Protocol of the Session on August 28, 2008

4. Kennt die Landesregierung die Informationspolitik des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitern, den betroffenen Gebietskörperschaften und dem Land Rheinland-Pfalz?

Danke schön. Zur Fragestellung der Anfrage Nummer 5 erteile ich Herrn Kollegen Alexander Schweitzer das Wort.

Abg. Schweitzer, Alexander, SPD:

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die Schließungspläne von Call-Centern der Deutschen Telekom hinsichtlich der rheinland-pfälzischen Standorte nach den von der Deutschen Telekom am 21. August 2008 genauer dargelegten Umstrukturierungsabsichten?

2. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen befürchtet die Landesregierung bei tatsächlicher Schließung von Standorten von Call-Centern im Land, insbesondere für die Beschäftigten?

3. Wie viele Beschäftigungsverhältnisse werden nach Kenntnis der Landesregierung durch die Umstrukturierungspläne der Deutschen Telekom im Land verloren gehen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Wirtschaftsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mündlichen Anfragen beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt: Wie Ende vergangener

Woche von der Deutschen Telekom bekanntgegeben wurde, will das Unternehmen von seinen bundesweit 63 Call-Center-Standorten nur noch 24 erhalten. Für Rheinland-Pfalz bedeuten die Pläne der Deutschen Telekom, dass von derzeit noch fünf Call-Center-Standorten in Mainz, Koblenz, Ludwigshafen, Trier und Neustadt an der Weinstraße nur noch das in Ludwigshafen erhalten bleiben und ausgebaut werden soll. Dieser Ausbau soll mit Beschäftigten aus geschlossenen Call-Centern in Mannheim, Neustadt und Saarbrücken erfolgen.

An den von Schließung bedrohten Standorten wären knapp 700 Beschäftigte von den Umstrukturierungen betroffen.

So wie die Bürgermeister der von den Call-CenterSchließungen betroffenen Städten ist auch die Landesregierung wenige Tage vor der öffentlichen Bekanntgabe der Deutschen Telekom von deren Absicht in Kenntnis gesetzt worden.

Zu Frage 3: Wenn ein Großunternehmen mit rund 5.000 Beschäftigten in Rheinland-Pfalz mehrere seiner Standorte umstrukturiert oder gar aufgibt und hiervon mehrere Hundert Beschäftigte betroffen sind, ist es selbstverständlich, dass der Wirtschaftsminister diesen Vorgang zum Anlass nimmt, Gespräche mit diesem Unternehmen aufzunehmen.

Um konkret zu werden, die Landesregierung hat die Umstrukturierungspläne der Deutschen Telekom nicht unkommentiert gelassen, da sie diese Pläne für unredlich hält und diese die Beschäftigungsgarantien nicht umsetzen. Diese Pläne sind aufgrund der den Beschäftigten zugemuteten Entfernungen, um zum neuen Arbeitsplatz zu gelangen, nicht akzeptabel. Meine Forderung nach echten Beschäftigungsgarantien, die nicht nur auf dem Papier bestehen, ist daher mehr als berechtigt.

(Beifall bei der SPD)

Genau diese Thematik ist Gegenstand meiner Gespräche mit der Konzernleitung der Deutschen Telekom. Sie werden aber sicherlich auch verstehen, dass ich Ihnen hier und heute keine Details des jeweiligen Gesprächsverlaufs schildern kann.

Auf Veranlassung der Landesregierung wird es im September mit dem Vorstand der Deutschen Telekom, Herrn Höttges, Kollegin Dreyer und mir weitere Gespräche in Rheinland-Pfalz geben.

Zu Frage 4: Die Landesregierung ist über die einzelnen Informationsschritte und Planungen des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern und den Kommunen vorab nicht eingebunden worden.

Ich mache jetzt noch Ergänzungen zu den Fragen der Anfrage Nummer 5. Wie ich bereits bei der Beantwortung der Mündlichen Anfrage Nummer 3 ausgeführt habe, bedeuten die Pläne der Deutschen Telekom, dass von den fünf Call-Center-Standorten in Rheinland-Pfalz nur das Call-Center in Ludwigshafen erhalten bleiben soll. Die Landesregierung beurteilt diese Pläne als nicht akzeptabel.

