Protocol of the Session on April 19, 2005

Wer hier von der Wirklichkeit spricht oder nicht, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen, haben wir gerade gehört. Wir haben gehört, was Sie vorgetragen haben, Herr Porsch. Das ist im Prinzip die Skizze einer anderen Welt. Diese existiert aber hier in Sachsen nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Sie können einfach überlegen, ob Sie der Bevölkerung weiterhin suggerieren, Sie hätten eine Globalalternative, die Sie nicht haben. Was Sie haben, ist ein Bündel von Anträgen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das stimmt nicht!)

Sie können weiter versuchen, der Bevölkerung nahe zu bringen, dass Sie aus Sachsen ein ganz anderes Land machen könnten, und das ist und bleibt falsch und wird sich nicht ändern, auch wenn Sie es mit Leidenschaft vortragen. Das Entscheidende ist, ob es gelingt, den Blickwinkel dieser Koalition und auch den Blickwinkel derer, die verantwortlich dafür sind, jedes Einzelnen von Ihnen, so zu öffnen, dass sich mehr Leute in Sachsen von der Politik insgesamt angesprochen und zu Hause fühlen. Ich habe Ihre Mahnung, Herr Hähle, sehr wohl verstanden, wenn Sie sagen, es geht um mehr Seriosität der Politik. Ich verfolge das schon seit Jahren. Das ist genau mein Ansinnen. Ich glaube, dass es viele Politiker gibt, die sich raushalten und ihren Träumen nachjagen und es gar nicht so wahrnehmen. Aber das gilt für alle Parteien und alle Seiten.

Die Frage, die sich hier aufgetan hat – so verstehe ich Ihr Gesprächsangebot –, ist: Wer möchte wirklich an der Zukunft in diesem Land mitarbeiten und wer möchte

nur seine Träume behalten? Da ist mir die Zukunft als handfeste Sache wirklich lieber.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich würde jetzt gern zur Abstimmung kommen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 02 „Staatskanzlei“, vorliegend in der Berichterstattung des Ausschusses mit der Drucksache 4/1250. Da mir Änderungsanträge vorliegen, möchte ich gern kapitelweise abstimmen.

Ich rufe auf Kapitel 02 01. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Gegenstimmen ist das Kapitel 02 01 mehrheitlich beschlossen.

Ich rufe Kapitel 02 02 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte! – Die Stimmenthaltungen! – Auch hier gibt es ein ähnliches Abstimmungsverhalten. Kapitel 02 02 wurde mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe jetzt das Kapitel 02 03 auf. Dazu liegen mir eine ganze Reihe von Änderungsanträgen vor. Die ersten sind die NPD-Änderungsvorschläge. Möchten Sie diese alle gemeinsam einbringen? – Wird überhaupt Einbringung gewünscht?

(Uwe Leichsenring, NPD: Ja!)

Wollen Sie die Änderungsanträge einzeln oder gleich insgesamt einbringen?

(Uwe Leichsenring, NPD: Ja!)

Ich kann die Nummern der einzelnen Anträge aufrufen. Wir haben Änderungsanträge der Fraktion der NPD in den Drucksachen 4/1288, 4/1290, 4/1351, 4/1352 und 4/1289 vorliegen. Möchten Sie alle einbringen?

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderungsanträge in den Drucksachen 4/1288, 4/1290 ziehen wir zurück. Diese werden ersetzt durch die Drucksache 4/1351. Das hat redaktionelle Gründe, nichts weiter. Ansonsten möchte ich zu unseren folgenden Anträgen sprechen. Es geht einmal um das Kapitel 02 03, die Titelgruppe 51. Das ist das unsägliche Anti-NPD-Programm, was wir natürlich abgeschafft wissen wollen. Selbstverständlich! Das werden Sie uns sicher nachsehen.

(Widerspruch bei der PDS)

Ich habe es Anti-NPD-Programm genannt, man könnte es auch den dreistesten Etikettenschwindel der Legislaturperiode nennen, denn hier soll unter dem Titel eines staatlichen Programms eine vom Volk gewählte Oppositionspartei bekämpft werden. Vielleicht hätten Sie den Titel auch der Ehrlichkeit halber Absicherung Ihrer Parteienoligarchie nennen können. Meine Damen und Herren, Sie können gern Bannmeilen aussprechen, wie es im Präsidium für Donnerstag versucht wurde und sicherlich auch geschehen wird, aber auch Verbote und Maulkorb

paragrafen benutzen. Es wird nichts helfen. Dennoch bitte ich Sie, unserem Änderungsantrag zur Titelgruppe 51 zuzustimmen.

