Die Schmalspurbahnen befinden sich bis auf die Lößnitzgrundbahn und die durch das Hochwasser 2002 zerstörte Weißeritztalbahn – darauf bezieht sich der Antrag der FDP-Fraktion – hauptsächlich in den strukturschwachen Gebieten.
Ich verhehle nicht, dass die Fokussierung der Angebote auf Fahrten mit Dampflokomotiven – das ist die zweite Seite der Medaille – hohe Betriebskosten verursacht. Der Zugkilometer unter Dampf ist bedeutend teurer als der Zugkilometer bei Einsatz von Diesellokomotiven, ganz zu schweigen von dem Vergleich mit Bussen. Das muss man auch sehen. So schön die Schmalspurbahnen sind: Sie kosten natürlich auch Geld. Ein Buskilometer, sagt man, kostet ein bis zwei Euro, ein Zugkilometer in Sachsen bis elf Euro. Die Schmalspurbahnen bewegen sich bei 30 Euro pro Zugkilometer. Das ist auch zu berücksichtigen, wenn man daran denkt, Bahnen wieder neu aufzubauen und zu betreiben. Man muss sich über die dahinterstehenden Konzepte Gedanken machen und sich fragen: Lohnt sich die Investition? Unser Antrag dient auch dazu, hierüber Klarheit zu bekommen.
Wir müssen erreichen, dass neben einer besseren Integration der Schmalspurbahnen in touristische Angebote diese Bahnen zukünftig im öffentlichen Personennahverkehr eine größere Rolle spielen. Mein Kollege Heidan hat dies eben ausgeführt. Notwendig ist, dass bei den vorhandenen Angeboten die Auslastung steigt und die Kosten sinken.
Der gemeinsame Antrag der Koalition sieht daher im ersten Schritt eine Bestandsanalyse vor. Auf der Grundlage dieser Analyse müssen wir die entsprechenden Maßnahmen einleiten, um die Auslastung der Schmalspurbahnen zu erhöhen. So war es zum Beispiel eine richtige Entscheidung, die beiden Schmalspurbahnen im Verkehrsverbund Oberelbe als Bestandteil des Nahverkehrswegeplanes für den Nahverkehr Oberelbe fest im SPNVBetriebskonzept „Zielnetz 2015“ zu verankern.
Wir müssen die Attraktivität der Schmalspurbahnen als Bestandteil des ÖPNV erhöhen. Es wäre gut, wenn zum Beispiel Schmalspurbahnen im Schülerverkehr eingesetzt würden und als Pendant für den Busverkehr gelten könnten und auch im Freizeitverkehr eine noch wichtigere Rolle spielen würden.
Außerdem sollte zur Sicherung des Kulturgutes Schmalspurbahn eine Dachgesellschaft gegründet werden. Auch das hat Herr Heidan erwähnt. Diese sollte Koordinationsaufgaben übernehmen, die sowohl die touristischen als auch die öffentlichen Angebote betreffen.
Zum Antrag der FDP-Fraktion „Wiederaufbau der Weißeritztalbahn sichern“ braucht man, denke ich, jetzt nicht mehr viel zu sagen. Die Pressemitteilung vom 12.12. ist uns allen bekannt. Für den Wiederaufbau der bei der Hochwasserflut zerstörten Weißeritztalbahn ist nun der Weg frei. Der Aufsichtsrat der BVO Bahn GmbH stimmte am Dienstag dem entsprechenden Verkehrsvertrag zu. Danach wird die Strecke von Freital bis zum Kurort Kipsdorf in den kommenden zwei Jahren komplett aufgebaut. Für den Wiederaufbau stellen Bund und Land Fördermittel in Höhe von 20 Millionen Euro bereit. Ich denke, dass das Wirtschaftsministerium, aber auch das Innenministerium hierbei verlässliche Partner sind und sich ganz klar zu den Schmalspurbahnen in Sachsen bekennen.
Ich denke, dass der Antrag der FDP-Fraktion damit erledigt ist, und bitte natürlich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Wenn man in Sachsen nach einem ganz lebendigen Symbol für Heimat sucht, wenn man nach etwas Großem sucht, das trotzdem typisch sächsisch ist, dann ist man ganz schnell bei unseren Schmalspurbahnen. Mehr noch als die teilweise sehr beeindruckende Industriearchitektur, die wir in Sachsen an vielen Stellen haben, wenn ich beispielsweise an das Wandererviertel in Chemnitz oder an das Dresdner Industriegelände denke, zeugen diese Schmalspurbahnen von der faszinierenden Geschichte der Industrialisierung Sachsens. Sie zeugen von sächsischer Ingenieurkunst und von einer Zeit, als Sachsen zu den stärksten Wirtschaftsregionen Europas gehörte.
