2. Wie begründet die Staatsregierung, dass in Leipzig gleich an zwei Standorten ähnliche Public-ViewingAngebote realisiert werden können, und das unter Kostenbeteiligung der öffentlichen Hand?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zastrow, im Zuge der Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft 2006 werden bundesweit die PublicViewing-Bereiche als durchgängig risikoabhängig angesehen. Daher kommt der Auswahl einer geeigneten Örtlichkeit innerhalb der Städte eine besondere Bedeutung zu. Nachfolgende Sicherheitsbedenken der Polizeidirektion Dresden, die durch das Innenministerium mitgetragen werden, stehen einer Großbildübertragung am Königsufer jedoch entgegen.
In Dresden ist bekanntlich eine außerordentliche Konzentration von Problemfans des 1. FC Dynamo Dresden vorhanden. Ich darf nur daran erinnern, dass wir 500 gewaltbereite Fans und 100 gewaltsuchende Fans haben. Da ein erheblicher Teil dieses Personenkreises aufgrund früherer Auffälligkeiten mit Stadienverboten belegt ist, werden gerade diese gewaltgeneigten Personen Großbildleinwandveranstaltungen aufsuchen und dort Auseinandersetzungen mit anderen gewaltgeneigten Fangruppierungen suchen.
Nach den gewalttätigen Ausschreitungen am Himmelfahrtstag 2005 hat der Bereich des Königsufers einen unrühmlichen Symbolwert für gewaltgeneigte Täter erhalten. Dies spricht nach allen polizeitaktischen Erfahrungen dafür, dass seitens dieses gewaltgeneigten Publikums während der Public-Viewing-Wochen an dieser Örtlichkeit eine Wiederholung der Ausschreitungen befürchtet werden muss.
Zeitgleich mit der WM 2006 findet in der Zeit vom 16. bis 18. Juni zusätzlich die Veranstaltung „Bunte Republik Neustadt“ in Dresden statt, die in den letzten Jahren durch Ausschreitungen von gewaltgeneigten Personen, die teilweise der Punker- und Hooliganszene zuzuordnen sind, gekennzeichnet waren. Es ist zu befürchten, dass dieses gewaltgeneigte Potenzial und das Hooliganpotenzial im Umfeld der Problemfans sich aufgrund der örtlichen Nähe zwischen Neustadt und Königsufer dort vereinigen und gemeinsam Front gegen die Polizei ergreifen.
In der unmittelbaren Nähe des Königsufers sind Bereiche mit einer hohen Attraktivität für Randalestraftaten wie Sachbeschädigung angesiedelt. Ich darf hier an die Situation in der Haupt- und Königstraße erinnern.
In der bundesweiten polizeilichen Vorbereitung der WM 2006 sieht die von allen Ländern in der Innenminis
terkonferenz mitgetragene Beschlusslage vor, dass grundsätzlich jedes Land mit seinen eigenen Polizeikräften auskommen muss. Das heißt, dass polizeiliche Einsatzkräfte anderer Bundesländer und des Bundes nicht zur Verfügung stehen. Die Einheiten der sächsischen Bereitschaftspolizei werden daher schwerpunktmäßig anlässlich der Spiele und des offiziellen Fanfestes im FIFA-Spielort Leipzig zum Einsatz kommen.
Zudem ist unter polizeitaktischen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, dass es sich beim Königsufer um eine für den Polizeieinsatz völlig ungeeignete Örtlichkeit handelt. Bei Dunkelheit ist der Bereich nicht ausleuchtbar. Von den beiden Brücken können von erhöhten Positionen die Einsatzkräfte mit Wurfgeschossen angegriffen werden. Die weiche Wiese lässt ein Agieren von schwerer Einsatztechnik nicht zu. Die Elbe bietet bei Dunkelheit für ein häufig stark alkoholisiertes Störpotenzial eine zusätzliche Risikoquelle.
Die vorgebrachten Sicherheitsbedenken schließen die Durchführung dieser Veranstaltung an einem anderen geeigneten Ort in Dresden nicht aus. Darauf wurde die Stadt Dresden durch die Polizeidirektion und das Innenministerium frühzeitig hingewiesen.
Zu Ihrer Frage 2. In der Stadt Leipzig findet wie in allen WM-Spielorten ein offizielles Fanfest der FIFA auf dem Augustusplatz statt. Dieses schließt die Übertragung der Spiele ein. Im Rahmen der geplanten Fancamps im Bruno-Plache-Stadion werden ebenfalls Großbildübertragungen der Spiele stattfinden.
Die genannten Örtlichkeiten in der Stadt Leipzig sind nicht mit dem Königsufer zu vergleichen. Ähnliche Sicherheitsbedenken bestehen daher für diese nicht.
Hinsichtlich einer Kostenbeteiligung, die gegebenenfalls durch die Stadt Leipzig erfolgt, kann seitens der Staatsregierung keine Aussage getroffen werden.
