Protocol of the Session on September 20, 2018

Erstens, es sind zum einen die Industrie- und Handelskammern zusammen mit den Handwerkskammern, die die Starterzentren betreiben. Dort kann jeder Gründungsinteressierte umfassende Informationen für Vorhaben in allen Branchen in allen Regionen unseres Landes erhalten.

Zweitens, für spezielle Vorhaben stehen Beratungsmöglichkeiten in Technologie- und Gründerzentren zur Verfügung. Darüber hatten wir uns bei der Weiterentwicklung der Gründerzentren unter Tagesordnungspunkt 3 schon unterhalten.

Drittens, Gründungsbüros an Hochschulen haben die Aufgabe, Veranstaltungen durchzuführen und Studierende dafür zu sensibilisieren, dass man nach seinem Hochschulstudium nicht nur in einen interessanten Industriebetrieb, großen Handwerksbetrieb oder kleinen Handwerksbetrieb gehen kann, sondern auch selbst etwas aus dem Boden stampfen, etwas Neues auf die Beine stellen kann.

Viertens, die Landesregierung selbst führt eine ganze Fülle von öffentlichen Vortrags- und Beratungsveranstaltungen durch, neuerdings auch Feriencamps, die sehr erfolgreich verlaufen, bei denen schon Schüler für die Möglichkeit einer Unternehmensgründung sensibilisiert werden.

Fünftens, ich finde es besonders relevant, dass dieser Aspekt bisher, auch im Beitrag von Frau Wieland, noch nicht genannt wurde. Natürlich ist es die ISB, die einen Beitrag leistet, Unternehmensgründer im Hinblick auf Finanzierungsfragen zu beraten und konkret Finanzierungen für Unternehmensgründer zur Verfügung zu stellen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Diese Vielzahl von Akteuren arbeitet nicht nebeneinander her, sondern sie wird in Rheinland-Pfalz sinnvoll vernetzt,

miteinander ins Gespräch gebracht, aufeinander abgestimmt im Rahmen der Gründungsallianz.

Vor diesem Hintergrund muss ich sagen, dass wir den Bedarf für ein von der CDU vorgeschlagenes Stipendium zu Gründungen derzeit nicht sehen. Ich finde es ambitioniert, wenn man sagt, das erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit von Gründungen. Es ist in Nordrhein-Westfalen gerade einmal eingeführt worden. Ob das jetzt ein besseres Instrument ist als das, was wir haben, ist aus meiner Sicht noch in keiner Weise erwiesen. Es gibt eher den einen oder anderen Anlass, warum man das auch skeptisch sehen kann.

Es mag durchaus sein, dass in Bundesländern mit anderer Förderkulisse das Thema „Gründungsstipendium“ sinnvoll sein kann. Ich glaube aber, dass das in Rheinland-Pfalz derzeit nicht der Fall ist, weil wir eine sehr gut ausgebaute Förderkulisse haben.

Darüber hinaus kann man sich ganz grundsätzlich natürlich die Frage stellen, ob man eigentlich einen guten Förderansatz darin sieht, ein Ersatzeinkommen über einen längeren Zeitraum zur Verfügung zu stellen. Das muss dann sicherlich mit anderen Anreizen verknüpft sein, damit die Ideen entsprechend sprudeln.

(Zuruf der Abg. Gabriele Wieland, CDU)

Ein weiteres Argument: Sie müssen bei der Ausgestaltung irgendwann eine Entscheidung treffen. Entweder Sie machen die Ausgestaltung sehr einfach, fordern nur sehr geringe Nachweispflichten, dann werden Sie bei einem solchen Stipendium gigantische Mitnahmeeffekte haben, aber wir sind auch dafür verantwortlich, mit Steuergeldern vernünftig umzugehen. Eine Gewerbeanmeldung ist einfach, und wenn Sie die Anforderungen sehr niedrig setzen, dann haben Sie gigantische Mitnahmeeffekte.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Darum Stipendium!)

Setzen Sie die Anforderung dagegen sehr hoch fest, führen Sie zum Beispiel Einkommensüberprüfungen, Tätigkeitsnachweise usw. durch, dann können Sie möglicherweise stärker zielgerichtet agieren, haben aber massiv zum Bürokratieaufbau beigetragen, und zwar sowohl aufseiten der auszahlenden Stelle als auch aufseiten des Gründers oder der Gründerin selbst, die gerade am Anfang andere Dinge zu tun hat, als noch mehr Formulare auszufüllen, als das sowieso der Fall ist.

Vor diesem Hintergrund bitte ich um Verständnis dafür, dass wir Ihrem Antrag heute nicht nähertreten werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Joa von der Fraktion der AfD.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Die Förderung von Start-ups haben wir bereits vorhin andiskutiert. Auch auf dem Markt für Gründungskapital müssen Angebot und Nachfrage zusammentreffen, und zwar auf beiden Seiten. Da können wir einiges tun, und zwar für die Gründer, also die Nachfrager, indem wir für finanzielle Fördermöglichkeiten sorgen, und für die Anbieter, also die Wagniskapitalgeber, die wir aktiv ansprechen, denen wir einen Marktplatz für Ideen und Konzepte schaffen. Dieser Ansatz geht über den vorliegenden CDU-Antrag hinaus.

