Protocol of the Session on May 9, 2007

Die Aberkennung des Welterbetitels durch das UNESCOWelterbekomitee wäre ein Desaster nicht nur für Dresden, sondern für Sachsen und die Bundesrepublik Deutschland insgesamt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Wir haben bis zum 24. Juni Zeit, dann wird sich in Neuseeland das Welterbekomitee erneut mit dem Status des Dresdner Elbtals befassen. Bis dahin wäre auch Zeit für Regierungserklärungen, die Sachsen nicht außerhalb der Gemeinschaft der deutschen Bundesländer und damit der Welterbegemeinschaft stellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Jetzt wird die SPDFraktion durch Herrn Brangs vertreten. Wenn ich richtig aufgepasst habe, ist er der erste Redner, der nicht in Dresden wohnt.

– Das ist entscheidend.

Das werden wir sehen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat hatte ich zum wiederholten Male den Eindruck, dass wir uns hier in einer Stadtratssitzung der Landeshauptstadt Dresden und nicht im Sächsischen Landtag befinden.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Alexander Delle, NPD, und Mirko Schmidt, fraktionslos)

Als Nicht-Dresdner und Wahl-Oberlausitzer erlaube ich mir, für die SPD-Fraktion einige Anmerkungen zum Thema Waldschlösschenbrücke zu machen.

Ich gebe dem Kollegen Rohwer recht: Wir haben uns schon viel zu oft mit diesem Thema beschäftigt, und vielleicht sollten diejenigen, die in der Landeshauptstadt Dresden in den Stadträten sitzen, alles daransetzen, dass endlich mal eine Entscheidung fällt.

(Zurufe)

Mein Eindruck ist, dass den Menschen in Sachsen und auch den Dresdnern dieses Gezerre um diese Brücke, dieses Hin und Her, gelinde gesagt langsam ein wenig auf die Nerven fällt. Ich glaube auch, ihnen geht es nicht alleine so – mir geht es so, und wenn ich meinen Kollegen Fritz Hähle sehe, geht es ihm ähnlich, denn er baut lieber rote Schiffchen, statt sich über Brücken zu unterhalten.

(Allgemeine Heiterkeit)

Die Farbe Rot gefällt mir ja sehr gut, das will ich gern einräumen.

(Karl Nolle, SPD: Die Farbe ist schon mal gut!)

Die Farbe ist schon mal sehr gut!

Aber scheinbar liegt es auch daran, dass es mit dem Brückenbau in Dresden einen Zusammenhang zwischen solchen Auseinandersetzungen geben muss, der in der Historie begründet liegt. Ich lerne hier ja auch als NichtDresdner dazu. Es ist in einer der letzten Debatten zur Waldschlösschenbrücke schon einmal gesagt worden, dass bereits vor über hundert Jahren – und zwar im Generalbauplan 1859 bis 1862 – eine erste Idee des Äußeren Rings mit einer Brücke in Dresden auftauchte, um dem Verkehrschaos, das man damals sah, zu begegnen. 1876 gab es eine erste Brückenplanung für diesen Standort, und dieser Standort wurde in den Dreißigerjahren – man höre und staune – mit dem Hinweis darauf, dass eine solche Brücke vom Stadtrat abgelehnt worden ist, weil sie „den Blick auf die wunderschöne Altstadt zerstören würde“, ad acta gelegt. In den Sechzigerjahren wurde sie wieder aufgenommen und in den Achtzigerjahren gab es einen Beschluss des Ministeriums für Verkehrswesen der DDR, im Zuge des Äußeren Stadtrings eine vierstreifige Brücke zu planen und umzusetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für meine Begriffe wird zu Recht danach gefragt, ob Politik in der Lage ist, Kompromisse zu schließen; ob sie kompromissfähig ist.

Der eigentliche Schaden – wenn überhaupt von Schaden gesprochen werden kann – ist der, dass hier die Demokratie und wahrscheinlich auch das Ansehen der Stadt Dresden beschädigt werden.

