Protocol of the Session on June 24, 2020

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Staatsleistungen des Saarlandes an die katholische Kirche und die evangelische Kirche (Drucksache 16/1361)

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Staatsleistungen des Saarlandes an die Kirchen - Expertenkommission einrichten (Drucksache 16/1369)

Zur Begründung des Antrags der AfD-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Josef Dörr das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt seit etwas über 80 Jahren Mitglied der römisch-katholischen Kirche und habe auch nicht vor, das zu ändern. In all der Zeit habe ich immer ein sehr gutes Verhältnis zu der örtlichen Geistlichkeit gehabt. Ich bin kein übertriebener Kirchgänger, aber ich habe die Leistungen der Kirche im sozialen Bereich immer gewürdigt und selbst auch daran teilgenommen.

Allerdings musste ich vor ein paar Jahren feststellen, dass hohe deutsche kirchliche Würdenträger in Jerusalem auf dem Tempelberg ihr Kreuz abgelegt haben. Ich habe in der Schule gelernt, dass man sich seines Glaubens bekennen soll. Für mich war das entsetzlich und unverzeihlich. Dazu musste ich in den letzten Jahren feststellen, dass sich die hohen Vertreter der Kirche immer mehr in die Politik einmischen. Bis zu einem gewissen Punkt mag das vielleicht noch berechtigt sein, aber sie mischen sich auch in die Parteipolitik ein. Da hört es für mich auf. Ich denke, die Kirche muss sich dann gefallen lassen, dass der Staat seine Rolle gegenüber der Kirche überdenkt und deshalb beispielsweise so ein Antrag möglich ist, wie wir von der AfD ihn jetzt gestellt haben.

Neben den Kirchensteuern und den Zahlungen für den Betrieb kirchlicher Krankenhäuser, Schulen und anderer Einrichtungen erhalten die beiden großen

Kirchen noch sogenannte „Staatskirchenleistungen“. Diese Staatsleistungen an die Kirchen sind eine vermögensrechtliche Folge der Enteignung kirchlicher Güter durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803. So wurden westliche Fürsten für den Verlust ihrer linksrheinischen Gebiete als Folge der Eroberungen durch Napoleon entschädigt. Viele Bürger kennen die geschichtlichen Wurzeln dieser Staatsleistungen nicht mehr oder sie verwechseln sie mit der Kirchensteuer. Dass diese Staatsleistungen zu der Kirchensteuer hinzukommen, ist den meisten Bürgern unbekannt.

Bei den Staatsleistungen handelt es sich um Zahlungen aus der allgemeinen Steuerkasse, also um Zahlungen von allen Bürgern, egal ob sie der Kirche angehören oder nicht. Mit dem Geld werden auch die Gehälter der Bischöfe bezahlt oder aber zum Beispiel auch die Prunkbauten in einzelnen Diözesen, siehe zum Beispiel München-Freising, wo sich Kardinal Marx - er ist einer derjenigen, die das Kreuz abgelegt haben - seine Residenz hat üppig umbauen lassen.

Bereits die Weimarer Republik wollte dieser Endlosverpflichtung ein Ende setzen, was aber bis heute nicht erfolgte. Seit 100 Jahren wurde immer weitergezahlt, ohne dass es zu einer abschließenden Regelung gekommen wäre. Bis heute fehlt es auch an einer genauen Aufstellung des Schadens, der den Kirchen aus der Enteignung entstanden ist. Allein in den zurückliegenden zehn Jahren stiegen die Staatsleistungen um 22 Prozent, obwohl die Kirchen mit massiven Austritten zu kämpfen haben. Diese Steigerung der Staatsleistungen findet ihre Begründung in der Koppelung an die Beamtengehälter. Alleine 2020 waren es in ganz Deutschland 570 Millionen Euro.

Es fehlt auch an einer Begründung der Kirchen, warum in alle Ewigkeit weitergezahlt werden sollte. Die Kirchen haben kein Interesse daran, dieses Thema hochzuspielen, weil sie dann noch mehr Austritte befürchten müssten. Es ist nun aber an der Zeit, in der Öffentlichkeit und in den Parlamenten über das Ende dieser Staatsleistungen zu diskutieren. Die Corona-Folgen bringen den Staat an den Rand seiner Leistungsfähigkeit. Es muss investiert werden, damit die Wirtschaft nicht zusammenbricht. Es muss aber auch gespart werden; der Staat kann es sich nicht länger leisten, die Kirchen in diesem Umfang so auszustatten - zumal sich die Kirchen auch immer stärker aus den bislang von ihnen erbrachten Leistungen zurückziehen. Ich erinnere nur an das Drama der kirchlichen Krankenhäuser im Saarland.