Auch wenn es heute nicht mehr wie 1923 500 km Streckennetz sind, die wir noch in Sachsen haben, so erinnern uns diese Schmalspurbahnen auch jetzt, wo wir vielleicht für einen kurzen Moment nicht an der Spitze Deutschlands stehen, daran, woher wir kommen und wohin wir wollen, nämlich wieder an die Spitze.
Solche Symbole der sächsischen Leistungskraft, wie es unsere Schmalspurbahnen sind, braucht ein Land, das die Tabellenspitze zurückerobern will, meine Damen und Herren.
Heute haben wir in Sachsen noch rund 100 km Schienennetz. Fünf Schmalspurbahnen werden im Regelbetrieb betrieben. Wir blicken in diesem Jahr auf genau 125 Jahre Schmalspurtradition in Sachsen zurück. Mit einem großen Festjahr feiern Eisenbahnfreunde und auch die sächsische Politik dieses Jubiläum.
Dass es überhaupt noch Schmalspurbahnen in Sachsen gibt – und das trotz Weltkrieg und DDR –, hat man – vor allem, wenn man an die DDR-Zeit zurückdenkt – der Pfiffigkeit und dem typisch ostdeutschen Erfindergeist zu verdanken, weil es damals einige Enthusiasten gab, die immer wieder dafür gekämpft haben, dass diese Strecken erhalten bleiben und vor allem die Loks und Waggons auch in dieser Zeit gepflegt wurden. Es gab damals wenige, aber sehr engagierte Menschen, die Freiräume, welche die Mangelwirtschaft gelassen hat, genutzt und dafür gesorgt haben, dass wir heute überhaupt über Schmalspurbahnen in Sachsen sprechen können.
Seit der Wende sind es unzählige Eisenbahnfreunde, die sich vor allem ehrenamtlich um die Pflege und den Fortbestand der Schmalspurbahnen in Sachsen kümmern. Deshalb freuen wir uns als FDP – auch unabhängig von unserem eigenen Antrag – über die heutige Debatte und sehen sie als eine Art Referenz, als einen Dank an all diejenigen in Sachsen, die dafür verantwortlich sind, dass es heute noch Schmalspurbahnen in Sachsen gibt.
Die Bewahrung alter Traditionen ist wichtig, aber unsere Schmalspurbahnen sind viel mehr: Sie sind für viele Regionen sprichwörtlich eine zugkräftige Lok, und zwar vor allem dann, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen und das Schließen von Infrastrukturlücken geht, aber auch wenn es um die Sicherung von Lebenswert und um das Verhindern von Abwanderung aus bestimmten Regionen geht.
Jede Region, meine Damen und Herren, braucht ihre kleinen Magnete, braucht ihre eigenen kleinen Leuchttürme. Wenn Sie beispielsweise den Bürgermeister von Mügeln, Herrn Gotthard Deuse, fragen, so würden Sie erfahren, dass die Döllnitzbahn für die Region um Mügeln sehr wohl dieser Leuchtturm ist. Das trifft sicher auch für die Fichtelbergbahn und teilweise auf den Lößnitzdackel sowie den „Zug ohne jede Eile“ im Zittauer Gebirge zu.
Alle diese Bahnen führen – und das nicht zum unwesentlichen Teil – durch schweres Gelände. Schweres Gelände – Frau Dr. Raatz sprach es an – ist es gar nicht einmal von der Topografie her gesehen, sondern vor allem, was die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen betrifft. In all diesen Regionen stehen Investoren leider nicht Schlange. Längst nicht alle Touristen, die nach Sachsen kommen, und auch nicht alle Wochenendausflügler, die aus den sächsischen oder ostdeutschen Metropolen – zum Beispiel aus Berlin –Sachsen besuchen wollen, wissen bereits, wie attraktiv diese Regionen sind. Deswegen ist es völlig klar, dass besonders diese Regionen jegliche Form positiver Aufmerksamkeit brauchen.
Die Schmalspurbahnen sorgen genau für diese Aufmerksamkeit. Sie erzeugen auf spektakuläre Art und Weise Interesse und holen die Touristen ins Land. Sie beleben Regionen. Sie sichern und schaffen sogar Arbeitsplätze.
Die Schmalspurbahnen sind aus unserer Sicht regionale Wirtschaftsförderung pur, und auch deshalb müssen wir sie erhalten.
