Protocol of the Session on June 23, 2010

........................................................................................................................... 5436, 5447 Abg. Bauckhage, FDP:...................................................................................................................... 5438, 5445 Abg. Dr. Krell, SPD:..................................................................................................................................... 5457 Abg. Dr. Schmitz, FDP:................................................................................................................................ 5448 Abg. Dr. Wilke, CDU:................................................................................................................................... 5471 Abg. Dröscher, SPD:................................................................................................................................... 5446 Abg. Eymael, FDP:...................................................................................................................................... 5434 Abg. Frau Dickes, CDU:.................................................................................................................... 5450, 5455 Abg. Frau Huth-Haage, CDU:...................................................................................................................... 5459 Abg. Frau Mohr, SPD:....................................................................................................................... 5431, 5435 Abg. Frau Morsblech, FDP:............................................................................................................... 5452, 5456 Abg. Frau Raab, SPD:....................................................................................................................... 5451, 5456 Abg. Frau Schellhaaß, FDP:........................................................................................................................ 5468 Abg. Frau Schneider, CDU:......................................................................................................................... 5467 Abg. Hartloff, SPD:............................................................................................................................ 5436, 5449 Abg. Keller, CDU:........................................................................................................................................ 5457 Abg. Kuhn, FDP:.......................................................................................................................................... 5460 Abg. Langner, SPD:........................................................................................................................... 5465, 5468 Abg. Licht, CDU:................................................................................................................................ 5432, 5435 Abg. Mertin, FDP:........................................................................................................................................ 5430 Abg. Schmitt, CDU:...................................................................................................................................... 5463 Abg. Weiner, CDU:...................................................................................................................................... 5464 Beck, Ministerpräsident:.............................................................................................................................. 5439 Frau Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur:.................................. 5453, 5455, 5462 Frau Conrad, Ministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz:....................................................... 5470 Hering, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:...................................................... 5432 Präsident Mertes:.........................................................5430, 5431, 5432, 5434, 5435, 5436, 5438, 5439, 5445 Vizepräsident Bauckhage:...........................................5457, 5458, 5460, 5462, 5463, 5464, 5465, 5467, 5468................................................................................................................................................. 5470, 5471, 5472 Vizepräsident Schnabel:..............................................5446, 5447, 5448, 5449, 5450, 5451, 5452, 5453, 5455..................................................................................................................................................................... 5456

92. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 23. Juni 2010

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seien Sie herzlich begrüßt zur 92. Plenarsitzung. Herr Kollege Clemens Hoch und Frau Kollegin Dr. Born-Siebicke werden mich unterstützen.

Entschuldigt sind Frau Vizepräsidentin Klamm, Herr Kollege Günther und Herr Kollege Presl. Frau Staatsministerin Ahnen hat avisiert, dass sie am späten Nachmittag kommen wird. Herr Staatsminister Dr. Kühl ist entschuldigt. Dies gilt für Frau Staatssekretärin Reich ebenfalls.

Meine Damen und Herren, wir haben für die drei Tage eine umfangreiche Tagesordnung. Dazu darf ich Ihnen folgende Erläuterungen geben: Zu den Tagesordnungspunkten 2, 3 und 4 wurden die Beschlussempfehlungen zu diesen Tagesordnungspunkten am Dienstag verteilt. Die Frist zwischen der Verteilung der Beschlussempfehlung und der Beratung ist mit der Feststellung der Tagesordnung jeweils abzukürzen.

Zum Tagesordnungspunkt 10 ist ebenfalls die Frist zwischen der Verteilung des Antrags und der Beratung abzukürzen. Ich weise Sie darauf hin, dass wir am Freitag unter dem Tagesordnungspunkt 16 über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beraten. Mit dem geht natürlich auch die Wahl eines Vorsitzenden und eines stellvertretenden Vorsitzenden für den entsprechenden Untersuchungsausschuss einher. Die FDP-Fraktion hat das Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden und die SPD-Fraktion für seinen Stellvertreter.

Werden gegen die Feststellung der Tagesordnung Einwände erhoben? – Dann sind Sie mit der Tagesordnung so einverstanden.