Das Weitere betrifft den Titel 686 10. Hier geht es um die Zuschussberechtigung für Stiftungen und Vereine. Meine Damen und Herren, sonst gehen Sie so weit, dass Sie am liebsten noch das Toilettenpapier nach d'Hondt im Landtag verteilen wollen, und an dieser Stelle, wo es um die Stiftungen und Vereine geht, soll das auf einmal nicht mehr gelten. Auch hier sollten wir Gerechtigkeit walten lassen. Es kann nicht angehen, dass eine 10-Prozent-Partei leer ausgeht und eine Fast-Fraktion voll bedacht wird. In diesem Sinne bitte ich auch hier um die Zustimmung.

Die anderen Anträge beziehen sich darauf. Deswegen bringe ich sie nicht extra ein. – In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es Diskussionsbedarf zu den Änderungsanträgen? – Ich sehe keinen Bedarf. Die Drucksachen 4/1288 und 4/1290 sind zurückgezogen worden und über sie braucht demzufolge nicht abgestimmt zu werden.

Ich rufe jetzt die Drucksache 4/1351 auf. Wer diesem Änderungsantrag der NPD-Fraktion die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –

(Karl Nolle, SPD: Fast die Mehrheit! – Dr. Johannes Müller, NPD: Das ändert sich noch!)

Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Eine Reihe von Stimmen war dafür. Der Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe jetzt den Änderungsantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/1352 auf. Wer möchte diesem die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten, demnach mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe jetzt den Änderungsantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/1289 auf. Wer möchte diesem Antrag die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier gleiches Stimmverhalten. Der Änderungsantrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe jetzt die Änderungsanträge der Fraktion der GRÜNEN in den Drucksachen 4/1286 und 4/1287 auf. Wird Einbringung gewünscht? – Bitte, Herr Lichdi.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir danken der Staatsregierung, dass sie in diesem Haushalt ein Programm für ein weltoffenes Sachsen, für Demokratie und Toleranz mit zwei Millionen Euro aufgelegt hat. Wir danken insbesondere Martin Dulig, der sich sehr für dieses Programm eingesetzt hat.

(Oh-Rufe und Beifall bei der PDS)

Nicht erst seit dem Einzug der rechtsextremistischen NPD in dieses Haus hat Sachsen ein Problem mit rassistischer Hetze gegen Ausländer und mit Gewalt gegen

Andersdenkende. Dennoch wissen wir, Sachsen ist nicht braun. Die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung spricht sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Neofaschismus aus. Aber ebenso wissen wir, dass die zivilgesellschaftlichen Strukturen bzw. das Engagement für das Gemeinwesen fachkundige Informationen braucht. Engagierte Bürgerinnen und Bürger brauchen Hilfestellung, wenn sie sich vor Ort für eine menschenfreundliche Gesellschaft einsetzen. Die Opfer rassistischer Gewalt brauchen Begleitung und Hilfestellung bei der Verarbeitung ihrer Traumata, bei Behördengängen und bei der Polizei. Diese Arbeit leisten seit mehreren Jahren die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen überall in Sachsen, die Opferhilfe „Amal“ und die Mobilen Beratungsteams, die im Netzwerk „Tolerantes Sachsen“ zusammengeschlossen sind.

Ich möchte ihnen an dieser Stelle den ausdrücklichen Dank meiner Fraktion aussprechen und ihnen unsere uneingeschränkte Unterstützung zusagen. Der Streichungsvorschlag der Rechtsextremisten zeigt, wie nötig dieses Programm ist. Herr Apfel, Ihre Ausfälle gegen „Amal“ sind unerträglich. Ich zitiere aus Ihrem Änderungsantrag, der zum Glück gerade abgelehnt wurde. Dort schreiben Sie in der Begründung: „Mit besonderer Sorge registriert die Antragstellerin, dass die Mittel des Programms … zum Teil auch in gewaltbereite und gewalttätige linksextremistische Strukturen fließen werden, und sie deshalb zumindest teilweise zur Terrorisierung“ – wörtlich Terrorisierung – „demokratischer Opposition missbraucht werden sollen.“

(Uwe Leichsenring, NPD: Da stimmt jedes Wort!)

