Studienkonten verhalten sich zu Studiengebühren für Langzeitstudierende wie das Toll Collect-Mautsystem zur Vignette.
Studienkonten sind eine Toll Collect-Version von Studiengebühren. Da handeln Sozialdemokraten - in NRW und anderswo wird das ja auch schon eingeführt - nach dem Prinzip: Warum denn einfach, wenn es auch kompliziert geht! Nun wissen wir vom Fall Toll Collect: Kompliziert funktioniert es bloß dummerweise nicht so richtig.
Bei den Studienkonten, früher auch von Frau Simonis und Frau Erdsiek-Rave schon einmal ins Gespräch gebracht, ist die erste Hürde folgende: Was passiert eigentlich mit jenen Studierenden, die aus anderen
Bundesländern ohne Studienkonten nach x Semestern an eine schleswig-holsteinische Hochschule wechseln? Wird da vielleicht im Sinne sozialdemokratischen Gerechtigkeitsdenkens nachberechnet? Dann brauchen Sie eine Studienkontenverwaltung, die das nachberechnet. Bei einer Langzeitgebührenregelung ist es ganz einfach: Wer im fünften Fachsemester nach Schleswig-Holstein wechselt, bei dem sind schon fünf Semester sozusagen verbraucht. Es gibt nach unserem Vorschlag 13 gebührenfreie Semester und vom 14. Semester an wird frühestens eine Gebühr von 500 € pro Semester eingefordert. Das halten wir für durchaus vertretbar.
Das Studienkontenverwaltungssystem à la SPD oder Teilen der SPD ist wirklich komplizierter, als man sich irgend etwas in diesem Bereich vorstellen kann. Ich erinnere daran, dass Frau Erdsiek-Rave in der ersten Lesung unseren Gesetzentwurf ausgerechnet mit dem Argument abgelehnt hat, er würde einen hohen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Das ist nun wirklich ein Musterbeispiel an politischer Heuchelei, Frau Ministerin. Einen Gesetzentwurf, der in der Umsetzung sehr viel einfacher ist - denn Sie wissen, dass sich alle Studierenden semesterweise zurückmelden müssen und dass man damit ohne weiteres von einem bestimmten Zeitpunkt an die Gebührenzahlung verbinden könnte -, der vom Verwaltungsaufwand, von der Umsetzung her sehr viel einfacher ist, mit diesem Argument abzulehnen, aber selber ein anderes Konzept in der Tasche zu haben, das ein zigfaches an Verwaltungsaufwand erfordert - Sie und Frau Simonis haben das doch früher auch einmal präferiert, das Studienkontensystem ist doch schon einmal in der Diskussion gewesen -, ist wirklich politische Heuchelei, wie man sie kaum übertreffen kann.
Man darf ja nicht vergessen - damit will ich schließen -, dass es eine Reihe von Sozialdemokraten gibt, die längst über Studiengebühren nachdenken: Herr Platzeck, Herr Gabriel, die Wissenschaftsministerin von NRW, Frau Kraft. Bauen Sie hier vonseiten der SPD keinen Popanz auf, an dem Sie sich selber einmal verschlucken werden!
Also, die Versprechen der SPD - das ist doch die Erfahrung der Menschen - sind wirklich so belastbar wie dünnes Klopapier.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Klug, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie gar nicht über Ihren eigenen Gesetzentwurf geredet haben, sondern über das, was ich öffentlich vorgetragen habe.
Deshalb möchte ich auch gern die Gelegenheit nutzen, hierzu ein paar Worte zu sagen. Wir haben ja das Thema Langzeitstudiengebühren hier im Parlament abonniert, weil Sie regelmäßig immer wieder denselben Gesetzentwurf einbringen. Jetzt haben Sie sogar im Ausschuss darauf verzichtet, über das Thema überhaupt noch zu reden, weil Sie wissen, dass das keine zielführende Strategie ist.
Ich möchte gern den Versuch unternehmen - ob er erfolgreich sein wird, weiß ich nicht, weil er eine gewisse intellektuelle Bereitschaft und Verständnis voraussetzt -, noch einmal deutlich zu machen, was der Kern des Unterschiedes zwischen Langzeitstudiengebühren und einem vernünftigen Bildungsguthabensystem ist.