Die AfD hatte die Thematik bereits im Wirtschaftsausschuss eingebracht, und seitdem hat sich in RheinlandPfalz trotz vollmundiger Ankündigung des Ministers nicht allzu viel getan.

Bei der Recherche im Internet findet man zu den Suchbegriffen „Gründer“, „Förderung“ und „Rheinland-Pfalz“ nicht viel Erhellendes: ein Ministeriumskonvolut aus dem Jahr 2014, den Auftritt der ISB-Bank, die allerdings eher für größere Unternehmen, also nicht gerade für Universitätsgründer, gedacht ist, ein allgemeines Förderportal ohne aktuelle Nachrichten und ansonsten einige, verloren wirkende Terminhinweise auf anstehende Gründermessen.

Dies ist zu wenig, und apropos zu wenig, sehen wir uns einmal die Zwischenbilanz nach zweieinhalb Jahren Ampelkoalition an.

Rheinland-Pfalz liegt bei der Gründungsintensität nur auf Platz 11 von 16 Bundesländern. Seit 2011 sind die Gewerbeanmeldungen in Rheinland-Pfalz rückläufig, und auch die Ampelregierung hat es nicht geschafft, den Trend zu stoppen. 2017 sehen wir erneut ein Minus von 4 % bei den Gewerbeanmeldungen. Zwar ist auch die Zahl der Gewerbeabmeldungen rückläufig, doch hier ist der Trend nicht ganz so steil, das heißt, im Ergebnis sind wir negativ, die Zahl der Unternehmen geht damit zurück.

Am stärksten betroffen ist der Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur: 2017 mehr als 4.000 Unternehmen weniger als im Jahr 2010. In der Negativskala folgen der Bereich Finanzen und Versicherungsdienste sowie das Gastgewerbe. Die negativen Folgen sind insbesondere im ländlichen Raum spürbar.

Der Einwand von Herrn Wissing, aufgrund der niedrigen Arbeitslosigkeit entfalle ein wichtiger Grund zur Unternehmensgründung, ist zu kurz gesprungen und entspricht nicht der Realität. So lag 2011 die durchschnittliche Arbeitslosenquote in Rheinland-Pfalz bei 5,3 %, 2017 bei 4,8 %. Dieser geringe Rückgang kann dies also nicht erklären. – Auf jeden Fall zeigen die Zahlen, dass wir neue Ideen und Ansätze brauchen, um Rheinland-Pfalz nach vorne zu bringen.

Die CDU-Fraktion hatte zwar keine neuen Ideen, aber zumindest hat man gute Ideen aus dem Nachbarland erkannt und kopiert. An sich hätte auch die Landesregierung diese Option selbst erkennen müssen. Doch vor lauter Bäumen und Verzettelei sieht man leider den Wald nicht mehr. So haben doch gerade Innovationsgutscheine und Gründerstipendien hervorragende Möglichkeiten, und diese kön

nen nur der erste Schritt sein; denn Ziel muss es sein, auch privates Kapital anzuwerben.

Herr Dr. Alt, da kann ich Ihnen nur zustimmen, der Staat kann Rahmenbedingungen setzen, aber eine Privatinitiative ist natürlich immer flexibler, kann schneller agieren und ist insofern vorzuziehen. Wir brauchen also zwei Systeme, die sich ergänzen.

Während die Innovationsgutscheine primär produktbezogen sind, sollten die Stipendien entweder den Lebensunterhalt der Firmengründer sichern oder für die eigentliche Firmengründung, das heißt, die Gründungskosten, die erste Miete, Notargebühren und was alles so anfällt, verwandt werden.

Wichtig ist es, die Finanzmittel für die Gründer dezentral und gleichmäßig vorzuhalten. Damit wird sichergestellt, dass auch der ländliche Raum entsprechend profitiert.

Der Zeitraum von einem Jahr für das Stipendium erscheint uns allerdings recht kurz. Dieser Horizont ist nicht ausreichend. Gründungen erfordern ein Anfangsinvest, verursachen im Regelfall viele Kosten. Sie müssen durch eine längere Durststrecke. Hierüber sollten wir uns noch einmal Gedanken machen.

Der vorliegende Antrag muss also in der praktischen Anwendung erweitert und ergänzt werden.

Abschließend, der Staat kann nicht alles regeln. Der Staat muss attraktive Rahmenbedingungen setzen. Hierbei sind nicht nur das Thema „Existenzgründung“ relevant, sondern insbesondere ein attraktiver Standort, ein einfaches Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen für Leistungsträger.

Das Umfeld ist entscheidend. Die Förderung setzt zusätzliche Akzente, spielt aber nicht die alleinige und herausragende Rolle.

Wir halten die Grundrichtung des vorliegenden Antrags jedoch für sachgerecht und stimmen dem CDU-Antrag aus diesem Grunde zu.

