Protocol of the Session on July 5, 2007

Danke. Wir mussten erst einmal schnell die Änderungsanträge suchen.

(Lachen des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Es sind inzwischen drei, Herr Herbst. – Frau Nicolaus für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Lücken bei Kita- und Schuluntersuchungen schließen – Kinder- und Jugendärztlichen Dienst stärken“ ist ein großes Thema, auch ein Thema für die Koalition. Das ist gar keine Frage.

Dem, was Sie ausgeführt haben, Herr Herbst, kann ich mich nur anschließen. Ich möchte aber zur Klarheit noch einmal differenzieren. Wir hatten heute früh die Debatte zu den Kinderärzten an sich, zu den niedergelassenen Ärzten. Bei diesem Antrag konzentrieren wir uns darauf, die ärztliche Leistung der jeweiligen Kinderärzte zu betrachten, was das Anstellungsverhältnis in den jeweiligen Gebietskörperschaften betrifft. Entweder bei den Landratsämtern oder den kreisfreien Städten gibt es den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst, der zum einen in den Kindertagesstätten bei den Kindern im vierten Lebensjahr die jeweilige Untersuchung durchführt. Zum anderen werden für die Schuluntersuchung zur Einschulung die Eltern angeschrieben und gebeten, in die jeweilige Institution zu kommen, um dort ihre Kinder untersuchen zu lassen, damit geprüft werden kann, ob sie eingeschult werden können oder nicht. Weitere Untersuchungen gibt es in der 2. und der 6. Klasse; das haben Sie schon ausgeführt, Herr Herbst.

Zu den Kindertagesstätten möchte ich noch ein Wort verlieren. Wir hatten dieses verändert. Früher wurden die Kinder im fünften bzw. im sechsten Lebensjahr untersucht. Wir haben Wert darauf gelegt, dass dies im vierten Lebensjahr geschieht, um bei den Kindern gegebenenfalls vorhandene Defizite frühzeitig auszugleichen und den Eltern etwas an die Hand zu geben, entweder logopädisch nachzulegen oder bei motorischen Störungen Ergotherapie oder Ähnliches zu veranlassen.

Es ist mehr als bedauerlich und auch nicht hinnehmbar, dass einzelne Kinder nicht erfasst und nicht untersucht werden können, nur weil entsprechende Bedienstete nicht vorgehalten werden. Das ist aus unserer Sicht ein untragbarer Zustand; darin teilen wir Ihre Meinung. Deshalb haben wir unserem Antrag den Punkt 3 angefügt. Wir haben Ihren Antrag als Punkt 1 und 2 praktisch aufgenommen und in Punkt 3 die rechtsaufsichtlichen und

fachaufsichtlichen Maßnahmen angemahnt und ersuchen die Regierung, dementsprechend zu handeln.

Eine weitere Möglichkeit, wie in dieser Runde dargelegt und dargestellt, ist, die Kinderärzte vor Ort und die niedergelassenen Ärzte einzubeziehen und Honorarvereinbarungen zwischen der Gebietskörperschaft und dem niedergelassenen Arzt zu schließen. Diese Möglichkeit ist derzeit noch nicht vorhanden. Hierfür bedarf es einer entsprechenden gesetzlichen Änderung. Wir könnten heute mit diesem Antrag die Basis dafür schaffen, dass das Gesetz geändert werden kann bzw. wird, wenn wir uns am Ende darauf verständigen, auch den Gebietskörperschaften eine Möglichkeit zu geben, die es an dieser Stelle nicht einfach haben; denn es ist nicht so, dass diese nicht wollten, dass vor Ort die Landkreise, egal ob Landkreis oder kreisfreie Stadt, kein Interesse hätten, die Untersuchung durchzuführen. Fazit ist, das haben Sie schon anklingen lassen: Es gibt zu wenig Ärzte, es gibt zu wenig Kinderärzte. Das haben wir heute früh schon besprochen. Um hier weitere Möglichkeiten zu geben, ist der Punkt 3 sehr sinnvoll.

Man kann den Gebietskörperschaften nur wünschen, dass sie außerhalb der sächsischen und auch außerhalb der deutschen Grenzen schauen und die Ausschreibungen laufen lassen, um Ärzte aus Tschechien, aus Polen oder aus Bulgarien mit in das Boot zu holen.

