Wir profitieren ganz sicher von der Möglichkeit chinesischer Unternehmen, sich zunehmend auf und im Weltmarkt zu orientieren und niederzulassen. Vielleicht geht die Neue Seidenstraße auch über den Hunsrück.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Bildungsprogramms des SPDUnterbezirks Worms sowie Schülerinnen und Schüler der 12. Jahrgangsstufe der Berufsbildenden Schule Wissen. Herzlich willkommen bei uns in Mainz!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die chinesische Initiative der Neuen Seidenstraße ist in aller Munde. Sie ist für die chinesische Staatsregierung ein Projekt von höchster Priorität, für das China bereit ist, viel Aufwand zu betreiben und viel Geld in die Hand zu nehmen.
Über 50 Länder in Asien, Afrika und Europa sollen daran beteiligt werden. Die Neue Seidenstraße bezieht sich auf den allen bekannten Begriff der Alten Seidenstraße, die vor über 2000 Jahren über 10.000 Kilometer hinweg das römische Reich mit dem chinesischen Reich verband.
Die Neue Seidenstraße ist jedoch viel mehr als besser ausgebaute Handelswege. Sie ist als globale Investitionsstrategie zu verstehen, mit der China einerseits tatsächlich Handelswege per Straße, Schiff und vor allem per Eisenbahn bis nach Europa ausbauen will. Damit sollen Lieferzeiten in beiden Richtungen verkürzt und Kosten gesenkt werden.
Zur Finanzierung wurde im Jahr 2014 die Asiatische Investitionsbank mit 57 Mitgliedern – darunter auch Deutschland – gegründet. Außerdem wurde der sogenannte Seidenstraßenfonds aufgelegt.
China verfolgt mit der Seidenstraße jedoch auch das Ziel, seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss in all den Ländern, die an der Initiative Neue Seidenstraße beteiligt sind, weiter auszubauen.
Als Wirtschaftsminister dieses Landes begrüße ich die Initiative grundsätzlich. Neue und verbesserte Handelswege und verkürzte Lieferzeiten zu geringeren Kosten bringen gerade für den exportorientierten Mittelstand in RheinlandPfalz verbesserte Handelsmöglichkeiten mit China. Das ist ganz im Interesse unserer Wirtschaftspolitik.
Wie Sie wissen, fördert mein Haus die Wirtschaftskontakte unserer Unternehmen mit dem Reich der Mitte bereits sehr intensiv. So haben wir vor einem Jahr eine eigene Repräsentantin, Frau Dr. Zou, beauftragt, sich ausschließlich
um die Wirtschaftskontakte unseres Mittelstandes nach China und umgekehrt um chinesische Unternehmer, die in Rheinland-Pfalz investieren wollen, zu kümmern.
Diese Entscheidung hat zu einer spürbaren Intensivierung der Kontakte zwischen der Volksrepublik China und Rheinland-Pfalz beigetragen. Unsere Unternehmen lassen sich von Frau Dr. Zou gern zu vielen praktischen Fragen beraten.
Umgekehrt hatten wir in diesem Frühjahr und im Sommer einen regelrechten Boom von Delegationsanfragen aus China, die hier durch die Repräsentantin und das Außenwirtschaftsreferat des Wirtschaftsministeriums passgenaue Wirtschaftspartner aufseiten der rheinlandpfälzischen Unternehmen trafen. Derzeit laufen an vielen Stellen Gespräche zwischen Unternehmen unseres Landes und chinesischen Unternehmen, sodass ich mir sicher bin, dass daraus auch Geschäfte erwachsen werden.
Weiterhin ist als unmittelbare Folge meiner Wirtschaftsdelegationsreise nach China im April dieses Jahres eine neue Beziehung in die Provinz Shaanxi entstanden, deren Hauptstadt Xi’an einer der Startpunkte für die Neue Seidenstraße sein wird.
Inzwischen war bereits eine Delegation aus Xi’an zum Gegenbesuch hier, und ich beabsichtige, neben der traditionellen Partnerschaft in unsere Partnerregion Fujian, die bereits seit über 25 Jahren besteht, mit der Region Shaanxi eine ähnlich enge Zusammenarbeit aufzubauen.
Sie müssen wissen, dass ist nicht irgendeine Region, sondern die Herkunftsregion des Staatspräsidenten Xi Jinping. Diese Region ist bisher vor allen Dingen durch Rüstungsindustrie geprägt. Die Rüstungsindustrie hat wegen ihrer spezifischen wirtschaftlichen Implikation dazu beigetragen, dass die Region nicht in vollem Umfang an dem Wachstum teilnehmen konnte, das China in den letzten Jahren hatte.