Das Saarland zahlte seit seinem Bestehen, seit dem Jahr 1957, 30 Millionen. Das erscheint nun nicht als allzu viel, ist aber doch Geld. Nun haben wir heute Morgen wegen Corona einen gigantischen Nachtragshaushalt beschlossen. Angesichts dessen können die Kirchen nicht so tun, als ginge das alles sie

(Vizepräsidentin Spaniol)

nichts an. Der EKD-Präses - er ist ein anderer, der das Kreuz am Tempelberg abgelegt hat - forderte kürzlich, zur Bewältigung der Corona-Folgen müssten Wohlhabende einen Sonderbeitrag leisten. Es ist nun auch an der Zeit, dass die Kirchen endlich ihren Sonderbeitrag leisten! Das Vermögen der Kirchen wird auf mindestens 435 Milliarden Euro geschätzt. Ich kann für diese Zahl nicht bürgen, sie wurde mir so mitgeteilt, aber ich glaube an ihren Wahrheitsgehalt. Wenn Sie dazu eine andere Zahl haben, können Sie mir die gerne mitteilen.

Die Kirchen könnten nun ihren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Katastrophe leisten, indem sie freiwillig auf die Staatsleistungen verzichten. Wir befürchten allerdings, dass wir darauf noch Jahre warten müssen, weshalb nun der Bund tätig werden müsste. Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass das Saarland den Bund auffordert, die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für ein Ende der Staatsleistungen zu schaffen; das ist nämlich eine Bundesangelegenheit. Aber auch das wird sich wohl noch Jahre hinziehen; wenn es schon 100 Jahre gedauert hat, kann man wohl nicht damit rechnen, dass sich das nun schlagartig von selbst ändert. Deshalb wollen wir hier für das Saarland erreichen, dass die Landesregierung dahingehend tätig wird, mit den großen Kirchen eine freiwillige Vereinbarung zu erzielen, die Staatsleistungen alsbald auszusetzen oder sie zumindest zu verringern. Das dürfte nun nicht zu viel verlangt sein, dies auch im Hinblick auf die Tatsache, dass gerade das Bistum Trier zu den reichsten Bistümern in Deutschland gehört - im Saarland gehört ja auch noch das Bistum Speyer dazu, ich habe jetzt aber einmal Trier erwähnt - und das Saarland zu den ärmsten Ländern in Deutschland. - Ich bitte um Annahme unseres Antrages. Danke schön.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. - Zur Begründung des Antrags der Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Dennis Lander das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im vergangenen Jahr hat das Saarland rund 659.000 Euro als Staatsleistungen an die Kirchen gezahlt, seit 1957 sind es mehr als 30 Millionen Euro. Und wofür? Als Entschädigung für die enteigneten kirchlichen Güter, basierend auf einer Entscheidung aus dem Jahr 1803. Dabei ist auch interessant, dass bislang niemand sagen kann, wie der Wert dieser Güter damals einzuschätzen war und wie er heute einzuschätzen wäre. Auch kann niemand sagen, wie viel Geld genau bis heute geflossen ist. Für die Zeit vor 1957 kann die Landesregie

rung keine Angaben machen. Das alles ist schon ungewöhnlich, denn normalerweise, so dachte ich, orientieren sich Entschädigungen an der Höhe des entstandenen Schadens. Stattdessen zahlen aber die Länder Jahr für Jahr. Laizismus sieht nun wirklich anders aus.

Dabei ist es seit mehr als 100 Jahren sogar Verfassungsauftrag, diesen Zustand zu beenden. In Art. 138 der Weimarer Reichsverfassung steht: „Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst.“ Und gemäß Art. 140 Grundgesetz gilt dieser Passus auch heute noch. Der Bund hat aber eben bis heute noch keine Grundsätze dafür erlassen. Deshalb können die Länder auch gar keine entsprechende Ablöse vereinbaren.

Dabei wäre das doch eigentlich ganz einfach: Wir müssten den entstandenen Schaden ermitteln und die bislang erfolgte Staatsleistung. Dann könnte man sich doch grundsätzlich auf eine Ablöse verständigen, immerhin nach 200 Jahren, während der die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ohne feststehende Fakten oder absehbares Ende gezahlt haben.