In diesem Sinne möchte ich für unseren Antrag werben und hoffe und wünsche mir, dass diese drei Punkte, die das Hohe Haus beschließen möge, auch umgesetzt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der Abg. Dr. Gisela Schwarz, SPD, und Torsten Herbst, FDP)

Danke schön. – Frau Lauterbach steht schon in Warteposition. Sie spricht für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Werte Herren von der FDP! Im Grunde genommen bin auch ich dafür, dass die Kita- und Schuluntersuchungen gemeinsam mit den Kommunen sicherzustellen sind und dass für geeignetes Personal zu werben ist. Ich meine aber, dass es so nicht ausreicht. Das sind keine verbindlichen Forderungen und sie sind somit nicht umsetzbar. Deshalb hat die Linksfraktion folgende Änderungen einzubringen:

Punkt 1 Ihres Antrages würden wir gern durch eine Verpflichtung ergänzen, bis 31.12. dieses Jahres einen abrechenbaren Maßnahmenkatalog vorzulegen, wie Untersuchungen zukünftig sichergestellt werden sollen. Mit der Ergänzung in Punkt 2 möchten wir die Möglichkeit schaffen, Personal für den öffentlichen Gesundheitsdienst in erhöhtem Maße berufsbegleitend auszubilden. Mit Punkt 3 möchten wir prüfen, wie festgestellte Sprachstörungen und motorische Entwicklungsstörungen weiter

behandelt werden. Ich möchte Ihnen den letzten Punkt gern erklären.

In der Begründung verweisen Sie zutreffend darauf, dass beispielsweise bei 38 % der in den Kindertagesstätten untersuchten Kinder Sprachauffälligkeiten festgestellt wurden. Aber was passiert danach? – Die Überweisung an die behandelnden Ärzte. Wo bleiben die logopädische Untersuchung und die Behandlung? Zu diesen kommt es immer seltener. Liegt das etwa an der Vereinbarung zwischen der AOK Sachsen und der Kassenärztlichen Vereinigung zur Senkung der Leistungen sowie zur Beteiligung der sächsischen Ärzte an den erzielten Einsparungen auf dem Gebiet der Heilmittel?

Das können wir so nicht akzeptieren. Es hilft nicht, diesen hohen Anteil an Sprachauffälligkeiten festzustellen. Deshalb unsere Forderung, alle möglichen therapeutischen Maßnahmen zur Behandlung der festgestellten Defizite zu nutzen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich komme nun auf die Aktuelle Debatte von heute Morgen zu sprechen. Natürlich muss es die vorrangige Aufgabe der Landkreise sein, die Lage im öffentlichen Gesundheitsdienst zu entspannen. Aber das über Honorarverträge zu machen wird auf Dauer keine Lösung sein. Wie wir wissen, wird es auch bei den Kinder- und Jugendärzten in kürzester Zeit zu erheblichen Lücken kommen. Wenn schon, dann müssen hier staatliche Maßnahmen greifen. Dazu wurden heute früh einige Möglichkeiten genannt.

Die Linksfraktion unterstützt die Bemühungen der Staatsministerin Frau Orosz für ein Präventionsgesetz.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Nun ist sie noch nicht einmal da!)

Ja, nun wollte ich sie einmal loben. – Wir möchten diese Bemühungen der Staatsministerin Orosz unterstützen, weil Kinder und Jugendliche keine Zeit haben, wenn es um ihre sichere Zukunft geht. Versäumnisse lassen sich gerade bei jüngeren Kindern nur schwer aufholen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das war die Linksfraktion. – Für die SPD-Fraktion hat Frau Dr. Schwarz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine umfassende Untersuchung aller Kinder, die eine Kindertagesstätte besuchen oder durch eine Kindertagespflegeperson betreut werden – ich denke, es ist wichtig, auch darauf hinzuweisen –, wie sie im Sächsischen KitaGesetz verankert wurde, ist deutschlandweit einmalig. Sie wissen, dass durch die Novellierung des Kita-Gesetzes in dieser Legislaturperiode auf das, was wir in der Realität festgestellt haben, reagiert wurde. In allen Bundesländern

gilt die Einschulungsuntersuchung mit Beratung der Eltern sowie eine Untersuchung der Kinder zur Früherkennung gesundheitlicher Störung und Beratung der Heranwachsenden in den Klassenstufen zwei und vier der Grundschule.

