Protocol of the Session on December 17, 2004

(Zuruf von Claus Ehlers [CDU])

Darauf, lieber Claus Ehlers, bezog sich auch die Presse, die du richtig zitiert hast.

Zum Thema der heutigen Sitzung! Gerade SchleswigHolstein ist ein Unterlieger. Als Unterlieger sind wird existenziell darauf angewiesen, dass wir bundesweit Mindeststandards in der Frage des Hochwasserschutzes haben.

(Beifall beim SSW)

Wir können uns vieles wünschen, wir können um vieles bitten, wir können für vieles mit Überzeugung werben. Aber wenn die Oberlieger darauf nicht eingehen, sind wir es, denen das Wasser bis zum Halse steht. Ich will an der Stelle noch einmal ausdrücklich Brandenburg danken, dass sie vor zwei Jahren die Polder geöffnet haben, um uns die Katastrophe zu ersparen. Ich habe am Deich gestanden. Bei mir stand das Wasser bis kurz vor den Füßen. Claus Ehlers, ich weiß nicht, ob dir das schon wieder entfallen ist.

(Claus Ehlers [CDU]: Darum geht es doch gar nicht!)

Das bedingt ein Hochwasserschutzgesetz. Ich bin dankbar dafür, dass die Bundesregierung das in toto auf den Weg gebracht hat, mit Unterstützung des Umweltministers, mit Unterstützung des Bundeskanzlers und der beiden Fraktionen in Berlin. Darum ist es notwendig, hier etwas zu regeln. Ich habe unzählige Diskussionen mit Herrn Flath aus Sachsen, mit Herrn Sklenar aus Thüringen, mit Frau Wernicke aus Sachsen-Anhalt geführt. Die tun sich schwer, obwohl es richtig ist: Man muss im Hochwasserbereich den Menschen auch etwas zumuten. Denn wenn die Flut da ist, kann man nicht mehr bitten, dann muss man handeln. Das ist genauso wie bei der inneren Sicherheit. Niemand aus der CDU würde sagen, dann fan

(Minister Klaus Müller)

gen wir erst einmal an zu reden, wenn die Katastrophe bereits da ist.

Darum - mit Verlaub - ist euer Antrag heute ausgesprochen dünn. Das sind ganze zwei Zeilen. Wenn jemand aufgeschrieben oder gesagt hätte, einzelne Regelungen müsse man noch einmal ansprechen, lieber Claus Ehlers, darüber hätten wir im Ausschuss jederzeit reden können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Aber generell zu sagen, wir brauchen kein Hochwasserschutzgesetz, so wie es vorliegt, ist zu einfach. Das ignoriert 9 Milliarden € Schäden! Das ist das, was diese Volkswirtschaft dafür bezahlen musste, dass in der Vergangenheit nicht vorgesorgt wurde. Deshalb muss ich deutlich sagen: Ich finde das enttäuschend. Wenn das das Niveau ist, mit dem sich jemand hier auf eine Regierungsübernahme vorbereitet, dann kann ich nur sagen: Bitte versenkt es ganz schnell; denn dies ist peinlich für die politische Klasse.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Aber noch ein Satz: Ich habe hier eine Pressemitteilung vom 24. September, unterschrieben vom Bundestagsabgeordneten Peter Harry Carstensen, vorliegen. Darin heißt es wörtlich: „Die Union ist sich daher einig, keinem Ackerbauverbot und auch keinerlei Beschränkungen zuzustimmen.“ Zitat Herr Carstensen. So funktioniert Hochwasserschutzpolitik nicht. Da sind selbst die Länder, die von der CDU regiert werden, weiter als diese Aussage.

Ich kann nur hoffen, dass die CDU im Landtag von Schleswig-Holstein weiß: Nach der Flut ist vor der Flut. Die nächste Katastrophe wird kommen. Darauf müssen wir vorbereitet sein, besser als bisher. Dazu steht diese Landesregierung mit Investitionen in die Deiche - dafür haben wir viel Geld aufgewandt und es ist richtig, das zu tun -, aber auch mit vorsorgender Politik.

