Herr Leichsenring, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich als Gegendemonstrant anwesend bin?
Der Herr Präsident des Hauses hat ja vorhin gesagt, dass er nicht an meiner virtuellen Demonstration heute teilnehmen wolle, dass er das ablehne. Ich nehme an, ich habe ihn richtig verstanden, dass er lieber an einer realen teilnehmen will, vielleicht am 13. Februar nächsten Jahres. Aber vielleicht habe ich ihn falsch verstanden.
Wir sind also jetzt bei der Straßenblockade angekommen, meine Damen und Herren, und sobald ein bestimmtes Areal mit schau- und krawalllustigen, erlebnisorientierten Jugendlichen gefüllt ist, ist eine Situation entstanden, bei der die Polizei doch meist entscheidet, nicht durchzugreifen, weil dies unverhältnismäßig wäre. Bevor die Situation entstanden ist, hätte man mit relativ einfachen Mitteln eingreifen können. Das wird aber unterlassen und das halte ich für unverhältnismäßig.
Molotowcocktails haben wir im Fernsehen gesehen –, denn die Gewalttäter wurden schließlich nicht kontrolliert, sondern nur die Demonstrationsteilnehmer.
Auch das halte ich für unverhältnismäßig. Die Polizei macht jetzt vielleicht den vagen Versuch – das letzte Mal mit Wasserwerfern –, die Demonstrationsroute frei zu räumen, gibt dann aber in der Regel auf und die Situation eskaliert noch mehr. Die Polizei hat keine andere Wahl, als sich als unfähig zu erweisen, für Recht und Ordnung zu sorgen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Leichsenring! Von der PDSSeite wird immer gesagt: Es geht bei den Gegendemonstrationen immer friedlich zu.
Ich frage jetzt einfach einmal: Ist Frau Köditz, die auch bei diesen Gegendemonstrationen anwesend war, zwar nicht Anmelderin einer Gegendemonstration, aber Anmelderin bzw. Mitanmelderin einer Demonstration in Pirna gewesen, die bzw. deren Auflösung in Dresden und Leipzig zu einer Spur der Verwüstung geführt hat?
(Widerspruch bei der PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Pirna, ein Ortsteil von Dresden und Leipzig?)
Herr Abg. Müller, ich kann das so bestätigen. Wo Frau Köditz mit ihren Freunden auftaucht, fließt Blut.
Wir waren so weit, dass die Situation immer mehr eskaliert und der Befehl vom Polizeipräsidium, vom Lagezentrum, woher auch immer, kommt „Schluss, polizeilicher Notstand!“. Meine Damen und Herren, unsere erste gemeinsame Demonstration ist damit leider beendet.
Übrigens: Gegen die extrem gewalttätigen so genannten Gegendemonstranten wird natürlich nichts unternommen, denn das wäre ja wieder unverhältnismäßig. Sie können ungestört in die umliegenden Kneipen gehen und sich voll laufen lassen. So einfach ist die Sache.
Ja, jetzt gehen Sie sich beschweren. Wir werden als geistige Mörder bezeichnet und Sie können die Wahrheit nicht vertragen. So ist es.
Nicht etwa die Unverhältnismäßigkeit gegen die so genannten linken Gegendemonstranten sollte heute hier Thema sein, sondern das absolut rechtsverachtende Unterdrücken des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Das ist es nämlich und wir können Ihnen da wirklich Bücher füllen, was in den letzten 15 Jahren hier passiert ist. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Wer sich einer genehmigten Demonstration in den Weg stellt – ob das Worch ist, der nicht mein Freund ist, oder wer auch immer, das ist vollkommen egal, –, der ist ein Gesetzesbrecher, nämlich des Versammlungsgesetzes – dort steht es eindeutig in § 21 oder 23 –,
und wer dazu aufruft genauso, meine Damen und Herren. Da sage ich Ihnen, bei diesen Gesetzesbrechern: Die haben so viel Wasser verdient, das fasst der Tank des Wasserwerfers gar nicht.
Den einfachen Polizisten im Polizeidienst möchte ich einfach wünschen, dass wir eine Polizeiführung – und eine politische Führung – hätten, die ganz klar erkennt, auf welcher Seite die Gesetzesbrecher sind. Sind es jene, die Molotowcocktails und Steine werfen, oder sind es jene, die lediglich ein Grundrecht in Anspruch nehmen, meine Damen und Herren?
wie im Präsidium vereinbart: Wir werden heute über diesen Redebeitrag noch einmal zu befinden haben.