Ziel dieser Untersuchungen soll es sein, das möglichst frühzeitig zu erkennen und Entwicklungsstörungen und Entwicklungsverzögerungen zu behandeln. Ausgangspunkt war – Sie benannten es, Herr Herbst –, wie wir aus der Kleinen Anfrage von Herrn Krauß wissen, dass die Zahl von Zurückstellungen und die festgestellten Störungen im Bereich der Sprachauffälligkeiten gestiegen sind und es unbedingt notwendig ist, darauf zu reagieren. Insoweit begrüßen wir Ihre Initiative.

Wir haben im Vorfeld der heutigen Debatte die entsprechenden Unterlagen und Daten zu den erfolgten Reihenuntersuchungen studiert und dabei feststellen müssen – ich möchte ein konkretes Beispiel herausgreifen –, dass in der Stadt Chemnitz in den Jahren 2005 und 2006 nur 4 % der zu untersuchenden Kinder ein Angebot für eine solche Untersuchung erhalten und andere Landkreise ebenfalls geringe Untersuchungszahlen aufzuweisen haben. Das kann uns nicht zufriedenstellen.

Worin lagen die Ursachen für die niedrigen Untersuchungszahlen in der Stadt Chemnitz? Ich habe mich etwas konkreter informiert. Es gab zum Beispiel beim Kinder- und Jugendärztlichen Dienst Altersabgänge und längere Krankheiten einzelner Mitarbeiter. Dies kann auch in anderen Landkreisen und kreisfreien Städten passieren.

Ich war dennoch positiv überrascht; dies belegen auch die Zahlen. Es ist nicht so, wie Kollege Herbst gerade ausführte, dass sich nichts verbessert habe, sondern gerade, wenn man sich die Stadt Chemnitz anschaut, hat sie sich doch sehr bemüht, dieses Problem zu lösen. Man hat neue Mitarbeiter(innen) für die freigewordenen Stellen gefunden, vor allem Ärztinnen, die einen geregelten Dienst außerhalb des Klinikdienstes suchen, um für sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wenig zu verbessern. An dem Problem Chemnitz wird aber auch deutlich: Die Wiederbesetzung der Stellen der ausgeschiedenen Mitarbeiter(innen) dauert im Durchschnitt vier Monate. Vielleicht ist es auch dort notwendig hinzuschauen, ob Formalien, die der öffentliche Dienst erfordert, nicht etwas überprüft werden müssen und nicht zu starr ausgelegt werden dürfen, um schneller handeln zu können.

Es ergibt sich die Frage, ob die derzeitige Stellensituation in den einzelnen Landkreisen den Anforderungen genügt, die an den öffentlichen Gesundheitsdienst gestellt werden. Ich weiß sehr genau, dass Frau Staatsministerin Orosz auf diese Defizite hingewiesen und dieses Problem auch gegenüber den Landräten und Oberbürgermeistern angesprochen hat. Ich möchte hier auch noch einmal die Verantwortung der kommunalen Ebene anmahnen. Deshalb wird in unserem Antrag die Fachaufsicht genannt. Die Verantwortung zielt eben nicht nur auf die Fachaufsicht, sondern auch auf die Rechtsaufsicht, also auf das

Innenministerium. Es ist unbedingt notwendig, dass hier ein Zusammenspiel stattfindet.

Für die Früherkennung von Entwicklungsdefiziten ist es aus meiner Sicht notwendig, das pädagogische Personal stärker als bisher zur Früherkennung hinzuzuziehen. Wir haben es in unserem Bildungsplan und in der Zusammenarbeit mit dem pädagogischen Fachpersonal verankert, dass Eltern mit Problemen den öffentlichen Gesundheitsdienst einbeziehen. Ich denke, dies ist sinnvoll, wenn dadurch notwendige Maßnahmen zeitiger eingeleitet werden können. Es gibt auch Beispiele dafür, dass etwas in dieser Richtung stattfindet. In einigen Landkreisen fanden bereits Gesundheitskonferenzen statt, in denen auch dieses Problem diskutiert wurde – ein Schritt, den ich sehr begrüße.

