Protocol of the Session on November 13, 2008

Dies demonstriert übrigens auch der Blick über den nationalen Tellerrand. Schauen Sie nach Großbritannien. Im Juni veröffentlichte die BBC eine Umfrage. 57 % der britischen Eltern wünschen sich für ihre Kinder eine Privatschule, nur 7 % können es sich leisten, weil es in Großbritannien keine öffentliche Finanzhilfe gibt, wie sie das Bundesverfassungsgericht für Deutschland in seiner Rechtsprechung als unabdingbar konstituiert hat. In Großbritannien gibt es das nicht, und deshalb ist dort der Zugang zu den Privatschulen wirklich etwas sehr Exklusives für die wirklich Wohlhabenden.

Ganz kurz noch zum Schluss: Die Diskussion zu diesem BBC-Beitrag ist wirklich interessant. Einer der Teilnehmer wies darauf hin, dass man sich doch einmal jene Landesteile anschauen sollte,

Herr Dr. Klug, Ihre Redezeit!

- ich komme zum letzten Satz - wo sich noch einige Grammar Schools, also englische Gymnasien, gehalten haben. Dort sei, so sagt er, der Drang weg aus dem öffentlichen Schulwesen keineswegs so stark spürbar. Er sagt dann:

„Das Gesamtschulsystem und dessen egalitäres Leitbild wirken seit langem als Rekrutierungssergeants für die Privatschulen: ein

(Dr. Ekkehard Klug)

wahrhaft glänzendes sozialistisches Ziel eigener Art.“

Ich finde, damit hat dieser politische Staatsbürger den Nagel wirklich auf den Kopf getroffen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort für einen Beitrag für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält die Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines vorweg: Gerade die Waldorfschulen sind die Vorreiter der Gemeinschaftsschule, Herr Klug. Dort findet gemeinsames Lernen statt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor über einem Jahr haben wir Grünen einen Entwurf zur Reform des Schulgesetzes für Schulen in freier Trägerschaft in den Landtag eingebracht. Dieses Gesetz hatte zwei Ziele. Das Schulgesetz sollte transparent und verständlich werden, und die deutschen Schulen in freier Trägerschaft sollten finanziell bessergestellt werden.

Wir hatten uns damit einverstanden erklärt, den Fraktionen viel Zeit für die Beratung zu lassen, weil sowohl SPD als auch CDU deutlich gemacht hatten, dass es Handlungsbedarf gibt. So erklärte beispielsweise Landtagspräsident Kayenburg in der „Wilsterschen Zeitung“ vom 19. Oktober 2007, dass die Grundlagenberechnung, wie sich die Schulkosten zusammensetzen, nicht eindeutig nachvollziehbar seien.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wo er recht hat, hat er recht!)

Im „Flensburger Tageblatt“ vom 24. September 2007 kündigte die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Frau Herold, einen eigenen Gesetzentwurf für Schulen in freier Trägerschaft an, um, so sagte sie, der Bedeutung und dem Stellenwert privater Schulen Rechnung zu tragen.

Frau Herold, ich frage Sie: Was ist aus Ihrem eigenen Gesetzentwurf geworden? Bei mir ist er nicht angekommen.

(Zuruf von der CDU)

Das bestehende Gesetz entbehrt jeglicher Logik. Es ist genauso transparent wie eine Betontür.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch müssen wir nach einem Jahr Beratung feststellen: Die Große Koalition verweigert die notwendige Generalüberholung des Gesetzes und schafft wieder einmal nicht mehr als Flickschusterei. So wird zwar im Rahmen der Haushaltsplanberatungen verankert, dass Kürzungen, wie im letzen Jahr ursprünglich geplant, zukünftig ausgeschlossen werden, aber die notwendige finanzielle Verbesserung der Schulen bleibt aus.

Letzte Woche hat sich das „Forum Sozial“, ein Zusammenschluss der Schulen in freier Trägerschaft wie Lernwerft, Leibnitzschule oder Schülerschule Schenefeld, an den Landtag gewandt und nüchtern festgestellt: Die Förderung der Schulen in freier Trägerschaft muss zeitlich eng mit den tatsächlichen Kostenentwicklungen im Personalund Sachbereich verbunden werden. Das „Forum Sozial“ befürchtet bei der jetzigen Regelung eine Existenzgefährdung der Schulen.

In der durchgeführten Anhörung hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen schon vor einem Jahr deutlich gemacht, dass sie unseren Gesetzentwurf in der Zielsetzung begrüßt, da er viele ihrer Forderungen aufgreift und einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Situation der Schulen in freier Trägerschaft leistet.

Meine Damen und Herren, ich kann nachvollziehen, dass angesichts der klammen Landeskasse keine Goldklinken versprochen werden. Es dürfen aber auch keine bestehenden Strukturen kaputtgespart werden. Mir ist unbegreiflich, warum sich CDU und SPD verweigern, wenn es darum geht, ein Gesetz zu entrümpeln und im Sinn der Bürgerfreundlichkeit transparent zu gestalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da muss man ja fast vermuten, dass Sie, meine Damen und Herren, die Transparenz fürchten, weil bestehende Ungerechtigkeiten sonst überdeutlich würden.