Dann beginnen wir mit Punkt 1 der Tagesordnung:

AKTUELLE STUNDE

„Verzicht auf Staatsbürgschaften bei der Opelsanierung“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/4705 –

Es stehen für die erste Runde fünf Minuten und für die zweite Runde zwei Minuten Redezeit je Fraktion zur Verfügung. – Herr Mertin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Mutterkonzern der Adam Opel AG hat vor einigen Tagen verkündet, dass er europaweit auf Bürgschaften

für die Sanierung der Opelstandorte verzichtet. Dem war die Entscheidung der Bundesregierung vorangegangen, Bürgschaften nach dem dort aufgelegten Bürgschaftsprogramm nicht zu gewähren.

Ich kann menschlich nachvollziehen, dass es enttäuschte Äußerungen aus dem Bereich der Opel AG gegeben hat. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Fonds, der auf der Bundesebene hierfür zur Verfügung stand, nur unter ganz bestimmten Kautelen eine Förderung vorsieht. Hierbei war insbesondere der Punkt zu beachten, dass das Unternehmen wegen der Finanzkrise der vergangenen Monate in große Probleme gekommen ist. Das kann man bei der Adam Opel AG so nicht feststellen, sondern die Adam Opel AG befindet sich seit vielen Jahren in Schwierigkeiten.

Wenn man sich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Opel AG unterhält, liegt das in hohem Maße daran, dass viele Entscheidungen weit weg in den USA getroffen wurden und am Markt in Europa vorbeigedacht wurde; dies insbesondere bei der Frage der Einführung von Dieselmotoren. Egal was das Unternehmen herstellt und vertreibt, ist es nun einmal eine entscheidende Größe, was in den Verkaufsräumen an den Kunden abgesetzt werden kann. Das entscheidet über den Erfolg.

(Beifall der FDP)

Das war über die vergangenen Jahre verteilt eben wegen Managementfehlern hier nicht gegeben. Insofern war eine der Voraussetzungen, die nach diesem Fonds gegeben sein müssen, nicht vorhanden.

Hinzu hat aber zu kommen, dass dieses Unternehmen und seine Eigentümer selbst nicht in der Lage sein konnten, mit der Krise fertig zu werden. Auch hier hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten gezeigt, dass die Mutter der Adam Opel AG sehr wohl finanziell so stark ist, dass sie eine Sanierung der Adam Opel AG aus eigener Kraft hätte bewerkstelligen können. Deshalb haben alle Fachleute in dem gestuften Verfahren, das der Bewilligung der Bürgschaft vorauszugehen hat, vorher entschieden, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Bürgschaft nach den Kriterien, die es einzuhalten galt, nicht gegeben waren.

Deshalb ist es nur folgerichtig, dass die Adam Opel AG und damit auch die Mutter auf solche Bürgschaften europaweit verzichtet hat.

Ich will gar nicht leugnen, dass es Äußerungen gibt, in denen die Befürchtung gehegt wird, bei der Sanierung könne es jetzt zu Unzuträglichkeiten kommen, insbesondere für deutsche Standorte oder die rheinlandpfälzischen Standorte. Man muss aber sehen, dass nach den Kriterien, nach denen diese Bürgschaften auf der Bundesebene zu vergeben waren, Zusagen im Hinblick auf einen Arbeitsplatzabbau unzulässig sind. Das heißt, selbst wenn eine Bürgschaft gewährt worden wäre, hätte man nie einen einklagbaren Anspruch gegen GM oder Opel gehabt, in bestimmter Weise an diesem oder jenen Standort zu verfahren. Das ist aus europarechtlichen Gründen geradezu ausgeschlossen,

(Beifall der FDP)

sodass dieses Kriterium an dieser Stelle nicht gelten kann.

Man muss auch sehen, welche Erfahrungen wir mit dieser Mutter im vergangenen Jahr gemacht haben. Sie ließ einen unterschriftsreifen Vertrag oder sogar schon unterschriebenen Vertrag am Schluss platzen. Sie hat uns im Grunde genommen schon damals ein Stück weit an der Nase herumgeführt.

