Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da plätschert die Debatte so dahin, so weihnachtlich im Tempo der Schmalspurbahn; ich werde mich auch daran zu halten versuchen. Aber es ist schon wichtig, dass wir über dieses Thema sprechen.
Es wurde schon angesprochen: Bereits seit Anfang der Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts war das Schienennetz der sächsischen Schmalspurbahnen eines der größten und am einheitlichsten betriebenen Schmalspursysteme in Deutschland überhaupt; das wird oft unterschätzt.
Dahinter stand die Überlegung, die wirtschaftliche Entwicklung in entlegenen Regionen, die mit anderen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen sind, zu befördern. So haben beispielsweise die Schmalspurbahnen im Erzgebirgskamm wesentlich dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Perspektiven wieder zu schaffen, die Ende des 19. Jahrhunderts notwendig waren. Nebenher entwickelten sich die Schmalspurbahnen sehr schnell mit zu den beliebtesten Personenausflugsbahnen.
Das Netz der sächsischen Schmalspurbahnen wurde von Beginn an von der Königlich-Sächsischen Staatseisenbahn über etwa 30 Jahre hinweg einheitlich verwaltet.
Diese Rolle einer Staatsbahn – erbaut nach normierten Baugrundsätzen und mit einheitlicher Spurweite – stellte von Beginn an etwas Besonderes und Fortschrittliches in Deutschland dar. Nach den ersten Einschnitten wegen Reparationsleistungen der DDR nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Netz der Schmalspurbahnen aus Rentabilitätsgründen Ende der Sechziger- und Anfang der Siebzigerjahre drastisch ausgedünnt. Es kam verstärkt zu Streckenstilllegungen und zur Verlegung von Transportleistungen auf die Straße.
Einzelne verbliebene Strecken wurden damals für die touristische Nutzung bzw. als Denkmal der Produktions- und Verkehrsgeschichte durch den Ministerrat der DDR unter Bestandsschutz gestellt; bis 1989 waren rund 50 % der Strecke saniert. Dieses Unter-Denkmalschutz-Stellen betraf in Sachsen die Lößnitzgrundbahn, die Weißeritztalbahn, die Fichtelbergbahn und die Zittauer Schmalspurbahn.
Die Situation nach der Wende stellte sich wie folgt dar: Im Jahre 1990 befasste sich die Deutsche Reichsbahn mit der Frage, wie die Schmalspurbahnen unter den geänderten marktwirtschaftlichen Bedingungen erhalten werden könnten. Leider wurden diese Überlegungen sehr schnell fallen gelassen. Die DB AG betrieb unter ihrem neuen vorherrschenden Renditediktum seit Mitte der Neunziger
jahre alles, um sich so schnell wie möglich von den unrentablen sächsischen Schmalspurbahnen zu trennen. Das gelang ihr auch in einzelnen Schritten circa bis zum Jahre 2001. – So weit zur Vorgeschichte.
Die heute noch betriebenen Schmalspurbahnen stellen neben einer Reihe – das darf man nicht vergessen – von Museen an ehemaligen Strecken bis heute ein in ihrer Vielfalt einmaliges Erbe dar. Etwas auch nur annähernd Vergleichbares gibt es nirgendwo in Deutschland, auch nicht in den alten Bundesländern.
Problematisch ist die zerklüftete Trägerschaft der einzelnen Bahnen. So betreiben heute Nahverkehrsunternehmen, eine Tochter der DB AG und verschiedene Vereine die Schmalspurbahnen. Die Betreiber der Bahn bekunden zwar öffentlich ihr gemeinsames Interesse am Erhalt des Restbestandes in Sachsen; dafür gibt es übrigens vollmundige Bekundungen anlässlich des großen Jubiläums „125 Jahre Sächsische Schmalspurbahnen“ in diesem Jahr, welches unter der Schirmherrschaft unseres Ministerpräsidenten stand.