Herr Apfel, Ihre Fraktion beschäftigt einen Mitarbeiter, Herrn Naumann, der wegen Sprengstoffanschlägen auf die Gedenkstätte in den Fosse Ardeatine bei Rom rechtskräftig verurteilt wurde, wo 1944 Ihre Spießgesellen und geistigen Vorläufer 333 italienische Geiseln erschossen haben.

(Uwe Leichsenring, NPD: Da hat man noch keine Pistole im Kofferraum gefunden! – Pfui-Rufe von der PDS)

Leider hat die Staatsregierung bis heute keine Förderrichtlinie vorgelegt. Wir erwarten, dass das Programm rückwirkend zum 01.01.2005 beginnt. Außerdem erwarten wir, dass die Staatsregierung die Förderrichtlinie unverzüglich im Dialog mit den Initiativen entwickelt. Unsere Änderungsanträge wollen nicht das Volumen der Förderung ausweiten, sondern gewährleisten, dass die Initiativen tatsächlich die vorgesehene Summe von 1,01 Millionen Euro in vollem Umfang erhalten. Daher wollen wir die Deckungsfähigkeit dieses Programmteils mit anderen Titeln aufheben. Die Arbeit braucht eine langfristige Sicherung. Darum wollen wir eine Verpflichtungsermächtigung anbringen, die die Summe für den nächsten Haushalt 2007/2008 fortschreibt. Es kann nicht sein, meine Damen und Herren, dass die Arbeit schon in anderthalb Jahren wieder infrage gestellt wird. Wir glauben, Herr Dulig, dass dem die Koalition auch zustimmen können müsste.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN – Uwe Leichsenring, NPD: Herr Naumann ist ein Referent, kein Außenminister!)

Wer möchte sich dazu äußern? – Herr Albrecht, bitte.

Nur zur fiskalischen Seite. Wir halten den Antrag in der Drucksache 4/1286 nicht für erforderlich. Die Mittel der gesamten Titelgruppe sind übertragbar. Für den Antrag in der Drucksache 4/1287 ist die Übertragbarkeit der Mittel gegeben. Außerdem muss ich feststellen, dass es sich nicht um ein Investitionsprogramm handelt. Gut gemeint, aber nicht erforderlich.

Herr Neubert, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde den Dank anders formulieren, den Herr Lichdi angesprochen hat, nämlich dass endlich der Vorschlag, den die PDSFraktion schon seit langer Zeit gemacht hat, umgesetzt ist. Wir hatten dieses Programm schon in den alternativen Haushalt vor zwei Jahren integriert.

(Dr. André Hahn, PDS: Es ist so!)

Wir haben schon verschiedene Debatten im Landtag geführt. Ich will das inhaltlich nicht weiter ausführen. Dazu hat der Abg. Lichdi einiges gesagt. Ich möchte aber noch auf die Verteilung der Mittel eingehen, weil das für einige Irritationen im Vorfeld gesorgt hat und noch einige Dinge im konzeptionellen Bereich offen sind.

Die Verteilung innerhalb des Haushaltes wurde nach den Änderungen, die CDU- und SPD-Fraktion vorgenommen haben, in eine positive Richtung gelenkt. Trotzdem sind immer noch Dinge unklar. Es stehen zum Beispiel 590 000 Euro für Öffentlichkeitsarbeit drin. Es ist nicht genau untersetzt, was das bedeutet. Bunte Plakatwände werden das Ziel des Programms nicht erreichen. Deshalb bleibt nur abzuwarten, bis die konzeptionelle Untersetzung endgültig vorliegt. Die PDS-Fraktion hat bei den Haushaltsverhandlungen eine Million Euro in diesem Jahr und zwei Millionen Euro im nächsten Jahr mehr gefordert. Das wurde abgelehnt. Wir werden den Anträgen der GRÜNEN zustimmen, vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass eine Kontinuität in diesem Bereich gesichert ist, wenn wir das Landesprogramm jetzt auflegen.

Vielen Dank.