Herr Dr. Klug, Ihr System kann das Ziel aus drei Gründen nicht erreichen: Erstens. Sie nehmen die Dauer eines Studiums als Maßstab, völlig unabhängig davon, in welchem Umfang und mit welcher Intensität studiert wird. Damit berücksichtigen Sie nicht die individuellen Studienformen, die heutzutage bei jedem Studierenden nachgefragt werden und für die sozusagen auch ein Bedarf besteht, weil aus vielen verschiedenen Gründen - das wissen wir - diese quasi ein Teilzeitstudium fordern.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP])
Zweitens. Sie nehmen völlig kapazitätsunabhängig ein beliebiges Studiensemester als Ende der Gebührenfreiheit. Deswegen ist Ihr Modell gerade keine Garantie, ein gebührenfreies Erststudium auf den Weg zu bringen beziehungsweise seinen Bestand zu sichern. Dazu sage ich gleich noch etwas.
Drittens. Das Elementarste allerdings - das ist auch der größte Unterschied zwischen den beiden Modellen, über die wir hier reden - ist, dass ich damit kein Belohnungssystem schaffe. In einem Kontensystem kann ich mir durch ein schnelles, zügiges, konsequentes und erfolgreiches Studium ein Bildungsguthaben ansparen, das ich auch für weitere Bildungsmaßnahmen im Hochschulbereich kostenfrei verwenden kann. Ein solches Anreizsystem fehlt bei Langzeitstudiengebühren völlig. Deswegen bin ich der Auffassung - das steht heute aber gar nicht zur Debatte, weil dazu gar kein Antrag vorliegt und das sozusagen eine Diskussion für die nächste Legislaturperiode ist -, dass ein Kontensystem ein zielführenderes System ist. Warum ist das ein zielführenderes System? - Es ist zielführender, weil es im Kern - das ist für uns der wichtigste Punkt - darum geht, ein gebührenfreies Erststudium an deutschen Hochschulen zu erhalten. Das ist die Kernforderung und dafür muss man ein vernünftiges begleitendes System haben.
Zum Verwaltungsaufwand nur ein Wort: Es gibt nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Rheinland-Pfalz - wo Sie mitregieren; das haben Sie offenbar verschwiegen - genau diesen Weg. Es gibt dort sehr vernünftige Vorschläge, wie man so etwas praktikabel regeln kann. Und man wird das auch vernünftig und praktikabel regeln können.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Mir ist bei Ihren Stellungnahmen zu den Vorschlägen der CDU, zu dem, was die CDU dankenswerterweise offen gesagt hat, nämlich dass sie Studiengebühren schon ab dem ersten Semester will, aufgefallen, Herr Dr. Klug, dass Sie als schleswig-holsteinische FDP sich nicht nur an der Klage gegen die Gebührenfreiheit des Erststudiums beteiligen, wie sie im Hochschulrahmengesetz steht, sondern sich auch eine Stellungnahme zu dem Thema Studiengebühren ab dem ersten Semester verkniffen haben.
Deshalb interpretiere ich durchaus Ihre Vorstellung von Langzeitstudiengebühren als ein Einstieg in das, was die Union will, nämlich grundständige Studiengebühren. Das wollen wir nicht. Wir wollen die Studierenden nicht abschrecken, wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Studierende, wir wollen soziale
Deshalb bleiben wir dabei, dass wir das Erststudium in vernünftiger Form gebührenfrei organisieren wollen.
Das, was sozusagen nebenbei mit erledigt werden soll - da sind CDU und FDP wieder beieinander -, dass durch die komplette Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen die Professoren selbst handverlesen entscheiden, wer nun an der Hochschule in einem Fach studieren darf oder nicht, unabhängig davon, ob die Studienvoraussetzungen vorliegen oder nicht, ein handverlesenes Aussortieren von Studierenden nach persönlichem Wunsch von Hochschullehrern, wollen wir nicht.
