Protocol of the Session on May 9, 2007

(Heinz Lehmann, CDU: Sehr richtig! – Unruhe im Saal)

Ich denke, auch in Plauen, in Görlitz oder in Bautzen sagen die Leute: Was interessiert es uns, ob in Dresden

diese Brücke gebaut wird oder nicht?! Warum müsst Ihr denn im Landtag darüber diskutieren?

Das ist eine Sache, die im Stadtrat zu entscheiden ist, und jetzt diskutieren wir hier, glaube ich, das dritte oder vierte Mal darüber. Deswegen will ich mir auch nicht so große Mühe geben wie Frau Hermenau – das gebe ich jetzt ehrlich zu –, noch einmal alle Argumente aufzuführen, sondern ich will einfach zu den zwei Anträgen sprechen.

Schauen wir uns den von der FDP zuerst an. Herr Kollege Zastrow, mit Ihrer Forderung nach einer Regierungserklärung zur Waldschlösschenbrücke haben Sie nun endgültig überzogen.

(Beifall bei der CDU)

Dann würde das ja bedeuten, dass wir in Zukunft jede Umgehungsstraße mit einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten tangieren. Das kann ja wohl nicht Ihr Ziel sein!

(Heiterkeit bei der CDU)

In Wahrheit, Herr Zastrow, geht es Ihnen ja darum, die CDU-/SPD-Koalition zu testen, wie sie denn zu solch einem Antrag steht. Dazu kann ich Ihnen sagen, sie wird den Antrag einfach ablehnen und dann ist das Theater der FDP an dieser Stelle ganz schnell vorbei. Der Fördermittelbescheid gilt – das ist klargestellt. Das Regierungspräsidium hat auch gesagt, es hält sich an Recht und Gesetz. Damit ist alles Nötige gesagt.

Frau Hermenau, in Ihrer Rede am 19. Juli 2006 – –

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ja, die habe ich auch gelesen. – Damals haben Sie kein Wort zum Bürgerentscheid gesagt. Nicht einmal kam dieses Wort in Ihrer Rede vor. Deswegen bin ich schon sehr überrascht, dass Sie das heute in Ihrem Antrag drin haben und dass Sie auch heute anerkennen, dass es einen Bürgerentscheid gegeben hat, nach dem genau diese Brücke, die jetzt in Rede steht, gebaut werden soll. Insofern bin ich der Auffassung, dass Sie diese Erkenntnis reichlich spät bekommen. Sie haben gesagt, zehn Monate haben Sie dafür gebraucht, dass Sie das jetzt akzeptieren. Nur, die Frage ist ja, ob man daran glauben kann, dass Sie das wirklich einhalten mit der Brücke, die Sie uns bauen wollen. Sie wollen doch nur erreichen, dass der 28. Februar 2008 eingetreten ist, und dann würden Sie mit einer Gnadenlosigkeit, mit der Sie vor zehn Monaten den Bürgerentscheid ignoriert haben, diesen Bürgerentscheid negieren, indem Sie das nicht mehr ausführen. Also seien Sie nicht so verlogen!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Im Übrigen habe ich das Gefühl, Sie hätten sowieso am liebsten ein anderes Volk; denn es ärgert Sie natürlich schon, dass in der Stadt Dresden nach wie vor 56 % der Dresdner – so die letzte Umfrage, die wir von der „SZ“ kennen – sagen, diese Brücke wollen wir und diese Brücke soll gebaut werden.

Wenn ich mir dann Ihren Antrag anschaue, schreiben Sie, dass in der Mediationswerkstatt Verfahren entwickelt worden sind, auf die man aufbauen könne. Da haben Sie den letzten Satz des Berichtes dieser Mediationswerkstatt nicht gelesen. Dort haben die Mediatoren zugegeben, dass sie den Auftrag, den sie hatten, gar nicht erfüllt haben. Sie haben neue Entwürfe entwickelt, anstatt einen Kompromiss zu erarbeiten. Das sind ja wohl Unterschiede! Insofern sollten wir doch dabei bleiben: Die Mediationswerkstatt ist gescheitert. Das haben die Mediatoren selbst auch so gesehen. Man sollte nicht versuchen, die Wahrheiten umzudrehen.