Wissen Sie eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten in Sachsen schon neue Koalitionsmodelle geprobt wurden? So sind im Umfeld zu diesem Jubiläum sehr anspruchsvolle Broschüren aus dem Hause der Dresdner Werbefirma Zastrow & Zastrow entstanden. Das ist auch kein Wunder, denn unser Landtagskollege der FDP kümmert sich ja auch – sehr gut, wie ich finde – um den Internetauftritt des seit 2003 gegründeten Vereins zur Förderung sächsischer Schmalspurbahnen. Das ist okay, und daraus resultieren sicher auch der Antrag und Ihre Überzeugungsrede.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hinter den Kulissen wird derzeit zwischen den einzelnen Betreibern der Schmalspurbahnen kräftig gestichelt und Konkurrenzkampf betrieben. So wurde in einer Art Ellenbogenmanier gerungen, welcher Betreiber in welcher Höhe ÖPNV-Mittel erhält, wer welchen gut dotierten Förderpreis erhält und welche Prioritäten bei anstehenden Sanierungen gesetzt werden.
Für uns ist jedenfalls klar: Als Sammelsurium von Einzelkämpfern hat die Vielfalt der Träger der Schmalspurbahnen kaum eine Chance in Sachsen. Die sächsischen Schmalspurbahnen sind besonders schützenswert, aber das Problem ist ihre schiere Größe – die Größe des Schatzes, um den es hier geht, die wenigen vielleicht auch im Hohen Hause bisher bewusst war.
Die Sicherung der Zukunft der sächsischen Bahnen bedarf einer ganz anderen Anstrengung – auch hier stimme ich mit meinen Vorrednern überein – als bisher durch die Staatsregierung. Ich sage es noch deutlicher: Wir haben in den letzten Tagen den Haushalt beschlossen. Wer – wie die Koalition – mal ganz locker für das Schloss Wacker
barth 21 Millionen Euro ausgibt, der ist in der Pflicht, sich in gleicher Weise für den Erhalt und vor allen Dingen für die Betreibung dieses einmaligen technischen Kulturgutes, der sächsischen Schmalspurbahnen, zu engagieren.
Wenn jetzt gefordert wird, ein integriertes Konzept für die Strecken zu entwickeln, so findet das natürlich unsere Zustimmung. Sicherheit für die verbliebenen Bahnen durch eine quasi staatliche Lösung – was ironischerweise die Rückkehr zu den historischen Wurzeln der sächsischen Schmalspurbahnen wäre – kann jedoch nicht die Lösung sein. Vielmehr muss es um ein abgestimmtes Handeln der einzelnen Bahnen, eine ausgewogene Gewährung von ÖPNV-Mitteln, eine darüber hinausgehende finanzielle Unterstützung und vor allem eine effektive touristische Vermarktung durch die Landesebene gehen.
Natürlich gilt dies auch für besser abgestimmte regionale Konzepte. Wenn mein Kollege ein Beispiel aus Frankreich gebracht hat, so habe ich ein Beispiel, das ein wenig näher liegt und das man sich ganz gut anschauen kann. Ich empfehle dem Minister, eine Reise zu machen: Bahnerlebnis Steiermark. Dort gibt es eine gute Dachmarke. Es ist eine ähnliche Struktur, wie wir sie in Sachsen haben. Es gibt mehrere Schmalspurbahnen, ein überschaubares Gebiet, daneben historische Normalspurzüge und ein abgestimmtes touristisches Konzept, das saisonbedingt ist. Das wäre ein guter Schritt, um mit den Betreibern der Schmalspurbahnen im Tourismusverband darüber zu sprechen.
Zur Wahrheit gehört aber auch, deutlich auszusprechen, dass eine gesicherte finanzielle Zukunft der sächsischen Schmalspurbahnen realistischerweise nur in der touristischen bzw. der musealen Nutzung liegen kann. Dies ist schon allein deshalb notwendig, da die Integration in vorhandene ÖPNV-Konzepte schnell an enge Grenzen stößt. Damit können lediglich einzelne Streckenteile mit geringer Vernetzungswirkung gesichert werden. Der Streit um den zukünftigen Regelbetrieb der Weißeritztalbahn nach Kipsdorf zeigt dies mehr als deutlich. Schon allein die Unterlegenheit der Schmalspurbahnen beim Vergleich der Fahrzeiten gegenüber dem Kraftverkehr auf der Straße macht das Problem deutlich. Die Bestrebungen der Sächsischen Staatsregierung, in diesem Sinne den Prozess mit allen Beteiligten zu moderieren, findet unsere Zustimmung. Ich füge hinzu: Das wird in Zukunft mehr finanzieller Unterstützung bedürfen. In diesem Sinne werden wir auch den Antrag der FDP unterstützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was mich ärgert: Wieder einmal liegt uns ein ausgesprochen allgemeiner Berichtsantrag der Koalitionsfraktionen vor – man könnte glatt von einem Schmalspurantrag sprechen.