(Zuruf von der PDS: Sie hätte einen Ordnungsruf erteilen müssen! – Alexander Delle, NPD: Warum denn? Wofür denn? Weil er die Wahrheit sagt? Ist das ein Problem, die Wahrheit zu sagen? – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Frau Köditz war weder in Dresden noch in Leipzig!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann sich wirklich trefflich darüber streiten, ob es gut und richtig ist, solch eine Problematik im Rahmen einer Aktuellen Debatte zu besprechen. Da habe ich meine Bedenken, das gebe ich gern zu. Wir haben deshalb den Weg gewählt, einen Berichtsantrag einzubringen in der Absicht, dass dann in einer – meinethalben auch öffentlichen – Anhörung des Verfassungs- und Rechtsausschusses und des Innenausschusses gemeinsam über das, was sich in Leipzig am 1. Mai vollzogen hat, gesprochen wird – gesprochen wird in der Reichweite des Versammlungsrechts, der Vorwürfe –, ob berechtigt oder unberechtigt –, und in der Reichweite der Polizeikonzeption, ob das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt blieb, ob es tatsächlich um berechtigte Gegenwehr gegen Gewalttätigkeiten ging und dergleichen mehr.
Deshalb ist das auch heute nicht zu Ende. Das werden wir in aller Ruhe, nachdem die Stellungnahme der Staatsregierung auf unseren Antrag in der Drucksache 4/1636 vorliegt, in den Ausschüssen noch zu bereden haben.
Das Problem ist nur, Herr Seidel: Wenn Sie gewissermaßen hier als Erster, nachdem Sie nach dem Antragsteller sprechen, das Bild vermitteln, es habe zwei Seiten gegeben, es habe die Worch-Demonstration, den Aufmarsch der Neonazis gegeben, und auf der anderen Seite habe es nur die militanten Gegendemonstranten gegeben, dann sind Sie exakt auf der Wellenlänge wie die Herrschaften hier drüben, und genau die Herrschaften bedienen Sie damit.
Wenn die Staatsregierung oder Herr Bandmann eine Presseerklärung herausgibt, in der exakt dieses Bild bedient wird, dann ist es genauso verantwortungslos in der Reichweite dessen, was man tun muss, um diese Leute niederzuhalten. Das ist das Problem.
(Beifall bei der PDS und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE – Dr. Johannes Müller, NPD: Das hätten wir vor 15 Jahren auf der anderen Seite probieren sollen!)
Es gibt eine ganz einfache – das sage ich jetzt einmal unjuristisch, untechnisch – Volksweisheit: Eines Mannes
Rede – meinethalben einer Frau Rede – ist keine Rede. Wir haben uns deshalb der Mühe einer Anhörung unterzogen, am 17. Mai, drei Stunden lang, mit knapp 60 Menschen, Vertretern derer, die am 1. Mai vor Ort waren, aus beteiligten Lagern mit Ausnahme der Nazis.
Polizisten, freie Sanitäter, die dort zum Einsatz kamen, Menschen im Altersbereich jenseits von 70 Jahren, Menschen im Altersbereich jenseits von 13, 14 Jahren. Darunter – Sie können mich gern widerlegen – honorige Leute wie Hanjo Lucassen, der bis zum 19. Oktober 2004 hier als Abgeordneter im Saal saß und der DGB-Vorsitzende ist. Nebenbei bemerkt: Das Vorzeigen des Ausweises hat ihn auch nicht geschützt, gewaltsam abgeführt zu werden. Ich gebe nur einmal Hanjo Lucassen im Kern dessen, was er gesagt hat, wieder; was er als Augenzeuge beobachtet hat und was er in einer Fortsetzungsfeststellungsklage sagen wird. Bahnhof: Die Nazis versuchen auszubrechen, die Polizei tut nichts. Nach dem Versammlungsrecht war das ein ganz klarer Grund, das zu beenden. Darüber kann man reden, ob das so einfach ist. Das gebe ich gern zu. Wenn Worch sagt: Ich verabschiede mich jetzt, seht mal zu, wie ihr mit den Chaoten zurechtkommt! – Das will ich noch gar nicht einmal so sehr in ihr Stammbuch schreiben. Nächster Punkt Augustusplatz. Auf dem Augustusplatz war die angemeldete Kundgebung des DGB. In die Kundgebung ist mit Wasserwerfern hineingefahren worden.