Deshalb gilt einfach der Grundsatz, dass der Eigentümer – GM hat im vergangenen Jahr darauf bestanden, Eigentümer zu bleiben – dann, wenn er dazu in der Lage ist, die Sanierung aus eigener Kraft zu vollbringen hat. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, ihm mit Bürgschaften und damit Subventionen unter die Arme zu greifen. Das sind Bürgschaften und Subventionen, die zulasten anderer Arbeitsplätze gehen. Es kann nicht sein, dass ein Weltkonzern seine Arbeitskräfte vorschickt, sie gegenüber der Politik sozusagen in Geiselhaft nimmt, um sich gegenüber Konkurrenten Wettbewerbsvorteile über Bürgschaften zu verschaffen.

(Beifall der FDP)

Deshalb war es konsequent, sie abzulehnen. Deshalb ist es auch gut so, dass GM und Opel zwischenzeitlich auf solche Bürgschaften verzichtet haben.

(Beifall der FDP)

Ich erteile das Wort Frau Kollegin Mohr von der SPDFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Mertin, ich danke Ihnen zunächst einmal für Ihre sachlichen Ausführungen. Sie wissen aber auch, dass der mit Fachleuten besetzte Lenkungsausschuss beim Bund zu keinem einheitlichen Votum gekommen ist. Insofern ist diese Linie nicht ganz so klar gewesen.

Wir sind eindeutig froh, dass das Gezerre um die Bürgschaften für Opel nun ein Ende hat. Das ist gut so und bringt hoffentlich Ruhe in den Vorgang und damit auch in den Konzern und führt zu Ruhe bei den Beschäftigten.

Bei allen guten Nachrichten, die auf einmal durch die Presse gehen, sind in den vergangenen Tagen wieder neue Nachrichten gekommen. Deshalb meine ich, dass schon ein gerütteltes Maß an Besorgnis angebracht ist.

GM hat sich in den vergangenen Jahren nicht gerade durch Verlässlichkeit ausgezeichnet. Es sind jetzt gut eineinhalb Jahre, in denen das Ganze hin und her dümpelt. Ich meine, GM hat auch teilweise im Umgang mit den Gewerkschaften Pirouetten gedreht und sich manchmal sehr, sehr schlecht verkauft. Ich nenne nur das Stichwort „Verkauf von Opel an Magna“. Da hat jeder gehofft und geglaubt, dass wir uns von dem amerikanischen Konzern lösen können und eine gewisse

europäische Selbstständigkeit erhalten. Das ist aber leider nicht so gekommen. Auch hier kam es zu einem überraschenden Rückzug.

Am vergangenen Mittwoch kam dann die große Überraschung, als die Muttergesellschaft GM ankündigte, dass alle staatlichen Bürgschaften in Europa nicht angenommen werden und damit Verzicht geleistet wird. GM-Chef Nick Reilly hat da erklärt, die Verhandlungen mit der Bundesregierung seien eine Enttäuschung gewesen.

Meine Damen und Herren, ich meine, damit hat er ausnahmslos recht, aber nicht nur die Verhandlungen mit der Bundesregierung sind eine Enttäuschung, sondern man kann mit Fug und Recht sagen – da spreche ich auch aus dem Herzen einiger Bürger –, die ganze Bundesregierung ist eine Enttäuschung.

(Beifall der SPD)

Eine klare Verhandlungslinie war innerhalb der Regierungskoalition nämlich zu keiner Zeit zu erkennen. Die gesamte FDP hat von Anfang an gegen Opel-Hilfen gestanden. Bei ihr ist jetzt auch die Genugtuung groß, was ich nachvollziehen kann. Ganz anders waren allerdings die Geschehnisse bei der CDU/CSU, die im Lager völlig uneins war. Die Krönung hat das Ganze erfahren, als die Kanzlerin unversehens ihrem Wirtschaftsminister in die Parade gefahren ist, was dann auch noch von Frau Klöckner unterstützt wurde.