Natürlich ist gegen die Zielsetzung dieses Antrages überhaupt kein Einwand zu erheben. Die NPD-Fraktion unterstützt das Anliegen grundsätzlich – ebenso und vielleicht mit noch ruhigerem Gewissen den konkreten Antrag der FDP-Fraktion.
Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, man darf doch von einer ernst zu nehmenden parlamentarischen Arbeit erwarten, dass ein Antrag mehr beinhaltet als einen sehr allgemein gehaltenen Fragenkatalog mit einer mindestens ebenso dürftigen Begründung.
„Mit den Schmalspurbahnen hat Sachsen ein Alleinstellungsmerkmal“ – so steht es im Antrag. Ja, das ist gut, aber das ist zumindest den Eisenbahnfreunden allgemein bekannt und nicht das Verdienst der jetzigen Regierung, sondern – wie vom Vorredner erwähnt – des damaligen Königreiches Sachsen, welches zur Wirtschaftsförderung im ländlichen Raum Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts eine für die damalige Zeit moderne und dennoch kostengünstige Infrastruktur schuf.
Weiter heißt es in der Begründung: „Es muss gelingen, ein tragfähiges Konzept für die sächsischen Schmalspurbahnen zu entwickeln, welches sowohl Planungssicherheit und Effizienz bei Investitionen als auch wirtschaftlich schlanke und kostengünstige Verwaltungsstrukturen beinhaltet.“ – Damit ist die ganze Begründung des Antrages schon vollständig zitiert.
Ich kann mir die folgende Bemerkung nicht verkneifen: Ihr Informationsbegehren hätten sich die Antragsteller leicht innerhalb von 15 Minuten selbst erfüllen können. Schauen Sie ins Internet. Dort haben engagierte Freunde und Förderer der sächsischen Schmalspurbahnen hervorragende Dokumentationen erarbeitet, wie sie wahrscheinlich auch die Sächsische Staatsregierung nicht besser wird erarbeiten können. Die Netzadressen kann ich Ihnen gern im Anschluss an diese Debatte zur Verfügung stellen.
Meine Fraktion hat sich, wohl im Gegensatz zu den Antragstellern, die jetzt Auskunft von der Staatsregierung ersuchen, schon längst über die Situation der sächsischen Schmalspurbahnen sachkundig gemacht. Ich habe im konkreten Fall des FDP-Antrages, nämlich hinsichtlich des Wiederaufbaues der Weißeritztalbahn, am 20.05.2005 in diesem Haus von meinem Fragerecht als Abgeordneter gegenüber der Staatsregierung Gebrauch gemacht. Damals war allerdings noch die Rede davon, dass der Wiederaufbau 2005 beginnen sollte.
Zurück zum Koalitionsantrag. Der Freistaat Sachsen hat tatsächlich eine deutschlandweit einmalige Tradition und Infrastruktur hinsichtlich der Schmalspurbahnen, auch wenn viele Strecken schon zu DDR-Zeiten stillgelegt worden sind. In Sachsen gibt es eine weit verzweigte Vereinsstruktur mit enthusiastischen Freunden der Schmalspurbahn, die sich mit hohem persönlichem und finanziellem Einsatz für den Erhalt bestehender und teilweise auch für den Wiederaufbau bereits stillgelegter Schmalspurstrecken engagieren. Der Verein zur Förde
rung der sächsischen Schmalspurbahnen e. V. hat 2006 ein ganzes Festjahr durchgeführt. Der Verein engagiert sich auch für den Aufbau einer Tourismusstrecke „Sächsische Schmalspurbahnen“. Die erste Station dieser Tourismusstrecke am Bahnhof in Kirchberg, Landkreis Zwickauer Land, wurde bereits eingeweiht. Es ist geplant, ab 2007 weitere Stationen zu eröffnen.
