Protocol of the Session on December 17, 2004

(Beifall bei der FDP)

Erst am Mittwoch ist die Entscheidung im Vermittlungsausschuss wieder vertagt worden, weil keine Einigung über das umstrittene Gesetz erreicht werden konnte. Schuld daran ist vor allem der bockbeinige Grüne an der Spitze des Umweltministeriums. Ich glaube, sein Name ist Trittin. Er will seinen Frontalangriff auf bäuerliche Existenzen weiter fortführen und sich nicht vom Weg der Unvernunft abbringen lassen. Leider muss man das hier so deutlich sagen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es wird alles Mögliche als Vehikel benutzt, um letztlich der Landwirtschaft zu schaden. Er will den Ackerbau in festgelegten Überschwemmungsgebieten ab 2013 komplett verbieten lassen. Das ist unverhältnismäßiger Unsinn. Es ist insbesondere vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass auf Äckern wegen der niedrigen Abflusswerte mehr Regen versickert als auf magerem und extensiv genutztem Grünland.

Bundesweit - es handelt sich hier um ein Bundesgesetz - haben viele Betriebe für Grünland keinerlei Nutzungsmöglichkeiten und die wirtschaftlichen Folgen eines Ackerbauverbotes würden die Existenz

(Günther Hildebrand)

vieler landwirtschaftlicher Betriebe gefährden. Wir halten diese einseitige Sicht der Dinge für fatal. Dabei stehen die Landwirte einem gezielten Hochwasserschutz sehr aufgeschlossen gegenüber. Sie haben sehr wohl auch Lehren aus dem Jahrhunderthochwasser gezogen.

So ist es ein zentrales Anliegen des Deutschen Bauernverbandes, die steigende Versiegelung der Landwirtschaft zurückzudrängen. Der DBV unterstützt auch nachdrücklich die Forderung des Rates für Nachhaltige Entwicklung, den Flächenverbrauch durch Versiegelung von rund 120 ha pro Tag auf 30 ha zurückzudrängen. Es sind im Übrigen nicht die Bauern, die diese Flächen versiegeln.

Liebe Grüne, reden Sie doch einfach einmal mit diesen Landwirten! Reden Sie doch auch einmal mit Menschen, die nicht im grünen Saft schmoren und hören Sie auf diejenigen, die keine grüne Ideologie in dieser Gesellschaft vertreten! Bei der Landwirtschaft wird das augenscheinlicher als anderswo. Die Landwirte, die nicht so produzieren, wie es einem grünen Weltbild entspricht, werden durch Trittin und Müller mit Auflagen gegängelt, geknebelt und letztlich wirtschaftlich erstickt.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat aber auch gravierende Auswirkungen auf die Planungshoheit der Kommunen. Er erschwert damit wirtschaftliche und soziale Entwicklungsmöglichkeiten. Kurzum, der trittinsche Gesetzentwurf zum vorbeugenden Hochwasserschutz gehört in der augenblicklichen Fassung in die parlamentarische Mülltonne. Wir alle können nur hoffen. Ich bitte den Umweltminister inständig, im Vermittlungsausschuss dafür Sorge zu tragen, dass auch die Landwirte weiterhin ihre Möglichkeiten der Bewirtschaftung nutzen können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es ein starkes Stück von der CDU, hier einen so schlichten Antrag vorzulegen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Er lautet:

„Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, im Bundesrat das Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes abzulehnen.“

Mehr nicht. Das ist eine extrem arbeitsextensive Politik. Es wird nicht gesagt, welche einzelnen Regelungen in dem Gesetzentwurf aus Sicht der CDU zu ändern seien. Was will die CDU, muss man sich fragen. Es bleibt nur eine Antwort: Die CDU will keine Regelungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz. Sie lehnt das Gesetz nicht in Teilen ab, sondern im Ganzen. Die CDU legt auch keine Alternative vor. Die CDU will keine Regelung zum Hochwasserschutz treffen. Offensichtlich ist Ihnen das Thema Hochwasserschutz egal, meine Damen und Herren von der Opposition!

Bei den Überschwemmungen der Vergangenheit wurde doch eines überdeutlich: Die Ursachen sind Folgen von Fehlentscheidungen der Menschen. Es wurde auf der einen Seite der Wasserrückhalt vernachlässigt, das heißt, dass der Verlauf vom Regentropfen auf dem Boden irgendwo in der Landschaft bis zur dadurch ausgelösten Wasserstandserhöhung an den Messpegeln unserer Flüsse viel zu schnell geht.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Müller, wenn Sie Ihre Kamera an anderer Stelle ausprobieren könnten, dann wäre Ihnen das Haus dankbar.