Wenn den Beschäftigten alternativ zu ihrem verlorenen Arbeitsplatz Beschäftigungsverhältnisse in anderen CallCentern angeboten werden, die weit mehr als 150 Kilometer vom bisherigen Standort entfernt liegen, sind dies keine Alternativen. Dementsprechend hat die Landesregierung die Deutsche Telekom aufgefordert, zu ihrem gegebenen Wort zu stehen und echte Beschäftigungsgarantien abzugeben, die nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angenommen werden können.

(Beifall bei der SPD)

Zu Frage 2: Die potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen der Umstrukturierungsmaßnahmen sind sicherlich unterschiedlich. Dies gilt sowohl für die Auswirkungen auf die Standorte wie auch auf die Beschäftigten selbst. Sofern den Beschäftigten in räumlicher Nähe zu ihrem bisherigen Arbeitsplatz eine echte Alternative aufgezeigt wird, müsste es den meisten Beschäftigten möglich sein, dies auch anzunehmen.

In diesem Fall wären keine Umzüge oder unzumutbar lange Anfahrtswege notwendig. Bei den bekannt gewordenen Plänen der Deutschen Telekom zeichnet sich aber bislang ab, dass einer großen Anzahl der Beschäftigten alternative Arbeitsplätze in großer räumlicher Entfernung angeboten werden. Die Konsequenzen wären entweder Arbeitslosigkeit oder inakzeptabel hohe Fahrtkosten oder ein Umzug zur neuen Arbeitsstätte. All dies wäre verbunden mit negativen Auswirkungen für die von der Schließung betroffene Kommune und die angrenzenden Regionen.

Zu Frage 3: Wenn es nach den Beteuerungen des Unternehmens geht, soll der Beschäftigungsstand in CallCentern in Rheinland-Pfalz sogar erhalten bleiben, da die Beschäftigungszuwächse in Ludwigshafen die Arbeitsplatzverluste an anderen Standorten kompensieren würden. So lautet die Aussage der Telekom. Aber wie bereits gesagt, ist dieses Zahlenspiel zunächst einmal theoretischer Natur und nach Auffassung der Landesregierung auf keinen Fall realistisch für Beschäftigte, von denen erwartet wird, ihren Arbeitsplatz zum Teil über 170 Kilometer von Trier nach Bonn zu verlegen. Wissend, dass hiervon in der Regel Teilzeitbeschäftigte und auch sehr viele alleinerziehende Mütter betroffen sind, ist dies keine Alternative zum bestehenden Arbeitsplatz.

Ebenso kann derzeit nicht abgeschätzt werden, wie viele der Beschäftigten z. B. in Koblenz oder Mainz tatsächlich in der Lage sein werden, Arbeitsplatzangebote in Bonn oder Eschborn anzunehmen, sodass die Zahl der Arbeitsplatzverluste derzeit nicht feststeht.

So weit zur Beantwortung.

(Beifall bei der SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz.

Herr Minister, wir bedanken uns für die Vielzahl der von Ihnen vorgetragenen politischen Mitgefühlsadressen, die wir selbstverständlich teilen. Wir bitten Sie aber dennoch auch um die konkrete Beantwortung unserer dritten Frage, weil wir ganz gern diesen Teilaspekt neben den vielen Dingen, die wir nicht abgefragt haben und die beantwortet wurden, von Ihnen faktisch beantwortet hätten.

(Frau Mohr, SPD: Vorschläge!)

Ich habe Ihnen die dritte Frage auch beantwortet.

Entschuldigung.

(Staatsminister Hering blättert in seinen Unterlagen)

Zunächst haben wir im Vorfeld der geplanten Entscheidung der Telekom klar gemacht, dass wir erwarten, dass dieser Konzern zu seiner Zusage nach echten Beschäftigungsverhältnissen steht. Ihre Frage tendiert dahin, welche Möglichkeiten bestehen, diese Forderung mit Nachdruck zu versehen und umzusetzen.

(Dr. Schmitz, FDP: Durchzusetzen!)

Zunächst sehe ich es als Aufgabe auch des Wirtschaftsministers an, dann, wenn ein Unternehmen bei den früheren Umstrukturierungsplänen, auch der Ausgliederung von Teilen in andere Unternehmensformen, öffentlich kommuniziert, dass es seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Beschäftigungsgarantien abgegeben hat und sich herausstellt, dass es hier nicht um echte Beschäftigungszusagen geht, sondern um rein theoretischer Art, solche unredlichen Beschäftigungsgarantien auch als solche zu bezeichnen und den Konzern aufzufordern, echte Beschäftigungsgarantien in RheinlandPfalz zu bieten. Wir werden mit dem Konzern – dem Konzernvorstand, also den Entscheidern, den Verantwortlichen – Gespräche führen und diese Forderung deutlich machen.