Letzter Punkt zu Ihrem Antrag. Diesen Antrag sollten Sie nach meiner festen Überzeugung an die UNESCO stellen. Der Antrag ist überschrieben mit „Erhalt des UNESCOWeltkulturerbe Dresdner Elbtal“. Das kann die UNESCO entscheiden. Ja, wir können UNESCO-Weltkulturerbe bleiben, aber eben mit dieser Brücke. Ich bin fest davon überzeugt, dass die UNESCO nicht einfach über eine demokratische Entscheidung der Bürger hinweggehen kann. Schon gar nicht kann man folgenden Fehler tun: dass die UNESCO auf dieselbe Ebene mit der Entscheidung der Dresdnerinnen und Dresdner gestellt wird; denn das könnte man nur, wenn die UNESCO wenigstens eine Abstimmung durchgeführt hätte. Aber wenn sie sich das Protokoll von Vilnius anschauen, dann können Sie erkennen, jeder hat ein wenig geredet und dann wurde festgestellt, dass das jetzt hier so sei. Aber eine Abstimmung, bei der man sagen kann, mit soundso vielen Jastimmen und soundso vielen Neinstimmen bzw. Enthaltungen, hat gar nicht stattgefunden. Im Übrigen wurden in Vilnius Lügen verbreitet. Das Welterbebüro hat gesagt, Dresden hätte eine Brücke geplant, die an jeglichen europäischen Vorgaben vorbeigeht – Emissionsrecht usw. Das ist eine glatte Lüge! Können Sie sich wirklich vorstellen, dass in Deutschland ein Straßenverkehrszug gebaut wird, der an europäischen Standards vorbeigeht, und dass Gerichte das nicht kritisieren, wenn es beklagt wird?

(Unruhe im Saal)

Eine glatte Lüge steht also im Protokoll und ich könnte Ihnen mehrere aufzählen. Insofern bin ich der Meinung, dass beide Anträge abgelehnt werden sollen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Für die Linksfraktion, die zwei Redner ins Rennen schickt, beginnt Frau Mattern.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hermenau, ich habe einmal nachgezählt. Allein seit Montag haben 71 Zeitungen bundesweit über die Waldschlösschenbrücke und den drohenden Verlust des Welterbetitels der sächsischen Landeshauptstadt berichtet, Online-Dienste usw. gar nicht mitgerechnet. Ich wundere mich dann schon angesichts dieses ungebrochenen Interesses, wenn

zum Beispiel Herr Hähle erklärt, der Landtag sei nicht zuständig, und Herr Rohwer hier auch gar keinen Handlungsbedarf sieht.

Alle haben uns vor diese Verantwortung gestellt, die sich in der Öffentlichkeit äußern. Zuständig, meine Damen und Herren, sind wir doch in der Tat alle. Sie wissen das auch.

(Marko Schiemann, CDU: Nein! Sie wissen das auch!)

Ein einziges Zeichen des Ministerpräsidenten würde doch schon ausreichen, um die Tür zu öffnen und diesen Konflikt zu lösen. Ich meine, ein Zeichen des Ministerpräsidenten könnte ja sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung gehen. Auf jeden Fall würde es Bewegung in die Sache bringen. Aber, wie wir hören, wollen wir ja nicht zuständig sein.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/GRÜNE, dem die Linksfraktion zustimmen wird, gibt im Wesentlichen die Beschlusslage des Dresdner Stadtrates wieder. Eindeutig bekennt sich dieser Antrag dazu, alles zu tun, um den Welterbetitel für das Dresdner Elbtal zu erhalten und zugleich den Bürgerentscheid zur Errichtung des Verkehrszuges am Waldschlösschen umzusetzen. Dieser Antrag, meine Damen und Herren, trägt insofern Bekenntnischarakter. Die Antragsteller legen schriftlich dar, dass man bereit ist, den Bürgerentscheid umzusetzen. Mehr an Kompromissbereitschaft hinsichtlich der Tatsache, dass man erst einmal aufeinander zugehen muss, können Sie doch eigentlich nicht erwarten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da sage ich, dass wir diese Sache mit unterstützen werden, genauso, wie wir das auch schon im Stadtrat getan haben.

Des Weiteren ist dieser Antrag natürlich – ich habe es bereits gesagt – ein Zeichen von Kompromissbereitschaft. Ich hoffe sehr, dass Sie sich als CDU-Fraktion in dieser Frage wieder bewegen, aber nicht mit einem solchen Gestus, wie es gerade Herr Rohwer getan hat, so ein bisschen schnodderig über die ganze Sache hinwegzugehen, weil man einfach glaubt, hier mit den Mehrheiten anders spielen zu können, als das im Stadtrat der Fall ist.