Aber es geht nicht nur um die Sicherung des Status Quo, um den Erhalt. Wir müssen endlich die Chancen sehen, die die schmucken Schmalspurbahnen für uns bieten. Wir müssen sie endlich zu einer Trumpfkarte für die Regionalentwicklung sowie für die Tourismusförderung in Sachsen machen. Dazu liegen bereits von anderen vielfältige Ideen auf dem Tisch, über die es aus unserer Sicht Sinn macht nachzudenken.
Frank Heidan hat es vorhin schon angesprochen: Eine dieser Ideen ist gewiss die Idee mit der Stiftung. Ich denke, dass es für die Vermarktung unserer Schmalspurbahnen und unseres Netzes ein großes Problem ist, dass jede nur für sich allein arbeitet. Wir müssen sehen, dass wir die Kräfte bündeln und in Sachsen eine gemeinsame Stiftung Sächsische Schmalspurbahn schaffen. Ich hoffe, dass die Sächsische Staatsregierung diejenigen, die das initiieren wollen, dabei kräftig unterstützt.
Ein weiteres Beispiel hat der Verein zur Förderung sächsischer Schmalspurbahnen erst im September vorgelegt; und zwar hat er in der Öffentlichkeit die Idee einer Tourismusroute Sächsische Schmalspurbahnen in Sachsen vorgestellt. Nach dem Vorbild der Sächsischen Weinstraße und der Sächsischen Silberstraße oder auch nach dem Vorbild der Via Sacra sollen die sächsischen Schmalspurbahnen touristisch miteinander verbunden und Fans der Stahlrösser dazu animiert werden, nach Sachsen zu kommen und quasi von einer Strecke zur nächsten zu ziehen. Wir finden die Idee sehr gut und denken, dass genau diese Idee von der Staatsregierung aufgegriffen werden sollte; denn ein Manko unser Schmalspurbahnen in Sachsen ist die defensive Vermarktung unseres – ich nenne es so – Dampfrosskapitals. Besucher – dass ist zumindest unsere Auffassung – treffen eher zufällig auf unsere Bahnen, anstatt offensiv auf diese Schätze hingewiesen zu werden. Wir schöpfen die Tourismuspotenziale bei Weitem noch nicht aus, meine Damen und Herren.
Wie so etwas funktionieren kann, kann man in anderen Ländern sehen. Vielleicht nehmen wir uns daran ein Beispiel. Schauen Sie zum Beispiel nach Südwestfrankreich in die Ostpyrenäen zwischen Perpignan und der Cerdagne. Dort gibt es den „petit train jaune“, den kleinen gelben Zug. Auch das ist eine uralte Schmalspurbahn. Der Unterschied zu unseren Bahnen ist, dass er ein Stück länger ist. Dafür ist er nicht so alt und hat nicht ganz so viel Historisches zu bieten, wie wir es hier in Sachsen haben. Der Unterschied von Sachsen zu der Region dort, wo der Zug fährt, ist ganz einfach: Wenn man als Tourist auch nur halbwegs in die Nähe des Zuges kommt – ich spreche von einem Umkreis von 100 bis 150 Kilometern –, wird man mit der Nase darauf gestoßen. Wenn man
durch die Region fährt, findet man überall Hinweisschilder, Verkehrswerbeschilder und wird als Tourist klar darauf hingewiesen, dass man diesen Zug doch bitte besuchen und benutzen soll. Wenn man dort hin geht, findet man etwas anderes: Man findet keine verlassenen Bahnstationen, vielleicht mit solch einer Waage in der Ecke, auf der man sich wiegen kann, sondern man findet Bahnstationen, die kleine Touristeninformationsstellen und Shops sind. Man zieht einfach aus dem Kapital, dass man hat, viel mehr heraus.
Ich denke, dass wir in Sachsen endlich erkennen müssen, welche Attraktion unsere Schmalspurbahnen sind. Wir sollten alles dafür tun, um aus diesen Schmalspurbahnen noch viel mehr für unsere Tourismuswirtschaft herauszuholen.
Allerdings gibt es in Sachsen – damit komme ich zu unserem eigenen Antrag – einen wunden Punkt. Dieser wunde Punkt ist die Weißeritztalbahn im Osterzgebirge. Die Zukunft dieser während der Hochwasserkatastrophe im Jahre 2002 zerstörten und für die Region sehr wichtigen Bahn ist immer noch aus unserer Sicht nicht eindeutig geklärt. Obwohl der Bund bereits enorme Fördermittel zur Verfügung gestellt hat und auch, obwohl wir im Landeshaushalt die entsprechenden Mittel vorsehen, ist nach wie vor nichts passiert.