Der Hauptgrund, warum zwar über viele mögliche Kompromisse gesprochen wird, aber niemand zu Recht über seinen Schatten springen will, ist vielleicht der, dass man glaubt, es gebe vordergründig gar keine tragfähigen Lösungen und keine Kompromisse und es gehe im Wesentlichen nur darum festzustellen, wer Gewinner und wer Verlierer ist.

Für die SPD-Landtagsfraktion – das haben wir immer wieder betont – ist es wichtig, einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen zu schaffen. So wie ich das Verfahren und die bisherige Diskussion in den letzten Monaten verstanden habe, ist ein Kompromiss durch viele Beiträge leider eher schwieriger denn einfacher geworden. Die ursprüngliche Herangehensweise vieler Beteiligter hat aus meiner Sicht eine verhängnisvolle Spirale in Gang gesetzt, bei der es anscheinend nach dem Willen der Handelnden ausschließlich nur noch darum geht, am Ende als Gewinner oder Verlierer dazustehen. Es geht gar nicht mehr um die Frage: Wie gehen wir mit dem Bürgerentscheid um, wie gehen wir mit der Diskussion der Stadt um?

Deshalb halte ich die jetzige Situation für grundlegend falsch, zum wiederholten Male hier im Sächsischen Landtag eine juristische oder dogmatische Frage ausdiskutieren zu wollen; denn eines ist doch klar: Eine höchstrichterliche Entscheidung in dieser Frage steht noch aus. Wiederholt immer wieder den Landtag zu benutzen ist nach meiner Ansicht nicht der richtige Weg.

Was die Menschen nach meinem Eindruck auch in Dresden wollen, ist, dass wir uns im Landtag nicht über juristische Auseinandersetzungen streiten, sondern dass es Lösungen für diesen Fall gibt.

Deshalb freue ich mich sehr, dass die Stadt Dresden unter dem hohen Zeitdruck, der jetzt aufgekommen ist, alle Anstrengungen unternimmt, um mit der UNESCO einen Kompromiss zu finden, der den Welterbetitel weiterhin erhalten lässt. Ich halte das für einen richtigen Ansatz.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD, der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Auch bei den Brückenbefürwortern setzt sich nach meiner Auffassung immer mehr die Einsicht durch, dass die Reputation einer ganzen Stadt, einer Region auf dem Spiel steht. Insofern kann man nicht sagen, das ist allein eine Entscheidung der Stadt Dresden, sondern es ist eine Entscheidung der UNESCO und des Freistaates.

Ich habe den Eindruck, dass auch Brückengegner das erkannt und mehrfach die Bereitschaft zum Kompromiss deutlich gemacht haben.

Wenn ich die gesamte Situation bewerten kann – als jemand, der vielleicht irgendwann einmal über diese Brücke fahren darf, wenn er aus Bautzen über die B 6

kommt –, dann ist es keinesfalls ein Rechtsbruch, der im Moment dort ansteht, sondern ein notwendiges und vollkommen normales Verwaltungshandeln, wenn der Bund ein – Zitat – „bundesfreundliches Verhalten“ bei sächsischen Stellen anmahnt und das Bundeskanzleramt, das Bundesverkehrsministerium, das Bundesjustizministerium und das Bundesaußenministerium prüfen lässt, ob die Förderung des Bundes im Einklang mit Völker- und Bundesrecht steht. Dass der Sächsische Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit diese Vorbehalte aus Berlin prüft, ist doch wohl vollkommen in Ordnung. Ich möchte einmal diejenigen sehen, die dann reagieren würden, wenn er es nicht tun würde.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Insofern ist es, salopp gesprochen, vollkommen neben der Kappe, von Rechtsbruch zu sprechen, wenn man hier noch einmal eine Prüfung durchführt. Ich denke, dass man das Ganze etwas weiter unten anbinden und in den nächsten Wochen die Möglichkeit nutzen und die Prüfung abwarten sollte, und dann werden wir zu einer vernünftigen Entscheidung kommen.