Meine Damen und Herren! Sie können sich anhand der im Stadtrat beschlossenen Anträge und dem hier vorliegenden Antrag der GRÜNEN davon überzeugen, wer in diesem Land bereit ist, einen Kompromiss zu suchen. Sie werden sich genauso davon überzeugen können, wer dazu nicht bereit ist. Diese Frage steht so spitz auf Knopf inzwischen. Details in der Sache – da muss ich Herrn Rohwer recht geben – sind ja inzwischen gar nicht mehr im Zentrum der Auseinandersetzung.

Nun haben wir ja ein kleines Zeitfenster, das uns die Vergabekammer verschafft hat. Ich finde, dass es in der Tat einigermaßen bizarr ist, dass der Erhalt des UNESCOWelterbetitels an einer Entscheidung der Vergabekammer zu hängen scheint. Aber dies gehört ja offensichtlich in

die Reihe der in den vergangenen Monaten aneinandergereihten Peinlichkeiten in dieser Sache. Dass Dresden auf die Rote Liste der UNESCO gesetzt wurde und dass vonseiten der politischen Verantwortungsträger dieses Landes das nicht als ein Warnsignal verstanden wurde, ist aus meiner Sicht dabei die allergrößte Peinlichkeit. Sachsen hat dadurch nicht nur als Kultur- und Kunstland einige Beulen bekommen. Es ist auch als Staat beschädigt worden. Internationales Renommee und weltweite Achtung werden wegen einer Brücke aufs Spiel gesetzt, Herr Rohwer. Das muss man sich einmal vorstellen. Ich glaube, dass so viel an Starrsinn in dieser Sache wirklich nicht mehr zu überbieten ist. Ich denke, dass die Auseinandersetzung festgefahren ist, und zwar deshalb, weil Sie sich nicht bewegen. Sie wissen, dass Kompromisse immer nur geschlossen werden, wenn sich beide Seiten bewegen.

Insofern möchte ich noch mal appellieren! Denken Sie noch einmal darüber nach, das Zeitfenster ist ja nun geöffnet. Dass allerdings die bundesweite Medienlandschaft über unser Verhalten hier den Kopf schüttelt, scheint mir mehr als logisch zu sein. Diese Beratungsresistenz, alle Empfehlungen von Fachleuten, Architekten, Kunsthistorikern, Denkmalpflegern usw. in den Wind zu schlagen, hat aber dann wiederum mit Logik nichts mehr zu tun, sondern ist nur mit der Arroganz erklärbar, die immer Recht behalten will.

Auch der FDP-Antrag, meine Damen und Herren, ist solch ein Beispiel. Sie beantragen ja nicht eine Regierungserklärung zur Waldschlösschenbrücke, sondern zur Bestandskraft des Fördermittelbescheides. Dazu eine Regierungserklärung zu verlangen ist wirklich ein ganz schön starkes Stück, denn ein Blick in das Haushaltsrecht, Herr Zastrow, in die Haushaltsordnung oder einfach nur in die hier zutreffende Verwaltungsvorschrift hätte ausreichen können, dann hätten Sie sich Ihre eingeforderte Regierungserklärung selber geben können. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Fördermitteln existiert nicht. Er wird in jedem Einzelfall sogar ausgeschlossen. Insofern sind Zuwendungen auch nicht einklagbar. Sie werden gewährt oder sie werden nicht gewährt. Die Entscheidung darüber ist den Ministerien und Regierungspräsidien vorbehalten.

Selbst ein erteilter Zuwendungsbescheid ist keine Rechtsgrundlage, wie Sie es hier gesagt haben. Ich zitiere ihn einmal aus der Verwaltungsvorschrift: „Haushaltsmittel können vorübergehend mit dem Zuwendungsbescheid in Aussicht gestellt werden. Soweit Zuwendungen in Aussicht gestellt werden, bedeutet dies, dass der Freistaat Sachsen seine Bereitschaft erklärt, vorbehaltlich ausreichender Haushaltsmittel, Zuwendungen in der angegebenen Höhe zu gewähren. Die Inaussichtstellung begründet keinen Anspruch auf Gewährung der Zuwendung.“

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Regierungserklärung, Herr Zastrow, wäre mit diesem Zitat im Prinzip schon abgegeben. Deshalb sehen wir Ihren Antrag als völlig überflüssig an. Wir werden ihn

ablehnen. Das aber, was Sie vorgeben wissen zu wollen, steht schwarz auf weiß im Gesetz, dort hätten Sie nachlesen können. Was Sie wirklich in Erfahrung bringen wollen, haben Sie aber gar nicht aufgeschrieben. Ich nehme einmal an, dass es Ihnen mit Ihrem Antrag um eine fachliche Auskunft ja auch nicht geht. Was Sie erreichen wollen, ist, dass der Ministerpräsident die Bagger anwirft und losklotzt und damit den Welterbetitel plattwalzt. Das ist Ihr eigentliches Verlangen, ob Sie das nun zugeben oder nicht.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie wirklich bereit sind, sich an Ihren eigenen Antrag zu halten, dann müssen Sie auch zugeben, dass bei den Fördermittelbescheiden das gelten muss, was wir jedem kleinen Mittelständler sagen, dass eben kein Rechtsanspruch existiert. Dieses geltende Recht muss auch für Sie als große Brückenbauer genauso wie für ADAC-Mitglieder und andere Enthusiasten gelten. Das sollte unterschiedslos für alle so sein.