Die wichtigsten Schmalspurstrecken in Sachsen haben durchaus heute noch eine regionale Bedeutung, so für den Tourismus die Fichtelbergbahn im Erzgebirge als Verkehrsanbindung zwischen den Ortschaften Cranzahl und Oberwiesenthal. Betreiber der Fichtelbergbahn ist die BVO Verkehrsbetriebe Erzgebirge GmbH, die gleichzeitig Betreiberin des Lößnitzdackels, also der Strecke Radebeul – Moritzburg – Radeberg, und der Weißeritztalbahn, der Strecke Freital-Hainsberg – Kurort Kipsdorf, ist.
Welchen geringen Stellenwert Schmalspurbahnen wohl in der Arbeit der sächsischen Koalitionsregierung haben, lässt sich gerade am Umgang mit den Flutschäden an der letztgenannten Strecke beispielhaft ablesen. Durch das Jahrhunderthochwasser im August 2002 wurden mehrere Streckenabschnitte schwer beschädigt. Auch vier Jahre später, also bis heute, ist die Weißeritztalbahn noch immer außer Betrieb, wenn man einmal von den kleinen Traditionsfahrten auf dem verbliebenen Streckenabschnitt absieht. Auch vor diesem Hintergrund ist das plötzliche Simulieren von Aktivitäten durch die Regierungsfraktionen beim Thema sächsische Schmalspurbahnen für die NPD-Fraktion mehr als unglaubwürdig.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU- und der SPD-Fraktion! Ich werde Ihnen offen sagen, welche Hintergründe Ihr Antrag tatsächlich hat: Die Regierungskoalition springt jetzt mit dem vorliegenden Antrag auf einen bereits fahrenden Zug auf. Die wesentlichen Anstöße kamen dabei allerdings von den Mitgliedern und Förderern zum Beispiel des Vereins zur Förderung sächsischer Schmalspurbahnen e. V. und den vielen anderen Vereinen der Freunde sächsischer Schmalspurbahnen. Diese Vereine haben mehr für die sächsischen Schmalspurbahnen bewirkt als alle Landesregierungen seit 1990 zusammen. Dafür gilt den vielen Ehrenamtlichen der Dank meiner NPD-Fraktion. Die zumeist öffentlichen Betreiber der Schmalspurbahnen werden allenfalls halbherzig das Konzept Tourismusstrecke sächsische Schmalspurbahnen verfolgen, wenn es sich für diese nicht auch finanziell rechnet. Es wäre viel zielführender gewesen, wenn die Antragsteller zum Beispiel ein Fördermodell für die sächsischen Schmalspurbahnen vorgestellt hätten, worüber wir im Landtag konkret hätten diskutieren können. Auch wäre es notwendig, gerade die Vereine zu fördern, die alte Strecken oder Streckenabschnitte wiederbeleben. Gerade bei diesen wird neben dem ehrenamtlichen Engagement von den Vereinsmitgliedern meist auch ein erheblicher finanzieller Beitrag zum Aufbau des Schmalspurbahn-Tourismuslandes Sachsen geleistet.
Gerade bei diesen Vereinen stehen meist keine öffentlichen Verkehrsunternehmen im Hintergrund, die zumindest eine gewisse finanzielle Sicherheit bieten können.
Meine Damen und Herren! Der Antrag ist also gut gemeint, deshalb werden wir ihm auch zustimmen. Weil er völlig unkonkret ist, kann er nicht ernsthaft weiterführen. Da ist der FDP-Antrag allemal besser.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mir sind vorhin fast die Tränen gekommen, als ich dem Kollegen Zastrow zugehört habe, wie sehr sich doch seine Fraktion für die Weißeritztalbahn eingebracht hat. Ich begrüße dies ausdrücklich. Das ist ein schöner Preis, und alle bemühen sich um ihn. Er hat besonders seinen Antrag rühmend hervorgehoben. Das veranlasst mich dazu, das Haus darauf hinzuweisen, dass wir schon zur letzten Debatte, als die Koalition den Antrag kurzfristig abgesetzt hatte, einen Änderungsantrag eingebracht hatten, immerhin zwei Tage früher als die FDP-Fraktion, der inhaltlich genau das Gleiche forderte wie die FDP-Fraktion.
Ich freue mich, wenn viele am gleichen Strang ziehen, aber sich jetzt allein dieses Ruhmesblatt – wie es offensichtlich Sitte bei der FDP-Fraktion ist – ans Revers zu heften, ist nicht ganz redlich, Herr Zastrow.