir verwahren uns entschieden dagegen, den innerdeutschen Finanzausgleich mit dem innereuropäischen Finanzausgleich zu verwechseln und das miteinander zu verquicken.

Nationale Solidarität innerhalb der deutschen Bundesländer ist eine Selbstverständlichkeit. Aber diese abgehobene und zulasten des deutschen Steuerzahlers gehende europäische Solidarität ist aus unserer Sicht unfinanzierbar und unsolidarisch gegenüber dem deutschen Steuerzahler.

Den Äußerungen des Herrn Ministers kann ich nur entnehmen, dass auch er ein glühender Anhänger der 8,5 Milliarden-Euro-Hilfe für den Pleitestaat Griechenland ist. Das scheint augenscheinlich die Argumentationslinie des Ministers zu sein, jetzt in diesem Landtag noch einmal bekannt gegeben zu haben, dass auf dem Altar Europas wieder deutsches Steuergeld verbraten werden soll.

(Christian Piwarz, CDU: Reden Sie doch mal zur Sache! – Proteste bei der CDU)

Insofern bin ich dankbar für die Richtigstellung, dass auch Herr Morlok die Vergabe von 8,5 Milliarden Euro deutschen Steuergeldes an Griechenland gutheißt. Danke für die Richtigstellung!

Herr Minister, Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Frau Jähnigen, ich darf Sie noch um einen kurzen Moment Geduld bitten, Herr Minister möchte noch einmal sprechen. Es tut mir sehr leid.