Damit hier kein Popanz aufgebaut wird: Es geht nicht darum, dass alle Äcker gesperrt werden. Es geht noch nicht einmal darum, komplette Überschwemmungsgebiete für den Ackerbau einzuschränken. Es geht lediglich um die Diskussion darüber, was in erosionsgefährdeten Bereichen zu tun ist. Das ist die einzige Diskussion. Der Vermittlungsausschuss ist bereits viel weiter in seinen Beratungen, als es bisher bei der CDU-Landtagsfraktion angekommen ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich danke für die zügige Beratung. Dann treten wir in die Abstimmung ein. Die Frage ist: Wird Ausschussüberweisung oder Abstimmung in der Sache beantragt?

(Zuruf: Abstimmung in der Sache!)

- Es ist Abstimmung in der Sache beantragt.

Wer dem Antrag Drucksache 15/3846 seine Zustimmung geben will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/3846, mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Stimmenthaltung der FDP gegen die Stimmen der CDU abgelehnt. Der Tagesordnungspunkt ist erledigt.

Es ist jetzt 12:40 Uhr. Können wir noch Tagesordnungspunkt 44 behandeln?

(Zurufe: Ja, ja!)

- Ja. Bevor ich diesen Punkt aufrufe, möchte ich Ihnen zur Kenntnis geben, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN alle, die mögen, zum vorweihnachtlichen Abschlusstreffen auf dem Fraktionsflur hier im Hause einlädt. Im Anschluss an die Beratungen der Vormittagssitzung wird dort ein vorweihnachtliches Abschlusstreffen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stattfinden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 44 auf:

Tierschutz in Schleswig-Holstein 2004 Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3737

Ich erteile zunächst für die Landesregierung dem zuständigen Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft, Herrn Müller, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Die gesellschaftliche Einstellung zum Tier und insbesondere auch die Frage des Umgangs mit Nutztieren haben sich zum Glück verändert. Verbraucherinnen und Verbraucher beobachten sensibel die Entwicklung der modernen Nutztierhaltung, auch aufgerüttelt durch Berichte über teilweise skandalöse Haltungsbedingungen. Die Stellung des Tieres in der nationalen Rechtssetzung ist diesem Prozess kontinuierlich gefolgt. Das bringt zum Ausdruck, dass der Mensch dem Tier als Mitgeschöpf zu Schutz und Fürsorge verpflichtet ist.

(Unruhe)

(Minister Klaus Müller)

Der Tierschutzbericht Schleswig-Holstein 2004 zeigt, dass unser Bundesland hier eine Vorreiterrolle eingenommen hat, und darauf können wir alle stolz sein.

Lassen Sie mich Ihnen einige wenige Beispiele nennen. Bereits im Jahr 2000 hat sich unser Land dafür eingesetzt - was im Sommer 2002 nach schier endloser Diskussion Wirklichkeit geworden ist -, den Tierschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Dennoch wird den Tieren immer noch kein gesetzlicher Vertreter zugestanden, der zu ihren Gunsten auch klagen oder ihre Interessen geltend machen kann. Deshalb hat Schleswig-Holstein einen Gesetzentwurf zum Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen im Bundesrat eingebracht; wir werden weiter am Ball bleiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Schleswig-Holstein hat sich auch für die Haltungsbedingungen vieler Tiere an vielen Punkten einsetzen und diese auch verbessern können. Pferde dürfen in Schleswig-Holstein seit Dezember 2002 nicht mehr dauerhaft in Anbindehaltung gehalten werden, weil dies die Tiere in ihrer Bewegungsfreiheit stark einschränken würde, sodass schwerwiegende Verhaltens-, aber auch Gesundheitsstörungen eintreten würden.

Als im Jahre 2001 die Schweinehaltungsverordnung des Bundes für nichtig erklärt wurde, haben wir die Lücke in Schleswig-Holstein umgehend mit einem fundierten Erlass zur art- und verhaltensgerechten Haltung von Schweinen geschlossen. Inzwischen haben übrigens viele Schweinehalter trotzdem investiert. Eine Reihe von Unkenrufen - leider aus Reihen des Bauernverbandes - haben sich somit wieder einmal als falsch erwiesen.

