Neben den Änderungen im Bereich des Versorgungswerkes der Steuerberater wird auch im Versorgungswerk der Rechtsanwälte der Wegfall der 45-Jahres-Grenze geregelt. Mit der im Änderungsantrag vorgenommenen Verlängerung der Übergangsfrist bis 2012 wollen wir sicherstellen, dass dem Versorgungswerk keine wirtschaftlichen Probleme entstehen und ausreichend Zeit bleibt, die versicherungsmathematischen Grundlagen des Versorgungswerkes angemessen und ohne finanzielle Einbußen an die neue Situation anzupassen.
Wir gehen davon aus, dass der nun vorliegende Gesetzentwurf ausgewogen ist, die wirtschaftlichen und organisatorischen Besonderheiten der sächsischen Versorgungswerke der Freien Berufe berücksichtigt und über die notwendige Rechtskonformität verfügt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gegen das von der Staatsregierung hier vorgelegte Gesetz über die Versicherungsaufsicht über die Versorgungswerke der Freien Berufe wurden seitens des Sächsischen Rechnungshofes erhebliche verfassungs- und haushaltsrechtliche Bedenken angemeldet – zuerst in einem Brief, den der Rechnungshofpräsident an den Landtag richtete, danach mündlich in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 31. Oktober und zuletzt auf der Sitzung des federführenden Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr am vergangenen Freitag. Anlässlich dieser Sitzung machte der Rechnungshof deutlich, dass seine Bedenken auch durch den Änderungsantrag der Koalition nicht ausgeräumt worden sind.
Die Bedenken des Rechnungshofes beziehen sich – kurz zusammengefasst – auf die Aushebelung bzw. Aussetzung der Prüfrechte des Landesrechnungshofes, auf die beabsichtigte Außerkraftsetzung der §§ 105 bis 112 der Sächsischen Haushaltsordnung und einen damit einhergehenden Verstoß gegen § 48 des Haushaltsgrundsätzegesetzes, auf die Verwendung eines nicht bestandskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichtes Dresden zur Begründung des Gesetzes durch die Staatsregierung, auf die Infragestellung der Eigenständigkeit der Rechnungshöfe gegenüber den Rechtsaufsichtbehörden und schließlich auf die Nichteinhaltung der Gesetzessystematik, das heißt die notwendige Korrespondenz zwischen der Haushaltsordnung und dem hier vorliegenden Gesetzentwurf. Obwohl es sich bei diesem Entwurf um keine Vorlage mit besonderer Eilbedürftigkeit handelt, wurden diese wesentlichen juristischen, haushaltsrechtlichen und sogar verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechnungshofes seitens der Koalition kleingeredet.
Recht vielen Dank, Frau Kollegin. – Können Sie mir sagen, welche Prüfungsrechte der Sächsische Rechnungshof gegenüber anderen Versorgungswerken, die in Sachsen existieren, noch hat?
Frau Kollegin, hier geht es um die Prüfrechte des Landesrechnungshofes in Bezug auf die Versorgungswerke der Freien Berufe. In allen anderen Bundesländern wurden die Prüfrechte der Rechnungshöfe nicht angetastet. Im Gegenteil, man hat sie ihnen eingeräumt. Nun erklären Sie mir bitte, warum
Ich hätte gern eine Antwort auf meine vorhin gestellte Frage, gegenüber welchen Versorgungswerken noch Prüfrechte für den Sächsischen Landesrechnungshof bestehen.
Ich gehe davon aus, dass es hier um die konkrete Äußerung von Bedenken des Rechnungshofes in Bezug auf diesen Gesetzentwurf geht. Das ist meiner Meinung nach nicht vergleichbar mit dem, was Sie hier infrage stellen, nämlich was andere Versorgungswerke anbelangt. Ich kann Ihnen Ihre Frage deshalb nicht punktgenau beantworten.
Zurück zu dem hier vorliegenden Gesetzentwurf. Obwohl dem Landtag bekannt ist, dass das Oberverwaltungsgericht am 20. November das vom Verwaltungsgericht gesprochene und in der Begründung des Gesetzestextes von der Staatsregierung angeführte Urteil in Bezug auf die Rechtsanwaltsversorgungswerke höchstwahrscheinlich aufheben wird, hat sich die Koalition in den Ausschüssen nicht einmal dazu durchringen können, den Beschluss bis Dezember zu vertagen. Einen entsprechenden Antrag unserer Fraktion haben Sie abgelehnt. Deshalb sei hier deutlich gesagt, ein Gesetzentwurf, dem so erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegengestellt werden, ist für uns nicht beschlussreif. Der Landtag muss sich in jeder Hinsicht vergewissern, dass er Gesetze beschließt, die verfassungskonform sind.