Wir haben landesweit die geringen Untersuchungszahlen im Kindergarten und in der Schule diskutiert und es hat uns natürlich aufhorchen lassen. Ich sagte bereits, das SMS ist hierbei nicht untätig geblieben. Die Gesundheitsämter sind nun angehalten, kurzfristig über den Stand der Untersuchungen zu berichten. Das Beispiel Chemnitz zeigt, dass die 4 %, die ich nannte, eine Steigerung auf 88 % erfahren haben. Das ist für uns noch nicht ausreichend. Wir wollen, dass alle Kinder untersucht werden. Deshalb haben wir unseren Änderungsantrag eingereicht, der über das, was die FDP-Fraktion beantragt hat, hinausgeht, um noch einige Instrumente mehr zu haben, um Verbesserungen zu erzielen.

Der Antrag der Linksfraktion ist insoweit etwas problematisch, als er – wie immer – nur nach der staatlichen Ebene ruft; die kommunale Ebene ist hier natürlich auch sehr gefragt.

Was Ihren 3. Punkt angeht: Wir können sicher nicht allen befehlen, Untersuchungen wahrzunehmen. Das wird nicht gehen. Es wird immer auch ein Stück Entscheidungsfreiheit bei den Eltern bleiben.

Insofern müssen wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die NPDFraktion spricht Herr Dr. Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, ich kann mich kurz fassen, denn ich bin auf das Thema Öffentlicher Gesundheitsdienst und Kinderärztemangel bereits heute Morgen in meinem Beitrag zur Aktuellen Debatte eingegangen.

Ich möchte noch einmal – insbesondere nach dem, was meine Vorrednerin sagte – auf das Problem des ländlichen Raumes eingehen. Frau Kollegin Schwarz sprach davon, dass dieses Problem bereits in Städten wie Chemnitz herrscht. Aber es herrscht natürlich noch viel stärker in den ländlichen Gegenden, die von manchen nur noch als Entleerungsräume gesehen werden. Dort ist es der kommunalen Ebene wirklich kaum noch möglich, jemanden zu finden.

Ich muss noch einmal auf die Ausschreibung des Landratsamtes Sächsische Schweiz eingehen. Ich hatte heute Morgen schon von der übertariflichen Bezahlung und von der Ausschreibung deutschlandweit, in der Republik Österreich und in der Tschechischen Republik gesprochen. Aber es geht so weit, dass mehrere Fachrichtungen möglich sind – nicht nur die Pädiatrie, sondern es werden auch der Facharzt für Öffentlichen Gesundheitsdienst und der Facharzt für Allgemeinmedizin als möglich angesehen. Es wird Hilfe bei der Wohnungssuche sowie Hilfe bei Weiterbildungsmaßnahmen angeboten. All das führt aber nicht dazu, dass – der ländliche Raum ist noch nicht einmal so ländlich, denn Pirna ist noch gar nicht so weit von der Metropole Dresden entfernt – es möglich ist, im Moment einen geeigneten Bewerber zu finden, und dies sollte die Legislative zum Nachdenken bringen.

Ich hoffe, dass dies mit dem Antrag der Koalition bereits geschehen ist. Wir werden ihn auch unterstützen; aber das Problem wird uns ob der Situation gerade im ländlichen Bereich weiter verfolgen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Für die Fraktion der GRÜNEN spricht Frau Herrmann; bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag schließt ja nahtlos an die Aktuelle Debatte von heute Morgen an. Was mich etwas wundert, ist, dass die Koalition beim Punkt 2, der so ungefähr heißt, die Staatsregierung möge für den öffentlichen Gesundheitsdienst werben, nicht aufschreit; denn erstens ist es eine kommunale Aufgabe, dies ist hier gesagt worden, und zweitens hat uns Frau Staatsministerin heute Morgen erzählt, dass sie das bereits tut, dass sie also für diese Punkte werbend durch das Land zieht.

(Zuruf der Abg. Kerstin Nicolaus, CDU)