(Beifall bei FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, bei der Förderung von Privatschulen geht es auch immer um die Debatte, ob wir damit die Spaltung der Gesellschaft vertiefen. Dazu sage ich: Wenn aus Privatschulen teure Eliteschulen werden, dann wird das so sein. Aber wenn wir Privatschulen und staatliche Schulen gleichstellen und allen Kindern ermöglichen, die Schule ihrer Wahl zu besuchen, dann ist das keine Spaltung der Gesellschaft, sondern eine Bereicherung des Schulwesens insgesamt.

(Dr. Ekkehard Klug)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Das Stichwort ist hier der Bildungsgutschein, mit dem der Zugang zu allen Schulen für alle Kinder sichergestellt wäre.

Herr Neugebauer, ich mag Träume, und ich bin stolz darauf, dass ich noch Träume habe. Ich sage Ihnen: Fahren Sie nach Skandinavien und schauen Sie sich dort die Gleichstellung von Schulen an, die kommunal sind und die unterschiedliche Träger haben. Dort ist es selbstverständlich ist, sich für die eine oder die andere Schule entscheiden zu können, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier in Schleswig-Holstein scheint dies noch ein langer Weg zu sein. Nun kommt es erst einmal darauf an, die Schulen nicht am langen Arm verhungern zu lassen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Henning Höpp- ner [SPD])

- Wir werden in den nächsten Jahren sehen, wie sich das weiterentwickelt. - Der heutige Tag ist kein guter Tag für die Schulen in freier Trägerschaft. Mit der heutigen Ablehnung unseres Gesetzentwurfs durch die Große Koalition wird die Chance auf eine gerechte und transparente Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft wahrscheinlich über Jahre hinweg vertan. Schade.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Heinold und erteile jetzt für den SSW dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor fast genau einem Jahr, am 12. Dezember 2007, haben wir hier an gleicher Steller über die Finanzierungslücken der Privatschulen gesprochen. Wir haben uns seitdem lediglich kalendarisch nach vorn bewegt. Die Situation der Schulen in freier Trägerschaft hat sich dagegen nicht geändert. Sie ist weiterhin nicht gerade komfortabel.

Die Kostenberechnung der Privatschulen, wie sie im Haushaltsplanentwurf vorgeschlagen wird, ori

entiert sich weiterhin am statistischen Material aus dem Jahr 2001. Durch diese überholte Kostengrundlage werden die Schulen gezwungen, die seitdem aufgelaufenen Kostensteigerungen vor allem im Energiebereich aus eigenen Mitteln, also über die Elternbeiträge, zu schultern. Auch der Schülerkostensatz der Schulen in freier Trägerschaft berücksichtigt keine tatsächlichen Kosten, sondern ist seit 2005 eingefroren, was nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen nominell dem Berechnungssatz aus dem Jahr 1994 entspricht.

Dies ist eine unhaltbare Situation, die in unserem Land 6.200 Schüler und Schülerinnen an allgemeinbildenden Privatschulen betrifft.

(Beifall bei SSW und FDP)

Dazu kommen noch einmal circa 1.800 Schülerinnen und Schüler an privaten berufsbildenden Schulen.

Diese Zahlen aus einer Antwort der Bildungsministerin auf eine Kleine Anfrage vom Januar dieses Jahres zeigen, wie groß die Bedeutung der Schulen in freier Trägerschaft tatsächlich ist. Sie sind ein wichtiges Standbein in der Schullandschaft, wie auch die Ministerin immer wieder betont.

Noch in der Landtagsdebatte Ende 2007 hat die Ministerin beteuert, dass die Finanzierungsprobleme der Privatschulen lediglich mit fehlenden aktuellen Schülerzahlen und eben nicht mit der Haushaltslage zusammenhingen. Privatschulen sind aber keine unerwünschte Konkurrenz zu öffentlichen Schulen, wie die Ministerin vielleicht denkt, sondern stellen eine Bereicherung dar. Viele Ideen und pädagogische Verfahren, die dort entwickelt wurden, haben mittlerweile Einzug in die Regelschulen gehalten. Neben dieser inhaltlichen Bereicherung stehen die Privatschulen aber vor allem für Wahlfreiheit. Diese Wahlfreiheit sollten wir erhalten und nicht hinterrücks torpedieren.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Herr Kollege Klug, „links“ bedeutet nicht unbedingt Gleichmacherei, sondern „links“ bedeutet insbesondere Gleichbehandlung. Insoweit müsste man die Sozialdemokratie auffordern, diese Schulen und damit die Schüler gleich zu behandeln. Das wäre echte linke Politik. Daran sollten wir sie immer wieder erinnern.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Monika Heinold)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung für einen Kurzbeitrag dem Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner das Wort.