Inzwischen diskutieren wir, sehr geehrter Herr Minister, schon länger über den Wiederaufbau der gesamten Strecke, als damals überhaupt der Bau – nämlich 1881 bis 1883 – gedauert hat. Wir diskutieren länger, als man damals mit den bescheidenen Mitteln für den Bau der gesamten Strecke gebraucht hat. Das, sehr geehrte Damen und Herren von der Staatsregierung, ist ganz gewiss kein Ruhmesblatt!
Ich gebe zu, es ist sicher sehr gut, dass es die FDP gibt, Herr Jurk; denn Sie haben völlig Recht. Eigenartigerweise – Sie werden mir sicher noch erklären, wie es zusammenhängt – ist bei dem Thema Weißeritztalbahn in den letzten Wochen richtig viel passiert. Nachdem über Monate hinweg überhaupt nichts zu hören war – –
Frau Dr. Raatz, wir haben alle Offenen Briefe – wir haben sie auch bekommen – gelesen. Ich habe auch Zeitung gelesen und denke, dass wir uns seitdem darüber eine Meinung bilden können – warum auch immer der Tagesordnungspunkt damals aus Zeitgründen vom Plenum abgesetzt worden ist –, obwohl man hinterher immer zum Landestourismusverband gehen könnte mit der Jubelmeldung, wir bauen auf. Zeit wäre gewesen, denn wir wären pünktlich fertig gewesen. Das möchte ich einmal feststellen. Man hat damals, als unser Änderungsantrag zu Ihrem Antrag kam – wobei wir klare Aussagen
zur Weißeritztalbahn hören wollten –, den Tagesordnungspunkt einfach heruntergenommen und plötzlich – –
Ich wiederhole: Plötzlich ist man sehr aktiv geworden und zeigt mit einem Mal eine Dynamik, die ich mir in den letzten drei Jahren schon viel häufiger gewünscht hätte, meine Damen und Herren. Ich glaube daran, Herr Jurk, aber ich weiß nicht, ob ich Ihnen glauben kann.
Da bin ich mir nicht sicher. Haben Sie mitgezählt, wie viele Spatenstiche es an der Weißeritztalbahn schon gab? Sie haben noch keinen gemacht. Sie werden der Glückliche sein, der jetzt vielleicht den vierten Spatenstich macht. Den letzten Spatenstich – ich glaube, es war der dritte – hat noch Ihr Vorgänger, der damalige Wirtschaftsminister Herr Gillo, gemacht, ganz kurz vor der Wahl. Das war sicher noch mal ein richtig schöner Zug, ein paar Stimmen zu ziehen. Wir haben schon drei Wiederaufbau-Spatenstiche gehabt. Ich weiß nicht, ob ich Ihren Äußerungen in der „Sächsischen Zeitung“ vom 27.11. wirklich Glauben schenken kann. Ich möchte es.
Ich möchte es wirklich. Sie haben dort angekündigt, dass nach dem Winter unverzüglich mit dem Bau begonnen werden soll. Ich habe der Staatsregierung schon oft, wenn es um die Weißeritztalbahn ging, geglaubt. Ich habe Angst davor, das sage ich Ihnen ehrlich, dass auch dies wieder nur eine neuerliche Ankündigung ist. Und dass wir sicherlich – diesmal mit Ihnen, Herr Jurk, Sie machen das sicher ganz toll – den vierten Spatenstich haben, aber trotz alledem, wie es in den letzten Jahren gewesen ist, wieder nichts passiert. Deshalb: Geben Sie sich einen Ruck! Eigentlich kann es gar nicht so schwer sein. Unser Antrag ist einfach, er ist sehr klar. Natürlich legt er Sie ein Stück weit an die Kette und fordert von Ihnen ein bestimmtes Handeln.
Wir wollen es mit unserem Antrag zum Schwur werden lassen. Ich möchte keine Pressemitteilung haben, auf die ich mich als Parlamentarier niemals berufen kann.
Die Pressemitteilung nützt mir gar nichts, sondern ich will, dass wir hier einen parlamentarischen Beschluss herbeiführen. Der ist ganz einfach: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Dann stimmen Sie nämlich dem kompletten Wiederaufbau der Bahn von Freital bis Kipsdorf im Regelbetrieb zu. Und, lieber Herr Staatsminister Jurk, geben Sie uns heute hier einen verbindlichen Zeitplan, wie es jetzt weitergehen soll, zur Kenntnis. Darum bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. Es ist gar nicht so schwer, machen Sie es einfach!