Leider blockiert eine Reihe von Bundesländern nach wie vor das Verfahren zum Erlass einer neuen Schweinehaltungsverordnung, mit der etwas merkwürdigen Forderung, die Käfighaltung von Hennen doch wieder unbefristet zuzulassen - eine Position, die wir falsch finden.

(Beifall der Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Konrad Nabel [SPD])

Schleswig-Holstein hat die strengsten Tierschutzauflagen für die Pelztierzucht und -haltung. Ich weiß eine breite Mehrheit des Landtages hinter dieser Forderung. Das Ziel, Pelztierzucht und -haltung in ganz Deutschland zu beenden, haben wir über eine Bundesratsinitiative im Herbst 2001 angeschoben.

Wir haben auch die hessische Bundesratsinitiative zum Verbot der Haltung von Affen, Bären und Elefanten in Zirkussen unterstützt. Ein Verbot bestimmter wild lebender Tierarten in Zirkussen ist überfällig. Wir haben das hier schon einmal diskutiert.

Seit zehn Jahren vergibt Schleswig-Holstein den Landespreis für tiergerechte Haltung. Er dient als Anerkennung für Vorreiter und soll anderen Betrieben Mut machen, einen ähnlichen Weg zu gehen. Dieses Jahr hatten wir die Ehre, gemeinsam mit der Bischöfin der Nordelbischen Kirche, Frau Bärbel WartenbergPotter, drei Preisträger unseres Landes auszuzeichnen.

Auch die Unterstützung des ehrenamtlichen Tierschutzes ist eine zentrale Aufgabe. Ich freue mich, dass schleswig-holsteinische Tierheime durch das Zukunftsinvestitionsprogramm der Landesregierung auch in den Jahren 2004 bis 2006 wieder mit 100.000 € für investive Maßnahmen unterstützt werden können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Friedrich-Carl Wo- darz [SPD])

Zu den wichtigsten Tierschutzmaßnahmen gehört nach meiner Meinung die Aufgabe, Tierversuche zu verringern und Alternativen für Tierversuche weiterzuentwickeln. Darum haben wir im November 2003 bereits zum zweiten Mal den Tierschutzpreis des Landes Schleswig-Holsteins für besondere Verdienste um die Erforschung und Weiterentwicklung von Alternativen zu Tierversuchen verliehen. Seit diesem Jahr wird in Schleswig-Holstein als erstem Bundesland der Schadstoffgehalt gereinigter Abwässer nicht mehr mit lebenden Fischen, den Goldorfen, überprüft. Auf unser Drängen wird der Bundesumweltminister das Abwasserabgabengesetz entsprechend anpassen.

Verehrte Damen und Herren, wir haben im Bereich des Tierschutzes viel erreicht, einiges ist noch zu tun. Vorschriften sind nicht der einzige Weg, den Tierschutz nachhaltig zu verbessern. Wichtig ist, den Tierschutzgedanken im Bewusstsein der Menschen zu verankern. Ich hoffe, der Tierschutzbericht und die anstehende Debatte werden dies unterstützen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Jutta Scheicht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich bedanke mich für den ausführlichen und im Umfang angemessenen Tierschutzbericht bei den Mitarbeitern der Verwaltung.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Vielen Dank für den Applaus. - Zu Beginn möchte ich betonen, dass der Tierschutz nicht nur für die Landesregierung und die Schleswig-Holsteiner, sondern über alle Parteigrenzen hinweg für alle Deutschen eine Herzensangelegenheit ist. Daher haben wir auch in Deutschland eines der ältesten und in der gegenwärtigen Fassung strengsten Tierschutzgesetze der Welt. Auch darauf können wir in SchleswigHolstein stolz sein.

Leider wird die Tierliebe der Menschen in unserem Land von Rot-Grün gern missbraucht, um ihre Wählerschaft zu mobilisieren.

(Unruhe bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)