Nachdem China eine Strategie verfolgt, das Wachstum aus verschiedenen volkswirtschaftlichen Gründen zu drosseln, gilt dort eine gewisse Ausnahme für die Region Shaanxi, weil dort eine Aufholstrategie verfolgt wird, die der Präsident persönlich begleitet. So jedenfalls ist das Ergebnis der Konsultationen, die ich dort mit Regierungsvertretern hatte.
Auch aus diesem Grund legt Rheinland-Pfalz einen besonderen Wert darauf, eine Intensivierung der Kontakte mit der Region Shaanxi aufzugreifen. Es war mir deswegen auch ein persönliches Anliegen, die politische Delegation, die hier war, persönlich zu empfangen. Es ist eine außerordentlich erfreuliche Intensivierung der Kontakte daraus entstanden.
Gerade hier können die Neue Seidenstraße und die verkürzten und beschleunigten Handelswege für die Unternehmerinnen und Unternehmer in Rheinland-Pfalz Positives bewirken. Produkte aus Deutschland und auch aus Rheinland-Pfalz genießen im Reich der Mittel generell ein sehr hohes Ansehen.
Wir stehen für Qualität und Innovation, sei es im Bereich der Umwelttechnologie, in dem Rheinland-Pfalz mit über
700 Unternehmen dieser Branche im Land hervorragend aufgestellt ist, oder sei es im Bereich des Smart Farmings, in dem wir uns zu einem führenden Standort in Deutschland entwickeln. Hier finden wir auch in China und insbesondere in Shaanxi ein großes Interesse vor. Die Provinz ist der größte Apfelproduzent der Welt. Das ist in China etwas Besonderes. Die größte Apfelproduktion der Welt befindet sich in Shaanxi. Auch das bietet besondere Kooperationsmöglichkeiten im Bereich der Landwirtschaft, der Technologie und des Smart Farmings.
Auch der Trend des globalen E-Commerce, also Onlinekäufe im Ausland, der hier erst langsam anläuft, ist in China bereits weit entwickelt. Es gibt dort einen regelrechten Boom des E-Commerce. Das kann für unsere Mittelständler in Rheinland-Pfalz nur von Vorteil sein.
Chinesische Käuferinnen und Käufer sind sehr daran interessiert, Konsumgüter aus Deutschland über den Onlinehandel zu beziehen. Sie sind aber nur nicht damit einverstanden, dass die Waren erst 6 bis 8 Wochen nach der Bestellung beim Kunden eingehen, sie möchten die Waren aus Deutschland nach 10 Tagen in den Händen halten. Hier passt die Initiative der Neuen Seidenstraße in ganz hervorragender Weise zu unseren Interessen aus dem rheinland-pfälzischen Mittelstand.
Eines muss man bei allen dem Positiven, was die Neue Seidenstraße mit sich bringen kann, bedenken: China hat diese Initiative auch mit dem Ziel aufgelegt – das ist in dieser Debatte schon angeklungen –, seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss auszuweiten.
So haben chinesische Investoren im vergangenen Jahr 51 % der Anteile am griechischen Hafen Piräus erworben. Weiterhin investiert die chinesische Regierung enorme Summen in den Ausbau der Infrastruktur in Südosteuropa. Der chinesische Einfluss wird auch in diesen Ländern zunehmen.
Die Europäische Union hat diese Entwicklung inzwischen erkannt, und EU-Präsident Jean-Claude Juncker betont jetzt die Notwendigkeit eines Investment Screenings, um Investitionen von chinesischer Seite etwa bei Häfen oder der Energieinfrastruktur im Auge zu behalten.
Mein Petitum zur chinesischen Neuen Seidenstraße lautet: Lassen Sie uns die Möglichkeiten für unsere Unternehmen und die heimische Wirtschaft nutzen. Lassen Sie uns mit den Chinesen in gegenseitiger Wertschätzung begegnen, aber auch die notwendige politische Aufmerksamkeit nicht vernachlässigen, die erforderlich ist, um diesen Schritt im Interesse unserer Wertegemeinschaft, aber auch unserer wirtschaftlichen Interessen konstruktiv begleiten zu können.
Für Rheinland-Pfalz – das ist schon angeklungen – ist China nicht irgendeiner, sondern ein außerordentlich wichtiger Partner. Für die Außenwirtschaftspolitik des Landes Rheinland-Pfalz besteht hier ganz klar ein Schwerpunkt.
Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur ganz kurz ein paar Anmerkungen machen. Ich möchte noch einmal erwähnen, dass wir in Deutschland in der Industrie und der Wirtschaft extrem stark sind. Wir haben Tugenden, die weltweit geschätzt werden. Nicht umsonst sind wir das Land der Tüftler und Denker.
Wir haben im Wirtschaftsausschuss schon einmal darüber diskutiert. Wir haben auch in Rheinland-Pfalz über diese Wahlperiode hinweg Maßnahmen getroffen, die mittel- bis langfristige Erfolge aufzeigen. Dieser Maßnahmen bedarf es auch.
Jetzt greifen wir dem TOP 10 vor. Das ist aber egal. Es geht um Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, die Handwerk-Ferien-Camps, um das Handwerk zu stützen, den Meisterbonus und die Gründerförderung. All dies sind Maßnahmen, die nicht von heute auf morgen wirken. Diese wirken mittel- und langfristig. Das brauchen wir. Das heißt, dass wir auf dem richtigen Weg unterwegs sind.
Zu den Maßnahmen zum Schutz – der Herr Minister hat es auch angesprochen – gehört das Investment Screening. Ich habe auch angesprochen, dass wir Probleme, wie die politischen Systeme, die Produktpiraterie und die Intention dieser Länder, beleuchten müssen. Das geschieht doch auch. Das wird auch gemacht.
Stellen Sie die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht so dar, als wenn diese nicht wüssten, wie sie im globalen Konkurrenzkampf auch in China tätig werden müssten, um dort erfolgreich zu sein, um sich, ihre Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Dort, wo es hakt, muss die Politik eintreten. Das passiert doch.
Es gibt hochrangige politische Kontakte. Es finden immer wieder Abstimmungen über Handelsbeziehungen statt. Deutschland hat auch ein großes Interesse, dass sich China innenpolitisch bewegt. Ich sage Rechtsstaatsdialog und Menschenrechtsdialog. Das sind doch die Gremien, in denen wir genau diese Probleme anschneiden müssen, wenn wir die Intentionen so leiten und steuern wollen, dass sie unseren Unternehmerinnen und Unternehmern dienen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Mir ist in der zweiten Runde noch einmal wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir davon ausgehen müssen – dies hat in der Debatte eine Rolle gespielt –, dass chinesische Investoren staatlich dirigiert oder wirtschaftlich daherkommend nicht ohne Interessen unterwegs sind.
Das ist so. Aber das ist erstens keine neue und zweitens keine besonders originelle Erkenntnis, weil zur Wahrheit auch gehört, dass deutsche und rheinland-pfälzische Unternehmen auf Weltmärkten unterwegs sind und in der Regel auch nicht für ein „Vergelt’s Gott“ ihre Maschinen und ihre Dienstleistungen irgendwo zur Verfügung stellen. Auch sie wollen Geld verdienen. Das darf man deshalb auch dem chinesischen Partner nicht vorwerfen. Insofern ist diese Bemerkung, was machen die denn auf internationalen Märkten und sind sie vielleicht entlang eigener Interessen unterwegs, nicht weiterführend.
Ich will auf eines hinweisen, was eine Rolle gespielt hat. Das Thema TTIP ist angesprochen worden. Das bedeutet, ein Stichwort in die Debatte zu bringen, das aus meiner Sicht von gestern, wenn nicht von vorgestern ist. Es handelt sich dabei um eine ideologische Debatte, die wir geführt haben. Wer immer noch den Eindruck erweckt, dass es Greenpeace oder wer auch immer war, der TTIP kaputt gemacht hat, der sollte sich anschauen, wie es tatsächlich war. Es war Trump, der TTIP kaputt gemacht hat. Es war seine nach innen gerichtete und deglobalisierende Politik, die dafür gesorgt hat, dass sich der Westen unter der Führung der USA ein ganzes Stück zurückgezogen hat.
Wer das Selbstbewusstsein Chinas kennenlernen will, der sollte sich nur diese Anekdote in Erinnerung rufen, als Xi Jinping beim amerikanischen Präsidenten angerufen hat, um ihn wegen seiner Äußerungen zu Nordkorea zur Räson zu bringen. Das wäre früher nie möglich gewesen, dass sich eine Weltmacht wie die USA so düpieren lässt. Das zeigt das neue Selbstbewusstsein Chinas und zeigt auch, was von der Weltmacht, auch von der wirtschaftlichen Weltmacht, in Zukunft zu erwarten ist, meine Damen und Herren.