Protocol of the Session on February 18, 2004

(Zurufe von der SPD)

Wir sagen aber, bei von Darlehen begleiteten Studiengebühren beziehen sich die Gebühren eben nicht auf das Gehalt der Eltern, sondern auch auf das der zukünftigen Akademiker. Und damit sind - um es mit den Worten des baden-württembergischen Wissenschaftsministers zu sagen - Studiengebühren nicht die Beiträge der Benachteiligten, sondern die Beiträge der Bevorzugten, nämlich derjenigen, die später als Akademiker auch gut verdienen werden.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Ich glaube, vor diesem Hintergrund werden Sie mit der sozialen Schiene nicht weiterkommen. Ich gebe dem Kollegen Dr. Klug Recht, der gesagt hat: Früher oder später werden auch Sie zu Studiengebühren kommen. Wenn man einmal die überregionale Presse durchsieht, sieht man auch, wie viele SPD-Politiker, mittlerweile sogar grüne Politiker, sich für die Einführung der Studiengebühren aussprechen. Sie handeln ja immer erst etwas zeitverzögert, das ist der Grund dafür, weshalb Sie ein bisschen länger brauchen, als sogar andere es in der SPD tun.

Lassen Sie mich noch etwas zum Vorstoß der SPD sagen. Man weiß ja noch gar nicht, ob es sich um einen Vorstoß der SPD handelt oder ob es nur ein Vorstoß des Fraktionsarbeitskreises oder ein Vorstoß von Herrn Weber persönlich ist. Ich glaube, Sie behelligen und belästigen uns bei dem Vorschlag, den Sie in den „Kieler Nachrichten“ gemacht haben, eigentlich mit der Vorbereitung eines Parteitages. Denn nur darum handelt es sich. Das Studienkontenmodell, das ja auch Frau Erdsiek-Rave schon einmal mutig vorgestellt hat, ist von einem SPD-Parteitag bereits abgelehnt worden. Insofern werden Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, dies vielleicht zur persönlichen Profilierung oder weil Sie den SPDParteitag vorbereiten wollen, noch einmal einbringen; mit einem objektiven Regelungsbedarf für das Land hat das aber überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist ja nicht die erste Befassung. Wir werden auch dieses Mal dem Antrag der FDP nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten.

Wir glauben, dass einige der Detailregelungen, die dort enthalten sind, in die richtige Richtung gehen. Ich habe schon in der ersten Rede gesagt, dass man zum Beispiel das, was Sie hinsichtlich der Gasthörer gesagt haben, sehr wohl bedenken muss. Wir glauben auch, dass die FDP von der Signalwirkung her damit schon sagt, man gehe in Richtung Gebühren. Das wollen wir auch. Für dieses Ziel treten FDP und CDU wohl gemeinsam ein.

Deshalb werden wir uns bei diesem Gesetzentwurf enthalten, glauben aber, dass sich die eigentliche Diskussion in Deutschland, aber auch in SchleswigHolstein heute gar nicht mehr um die Frage der Langzeitstudiengebühren dreht, sondern dass die eigentliche Diskussion um die Frage der generellen Studiengebühren geführt wird. Insoweit haben wir uns sehr klar positioniert. Wir warten darauf und freuen uns darauf, dass auch die anderen klare Positionen finden werden. Dann werden wir im Jahre 2004 eine sehr deutliche Auseinandersetzung haben. Wir nehmen die Herausforderung an, und wir werden sie gewinnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf zunächst neue Gäste auf der Tribüne begrüßen: Auszubildende der Polizeischule Eutin sowie Berufspraktikantinnen und -praktikanten aus Kaliningrad. - Ihnen allen ein herzliches Willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darf ich jetzt der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Klug, wir fordern ein bisschen mehr Kreativität von der Opposition. - Vergeblich. Mit einem dünnen, in jedem Semester wieder neu vorgelegten Referat zum Thema Studiengebühren hangelt sich die FDP als ewiger Student durch die Landeshochschulpolitik. Der CDU-Spitzenkandidat glaubt gar, mit utopischen Einnahmen aus diesem ewigen Studenten FDP zukünftig den Haushalt zu sanieren, und fordert deshalb auch schon gleich Gebühren vom ersten Semester an.

So werden wir die Hochschulen von ihren Problemen nicht entlasten. Die FDP-Vorschläge sind und bleiben unsozial. Entweder als Strafgebühren oder als Eingangshürde - so wie von der CDU nun mit Nachdruck

(Angelika Birk)

gefordert - treffen Gebühren Studierwillige ohne Geld.

