Protocol of the Session on November 17, 2010

Wir erwarten, dass die Verschiebung nicht mehr als zwei Jahre umfassen wird. Wir erwarten außerdem, dass die Bundesregierung in der Zwischenzeit nicht tatenlos ist, sondern dass an den Planfeststellungen beispielsweise zur dritten großen Schleuse in Brunsbüttel weitergearbeitet wird.

Insofern bedauern wir die Entscheidung. Wir glauben, dass die Wettbewerbsfähigkeit des NordOstsee-Kanals nicht dramatisch untergraben wird, wenn es zu einem Zeitverzug von nicht mehr als zwei Jahren kommt. Wir dürfen den Nord-OstseeKanal nicht schlechterreden als er ist. Seine Sperrung steht nicht unmittelbar bevor. Vielmehr geht es darum, dass die Erweiterung des Nord-OstseeKanals bedauerlicherweise um zwei Jahre nach hinten verschoben wurde. Im Gesamtzusammenhang gesehen ist dies gleichwohl eine Politik der Bundesregierung für die Seeverkehre.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich nun Herrn Abgeordneten Matthiessen.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, mit dieser Antwort war zu rechnen. Herr Tietze hat eine klare Prioritätensetzung

vorgenommen. Wir sagen, dass der Nord-OstseeKanal Vorrang hat. Gleichzeitig sind wir dagegen, in einem norddeutschen Hafenkonzept Hamburg für die Giganten des Containerverkehrs auszurüsten. Beim Feederverkehr ist das etwas anderes. Wir haben einen Tiefseehafen in Deutschland. Hamburg wird dieser aber nicht sein, sondern Hamburg wird nur als Feederverkehrhafen eine Zukunft haben können.

Daher sagen wir: Was für die D-Mark galt, gilt auch für den Euro. Man kann ihn nicht zweimal, sondern nur einmal ausgeben. Deshalb ist es unseriös, einerseits eine klare Prioritätensetzung zu fordern und andererseits alles zu fordern, wie Sie es gerade getan haben. Es ist ziemlich billig, wenn man als Minister sagt, alles hänge mit allem zusammen, und man wolle alles haben, was wünschenswert ist. Das geht aber nicht, denn wir haben klare finanzpolitische Grenzen. Durch gigantische Projekte wie beispielsweise die Fehmarnbelt-Querung entstehen Finanzlöcher, die uns große Probleme bereiten. Mit dieser Antwort sind wir sehr unzufrieden, Herr Minister.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Matthiessen, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Thoroe?

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Redner haben deutlich gemacht, wie wichtig die norddeutsche Zusammenarbeit in diesem Bereich ist. Diese Auffassung teilen wir alle. Dabei verweise ich nochmals auf den Antrag, den der SSW in der vergangenen Wahlperiode hierzu gestellt hat. Jeder möge einmal darüber nachdenken, wie er oder sie darüber abgestimmt hat.

Was mich allerdings nach vorne gerufen hat, ist die Aussage, die der Herr Minister gemacht hat. Er hat nämlich gesagt, im Zusammenhang mit der Elbvertiefung und dem Nord-Ostsee-Kanal hätten wir ein Paket schnüren sollen. Ich frage mich aller

(Minister Jost de Jager)

dings: Was haben Sie getan? Welche Initiativen haben Sie ergriffen, Herr Minister? Wie haben Sie mit den Hamburgern und möglicherweise auch mit den Niedersachsen zusammengearbeitet, dass ein solches Paket zustande kommt? Welche Lobbyarbeit haben Sie für Norddeutschland gemacht, damit für beide großen Projekte ein Paket geschnürt wird, damit eine große Summe hierfür bereitgestellt wird und damit beide Projekte zeitnah umgesetzt werden?

Dabei will ich mich weder für noch gegen irgendein Projekt aussprechen. Wenn aber ein Minister sagt, wir hätten ein Paket schnüren müssen, dann erwarte ich, dass er das nicht nur im Nachhinein sagt, sondern dass er auch im Vorfeld daran denkt und entsprechende Initiativen ergreift. Herr Minister, sagen Sie uns doch einmal, welche Initiativen Sie ergriffen haben! Sagen Sie uns, wie die Hamburger auf Ihre Initiativen reagiert haben! Sagen Sie uns das, damit wir beim nächsten mal besser vorbereitet sind.

(Beifall beim SSW)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Arp.

Lieber Kollege Lars Harms, damit keine Legendenbildung entsteht, möchte ich Sie bitten, zu überlegen, was in den vergangenen Jahren in diesem Hause zu diesem Thema gesagt worden ist. Es war insbesondere das bürgerliche Lager, das für den Elbausbau und die Fahrrinnenanpassung eingetreten ist. Außerdem haben wir uns für den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals eingesetzt.

In beiden Fällen haben wir ganz klar eine Priorität gesetzt. Wir haben aber nie von einem Entwederoder gesprochen. Wir haben immer von einem Sowohl-als-auch gesprochen, weil das eine mit dem anderen zusammenhängt.