Das ist, meine Damen und Herren, nicht nur das kleine Einmaleins des Parlamentarismus, sondern eine sich aus der Sächsischen Verfassung ergebende Pflicht. Insofern geht es hier um ein wesentliches demokratisches Prinzip und dieses Prinzip wird von den Koalitionsfraktionen infrage gestellt. Aber wir als Linke bleiben dabei, auch eine Mehrheit hat nicht das Recht, sich über die Verfassung zu erheben.
Bedenken jeglicher Art müssen ausgeräumt werden, erst recht, wenn sie sich auf die Maßgaben der Verfassung beziehen. Diese Bedenken, meine Damen und Herren, hat ja nicht irgendjemand vorgetragen, sondern der Sächsische Landesrechnungshof, der selbst Verfassungsorgan ist. Ich will gar nicht von der gegenseitigen Achtung sprechen, die deshalb in der Zusammenarbeit natürlich geboten wäre. Aber die Überheblichkeit, mit der die Bedenken des Rechnungshofes in den beiden Ausschüssen weggewischt worden sind, ist für mich erschütternd. Selbst der Juristische Dienst des Landtages hat während der Ausschussberatung darauf hingewiesen, dass keine Eilbedürftigkeit besteht und vom OVG-Urteil spezielle
Ausführungen hinsichtlich der Bedenken des Rechnungshofes in Bezug auf das Haushaltsgrundsätzegesetz zu erwarten sind, die die vorgeschlagenen Regelungen im hier vorliegenden Gesetzentwurf direkt tangieren. Auch dazu liegen uns heute die entsprechenden Protokollnotizen des federführenden Ausschusses vor.
Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist daraufhin zumindest unserem zweiten Antrag gefolgt, sich mit einer förmlichen Bitte an den Verfassungs- und Rechtsausschuss zu wenden, sich erneut dieser Gesetzesvorlage zuzuwenden und sich der Bedenken des Rechnungshofes anzunehmen. Ein entsprechender Brief des Ausschussvorsitzenden, Kollegen Rasch, wurde dem Verfassungs- und Rechtsausschuss zugeleitet. Darin wurde der Verfassungs- und Rechtsausschuss um eine Stellungnahme gebeten. Diese Stellungnahme liegt uns nicht vor. Der Verfassungs- und Rechtsausschuss ist meines Wissens noch nicht einmal zu einer diesbezüglichen Sitzung eingeladen worden und deshalb sehen wir als Fraktion überhaupt keinen anderen Spielraum, als heute zu beantragen – das will ich hiermit tun –, den vorliegenden Gesetzentwurf der Staatsregierung an den Verfassungs- und Rechtsausschuss sowie den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zurückzuüberweisen, damit die in Rede stehenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgeräumt werden können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist zu begrüßen, dass von der Staatsregierung hiermit ein Gesetz über die Versicherungsaufsicht über die Versorgungslage der Freien Berufe im Freistaat Sachsen vorgelegt wird.
Es war ein langer Weg von den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts regional ins Leben gerufenen Witwen-, Hilfs- oder Pensionskassen für Mitglieder oder Hinterbliebene bis hin zu den staatlich kontrollierten Versorgungswerken der Freien Berufe.
In den Zwischenkriegsjahren hatten sich, ausgehend von Bayern, überall im Deutschen Reich erste berufsständische Versorgungswerke von Ärzten, Rechtsanwälten und Architekten gegründet. Diese verstanden sich als Sondersysteme zur Absicherung der Risiken für Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung, die ausschließlich Angehörige der kammerfähigen Berufe zu versorgen hatten.
In Mitteldeutschland wurden die Vertreter der Freien Berufe nach 1945 von der zuvor gesamtdeutschen Entwicklung dieser Versorgungswerke abgeschnitten.
Die Leistungsfähigkeit der Versorgungswerke in den alten Bundesländern und insbesondere die Erfahrung aus der Währungsumstellung von 1990 waren Anlass genug für
die Angehörigen der Freien Berufe in Sachsen, sich erneut für ein solches Versorgungswerk zu entschließen. Überall fanden in den kommenden Jahren Urabstimmungen der Kammermitglieder statt, bei denen erneut jeweils eigenständige und berufsgruppenbezogene Versorgungswerke ins Leben gerufen wurden. Diese wurden für die eingetragenen Mitglieder verpflichtend und stellen heutzutage neben der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung ein eigenständiges System der öffentlich-rechtlichen Pflichtversicherung dar.
Aus der Tatsache, dass diese inzwischen sechs Versorgungswerke für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte und Steuerberater sowie Steuerbevollmächtigte der Rechts- und Versicherungsaufsicht unterliegen, ergab sich zwingend die Notwendigkeit eines Gesetzes, das die Beziehungen zwischen den Versorgungswerken und der Versicherungsaufsichtsbehörde eindeutig regelt.
