Protocol of the Session on July 10, 2014

Zu diesen Problemen Sachsens gehört nach Auffassung der NPD-Fraktion das Ausbluten des ländlichen Raums durch Abwanderung, Kaufkraftmangel und infrastrukturellen Rückbau. Dazu gehören massenhaft prekäre Beschäftigungsverhältnisse und weit verbreitete Niedriglöhne, von denen man trotz Vollzeitarbeit kaum eine Familie ernähren kann. Zu diesen Zukunftsproblemen gehören weiterhin eine massive Grenzkriminalität, zunehmender Crystal-Konsum und fast unkontrollierter Drogenhandel durch offene Grenzen. Zu diesen Zukunftsfragen Sachsens gehört schließlich ganz selbstverständlich auch eine weitsichtige und finanziell ordentlich untersetzte Schul- und Bildungspolitik.

Auch auf diesem Gebiet sind die Probleme schnell benannt: chronischer Lehrermangel, Überalterung der

Lehrerschaft, massiver Unterrichtsausfall und als deren Folge die eingeschränkte Freiheit der Schul- und Fächerwahl.

Die NPD solidarisiert sich deshalb mit den Lehrer-, Eltern- und Schülerprotesten, die am Dienstag trotz schlechten Wetters vielerorts in Sachsen stattfanden.

Die Sächsische Staatsregierung hat nach unserer Auffassung gleich mehrere bildungspolitische Baustellen zu verantworten. Der Kitaausbau ist zu forcieren und der Personalschlüssel in den Einrichtungen zu verbessern, um wirklich eine individuelle Kinderbetreuung gewährleisten zu können.

Noch dringender ist aus Sicht der NPD der Handlungsbedarf beim Thema Unterrichtsausfall. Es muss endlich dem massiven Unterrichtsausfall entgegengewirkt werden, der eine Folge der überalterten Lehrerschaft und von zu wenig Neueinstellungen ist.

Ein Beispiel für alarmierenden Unterrichtsausfall, der Jugendlichen ihre Bildungs- und Berufschancen raubt, liefert unter anderem das Werner-Heisenberg-Gymnasium in Riesa, deren Elternschaft sich deswegen mit einer eindrucksvollen Petition an diesen Landtag gewandt hat.

Ein anderes Beispiel, um bei Riesa zu bleiben, liefert die Riesaer Oberschule am Sportzentrum, wo in den 6. Klassen ständig der Mathematikunterricht ausfällt und dieser manchmal, aber auch nur manchmal durch Sportunterricht ersetzt wird. Naturwissenschaftliche Wissensvermittlung kann so nicht funktionieren.

Nur wegen des nahenden Landtagswahltermins hat die Staatsregierung nun in Form einer unverbindlichen Absichtserklärung mitgeteilt, ab dem Jahr 2015 jährlich 1 000 Lehrer einstellen zu wollen.

(Lothar Bienst, CDU: Mindestens!)

Mindestens. – Herr Bienst, dabei handelt es sich aber nicht um eine numerische Erhöhung der Lehrerzahl, da viele der neu eingestellten Lehrer lediglich die Altersabgänge ersetzen werden.

(Patrick Schreiber, CDU: Deswegen ja mindestens!)

Insofern betreibt die Staatsregierung auch bei der Zahl von mindestens 1 000 Lehrern, die ab dem Jahr 2015 neu eingestellt werden sollen, Augenwischerei. Laut dem Landeselternrat müssten jedes Jahr 1 700 Lehrer neu eingestellt werden, um die steigenden Schülerzahlen und Altersabgänge wirklich bewältigen zu können.

Geld für eine nachhaltige Bildungspolitik wäre in Sachsen trotz der politisch gewollten Steuergeldverschwendung für den Leipziger City-Tunnel und den Notverkauf der Sächsischen Landesbank vorhanden. Das Geld ist da, aber es wird anders und falsch ausgegeben.

Aus Sicht der NPD werden die falschen finanziellen Prioritäten gesetzt. So will die Staatsregierung etwa im Jahr 2015 die Kitapauschale der Kommunen auf einen Betrag von 2 060 Euro erhöhen. Gleichzeitig wird sie aber

die Asylantenpauschale von derzeit 6 000 Euro auf 7 600 Euro erhöhen.