Das liegt nun aber nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, etwa an der Sturheit der Kirchen, sondern an der Sturheit der Politik. Die Kirchen haben bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. Immer wieder bringt auch die LINKE-Fraktion im Deutschen Bundestag Anträge dazu ein, die aber stets abgelehnt werden. Ende Mai haben LINKE, GRÜNE und FDP einen gemeinsamen Antrag eingebracht, bei dem sich dann aber insbesondere die CDU/CSU quergestellt hat. Das ist natürlich schon bemerkenswert, sind das doch ausgerechnet die beiden Parteien, die absolut stur an der schwarzen Null festhalten. Ausgerechnet sie wollen auch weiterhin Millionen Euro, erbracht von unseren Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, als Staatsleistung zahlen. Damit erweisen sie dem deutschen Steuerzahler wirklich einen Bärendienst.

Es geht heute ausdrücklich nicht um die Kirchensteuer. Es geht auch nicht um die staatliche Förderung sozialer Einrichtungen der Kirche, die stellt hier wirklich niemand infrage. Es geht darum, dass nach 200 Jahren endlich ein Ende der Entschädigungszahlungen in Sicht kommen sollte. Und darum, dass nach 100 Jahren endlich unser Verfassungsauftrag erfüllt wird. Dafür müssen wir hier im Land die Voraussetzungen schaffen. Der beste Weg dahin bestünde eigentlich in der Einberufung einer Expertenkommission, an der Historikerinnen und Historiker, Juristinnen und Juristen, Kirchenvertreter sowie Mitglieder des Landtags beteiligt sind. Diese Kommission könnte den Wert der 1803 enteigneten Güter und den Wert der seitdem erfolgten Entschädigungszahlungen bestimmen. Das wäre ein echter Fortschritt.

(Abg. Dörr (AfD) )

Im Übrigen denke ich, dass ein Kreuz nichts im Plenarsaal zu suchen hat. Vor dem Gesetzgeber sind alle Menschen gleich. Diese Praxis ist diskriminierend für Atheisten und Andersgläubige. Bereits Anfang des Jahres habe ich den Präsidenten dazu angeschrieben, bisher habe ich leider noch keine Reaktion erhalten. Sollte das so bleiben, bleibt auch hier leider nur der Klageweg übrig. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN. - Zuruf des Abgeordne- ten Scharf (CDU).)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich eröffne nun die Aussprache. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion der Kollege Volker Oberhausen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anträge der AfD und der LINKEN, zu denen ich heute spreche, beinhalten eine Reihe von Fragestellungen, die, anders als die mit heißer Nadel gestrickte Antragstellung vermuten lässt, sehr grundsätzlicher Art sind. Deshalb möchte ich in den nun folgenden Minuten in meiner Rede drei wichtige Aspekte ansprechen. Erstens: Über welche Staatsleistungen an die katholische und die evangelische Kirche sprechen wir? Zweitens: Welche Intention haben die AfD und die LINKE, dieses Thema heute auf die Tagesordnung zu setzen? Drittens: Wie wichtig ist es, eine schnelle Ablösung der Staatsleistungen zu erreichen, ohne die haushalterischen Folgen zu bedenken?

Wir sprechen, wie bereits erwähnt, über die Staatsleistungen an die katholische und die evangelische Kirche, die aufgrund von Enteignungen, insbesondere, aber nicht nur zu Beginn des 19. Jahrhunderts, entstanden sind. Hierzu wurden Verträge geschlossen, in denen sich der Staat verpflichtete, den Kirchen Ausgleichszahlungen zukommen zu lassen. Diesen Verträgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wurde durch die Aufnahme in Art.138 WRV und Art. 140 Grundgesetz Verfassungsrang zuteil. Denn pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten. Gleichzeitig wurde dem Verfassungsgesetzgeber aufgegeben, eine Ablösung dieser Verpflichtungen zu einem späteren Zeitpunkt zu erreichen. Dies impliziert natürlich, dass die Kirche entschädigt werden muss und der Bund allgemeine Grundsätze dazu aufstellt.

