Ich erteile der Berichterstatterin des Bildungsausschusses, der Frau Abgeordneten Sylvia Eisenberg, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat vor gut einem Jahr über den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN debattiert, mit dem die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft neu geregelt werden soll. Der Bildungsausschuss hat sich mehrfach mit dem Gesetzentwurf befasst und schriftliche Stellungnahmen eingeholt. In der Ausschusssitzung am 2. Oktober 2008 äußerte sich die Abgeordnete der Grünen enttäuscht darüber, dass es die Ko
alition bisher versäumt habe, eine transparente Formel für die Ersatzschulfinanzierung zu schaffen. Die Koalitionsfraktionen hielten dagegen, dass es mit dem Doppelhaushalt gelungen sei, die Bezuschussung der Schulen in freier Trägerschaft zu sichern.
Mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfiehlt der Bildungsausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1563 (neu) abzulehnen. Im Namen des Bildungsausschusses bitte ich Sie, der Beschlussempfehlung zuzustimmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.
Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Susanne Herold.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU hat ihre Pläne zur besseren Finanzausstattung der freien Schulen weder in Koalitionsgezänk untergehen lassen, noch fahren wir in dieser wichtigen Angelegenheit einen Hinhaltekurs, Frau Heinold.
Die Vertreter der Schulen in freien Trägerschaft treten zu Recht für eine „Besserstellung“ ihrer Einrichtungen ein. Hierbei erhalten sie die volle Unterstützung unserer Fraktion.
Aus den bisherigen Debatten habe ich mitgenommen, dass die Erhaltung der privaten deutschen Schulen allen Fraktionen dieses Landtags ein Anliegen ist.
Wir haben Kürzungen bei den Schulen in freier Trägerschaft für das Jahr 2008 gemeinsam abgewendet, und die Koalitionspartner haben mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 dafür gesorgt, dass eine tragfähige Lösung zur Existenzsicherung der freien Schulen gefunden wurde. Die Finanzierung unserer Privatschulen bleibt damit verlässlich und gewährt Planungssicherheit. So haben wir es mit den Vertretern der Schulen in freier Trägerschaft besprochen, so wird es auch von ihnen mitgetragen.
Die CDU hält es darüber hinaus weiterhin für erforderlich, dass die Schülerkostensätze für Privatschulen schrittweise auf 85 % angehoben werden.
Wir haben den Betroffenen in Gesprächen aber immer wieder deutlich gemacht, dass wir in der jetzigen Legislaturperiode keine Umsetzungschance sehen.
Angestrebt haben wir gemeinsam, zunächst die Systematik bei der Berechnung der Schülerkostensätze für die deutschen Privatschulen mit der Berechnung der Schülerkostensätze für den Dänischen Schulverein gleichzusetzen. Das empfiehlt ja auch der Landesrechnungshof. Diese Umstellung des Berechnungsmodus auf das jeweilige Vorjahr hätte jedoch für das Haushaltsjahr 2009 zur Folge gehabt, dass die Zuschüsse um rund 3 % gesunken wären. Deshalb wollen wir die für 2008 gefundene Regelung für den Doppelhaushalt 2009/2010 fortschreiben. Das geht nach unseren Berechnungen mit einer Erhöhung des Zuschusses um rund 2 % einher.
So habe ich es auf dem Tag der Waldorfschulen auf der Krusenkoppel für die CDU vertreten, und so wurde es von den dort anwesenden Schülerinnen und Schülern, Lehrern und Verbandsvertretern auch sehr positiv aufgenommen.
Der Gesetzentwurf, wie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegt, geht aber weit über unsere Zielsetzungen hinaus und ist mit weitaus höheren finanziellen Zusatzleistungen verbunden. Hier soll zum Beispiel ein Investitionszuschuss neu eingeführt werden. Während der Wartefrist sollen zudem bereits 50 % der Zuschüsse gezahlt werden. Aber Haushaltsberatungen sind für die Opposition bekanntlich immer eine Art Wunschkonzert. Wir als Regierungsfraktionen sehen uns jedoch in der Verantwortung, den freien Schulen praktikable und vor allen Dingen bezahlbare Lösungen anzubieten.
Wir brauchen Verfahren, die tatsächlich und langfristig zu einer Besserstellung der Privatschulen führen. Das muss mit Augenmaß und Weitblick passieren. Wir brauchen Lösungen, die für alle Zeiten dauerhaft, tragfähig und auch bezahlbar sind. Hier bleibt uns die Fraktion der Grünen Antworten schuldig.