Wir wollen den Zugang zu den Hochschulen für all diejenigen, die eine Hochschulzugangsberechtigung haben. Deshalb glaube ich, dass man diese Punkte im Zusammenhang sehen und diskutieren muss.
Wir sind jetzt ein wenig von dem Gesetzentwurf der FDP abgekommen, das sind Sie aber auch selbst, Herr Kollege. Ich glaube, wir können mit Fug und Recht heute ein weiteres Mal Ihren Gesetzentwurf ablehnen. Und wenn sie ihn noch einmal einbringen sollten, werden wir ihn gern auch noch einmal mehr ablehnen. Ich würde mir trotzdem wünschen, dass man die Diskussion über die Frage, wie man gesellschaftlich ein gebührenfreies Erststudium absichert, indem man durchaus verantwortungsvoll im Umgang mit Ressourcen, mit den Steuergeldern, umgeht, nicht nur einfordert, sondern auch die Voraussetzungen und die Systeme dafür schafft, dass diese Diskussion fortgesetzt wird.
Das ist leider kein Thema, dass man mit einem „hau drauf und Schluss!“ diskutieren kann. Es ist manchmal schwierig und erfordert intellektuelle Anstrengungen. Aber zumindest wir hier im Haus sollten uns dies auch gönnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gerade gehört, dass das eine Bewerbungsrede des Kollegen Weber gewesen sei. Ich befinde mich da in einer etwas glücklicheren Position, ich bin schon aufgestellt. Insofern brauche ich eine solche Rede hier nicht zu halten.
Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass sowohl Bildungsguthaben als auch Studienkontenmodelle ein Teil der Bildungsbürokratie sind. Die wollen wir abbauen. Aus dem Grund glauben wir, dass sowohl die Bildungsguthabenmodelle der FDP als auch die Studienkontenmodelle der SPD - wie sie hier vorgestellt wurden - nicht dazu beitragen können, die Situation an den Hochschulen zu vereinfachen und die Effekte zu erzielen, die sie erzielen sollen.
Wenn wir einmal ehrlich miteinander sind: Wer möchte, dass die Studierenden, die über Gebühr lange studieren, das auch bezahlen müssen, im Sinne eines Lenkungseffektes, der kann das auch mit einer einfach gesetzlichen Regelung im Hochschulgesetz machen. Dort muss man nur hineinschreiben, dass zum Beispiel derjenige, der die Studienzeit um das Eineinhalbfache überschreitet, künftig zahlen muss. Damit hätte man eine relativ einfache Regelung, die die Hochschulen nicht über Maßen belasten würde, auch vom Aufwand her, und hätte den Effekt, den man wünscht. Die Frage, weshalb wir sehr zurückhaltend bei dieser Geschichte sind, ist, ob man tatsächlich die Studierenden in einer Phase ihres Studiums belasten will, in der sie eigentlich fertig werden sollen. Wir glauben, das sollte man nicht tun.
Wir haben keine generellen grundlegenden Bedenken gegen Gebühren. Gerade am Montag haben wir noch einmal dargestellt, der Oppositionsführer und der Landesvorsitzende, dass wir generelle Studiengebühren einführen wollen. Denn wir glauben, dass nur generelle Studiengebühren von Beginn des Studiums an, ab dem ersten Tag, die Lenkungseffekte bringen werden, die wir haben wollen.
Und wenn wir tatsächlich zu einer Verkürzung und zu einer Straffung der Studienzeiten kommen wollen, dann dürfen wir mit den Gebühren nicht erst ab dem dreizehnten, vierzehnten oder fünfzehnten Semester anfangen, sondern dann müssen wir mit dem ersten Semester anfangen. Und dann kommen wir auch zu den Lenkungseffekten, die wir dort haben wollen.
Ich möchte noch etwas zu der Mär sagen, die der Kollege Weber immer wieder verbreitet, dass nämlich Studiengebühren den Studienzugang erschweren würden. Das ist ein Mythos, der immer wieder gepflegt wird, aber mit der Wahrheit nichts zu tun hat. Studiengebühren sind nur dann unsozial und dann dazu angetan, den Studienzugang zu beschränken, wenn sie sich auf das Gehalt der Eltern beziehen.