Der Minister hat deutlich gesagt, dass man das nicht voneinander trennen könne. Das habe ich vorhin in meiner Rede auch gesagt. Der Hamburger Hafen hat nur dann eine Chance, die Feederverkehre loszuwerden, wenn der Nord-Ostsee-Kanal ausgebaut wird.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass nicht weit von hier entfernt die Wasserund Schifffahrtsdirektion ihren Sitz hat, die gerade im Hinblick auf diese Prioritätensetzung eine hervorragende Arbeit leistet. Ich glaube, den Vorwurf

kann man nicht den Schleswig-Holsteinern machen, sondern das ist eine Sichtweise aus Berlin, wonach die Weser, die ich gar nicht in Schutz nehmen oder verteidigen möchte, genauso wie die Elbe zu behandeln sei. Zwischen Weser und Elbe gibt es aber einen großen Unterschied. Das kann man wahrscheinlich nur deshalb sagen, weil man von der Spree aus einen anderen Blick auf diese großen Wasserstraßen hat.

Es gibt aber überhaupt keinen Unterschied. Das eine hängt mit dem anderen direkt zusammen. Man kann das eine nicht von dem anderen trennen.

Herr Voß, Sie haben recht, dass für die Kanalschleusen Baurecht besteht. Dafür brauchen wir Geld. Für den Ostteil gibt es aber bisher kein Baurecht. Wir können nur hoffen, dass für einen Teil der Weser kein Baurecht erteilt wird. Wenn es aber dennoch so kommen sollte, dann werden wir uns mit unserem Einfluss, der größer ist als der Einfluss des SSW, der an der Landesgrenze von SchleswigHolstein endet, dafür einsetzen, dass diese zweijährige Sperre verkürzt wird.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Harms?

(Zuruf von der SPD: Du musst Ja sagen!)

- Ja, bitte. Gern, Frau Präsidentin.

Das war ein hilfreicher Hinweis, Herr Arp.

Er stand dort genauso teilnahmslos, wie die Landesregierung bei Verhandlungen steht.

Lieber Kollege Arp, teilen Sie meine Auffassung, dass es nicht in Ordnung ist, hinterher etwas zu monieren und zu sagen, dass es doch schön gewesen wäre, wenn man sich ein Paket hätte schnüren lassen, sondern dass es schlauer gewesen wäre, für dieses Paket gemeinsam mit den Hamburgern zu kämpfen?

Es stand nie die Frage eines Pakets im Raum. Beides ist prioritär zu behandeln. Es gab kein Entweder-oder. Beide standen auf der Prioritätenliste.

(Lars Harms)

Deshalb stand die Frage eines Pakets auch nicht im Raum.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne begrüßen wir Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative Kinderrechte. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes SchleswigHolstein

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW Drucksache 17/995

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1027

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile der Frau Abgeordneten Ursula Sassen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines der vorrangigen gesellschaftspolitischen Ziele ist es, sich um das Wohl unserer Kinder zu kümmern, ihre Rechte zu respektieren und Lebensbedingungen für sie zu schaffen, die ihnen die Chance geben, sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten zu entwickeln.

In der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein heißt es in Artikel 6 a:

„Kinder und Jugendliche stehen unter dem besonderen Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der anderen Träger der öffentlichen Verwaltung.“

Mit der über allem stehenden Formulierung im Grundgesetz, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und Kinder zweifelsfrei auch Träger von Rechten sind, kann man durchaus den Standpunkt vertreten, dass damit dem Schutzbedürfnis von Kindern und ihrem Anspruch auf kindgerechte Lebens

bedingungen Rechnung getragen wird. Mit der Verabschiedung des Kinderschutzgesetzes haben wir einen großen Schritt in die weitere Verbesserung des Kinderschutzes getan. Viele Maßnahmen zur Förderung der frühkindlichen Bildung und Betreuung sind trotz katastrophaler Haushaltslage weiterhin Schwerpunkte der Landespolitik.

Wir sind der Auffassung, dass in der Landesverfassung festgeschriebene Staatsziele einen herausragenden Stellenwert haben und nicht durch eine Überfrachtung der Landesverfassung mit Staatszielen nach Beliebigkeit an Bedeutung verlieren dürfen. Nicht ohne Grund ist für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Der Textvorschlag der Volksinitiative wurde in der Anhörung vom 27. Mai 2010 vom Rechtswissenschaftler der Freien Universität Berlin, Professor Dr. Christian Pestalozza, als nichts empfehlenswert angesehen. Ich zitiere mit Erlaubnis:

„Der Text liegt im landesweiten Trend, fügt sich in den Rahmen sowohl des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes als auch der EU-Charta der Grundrechte und verfolgt ein wichtiges und nachvollziehbares Anliegen. Einige Schwächen lassen es dennoch nicht angeraten erscheinen, ihn gegen den geltenden Artikel 6 a einzutauschen.“