Das müssen wir uns vor Augen halten: Es ist ein Skandal, dass in Deutschland in den letzten 30 Jahren die Chancengleichheit zurückgegangen ist. Während ich studierte - Sie wissen, das ist schon ein bisschen her; das sieht man mir ja auch an -, hatten wir eine Offensive an den Hochschulen. Anfang der 70erJahre strömten immer mehr Studierwillige an die Hochschulen und haben sie auch mit guten Ergebnissen verlassen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber in den 80er-Jahren setzte offensichtlich sehr viel stärker, als wir uns das klargemacht haben, und sehr viel stärker, als es offensichtlich insbesondere die Finanzpolitiker in diesem Staate wahrnehmen wollten, eine Scherenentwicklung ein, die sehr viele Menschen vom Studieren abgehalten hat.

(Lachen bei der FDP)

Das ist anhand von Fakten und Zahlen nachzuweisen. Das Problem besteht darin, dass die Kosten für den Lebensunterhalt und das gleichzeitige Studieren und die Studienorganisation selbst dazu beigetragen haben.

Damit komme ich zu folgendem Punkt. Wir brauchen eine bessere Organisation der Studienberatung. Hier in Schleswig-Holstein musste ich mit Schrecken feststellen, dass dieses Instrument - wir haben es selber noch im Landtag mit Modellanträgen begleitet - erst in den letzten Jahren an allen Hochschulen studienbegleitend eingeführt wurde. Studienberatung allgemeiner Art wie auch fachspezifischer Art ist das A und O, um einen Fehlweg der Studierenden schon frühzeitig zu erkennen und sie so zu beraten, dass sie das studieren, worin sie auch Erfolg haben können.

Dann brauchen wir aber auch eine bessere Organisation von Lehre und Forschung. Durch die Zielvereinbarungen kommt jetzt Schwung in die Sache. Das ist der richtige Weg. Damit zwingen wir die Hochschulen tatsächlich, das Angebot zu optimieren. Bis vor kurzer Zeit war es in manchen Fachbereichen noch möglich, dass sich Studierende gar nicht an einem ordnungsgemäßen Studium beteiligen konnten, weil zum Beispiel Seminare zeitgleich lagen, die man im selben Semester absolvieren musste. Man konnte sich zwar entscheiden, ob man nachmittags dahin oder dorthin geht, musste aber am Ende des Semesters beides nachgewiesen haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wann waren Sie das letzte Mal an einer Hochschule?)

Außerdem erfreute es sich bei manchen Professoren auch großer Beliebtheit, Seminare am Wochenende anzubieten und dergleichen mehr, damit Professoren aus entfernten Standorten ihre Tätigkeit besser organisieren konnten. Für die Studierenden ist das aber nicht unbedingt immer eine Hilfe.

Insofern ist viel zu tun. Damit Studierende ihr Studium auch in der Regelstudienzeit schaffen können, brauchen wir tatsächlich ein Anreizsystem auch für die Hochschulen. Hierzu gibt es eine breite Diskussion, einmal im Hinblick auf Bildungsgutscheine und einmal im Hinblick auf Studienkonten. Ganz gleich, ob man sich für das eine oder für das andere entscheidet, muss dies einen Anreiz für die Hochschulen - ich betone: für die Hochschulen - schaffen, damit diese einen Weg anbieten, wie Studierende ihr Studium zügig durchführen können. Ich denke, der Anreiz wäre auch gegeben, wenn über ein solches Bildungsgutscheinsystem beispielsweise die Hochschulen etwas davon hätten, dass die Studierenden zu ihnen kommen und ihr Studium auch zügig absolvieren. Es muss sozusagen ein Belohnungssystem für die Hochschulen sein. Wir diskutieren immer Belohnungs- oder Strafsysteme für die einzelnen Studierenden. Wir wollen ein Belohnungs- oder - wenn Sie so wollen - Strafsystem für die einzelnen Institutionen der Hochschulen.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In jedem Fall hätte der Staat bei einem solchen Modell für die Studierenden immer in Vorleistung zu treten, um Chancengleichheit in der Bildung zu garantieren.

Dies vermissen wir bei der FDP. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Wir freuen uns schon auf die Debatten mit der CDU auf den Podien in den Hochschulen, wenn sie die Studiengebühren ab dem ersten Semester verteidigt. Viel Spaß dabei!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt seiner Sprecherin, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man bedenkt, wie oft wir über Studiengebühren im Allgemeinen und Studiengebühren für Langzeitstudierende im Besonderen debattiert haben, könnte man fast meinen, Sinn der Übung sei, sie einfach herbeizureden. Denn die zentrale Frage lautet: Was ist neu an dem Thema, seit es vor vier Wochen zuletzt hier im Landtag durchexerziert wurde?