Auf der anderen Seite steht die Nutzung von Überschwemmungsgebieten, die die Hochwasserereignisse so teuer machen. Eine überschwemmte Wiese tut niemandem weh. Ein überschwemmtes Haus mit auslaufendem Öltank, ein abgesoffenes Auto, eine unterspülte Straße, eine weggerissene Brücke - diese Dinge gehen ins Geld. Wir müssen also in zwei Richtungen Vorsorge betreiben: Wir brauchen eine wirksame Ablaufverzögerung durch Schaffung von Retentionsräumen und wasserbauliche Maßnahmen. Dazu gehört auch die Renaturierung von Fließgewässern. Mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wird sich hier viel Gutes tun lassen. Dazu gehört auch eine entsprechende Landnutzung. Ich kann nur vermuten, weil Sie, Herr Ehlers, dies nicht schriftlich begründet haben, dass bei Ihnen dort das Konfliktpotential zu suchen ist.

(Claus Ehlers [CDU]: Dann haben Sie bei meiner Rede nicht zugehört!)

(Detlef Matthiessen)

- Es wäre besser, wenn Sie so etwas in Zukunft aufschrieben. Eine Weide hält jedenfalls mehr Wasser zurück als ein blanker Acker. Es muss endlich Schluss gemacht werden mit Siedlungen in Überschwemmungsgebieten, der ungeeigneten Nutzung von Überschwemmungsgebieten und auch der Nutzung von gefährdeten Gebieten. Das mag in Gemeinden wie Lauenburg oder Kellinghusen bedauert werden. Gleichzeitig ist der Ruf aus solchen Regionen nach öffentlicher Hilfe im Fall von Schäden durch Überschwemmungen umso lauter. Mit solchen Fehlentwicklungen muss endlich Schluss sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Der Text des Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes steht noch gar nicht fest. Daher können wir auch gar nicht wissen, über was wir hier im hohen Hause letztlich streiten sollen. Gleichwohl stellt die CDU einen Antrag auf Ablehnung. Das ist nur so zu erklären: Der Antragsteller vertritt hier als Erfüllungsgehilfe des Bauernverbandes dessen vermeintliches Interesse und die ganze CDU-Fraktion macht dieses Spiel mit. Wir werden daher den Antrag auf Ablehnung ablehnen.

(Claus Ehlers [CDU]: Damit haben wir ge- rechnet!)

Heute früh noch die Weihnachtsfeier meiner Fraktion, heute Vormittag im Landtag das Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes, so schwer kann Politik sein!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre haben überdeutlich gemacht, dass in der Vergangenheit bei der Erschließung von Gewerbegebieten, bei der Erschließung von Baugebieten, bei der Begradigung von Flüssen und bei vielen anderen Maßnahmen kaum nachhaltig geplant wurde. Das Ergebnis ist, dass wir jetzt korrigieren müssen, damit es in Zukunft nicht noch schlimmer wird und wir irgendwann vielleicht einmal wieder von Fortschritten sprechen können.

Wir haben hier im Landtag festgestellt, dass vor allem zwei Maßnahmen dringend notwendig sind. Erstens müssen wir die Rechtsgrundlagen so ändern, dass

dem Hochwasserschutz bei zukünftigen Planungen ein gebührender Raum eingeräumt wird. Zweitens müssen wir versuchen, eine überregionale Planung aufzubauen, die es ermöglicht, die Entwicklung von hochwassergefährdeten Landschaften nachhaltig zu planen. Beides soll durch den Gesetzentwurf auf Bundesebene erreicht werden.

Die vorgeschlagenen Änderungen zum § 31 a des Wasserhaushaltsgesetzes schreiben genau vor, dass der schadlose Wasserabfluss gewährleistet sein muss. Das ist eine Forderung, die sich aus der klassischen Wasserwirtschaft ableitet und nicht neu ist. Neu ist, dass Überschwemmungsgebiete definiert werden und diese zu schützen sind, um Hochwasserschäden zu mindern. Bei Maßnahmen in den Überschwemmungsgebieten geht es ausdrücklich um Maßnahmen zur Minimierung von Hochwasserschäden in diesen Gebieten und um nichts anderes sonst. Auch das ist ein Ansatz, der durchaus nachvollziehbar ist.

Weiter will man keine bisher bestehenden Nutzungen einschränken oder bauliche Maßnahmen für die einzelnen Besitzer von Immobilien vorschreiben, sondern man richtet sich ausdrücklich auf die Zukunft aus. Das heißt, dass zukünftige Nutzungen in diesen Überschwemmungsgebieten vorher vor dem Hintergrund der möglichen Hochwasserszenarien zu überprüfen sind und gegebenenfalls auch Genehmigungen hierfür zu versagen sind. Auch dies sehen wir genauso.