Sie haben gerade gesagt, wenn ich das mal ins Deutsche übersetze, dass Sie nicht genug Personal haben, um die Veranstaltungen abzusichern. Wie passt diese Aussage dazu, dass demnächst Stellen bei der sächsischen Polizei eingespart werden sollen? Das ist meine erste Frage.
Meine zweite Frage ist: Sie wissen auch, dass die Himmelfahrtsrandale nicht am Königsufer, sondern am Rosengarten stattfand. Das ist ein ganz anderer Bereich. Das hatte auch nichts mit Dynamofans zu tun. Gewaltbereite Fußballfans gibt es in Leipzig übrigens ganz genauso. Was unterscheidet jetzt diese Veranstaltung, diese PublicViewing-Projekte, von bereits durchgeführten PublicViewing-Projekten, die wir bei der Fußballeuropameisterschaft 2002 in Dresden und Chemnitz hatten? Gab es da irgendwelche Ausschreitungen, gab es da Probleme, die dazu führen, dass das jetzt in Dresden nicht mehr machbar ist?
Alternativprojekte würden in Dresden 100 000 Euro kosten. Das Geld hat die Stadt einfach nicht. Aber wir verzichten jetzt auf den attraktivsten aller PublicViewing-Standorte in Deutschland, und das, obwohl es den Steuerzahler keinen einzigen Euro kosten würde.
Herr Zastrow, zu Ihrer ersten Frage: Ihre Annahme, dass es zu wenig Polizeikräfte gebe, um an diesem Standort eine Großbildübertragung zuzulassen, ist völlig falsch. Ich hatte Ihnen dargelegt, dass an diesem Standort selbst die notwendige Sicherheit nicht gewährleistet werden kann. Ich hatte Ihnen dargelegt, dass der Bereich im Dunkeln liegt, während die Polizeieinsatzkräfte im Hellen stehen müssen. Der Bereich ist nicht ausleuchtbar. Das bedeutet, dass die Polizisten die reinste Zielscheibe sind. Des Weiteren hatte ich gesagt, dass die Wiese keinen Einsatz von schwerer Technik ermöglicht. Ich hatte auch ausgeführt, dass die zwei Brücken die einzigen Zugangsmöglichkeiten für die Polizei darstellen. Dieser Standort ist schlichtweg ungeeignet und nicht vergleichbar mit dem, was wir beispielsweise in Leipzig mit dem Augustusplatz zur Verfügung haben.
In Leipzig haben im vergangenen Jahr dort bereits die Großbildübertragungen stattgefunden. Dabei hat es einen erfolgreichen Einsatz der Polizei gegeben. Es kam zu keinerlei Störungen.
Es ist in der Tat zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Fußballfans in Dresden, die als gewaltsuchend und gewaltbereit einzuschätzen sind, deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt liegt. Wir haben durch diese Fangruppen, die beim Fußball die Gewalt suchen, eine völlig andere Situation als an anderen Spielstätten in Deutschland und auch in Sachsen.
Ihre Behauptung, dass man die Ausschreitungen am Himmelfahrtstag nicht berücksichtigen muss, wenn es um die Großbildübertragungen geht, muss ich zurückweisen. Es ist an diesem Standort schlichtweg nicht möglich, die Sicherheit zu gewährleisten.
Sie sprachen davon, dass es der Stadt Dresden nicht möglich ist, 100 000 Euro aufzubringen, um an einer anderen Stelle die Übertragung zu realisieren. Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass der Einsatz der Polizei im Freistaat Sachsen zu Himmelfahrt im letzten Jahr 85 000 Euro gekostet hat. Ich glaube, wir müssen sehen, dass wir uns hier nicht selbst ein Problem organisieren.
Wir haben die Stadt Dresden sehr zeitig darüber informiert, dass dieser Standort ungünstig ist. Wir haben appelliert, einen anderen Standort zu suchen. Das wurde offensichtlich versucht, aber nicht bis zum Ende durchgeführt.
Ich bleibe dabei, dass ich die Position der Polizeidirektion Dresden stütze, dass an diesem Standort das Sicherheitsrisiko schlichtweg zu groß ist.
Wir wollen uns nicht die Spiele dadurch verderben lassen, dass wir über Tage hinweg an diesem Standort einen permanenten Polizeieinsatz haben. Denn wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass, wenn es erst einmal zu einem Polizeieinsatz kommt, dann alle Gewaltbereiten aus dem gesamten Bundesgebiet in den nächsten Tagen anreisen, um wieder Randale zu suchen.
Herr Staatsminister, Sie haben jetzt zweimal ausdrücklich gesagt, eine Übertragung auf Großbildleinwänden an einer anderen Stelle in Dresden sei denkbar und möglich. Hat die Staatsregierung dafür bestimmte Plätze im Auge, die sie auch benennen könnte, wo aus Sicht der Staatsregierung eine solche Übertragung stattfinden könnte? Ich denke, das wäre für die öffentliche Debatte sehr wichtig.