Ich habe zwar vom Kollegen Klug gehört, was neu ist, aber ich denke, das reicht für eine Debatte eigentlich nicht aus.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Dass sich die Debatte um Studiengebühren auf Bundesebene innerhalb des letzten halben Jahres verschärft hat, ist kein Geheimnis. Pläne, Diskussionen und konkrete Initiativen gibt es in einer ganzen Reihe von Bundesländern. Sie wissen das. In Hamburg zum Beispiel soll es in diesem Jahr Studiengebühren für Langzeitstudierende geben. In Baden-Württemberg gibt es das schon. Um Verwaltungsgebühren geht es in Bayern und in Bremen, während man in Rheinland-Pfalz anscheinend schon den nächsten Schritt wagt. Denn Ende Januar hat man dort den Entwurf für die Rechtsverordnung, die die Durchführung des Studienkontengesetzes regeln soll, vorgelegt. Die Kreativität der verschiedenen Bundesländer scheint also groß, um nicht zu sagen, riesig zu sein.

Hinzu kommt, dass die im Mai letzten Jahres beim Bundesverfassungsgericht gegen die im Jahre 2002 beschlossene Novelle des Hochschulrahmengesetzes eingebrachte Normenkontrollklage einiger CDU/CSU-regierter Länder noch aussteht. Dort wurde bekanntlich die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium verboten. Die Entscheidung des Gerichts soll noch in diesem Jahr getroffen werden.

Die Fortsetzung unserer heutigen Debatte ist also schon vorprogrammiert.

Für den SSW steht weiterhin fest: Wir lehnen die Einführung von Studiengebühren ab. Wir halten es für sinnvoller, Anreize zu schaffen, anstatt abzuschrecken. Daher sage ich noch einmal ganz deutlich: Was zu diesem Thema zurzeit umgeht, ist einfach nicht vertretbar. Ob nun die Idee von FDP und CDU, Studiengebühren einzuführen, oder auch die Anregung der Landesregierung, Studienkonten zu verwirklichen - beides ist unter anderem ein Versuch, die Finanzen der Hochschulen auf Kosten der Studenten zu verbessern.

Ich möchte den AStA Kiel zitieren, dessen Vorsitzende sagte: Das Studienkontenmodell als Alternative zu Studiengebühren darzustellen, ist Augenwischerei. Studiengebühren bleiben Studiengebühren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Die Finanzierung des Bildungssektors ist aber eine gesellschaftspolitische Aufgabe und muss es auch weiterhin bleiben. Wir würden unser Land eigenhändig auf das Abstellgleis der Hochschulbildung schieben, wenn wir Studiengebühren einführten. Denn alle Arbeitsmarktprognosen und alle internationalen Vergleiche zeigen, dass Deutschland eher zu wenige als zu viele Studenten hat.

Es ist außerdem utopisch zu hoffen, dass der Versuch, Studiengebühren einzuführen, bundesweit zu einer Verbesserung der Situation der Hochschulen führen wird. Bei den allgemein knappen Länderkassen wäre die Versuchung, die regulären Zuschüsse der Hochschulen zu kürzen, wirklich sehr hoch. Es ist weiterhin ein Irrtum zu glauben, dass mit dem Abkassieren von Studiengebühren alle Probleme der Universitäten und Fachhochschulen gelöst wären. Ein großer Teil des Gebührenaufkommens würde von Verwaltungskosten und unverzichtbaren Stipendien aufgezehrt werden, denn der Staat müsste die Gebühren zumindest für die BAföG-Empfänger übernehmen.

Was die so genannten Bummelstudenten angeht, so zeigen Sie mir den Studenten, liebe Kolleginnen und Kollegen, der es unter den zurzeit gegebenen Umständen an manchen Universitäten schafft, sein Studium innerhalb der Regelstudienzeit abzuschließen. Da hilft es nicht, Ausnahmen für den Krankheitsfall und Bonuspunkte für Engagement zu gewähren.

Ich fasse zusammen. Aus der Sicht des SSW gibt es keine neuen Argumente für die Einführung von Studiengebühren. Es gibt aber weiterhin ganz viele, die dagegen sprechen.

(Beifall beim SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will noch einmal ganz kurz auf zwei oder drei Debattenbeiträge eingehen. Zunächst zu Jürgen Weber eine Anmerkung. Der größte Anreiz, der sich aus der von uns vorgeschlagenen Regelung ergibt, besteht schlicht und ergreifend darin, dass natürlich Studierende daran

(Dr. Ekkehard Klug)

interessiert sind, die Zahlungsverpflichtung von Langzeitgebühren zu vermeiden. Das heißt, das ist der Anreiz, das Studium zügig abzuschließen.

(Beifall bei der FDP)