(Beifall der AfD)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wink von der FDP.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie wir alle wissen, Gründungen schaffen innovative Ideen, Gründungen schaffen Arbeitsplätze, und Gründerinnen und Gründer brauchen viel Beratung. Beratungstechnisch sind wir in Rheinland-Pfalz sehr gut aufgestellt. Wir haben Technologie- und Gründerzentren. Wir haben die 31 Start-up-Center der IHK. Wir haben die HWK. Wir haben die Gründerbüros. Wir haben den Landesverband der freien Berufe, den Mittelstandslotsen und vieles mehr.

Der vorliegende Antrag bezieht sich auf das Vorbild unseres Nachbarn NRW.

Die Freien Demokraten befürworten selbstverständlich die Unterstützung von Gründungen in unserem Land, jedoch mit einem anderen Ansatz. Als Beispiel möchte ich sagen, ein bürokratiefreies erstes Jahr wäre ein denkbarer Ansatz, eine Maßnahme, damit Gründerinnen und Gründer sich möglichst schnell selbst und selbstständig finanzieren können.

Ich möchte wiederum, was die Förderung betrifft, ein Beispiel nennen, das zur klassischen Gründung gehört. Um Existenzgründungen zu fördern, das betrifft auch den ländlichen Raum, darf auch einmal der Aufstiegsbonus 1 und 2 erwähnt werden, nämlich klassische Gründung oder Betriebsübernahme im Bereich des Handwerks. Durch den Aufstiegsbonus 2 wird der Anreiz geschaffen, sich auf Grundlage einer erfolgreich abgelegten Meisterprüfung oder einer gleichwertigen Fortbildungsprüfung in Rheinland-Pfalz selbstständig zu machen. Der Bonus an sich betrachtet beträgt 2.500 Euro.

Ein anderes Beispiel für die Finanzierungsmöglichkeit ist die regionale und überregionale Crowdplattform „Ideenwald“. Auch in Rheinland-Pfalz kann Crowdfinanzierung dazu beitragen, die Startchancen für junge Unternehmen zu verbessern. Die Plattform „Ideenwald“ ergänzt ein Finanzierungsnetzwerk bestehend aus der ISB, BusinessAngels, Venture-Capital-Gebern, Banken, Crowdfunding, Akteuren sowie Start-ups.

Ich darf einen Punkt erwähnen, darüber kann man streiten, aber der ist seit 2013, Frau Kollegin Wieland, aktuell, wenn es um Start-ups geht, das sogenannte Venture-CapitalGesetz, das auf Bundesebene leider bis heute noch nicht eingebracht wurde, in dem es darum geht, Vorteile durch weniger Hinzurechnung bei Gewerbesteuern zu schaffen oder steuerliche Anrechenbarkeiten bei Investoren, wenn die Start-ups in die Verlustzone kommen etc. Das wäre ein Punkt, der sehr viel Wagniskapital, Venture-Capital-Geber, nach Rheinland-Pfalz gebracht hätte.

Um aber alles zu verbinden und zu verknüpfen, hat das Wirtschaftsministerium die Gründungsallianz mit zahlreichen Playern der Gründungsszene einberufen, um stets neue Impulse und Konzepte herauszuarbeiten und alle Ideen und alle Akteure auf dem Markt miteinander zu vernetzen.

Auch wenn die Grundidee des CDU-Antrags prinzipiell nicht schlecht ist, sehen wir Rheinland-Pfalz im Bereich der Gründungsförderung jedoch sehr gut aufgestellt, das andere Ansätze verfolgt. Ein breitgefächertes Angebot, welches an den wichtigen Stellschrauben ansetzt, haben wir bereits jetzt. Eine Erweiterung des Angebots mittels Stipendium erachten wir derzeit als nicht zielführend.

Die FDP-Fraktion steht weiterhin natürlich für ein gründungsfreundliches Klima in Rheinland-Pfalz, welches sich weiterhin, aber nicht allein auf monetäre Leistungen beschränkt.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete BlatzheimRoegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Landesregierung – das haben wir schon mehrfach in diesem Parlament diskutiert und betont – liegt das Thema „Gründung“ sehr am Herzen. Wir haben uns im Oktober 2016 und noch einmal im Rahmen einer Mündlichen Anfrage im September 2017 zu diesem Thema im Parlament beraten. Es wurde schon gesagt, die Landesregierung hat schon den Fokus darauf, ein gründungsfreundliches Ambiente zu schaffen.

Das zeigt sich auch darin, dass auf der einen Seite eine ganze Reihe von Beratungs- und Informationsangeboten in unserem Land zu finden ist, aber eben auch Gründungsbüros. An den Hochschulen sollen speziell die Personen unterstützt werden, die sich mit Gründungen tragen. Allgemein ist es so – ich weiß, das gab es damals auch in dieser Diskussion, im Übrigen auch als Ihr Beitrag von der CDU, soweit ich mich erinnere –, dass versucht werden soll, ein Klima für Gründerinnen und Gründer zu schaffen, also letztendlich für mutige junge, vielleicht auch manchmal nicht so junge Leute, in dem es durchaus sein kann, dass nicht alle Gründungen erfolgreich sind. Das hat die Thematik nun leider so in sich.