Ich danke der Frau Abgeordneten Susanne Herold und erteile das Wort für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor einem Jahr haben wir bei der Förderung der deutschen Privatschulen eine Lösung gefunden, die wir interfraktionell getragen haben und die von den Privatschulen selbst auch akzeptiert wurde. Ein Dankeschön-Konzert vor wenigen Wochen hat uns das deutlich gemacht. Wir haben im letzten Jahr an dieser Stelle gemeinsam deutlich gemacht, dass die freien Schulen auch im kommenden Doppelhaushalt 2009/2010 Sicherheit haben werden und auf der gefundenen Basis sicher planen können.
Nun wissen wir ja, dass die Grünen, die feststellen mussten, dass ihr Antrag im Bildungsausschuss abgelehnt wurde, vielfach der Auffassung sind, dass die Eltern von Schülerinnen und Schülern an Privatschulen zu ihrem potenziellen Wählerklientel zählen. Das ist, glaube ich, Ihre Einschätzung, und aus dieser Einschätzung heraus verstehe ich auch, dass Sie den Antrag heute noch einmal debattieren und Zeichen setzen wollen: Liebe Leute in den Privatschulen, wir wollen euch besser fördern als andere. Dabei wissen Sie natürlich, dass Sie eine kleine Partei sind und sich immer in Koalitionen und in Gemeinsamkeit mit anderen einzuordnen haben.
Sie haben offenbar auch das Geld gefunden, um die Wartezeit faktisch auf ein Jahr zu verkürzen und Investitionskostenanteile zu zahlen. Ich weiß nicht, wo ihr Gegenvorschlag zur Finanzierung dieses Vorhabens liegt; vielleicht, wie gestern diskutiert, in einer Anhebung der Grunderwerbsteuer. Sagen Sie uns, wo Sie meinen, dieses zu finden.
Meine Damen und Herren, wir haben Verständnis dafür, dass die Verbände der Privatschulen eine Bezuschussung auf der Ebene von 100 % der aktuellen Schülerkostensätze fordern. Das habe ich auch im letzten Jahr deutlich gemacht. Aber wir haben eine andere Philosophie. Es wird seitens der Privatschulen immer auf eine bundesweite Rechtsprechung verwiesen. Ich möchte an dieser Stelle eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim erwähnen, der im Jahr 2000 festgestellt hat, dass ein Eigenfinanzierungsanteil von 20 % für die Eltern sozial verträglich ist.
Es mag, um ein anderes Problem der Rechtsprechung klarzumachen, sicherlich kein Staatsmonopol im Bereich der Schulbildung geben. Die Kernverantwortung für die Errichtung von Schulen liegt allerdings in den Händen des Staates, im Rahmen des Auftrages der Daseinsvorsage auch Schulen einzurichten, selbstverständlich überall, also auch auf Inseln und Halligen. Die Privatschulen - das wissen
wir - orientieren sich an Märkten. Wir finden sie in Schleswig-Holstein - ich beziehe nicht die Schulen des Dänischen Schulvereins ein - ausschließlich in verdichteten Räumen, also dort, wo auch die Märkte sind. Die Grundversorgung der Gesellschaft kann, so steht es schon im Grundgesetz, durch private Schulangebote ergänzt werden, wo Eltern ein Interesse an anderen pädagogischen Konzepten als an denen der öffentlichen Schulen haben. Solche Angebote wird es aus wirtschaftlichen Gründen nicht überall im Land geben können.
Meine Damen und Herren, das Haushaltsstrukturgesetz, über das wir im Dezember zu entscheiden haben, entlastet die Privatschulen durch eine Änderung zu § 122 des Schulgesetzes, indem die Abschläge bei den Sonderzahlungen, die die Lehrkräfte des öffentlichen Dienstes hinnehmen mussten, nicht zu Zuschusssenkungen für Privatschulen führen.
Wir haben den Antrag der Grünen ausführlich und mehrfach im Ausschuss beraten und uns dazu entschlossen, ihn abzulehnen. Ich bitte das Parlament daher, der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses zu folgen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Höppner und erteile das Wort für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schulen in freier Trägerschaft bereichern die schleswig-holsteinische Schullandschaft. Sie schaffen für Schüler und deren Eltern Wahlmöglichkeiten. Die Chance, zwischen unterschiedlichen Schulangeboten auswählen zu können, ist ein Freiheitsgewinn. Wer dem Zwang ausgesetzt wäre, nur ein einziges Schulangebot wahrnehmen zu können, der wäre in seinen Möglichkeiten stark eingeschränkt.
Die FDP ist deshalb aus den gleichen Gründen gegen die Einheitsschule, aus denen wir uns zugleich für bessere Existenzbedingungen und Gründungsvoraussetzungen für die Schulen in freier Trägerschaft einsetzen. Das sind für uns zwei Seiten ein und derselben Medaille, die mit dem Grundgedanken der Vielfalt und der Wahlmöglichkeiten im Schulangebot verbunden sind.