Ich fasse zusammen: jährlich 2 060 Euro Landeszuschuss für die Kitapauschale und jährlich 7 600 Euro Zuschuss für die Asylantenpauschale. Wer eine solche Politik betreibt, meine Damen und Herren der Staatsregierung, der ist doch nicht ganz sauber und muss sich Kritik an seiner Bildungspolitik allemal gefallen lassen.

(Beifall bei der NPD)

Mit Herrn Gansel sind wir am Ende der ersten Rednerrunde angekommen und eröffnen eine weitere Runde. Einige Redner haben schon angekündigt, dass sie wieder das Wort ergreifen werden. Als Antragstellerin hat zunächst die SPD-Fraktion das Wort. Bitte, Frau Kollegin Stange.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der PISA-Mythos bröckelt, nicht weil die Kolleginnen und Kollegen in den Bildungseinrichtungen eine schlechte Arbeit machten – das will ich hier ausdrücklich sagen –; im Gegenteil: Wir haben ein leistungsfähiges Bildungssystem in Sachsen.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Der Grund dafür, warum wir dieses Thema seit fünf Jahren ununterbrochen auf die Tagesordnung setzen und warum ich mich auch persönlich seit vielen Jahren dafür engagiere, ist, dass Bildung das Zukunftsthema dieses Landes ist. In der Bildungspolitik ist das Land ausschließlich verantwortlich. Deswegen werden wir nicht müde, hier zu mahnen, eine Zukunftspolitik zu gestalten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Christian Piwarz, CDU: Oh!)

Fakt ist, dass der Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende angekündigt hat, dass pro Jahr mindestens 100 neue Lehrer eingestellt werden sollen.

(Zurufe von der CDU: 1 000! Mindestens!)

Entschuldigung. Sie sind noch aufmerksam.

(Christian Piwarz, CDU: Bei Ihnen immer! Es sind immer viele falsche Zahlen bei Ihnen!)

Mindestens 1 000 neue Lehrer sollen eingestellt werden. Fakt ist aber, dass in den nächsten fast zehn Jahren, und zwar beginnend mit dem kommenden Jahr, mehr als 1 000 Lehrerinnen und Lehrer, nämlich bis zu 1 600, 1 700 Lehrerinnen und Lehrer den Schuldienst verlassen werden. „Mindestens“ – als Mathematiklehrer sage ich: Okay, das kann eine Abweichung von 10 % nach unten und nach oben bedeuten. Es sind aber mehr als 10 %.

(Staatsministerin Brunhild Kurth: Es sind 880! – Ministerpräsident Stanislaw Tillich: Immer bei der Wahrheit bleiben, Frau Stange!)

Ich möchte ein zweites Problem anschneiden, das bisher nicht genannt wurde, auch nicht im Zusammenhang mit der Eckwerteklausur. Seit dem Jahr 2010 schwebt das Damoklesschwert des Stellenabbaus über dem Lehrerbereich. 820 Stellen bis zum Jahr 2020 stehen nach wie vor im Stellenabbaubericht. Darüber wird im Jahr 2015 entschieden. Es gibt keine Aussage im Zusammenhang mit dem neuen Doppelhaushalt, was aus diesen 820 abzubauenden Lehrerstellen wird.

Stattdessen erleben wir seit einigen Jahren, insbesondere unter dem Finanzminister Unland, eine schleichende Ausweitung der befristeten Stellen, im vergangenen Jahr bzw. im noch laufenden Schuljahr mehr als 600 befristete Stellen im Lehrerbereich ohne das Programm Unterrichtsversorgung. Dazu gibt der Haushaltsplan gar keine vollwertige Ermächtigung. Der künftige Haushaltsplan wird es tun; denn beim Stellensoll A werden wir nicht mehr unterscheiden können, ob befristet oder unbefristet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Befristete Stellen sind vollkommen aberwitzig in einer Zeit, in der wir einen großen Generationswechsel mit einem Altersabgang von mehr als 80 % in den nächsten Jahren vor uns haben, und wir wissen, dass die anderen Länder in den Hände klatschen werden, wenn sie unsere gut ausgebildeten, jungen Lehrkräfte bekommen. Insbesondere im Bereich der Förderschulen lassen wir wieder viele ausgebildete Lehrer gehen bzw. geben wir ihnen nur befristete Stellen.