Frau Mattern, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Martens, bitte.

Frau Kollegin, sind Sie – so habe ich Sie verstanden – ernsthaft der Auffassung, dass ein rechts- und bestandskräftiger Fördermittelbescheid keinen Rechtsanspruch auf Auszahlung der Mittel begründet?

Natürlich bin ich der Meinung, dass daraus kein Rechtsanspruch erwächst. Wenn sich die entscheidenden wesentlichen Voraussetzungen und Umstände, die zu diesem Fördermittelbescheid geführt haben, geändert haben, dann kann jederzeit neu entschieden werden. Man sieht ja keinen Geldfluss von der Staatsregierung in Richtung der Stadt Dresden. Das wird ja wohl einige Gründe haben, die mit diesen Voraussetzungen zu tun haben. Natürlich.

Meine Damen und Herren von der FDP! Regierungserklärungen zum Welterbe der UNESCO sehen aus meiner Sicht anders aus. Ich möchte Ihnen dafür einige Beispiele nennen. Als das UNESCO-Welterbekomitee im Jahr 2004 den Kölner Dom auf die Rote Liste gesetzt hatte, erklärte der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Steinbrück, die Welterbeliste sei ohne den Kölner Dom nicht vorstellbar. Er sagte wörtlich: „Wir werden uns damit auseinandersetzen, ob und wie sich ein modernes Stadtbild mit dem Alleinstellungsmerkmal Kölns, eben dem Dom, vereinbaren lässt.“ Die Landesregierung hatte sogar eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um eine für alle tragbare Lösung zu finden. Der Ministerpräsident erklärte sich also nicht für nicht zuständig, sondern holte gemeinsam mit allen Betroffenen den Kölner Dom von der Roten Liste wieder herunter.

Genau darum müsste es uns hier gehen. Deshalb ist durchaus die Zuständigkeit des Ministerpräsidenten gefragt.

Ich habe bei meinen Recherchen festgestellt, dass eine solche Positionierung, wie ich sie gerade von Steinbrück vorgetragen habe, für Landesväter typisch zu sein scheint. Der Ministerpräsident des Landes MecklenburgVorpommern, Harald Ringstorff, erklärte zum Beispiel zu den in das Welterbe aufgenommenen Hansestädten Stralsund und Wismar: „Was für eine Auszeichnung! Wir haben dieses Erbe zu bewahren. Und unbescheiden fügen wir als Land hinzu: zu bewahren für uns und den Rest der Welt.“ Ähnliches erklärte der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, der in der Verleihung des Welterbetitels für den Limes der Meinung war, dass davon ein Impuls für das ganze Land ausgehe und die Erhaltung dieses Welterbes unbedingt zu fördern sei und dass verantwortungsvoll damit umzugehen ist.

Ich habe viele Zitate, die ich Ihnen gern geben kann, von Roland Koch beispielsweise, der sich eindeutig positioniert hat – ebenso, wie ich es gerade zu Kurt Beck zu dem Welterbe des Limes ausgeführt habe. Aber auch in Sachsen-Anhalt, in Brandenburg und sogar in Bayern gibt es seitens der Ministerpräsidenten Erklärungen, die sich eindeutig zum Erhalt und zur Förderung ihres Welterbes positionieren. Daran wird auch nirgendwo irgendein Abstrich gemacht.

So könnte man sämtliche Ministerpräsidenten aufzählen – nur einen nicht: den sächsischen. Da muss ich sagen, dass hier in der Tat eine klare Aussage zum Welterbe Dresdner Elbtal fehlt. Ich habe gehofft und mir gewünscht, Herr Zastrow, dass Sie zumindest mit einem Nebensatz erwähnt hätten, dass Ihnen auch daran gelegen ist.

Die Aberkennung des Welterbetitels durch das UNESCOWelterbekomitee wäre ein Desaster nicht nur für Dresden, sondern für Sachsen und die Bundesrepublik Deutschland insgesamt.