Ich möchte darauf hinweisen, dass viele Regelungen ausdrücklich durch Landesrecht geschaffen werden sollen. So ist zum Beispiel nach § 31 b Wasserhaushaltsgesetz landesrechtlich eine Verpflichtung zu regeln, nach der der Ackerbau in Überschwemmungsgebieten bis zum 31. Dezember 2012 einzustellen ist. Hier muss ganz dringend nachgebessert werden und gegebenenfalls muss auch auf Landesebene mit Ruhe und Vernunft gehandelt werden. Ein landwirtschaftlicher Betrieb lässt sich nicht so einfach umsiedeln. Daher glaube ich, dass man zwar anstreben kann, landwirtschaftliche Flächen aus der Nutzung herauszunehmen, dass man dies aber eher mit Angeboten tun sollte, mit Vertragsnaturschutz, dass man nicht die Menschen zwingen darf, ihr Land zu verlassen.

Im Übrigen sagt der Gesetzentwurf dann noch, dass die Länder den Ausgleich für etwaige wirtschaftliche Nachteile zu regeln haben. Da kann also durchaus auch noch eine Kostenlawine auf uns zukommen. Auch diese Regelung ist noch nicht so ganz richtig ausgegoren.

(Lars Harms)

Vernünftig wiederum ist, dass keine neuen Baugebiete in Überschwemmungsgebieten ausgewiesen werden dürfen. Ich glaube, dass eine solche Regelung dringend notwendig ist, weil wir nicht auf die Vernunft in den einzelnen Kommunen hoffen dürfen. Oft sind Baugebiete und Einkommensteuereinnahmen von den Menschen, die sich dort ansiedeln, die einzigen durch die Gemeinde selbst zu steuernden größeren Einnahmequellen. Bei der heutigen Finanznot der Kommunen ist es nur allzu menschlich und verständlich, wenn die Kommunen alles daransetzen, Baugebiete auszuweisen, auch wenn dies eigentlich in den eigenen kommunalen Grenzen nur wenig Sinn macht. Hier muss der Gesetzgeber im Sinne des Hochwasserschutzes handeln.

Deshalb darf man auch nicht nur die Rechtsgrundlagen schaffen, sondern man muss auch dafür sorgen, dass Hochwasserschutzpläne aufgestellt werden. Auch das soll in Zukunft durch die Länder geregelt werden. Hier sollen in Flussgebieten auch grenzüberschreitende Einheiten geplant werden. Auch diesen Ansatz begrüßt der SSW ausdrücklich.

Der Gesetzentwurf ist sicherlich noch verbesserungsbedürftig, vor allem was die landwirtschaftliche Nutzung anbelangt. Aber er enthält auch einige wichtige Weichenstellungen für den aktiven Hochwasserschutz. Deshalb sollte man ihn nicht ablehnen, sondern ihn noch verbessern. Wir haben, wie Kollege Jacobs gerade gesagt hat, die Chance, dies im Vermittlungsausschuss noch hinzubekommen. Hierzu fordere ich auch die Landesregierung und natürlich unsere Vertreter auf. Es geht nicht um Ablehnung, sondern um Verbesserung des vorliegenden Entwurfes.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf neue Gäste begrüßen, nämlich die Schülerinnen und Schüler der Tim-Kröger-Realschule aus Kiel. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Wir fahren dann fort mit der Landesregierung. Das Wort hat der zuständige Minister Müller.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Lieber Claus Ehlers, die Diskussion über die Beteiligung im Umweltbereich ist vor wenigen Wochen noch von Ihrem Schat

tenminister, Herrn von Boetticher, ausdrücklich gelobt worden.

(Holger Astrup [SPD]: Von wem?)

- Ich weiß, du kennst ihn nicht, Holger. Ich erzähle es dir nachher noch einmal. - Ein sehr honoriger Mensch aus Pinneberg. Er hat ausdrücklich betont - das hatte etwas mit Stil zu tun -, dass das heute schon die Praxis dieser Landesregierung bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist, von Anfang an zu beginnen, alle Menschen mit einzubeziehen. Das wird selbst von seinem Präsidenten, Herrn Steensen, ausdrücklich anerkannt. Das ist Realität in dieser Umweltpolitik, Realität der Arbeit dieser Landesregierung.

(Zuruf von Claus Ehlers [CDU])