Bevor ich nun aber dieses Thema weiter vertiefe, komme ich auf die beiden vorliegenden Anträge zu sprechen. Zunächst zum Antrag der AfD, zu Herrn Kollegen Dörr: Er ist in weiten Teilen von den Papieren der AfD-Bundestagsfraktion abgeschrieben. In der Begründung wird versucht, die Überlegungen auf das Saarland herunterzubrechen, das endet ka

tastrophal. Eine Kostprobe gefällig? Das Saarland habe 1803 als Bundesland noch nicht existiert. Dieser Feststellung ist wirklich zuzustimmen. Die Ansprechpartner für die Ablösung der Staatsleistungen wären somit gemäß AfD-Lesart das Königreich Preußen und das Königreich Bayern. Da ich Herrn Kirchenrat Hofmann im Publikum sehe: Herr Kirchenrat, nehmen Sie doch bitte zügig die Gespräche mit den Wittelsbachern auf! Die beiden Superintendenten sollen sich dann um die Kontakte mit den Preußen kümmern!

(Heiterkeit und Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Tatsächlich bestanden im Jahre 1803 genau null Bundesländer, denn die Bundesrepublik Deutschland wurde erst 1949 gegründet. So viel zu den geschichtlichen Kenntnissen der drei Herren von ganz rechts.

Die LINKE hat ihren Antrag ganz kurzfristig eingebracht. Er erreichte mich gestern am späten Nachmittag. Selbst die Tagesordnung dieser Sitzung musste heute Morgen deswegen noch geändert werden. Dabei enthält der Antrag nichts Neues. Sie kennen, Herr Lander, doch hoffentlich das Bewertungsgesetz? Ihre eigene Bundestagsfraktion, Sie führten es aus, hat ermittelt, über welche Summen wir bei diesen Entschädigungen sprechen. Bei einer Einmalzahlung reden wir auch im Saarland über Beträge von mehreren hundert Millionen Euro. Dies geht auch ganz klar aus dem von Ihnen, Herr Lander, zitierten Gesetzentwurf hervor. Das ist aber zurzeit haushalterisch nicht darstellbar. Deshalb nützt es niemandem, puren Aktionismus an den Tag zu legen und mit einem Schnellschuss hier einen Antrag vorzulegen, bevor wir überhaupt in die Beratungen eintreten.

Notwendig ist, und das ist viel wichtiger, dass wir mit den beiden großen Kirchen in einen fairen Dialog treten. Erstaunlicherweise haben beide Fraktionen es bis heute nicht fertiggebracht, mit dem Katholischen Büro oder mit dem Evangelischen Büro Kontakt aufzunehmen. Es ist doch selbstverständlich, dass man, bevor man solche Anträge in den saarländischen Landtag einbringt, zum Telefonhörer greift und Frau Göbel und Herrn Hofmann anruft. Die Rolle der Kirchen hinsichtlich der Stabilität unseres Gemeinwesens ist enorm. Zum Beispiel ist im karitativen, im sozialpädagogischen, im seelsorgerischen Bereich das Engagement der Kirchen für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Das Eintreten mutiger Kirchenfrauen und Kirchenmänner für Frieden und Freiheit im Zuge der friedlichen Revolution ist uns auch nach 30 Jahren in lebhafter Erinnerung.

Deshalb ist es wichtig, hier folgendes Resümee zu ziehen: Die allgemeinen Grundsätze für die Ablösung der Staatsleistungen müssen zunächst auf Bundesebene erarbeitet werden. Die beiden uns

(Abg. Lander (DIE LINKE) )

vorliegenden Anträge sind nicht nur von schlechter, um nicht zu sagen miserabler Qualität, sie sind zudem überhaupt nicht zielführend. Wir lehnen sie deshalb beide ab. Führen wir doch einen fairen Dialog mit den beiden Konfessionen auf allen Ebenen fort! Nur so können wir ein Ergebnis erreichen, das sachgerechte Lösungen generiert. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun für die SPD-Fraktion der Kollege Eugen Roth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte, die durch diese Anträge - einer mit ganz heißer Nadel gestrickt, der andere in einer Form, bei der sich mir, wie so häufig, Ursache und Absicht nicht wirklich erschließen ausgelöst wird, verwundert mich etwas. Sie verwundert mich deshalb, da wir uns eigentlich in einer Phase befinden, in der es um den Zusammenhalt der Gesellschaft geht. Darüber haben wir den ganzen Morgen gesprochen, anlässlich eines Nachtragshaushalts und der Milliardeninvestitionen. Vorhin haben wir auch über die Ereignisse in Stuttgart diskutiert. Vor dem Hintergrund all dessen nun so etwas einfach auf den Tisch zu werfen, ohne jegliche Vorbereitung, das halte ich, gelinde gesagt, für völlig unangemessen.

Ich will zunächst einmal, mit Erlaubnis, Frau Präsidentin, aus einer Antwort, die auf eine Anfrage aus diesem Jahr von Dennis Lander ergangen ist, zitieren, weil die Materie zunächst einmal rein formaljuristisch schon kompliziert ist.