Ich halte es für sachlich falsch, hier zu behaupten, dass Fördermittel für die Brücke blockiert würden; Herr Zastrow hat es mehrfach vorgetragen. Ich halte es schlichtweg für falsch, was Sie sagen; denn es gibt keinen Antrag der Stadt Dresden auf Ausreichung irgendwelcher Fördermittel für die Waldschlösschenbrücke, die irgendjemand hätte stoppen können. Wenn es den gibt, dann zeigen Sie ihn uns. Sprechen Sie nicht davon, dass irgendjemand irgendetwas blockiert.

Zum Schluss lassen Sie uns auf den Kern der Debatte zurückkommen. Dort haben wir als SPD-Landtagsfraktion gesagt:

Wir dürfen die Stadt Dresden nicht hängen lassen. Es steht viel auf dem Spiel. Wir fordern deshalb alle Verantwortlichen auf, in der Sache eine Einigung zu erstreiten; Streit kann auch produktiv sein. Bitte verschonen Sie uns zukünftig mit Forderungen nach Regierungserklärungen im Sächsischen Landtag! Machen Sie Ihren Job im Stadtrat! Dann sehen wir weiter, wie wir mit der ganzen Sache umgehen können. In Ihrem Antrag ist auf jeden Fall der falsche Adressat genannt. Sie sollten über das Thema dort diskutieren, wo es hingehört.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die NPDFraktion Herr Dr. Müller, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde es kurz machen, denn meine Fraktion ist es leid, über dieses Thema noch einmal im Sächsischen Landtag zu diskutieren. Wir bleiben dabei: Der Sächsische Landtag ist mit diesem Thema nicht beschäftigt. Wir haben die Gewaltenteilung zu respektieren. Lediglich die von der FDP geforderte

Regierungserklärung halten wir für sinnvoll, aber aus einem ganz anderen Grund. Wir möchten vom Ministerpräsidenten schon erfahren, was es mit der Androhung einer Fördermittelsperre aus seinem Wirtschaftsministerium auf sich hat und wie das Kompetenzgerangel im Kabinett zwischen Wirtschaftsminister und Finanzminister zu erklären ist.

Was den Brückenbau betrifft, ist unsererseits die Rechtsgrundlage klar: Der Bürgerentscheid ist bindend. Das haben Gerichte bis hin zum Sächsischen Verfassungsgerichtshof in Leipzig klar und deutlich festgestellt. Angesichts dessen hat die eigene subjektive Meinung zurückzustehen. Ich selbst bin für eine zusätzliche Elbquerung. Allerdings hätte ich mir ein weniger monströses Objekt oder sogar einen Tunnel gewünscht. Ich hätte mir vorstellen können, dass für das Geld, das in diese Brücke investiert wird, vielleicht zwei Brücken gebaut worden wären.

(Mario Pecher, SPD: Am besten übereinander!)

Das sage ich auch mit Blick auf die Alterung und den perspektivisch zu erwartenden Ausfall des „Blauen Wunders“. Aber das ist meine subjektive Meinung. Über das Stadium der Diskussion darüber, welches Projekt gebaut wird, sind wir doch hinaus. Zu einem ganz konkreten Projekt hat ein Bürgerentscheid stattgefunden. Das Ergebnis war eindeutig. Aus diesem Grund ist es bindend.

Es steht der Landeshauptstadt schlecht zu Gesicht und ist ihr eigentlich auch unwürdig, dass in Pirna für eine Staatsstraße und in Meißen für eine Bundesstraße schon Brücken entstanden sind; in Cossebaude ist eine Brücke in Bau. In Dresden streitet man sich seit anderthalb Jahrzehnten darüber, ob, wie und warum man diese Brücke bauen will. Das ist eigentlich peinlich. Wir sollten im Landtag das Thema endgültig begraben und es den Leuten überlassen, die dafür zuständig sind.

(Beifall bei der NPD)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Zastrow.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Von allen Mitgliedern dieses Hauses wohne ich wahrscheinlich in der kürzesten Entfernung zur künftigen Brücke.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Die vielen Gegner sind dicht an mir vorbeimarschiert.