Dieses ganze Theater hat der Marke Opel am Markt nicht gutgetan und die Nerven der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Zerreißen beansprucht. Gute Bundespolitik ist in meinen Augen etwas anderes.

(Beifall bei der SPD)

Herr Mertin, im Gegensatz zu Ihnen muss ich sagen, dass ich mir manche Entscheidung anders gewünscht hätte. GM lässt sich mit Sicherheit nicht als unschuldig einstufen. Deshalb hoffe ich auch, dass ein neuer Zickzackkurs in Zukunft ausbleibt; denn die Leidtragenden bei allem sind immer die Arbeitnehmer.

(Beifall bei der SPD)

Fest steht meines Erachtens, dass mit der nun getroffenen Entscheidung GM die Verantwortung für die Zukunft von Opel wieder selbst übernommen hat. Man muss allerdings auch sehen, dass im Hinblick auf den Bestand der Werke und auch in Bezug auf Standortzusagen jetzt niemand mehr von außen in den Konzern hineinreden kann. Das ist nur noch auf der Verantwortungsebene zwischen den Parteien, dem Unternehmen und den Gewerkschaften zu machen.

Grundsätzlich muss man davon ausgehen – wir hoffen es auch –, dass dieses neue Konzept für unseren rheinland-pfälzischen Standort Vorteile bringt. Der Sanierungsplan und das Investitionsprogramm müssen unter Erhalt der vier deutschen Standorte durchgezogen werden. Ich denke, dass gerade der rheinland-pfälzische Standort Kaiserslautern, aber auch der Standort Rüsselsheim von dem neuen Konzept profitieren können.

Der Presse konnten wir jetzt auch entnehmen, dass Opel mit dem Insignia auf den amerikanischen Markt will. Das ist ein gutes Zeichen; denn mehr als 100 Teile des Opel Insignia werden in Kaiserslautern produziert und teilweise auch zusammengebaut. Der Opel Insignia an sich wird in Rüsselsheim gebaut. Dieses Auto soll jetzt auf den amerikanischen Markt kommen. Das bedeutet auch für uns ein gewisses Maß an Standortsicherung und an Arbeitsplatzsicherung. – Mehr in der zweiten Runde.

Danke. (Beifall der SPD)

Das Wort hat der Kollege Licht.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich stelle fest, dass es zwei wichtige Botschaften gibt. Erstens. Opel hat ein Sanierungskonzept und jetzt offensichtlich auch einen Finanzierungsplan. Frau Kollegin Mohr, Ihre Aussage, dass Sie das noch kritisch sehen, kann ich nicht ganz verstehen. Hätten wir uns das nicht schon vor Wochen und Monaten so gewünscht? Wir hätten alle Hurra geschrien. – Das ist die erste wichtige Botschaft.

Die zweite Botschaft hängt mit dem Sanierungsplan zusammen, den Sie auch angesprochen haben. Diesen europaweiten Plan gibt es. In Europa arbeiten 48.000 Beschäftigte in den Werken von GM. 8.300 Stellen sollen abgebaut werden, davon ca. 3.900 in Deutschland. Diesem Plan haben offensichtlich schon zu früheren Zeitpunkten alle Beteiligten zugestimmt.

Nun hören wir von Opel-Chef Nick Reilly und OpelBetriebsrat Klaus Franz – das ist die zweite wichtige Botschaft –, dass die vor 14 Tagen mit den Arbeitnehmervertretungen in Europa geschlossene Vereinbarung gilt. Beide sagen deutlich, dass sie gilt. Was heißt das? Die Vereinbarung ist nicht bürgschaftsgebunden. Das muss man sich auch noch einmal vor Augen führen. So wurde es schon vor 14 Tagen vereinbart. Darin sind Standort-, Beschäftigungs- und Investitionszusagen enthalten. Diese stehen auch heute noch – so beide vor der Öffentlichkeit. Stellenstreichungen und Standortschließungen seien nicht geplant. Auch das ist nach den Entscheidungen nach wie vor von beiden so festgestellt worden.

(Pörksen, SPD: Auch in den USA?)