Herr Dr. Hahn, es ist Angelegenheit der Stadt Dresden, derartige Plätze zu lokalisieren. Ich habe meine privaten Vorstellungen in das Gespräch mit der Stadt Dresden eingebracht. Ich möchte diese aber ausdrücklich nicht öffentlich machen, weil es meine persönlichen Vorschläge und nicht die Vorschläge der Staatsregierung waren. Es ist ureigenste Angelegenheit der Stadt Dresden, sich umzuschauen: Gibt es ein geeignetes Stadion oder gibt es andere geeignete Plätze, an denen man das realisieren kann?
Im „Döbelner Anzeiger“ vom 27. April 2006 wird der Besuch von Staatsminister Tillich vom Vortag in der Wasserkraftanlage in Klosterbuch geschildert. Nach der Pressemeldung soll Staatsminister Tillich in Gesprächen mit den Wasserkraft-Lobbyisten erklärt haben, er lehne es ab, „den Schiedsrichter“ im Konflikt zwischen Umweltschützern und Wasserkraftwerksbetreibern zu spielen. Unter den derzeitigen Bedingungen sei das Potenzial an möglichen Wasserkraftanlagen an den Flüssen ausgereizt. Nach den Richtlinien der EU müssten sogar 3 000 Wehre in Sachsen weggerissen werden. Vor diesem Hintergrund frage ich:
1. Inwieweit zwingen die „Richtlinien der EU“ tatsächlich dazu, 3 000 Wehre abzureißen und damit faktisch der Wasserkraftnutzung den Garaus zu machen?
2. Wie vereinbart sich das Handeln der Landestalsperrenverwaltung, welche die bei der Hochwasserkatastrophe 2002 in Mitleidenschaft gezogenen Wehre umfänglich sanieren lässt, mit dieser Äußerung?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Kagelmann, ich meine, es war die „Döbelner Allgemeine“ – eine Ausgabe der „Leipziger Volkszeitung“; aber das sei dahingestellt – am 27. April 2006.
Ich darf, bevor ich Ihre Fragen beantworte, eine Vorbemerkung machen: Sie nehmen in Ihren Fragen Bezug auf einen Artikel in der „Leipziger Volkszeitung“. Meine Äußerungen sind dort leider nur zu einem kleinen Teil wiedergegeben und zu einem noch kleineren Teil als wörtliches Zitat. Meine Aussagen bezogen sich auf die andauernden und sehr gegensätzlichen Positionen zweier Interessengruppen. Dazu habe ich die Auffassung vertreten, dass es die Aufgabe einer jeden dieser an der Auseinandersetzung beteiligten Interessengruppen ist, eben die Meinung des Anderen zu respektieren und aufeinander zuzugehen.
Nun zu Ihrer ersten Frage. Meine Aussagen wurden, wie bereits erwähnt, in diesem Zusammenhang nicht vollständig wiedergegeben. Die Wiedergabe des Gespräches mit den Wasserkraftnutzern ist insoweit korrekt, als ich das Potenzial der Wasserkraftnutzung als ausgeschöpft ansehe – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, aber auch der Akzeptanz bei den Anglern, den Umwelt- und Naturschützern und nicht zuletzt bei Anwohnern unterhalb und oberhalb der Wehranlagen.
Die Staatsregierung setzt sich seit 1990 dafür ein, über eine Interessenabwägung einen Ausgleich zwischen allen berechtigten Nutzern und dem Schutz unserer Gewässer herzustellen.
Zu Ihrer zweiten Frage. Da diese Äußerung nicht meine fachliche Meinung widerspiegelt, gibt es hierzu auch keinen Widerspruch.
Es gibt also definitiv keine Richtlinie der EU, die zwingend vorschreibt, es wäre abzubauen bzw. rückzubauen?
Nein, es gibt nur die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, die von uns den guten Zustand der Gewässer, wie man so schön sagt, und eine Durchgängigkeit der Gewässer fordert.
Der Verband der Wasserkraftnutzer agiert mit Zahlen aus dem Jahre 1921 – zu diesem Zeitpunkt gab es 3 000 Wehranlagen – und spricht von dem Wasserkraftpotenzial, das man an diesen damals existierenden
3 000 Wehranlagen noch nutzen könnte. Darauf bezieht sich auch meine Aussage, dass ich hier den gesellschaftlichen Konsens momentan als nicht herstellbar ansehe und dass das im Widerspruch dazu wäre, zusätzliche Wehranlagen im Zusammenhang mit der Forderung der Wasserrahmenrichtlinie zu errichten, deren Umsetzung im Freistaat bis zum Jahre 2015 zu erfolgen hat.