Ich zitiere: „Staatsleistungen sind von Artikel 138 Abs. 1 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 erfasst und (grundsätzlich unbefristet) garantiert worden. Gemäß Artikel 138 Abs. 1 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 werden ‚die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.‘ Die Bestimmungen der Artikel 136, 147, 138, 139 und 141 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind gemäß Artikel 140 Grundgesetz Bestandteil des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Ergänzend regelt Artikel 39 der Verfassung des Saarlandes, dass die auf Gesetz, Vertrag oder sonstigen Rechtstiteln beruhenden bisherigen Leistungen des Staates der politischen Gemeinden an die Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften sowie an ihre Anstalten, Stiftungen, Vermögensmassen und Vereinigungen erhalten bleiben.“

Ich mache einen kleinen Sprung und zitiere weiter: „Da der Bund die in Artikel 138 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 genannten Grundsätze nicht aufgestellt hat, ist ein Landesgesetz zur Ablösung der Staatsleistungen derzeit nicht möglich. Abgesehen von einem derzeit rechtlich nicht möglichen Landesgesetz zur Ablösung von Staatsleistungen können freiwillige Vereinbarungen mit den Kirchen getroffen werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass (…) hohe Kosten entstehen würden. In der Literatur werden hier Beträge zwischen dem 20und dem 40-fachen eines Jahresbetrages genannt.“

Das heißt im Klartext: Rein rechtlich gesehen hat dieses Parlament hier überhaupt keine Handhabe, um in dieser Richtung etwas zu unternehmen. Nun war die Idee mit einer Expertenkommission natürlich schon daran ausgestaltet, das zu umgehen, denn es gibt eigentlich keine Grundlage dafür, auf der man arbeiten kann.

(Präsident Toscani übernimmt den Vorsitz.)

Ich komme darauf zurück, was ich eingangs gesagt habe: Wir haben im Moment die Problematik, dass unserer Gesellschaft sich immer mehr in alle möglichen Gruppen, Richtungen und was weiß ich teilt. Genau an der Stelle braucht man natürlich auch von Kirchen in einem religiösen Pluralismus erzieherische und seelsorgerische Leistungen, weil das hilft, das eine oder andere im Rahmen zu halten oder im besten Sinne zu überwinden. Wenn man denjenigen - die gibt es überall, an jeder Ecke ‑, die schreien: „Beendet die Unterstützung der Kirchen, warum machen wir es nicht anders?“, zustimmt, leistet man einer Aufspaltung Vorschub. Das halten wir, erst recht so über‘s Knie gebrochen - das Warum ist gar nicht so nachvollziehbar -, für völlig verfehlt.

Wir haben hier im Landesparlament - es wurden eben Namen genannt - zu dem katholischen Büro, mit Frau Göbel, mit dem evangelischen Büro, zu dem geschätzten Kirchenrat Hofmann, auch zu anderen Religionsgemeinschaften sehr gute Drähte. Lasst uns doch mit denen darüber ein Gespräch beginnen, bevor wir anfangen, hier schon Beschlüsse zu fassen, die natürlich präjudizierend wären. Deshalb wird auch die SPD das ablehnen. Ich will persönlich noch etwas zum Schluss sagen, dazu habe ich mich eigentlich noch nie verhalten: Wenn bei uns im Plenarsaal ein Kreuz hängt, dann bin ich der Auffassung, das ist ein Kreuz der Nächstenliebe und nicht ein Kreuz, das andere ausschließen soll.

(Lang anhaltender Beifall von den Regierungs- fraktionen.)

So verstehe ich dieses Kreuz. Ich kann nur meine Meinung dazu sagen, ich toleriere auch, wenn andere die vielleicht nicht haben. Aber jetzt etwas, was eine jahrzehntelange Tradition war, andersrum zu verändern, mit kruden Auslegungen, das wäre nach meiner persönlichen Lesart andersrum eine Diskri

(Abg. Oberhausen (CDU) )

minierung. Deshalb lasst uns diesen Weg so nicht weiter beschreiten. Wir haben mit unseren Glaubensrichtungen auch über die katholische und evangelische Kirche hinaus einen sehr guten Draht in alle Religionsgemeinschaften hinein. Wir haben schon gemeinsam demonstriert und, und, und. Das Ziel soll im Zeichen des Kreuzes die Nächstenliebe sein. - Vielen Dank!