Keine Aussage wird getroffen, was mit den ansteigenden Schülerzahlen wird. Allein in den nächsten beiden Schuljahren wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler um 8 300 steigen. Wir reden immer nur von 4 500 Schülern für das kommende Schuljahr. Der nächste Doppelhaushalt muss aber für zwei Schuljahre Vorsorge treffen, also für 8 300 Schüler. Das bedeutet, dass wir, sage und schreibe, mindestens 400 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer bräuchten, wenn wir die Schüler-Lehrer-Relation, also die Qualität, beibehalten wollen. Wo ist denn dazu bisher eine Aussage getroffen worden?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt noch keine Aussage dazu, dass der Betreuungsschlüssel gesenkt wird. Der Ministerpräsident wird mit der Aussage zitiert, sie würden die personelle und finanzielle Ausstattung an den Kitas verbessern, er wolle da mehr Eigenständigkeit, die Kitas sollten selber entscheiden, wie sie mit dem zusätzlichen Geld umgingen. Das heißt doch nichts anderes als: Wir senken den Betreuungsschlüssel nicht und werden keinen gesetzlich veränderten Qualitätsrahmen schaffen. – Genau das erwarten aber die Erzieherinnen und Erzieher sowie die Kommunen.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Sollen es sich zukünftig die reichen Kommunen leisten können, das Geld in zusätzliches Personal zu stecken, während die ärmeren oder die, in denen mehr Kinder sind, wie zum Beispiel Dresden und Leipzig, zusehen müssen, wie sie damit zurechtkommen? Die Kommunen sind froh,

dass endlich wenigstens ein Teil der gestiegenen Kosten durch den Freistaat übernommen wird. Damit haben wir noch nicht eine einzige Qualitätsverbesserung in den Kindertagesstätten erreicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss noch ein Wort zum Thema Hochschule; denn auch das gehört zum Bildungsbereich. Der Bund entlastet uns jetzt mit den BAföG-Millionen. Das sind 86 Millionen Euro, davon 56 Millionen Euro für die Hochschulen. Warum wird das nicht genutzt, um den Stellenabbau zu stoppen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ihre Redezeit geht zu Ende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben keinen politischen Willen, Bildung zur Zukunftspolitik zu gestalten. Das ist das Fazit.

(Beifall bei der SPD – Patrick Schreiber, CDU: So ein Schwachsinn!)

Frau Dr. Stange von der einbringenden Fraktion hatte gerade das Wort. – Nun geht es weiter in der Rednerreihe der zweiten Runde. Das Wort ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege

Prof. Schneider.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Stange, ja, Sachsen verfügt über ein ausgesprochen leistungsfähiges Bildungssystem. Das ist gut so, und das wird so bleiben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie haben den Fokus meiner Meinung nach ein wenig zu sehr auf den Kultusbereich gelegt. Bildungspolitik ist bekanntlich mehr. Dazu zählen die Bereiche Wissenschaft, Hochschule und auch Forschung im weiteren Sinne. Wenn ich den Blick auf unser Wissenschaftssystem richte – Herr Kollege Bienst wird im Anschluss noch etwas zum Thema Kultus ausführen –, dann stelle ich fest: Es kann sich mehr als sehen lassen.

Erstens. Die TU Dresden ist bekanntlich eine exzellente Universität. Überlegen wir uns doch einmal, was das für das Land bedeutet.

Zweitens. An der TU Chemnitz besteht der Exzellenzcluster MERGE. Wissen Sie, was das bedeutet und für das Land bringt? Allein hier haben wir in den nächsten Jahren bis 2017 – so weit zur Zukunft – bundesseitig eine Förderung von nahezu 120 Millionen Euro. Das ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann und das uns als Land attraktiv macht im Gegensatz zu Ihrem doch ziemlich kläglichen Versuch, uns zu diskreditieren.