Trägerschaft strukturell reformiert werden. Dazu leistet der vorliegende Gesetzentwurf der Grünen einen wichtigen Beitrag. Ich habe bereits in der ersten Lesung ausführlich auf die Übereinstimmungen hingewiesen, die zwischen diesem Antrag und früher bereits von der FDP-Fraktion eingebrachten Gesetzentwürfen bestehen. Die erste unserer Initiativen reicht bereits in das Jahr 1993 zurück, und danach haben wir entsprechende Anträge bei jeder größeren Schulgesetznovelle wieder eingebracht, die hier im Landtag beraten worden ist.
Übereinstimmung im Hinblick auf eine Besserstellung der Schulen in freier Trägerschaft hat es in der Vergangenheit in einer Reihe von Punkten auch zwischen uns Liberalen und der Union gegeben. Derzeit ist die CDU allerdings an einen Koalitionspartner gebunden, der in den beiden Jahrzehnten seiner Regierungsverantwortung für die Schulpolitik geradezu in Serie Gesetzesänderungen zulasten der Schulen in freier Trägerschaft durchgesetzt hat. Das begann 1990 in Zeiten sozialdemokratischer Alleinregierung mit einer Absenkung des Fördersatzes von 85 auf 80 % der Kosten vergleichbarer staatlicher Schulen. Diese Verschlechterung will der heute vorliegende Gesetzentwurf korrigieren, und das ist wirklich gut so.
Ich will hinzufügen: Denkbar wäre aus unserer Sicht auch eine stufenweise, zeitlich gestreckte Heraufsetzung dieser Prozentsätze in Schritten von jeweils einem Prozentpunkt Jahr für Jahr. Ich glaube, dies hätten die Antragsteller, die Grünen, wenn denn die Große Koalition eine solche Lösungsmöglichkeit signalisiert hätte, gewiss auch als Kompromiss akzeptieren können. Aber die Große Koalition wollte das nicht, und das liegt vor allem an der herzlichen Abneigung der Sozialdemokraten gegen Schulen in freier Trägerschaft. Insoweit sind die Sozialdemokraten doch kompromisslosere Verfechter des Prinzips der „einen Schule für alle“, also faktisch der Einheitsschule, als es die Grünen sind; denn mit der sehr viel entgegenkommenderen Haltung zu nichtstaatlichen Schulen eröffnen die Grünen natürlich allen Eltern, die von der von den Grünen favorisierte staatlichen Einheitsschule nichts halten, einen privaten Ausweg.
Wie sehr eine linke Schulpolitik die Eltern zu einem solchen Ausweg hintreibt, kann man sehr gut im Bundesland Berlin beobachten. Dort gibt es bereits 100 Schulen in freier Trägerschaft, und dem Berliner Senat, derzeit von SPD und Linkspartei gestellt, liegen 50 weitere Neugründungsanträge vor. Schleswig-Holstein ist dagegen im Vergleich
dazu im Angebot an die Schulen in freier Trägerschaft, wenn man einmal den Sonderfall der dänischen Schulen außer Acht lässt, ein Entwicklungsland mit nur 25 allgemeinbildende Schulen in freier Trägerschaft. Es sind elf Waldorfschulen und 14 andere. Kein anderes Bundesland hat einen so niedrigen Schüleranteil in freien Schulen wie Schleswig-Holstein. Freilich ist auch bei uns die wachsende Tendenz zur Gründung freier Schulen spürbar.
Ich kann dazu nur feststellen: Linke Schulpolitik, die das gegliederte Schulwesen im öffentlichen Sektor zerstört oder - zum Beispiel auch durch eine fortgesetzte Benachteiligung der Gymnasien - im Wege der Salamitaktik aushöhlt, ist das beste Förderkonzept zur Vermehrung von Privatschulen, das man sich vorstellen kann.
Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes bietet insoweit eine Art bürgerliches Selbstverteidigungsrecht gegen eine verfehlte staatliche Schulpolitik.
Dies demonstriert übrigens auch der Blick über den nationalen Tellerrand. Schauen Sie nach Großbritannien. Im Juni veröffentlichte die BBC eine Umfrage. 57 % der britischen Eltern wünschen sich für ihre Kinder eine Privatschule, nur 7 % können es sich leisten, weil es in Großbritannien keine öffentliche Finanzhilfe gibt, wie sie das Bundesverfassungsgericht für Deutschland in seiner Rechtsprechung als unabdingbar konstituiert hat. In Großbritannien gibt es das nicht, und deshalb ist dort der Zugang zu den Privatschulen wirklich etwas sehr Exklusives für die wirklich Wohlhabenden.