Der vorliegende Gesetzentwurf wird von der NPDFraktion begrüßt, da er nicht nur die versicherungsaufsichtsrechtlichen Anforderungen in einem einzigen Gesetz bündelt und damit eine einheitliche Aufsichtspraxis gewährleistet, sondern weil er sich darüber hinaus sowohl für den Landeshaushalt als auch für die kommunalen Haushalte kostenneutral verhalten wird. Es bleibt zu hoffen, dass es der Versicherungsaufsicht gelingen wird, die rechtlichen und finanziellen Belange der pflichtversicherten Mitglieder und ihrer Angehörigen ausreichend zu gewährleisten. Dies sei ausdrücklich betont, da es sich in der jüngsten Vergangenheit bei den Vorkommnissen um die Sächsische Landesbank leider gezeigt hat, dass trotz aller Kontrollen Mittel und Wege gefunden werden können, sowohl ausreichende Rückstellungen wie auch kaufmännische Grundsätze einschließlich der Verwaltung, Rechnungslegung und internen Kontrolle in einer Weise zu hintergehen und zu manipulieren, die schnell zu einem finanziellen Gesamtkollaps führen kann. Insofern ist zu begrüßen, dass es sich hier bei bestellten Geschäftsführern eines Versorgungswerkes um fachlich geeignete Personen handeln muss, die sowohl in ausreichendem Maße theoretische als auch praktische Kenntnisse in allen Bereichen der Hinterbliebenen-, Alters- und Berufunfähigkeitsversorgung vorweisen müssen.
Es bleibt darüber hinaus allerdings nur zu hoffen, dass den Juristen der Staatsregierung bei § 5, der die Vorschriften zur Vermögensanlage regelt, nicht wieder der Versuch einer Quadratur des Kreises unterlaufen ist, indem sie auf der einen Seite möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei gleichzeitiger Liquidität einfordern, andererseits aber den Einsatz von Termingeschäften, Optionen und ähnlichen Finanzinstrumenten gestatten. Dies bitte ich eher als einen Einwand denn als Vorbehalt zu werten. Dann wird die Fraktion dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gleich zu Anfang sage ich, dass ich als Nichtjurist die Materie dieses Gesetzes nicht in vollem Umfang verstanden habe. Das ist manchmal so im parlamentarischen Betrieb. Man muss sich auf das Urteil der Fachleute verlassen.
Mir hat auch nicht ganz eingeleuchtet, warum der Landesrechnungshof eine Aufsicht bei berufsständischen Versorgungswerken wie den Rechtsanwalts- und Architektenkammern hat.
Was ich den Ausführungen des Landesrechnungshofes entnommen habe, ist, dass es massive verfassungsrechtliche Bedenken und einen offenkundigen Verstoß gegen das Haushaltsgrundsätzegesetz gibt. Nun könnte man über diese Bedenken mit der Bemerkung hinweggehen, dass zwei Juristen mindestens immer drei Meinungen vertreten und man die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit im Streitfall überprüfen kann.
Meine Damen und Herren! Die Begründung des Gesetzestextes bezieht sich auf ein Urteil des Landgerichts Dresden, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist. Wir wurden darüber informiert, dass über die Revision vor dem Oberlandesgericht am 20. November 2007, also in 13 Tagen, entschieden wird. Angesichts der geäußerten grundsätzlichen rechtlichen Bedenken gegen das vorliegende Gesetz im Zusammenhang mit der Terminfolge frage ich mich: Was reitet die Staatsregierung, uns das Gesetz in dieser Woche vorzulegen? Es bedarf aus meiner Sicht einer gehörigen Portion politischer Arroganz, so massive juristische Einwände, wie sie der Landesrechnungshof geäußert hat, vom Tisch zu wischen. Warum können wir nicht im Dezemberplenum, also nach dem 20.11.2007, darüber beraten und beschließen?
Meine Damen und Herren! Was versprechen Sie sich von diesem Vorgehen? Wir jedenfalls hätten keine Probleme gehabt, dem Gesetz zuzustimmen, wenn Gelegenheit eingeräumt worden wäre, die Argumente des Rechnungshofes zu prüfen und das Gerichtsurteil abzuwarten. Die Koalition will diesen Gesetzentwurf ohne Not durch das Parlament peitschen. Diesem Vorgehen kann man als Opposition nur die Zustimmung verweigern. Ich empfinde das Vorgehen der Koalitionsfraktionen in diesem Punkt als eine grobe Missachtung der Institution und der Mitarbeiter des Landesrechnungshofes,
wenn die vorgetragenen Argumente – auch wenn sie sehr spät vorgetragen wurden – ungeprüft übergangen werden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben im Freistaat Sachsen eine Verfassung, die der 1. Sächsische Landtag, also dieses Hohe Haus, beschlossen hat. In der Verfassung steht in Artikel 3 Abs. 3: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ Das heißt im Klartext, dass dieses Haus keineswegs in seiner Erwägung völlig frei ist, Gesetze anzunehmen, die der Verfassung widersprechen, bzw. Gesetze zu verabschieden, bei denen man sehenden Auges in das Risiko läuft, dass sie verfassungswidrig sind.