Ich werde im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch der Erfolgsmöglichkeiten, die gegeben sind, den genauen Gesprächsverlauf aus nachvollziehbaren Gründen – auch das ist gegenüber den Gesprächspartnern und auch anderen zugesagt – im Detail hier nicht darlegen. Es wird im September hier in Mainz weitere Gespräche geben. Es gibt auch Gespräche mit der Konzernleitung, die mit ver.di gesucht werden müssen. Unser Ziel ist, dass diese Umstrukturierungspläne, so wie verkündet, in dieser Form in Rheinland-Pfalz eben nicht umgesetzt werden.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Margit Mohr.

Herr Minister, vor dem Hintergrund der hohen Mobilitätsansprüche, die die Deutsche Telekom an die Fortführung der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten richtet, frage ich Sie: Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, in welchen Arbeits- und Lohnverhältnissen die Mehrzahl der Betroffenen steht.

Bei der Mehrzahl der Betroffenen handelt es sich um Teilzeitbeschäftigte. Auf den Punkt gebracht heißt das, da es die Mehrzahl solcher Beschäftigungsverhältnisse ist, bedeutet häufig die Alternative, die angeboten wird, dass die Fahrzeit länger ist als die Arbeitszeit und die Spritkosten höher sind als der Verdienst, den sie erhalten. Dass das keine Beschäftigungsgarantie in dem Sinn ist, wie man es zu verstehen hat, ist, wie ich glaube, einleuchtend. Da gilt es auch, das klar zu kommunizieren. Wir erwarten von einem Konzern, dessen Hauptgegenstand ist, auch für gute Kommunikation zu sorgen, dass er in seiner Kommunikation redlich und offen ist.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Licht.

Herr Minister, Sie haben in Ihren Pressemeldungen darauf hingewiesen, dass es vertragliche Bindungen aus bisherigen Überlegungen und bisherigen Handlungen des Konzerns gibt. Ich frage Sie heute: Gibt es über das, was Sie jetzt schon am Pult gesagt haben, hinaus noch weitere vertragliche Dinge oder Punkte, die Sie in Ihren Gesprächen dort andeuten oder auf die Sie pochen?

Nichtsdestotrotz will ich deutlich machen, dass die CDUFraktion und ich auch teilen, dass sich, so wie der Konzern mit den Mitarbeitern umgeht, eine geschlossene Front unter allen Parteien bildet. Das ist nur zu verständlich und auch zu begrüßen.

Ich bedanke mich zunächst, dass Sie diese Vorgehensweise unterstützen und mittragen und dieselbe Einschätzung bezüglich dessen haben, was die Telekom entschieden und verkündet hat. Unsere klare Aussage gegenüber der Telekom ist, dies ist für uns nicht akzeptabel. Deswegen erwarten wir nicht nur die Gesprächsbereitschaft, sondern wir erwarten in diesen Gesprächen, dass auch eine andere, geänderte Konzeption vorgelegt wird, wie eine Umstrukturierung der CallCenter vorgenommen werden kann. Wir werden dann auch – ich habe aber gesagt, bezüglich des bisherigen Gesprächsverlaufs werde ich keine Aussagen machen – Möglichkeiten finden, unsere Forderung mit einem ge

wissen Nachdruck zu versehen, um das in dieser Unklarheit zu belassen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Hartloff.

Herr Minister, in der Presse wird die Sinnhaftigkeit der Entscheidung der Telekom sehr stark angezweifelt, weil Call-Center gerade über Telefonleitungen und Moderneres Fragen beantworten, sodass man das dezentral machen kann. Teilen Sie diese Auffassung, oder halten Sie diese Zweifel für begründet?

Zunächst ist es Aufgabe und Entscheidungskompetenz eines Konzerns, für sich vernünftige Strukturen zu finden. Dieser Prozess der Umstrukturierung der CallCenter ist auch mit dem Prozess der Vergangenheit zu betrachten, als Beschäftigungsgarantien gegeben wurden. Mit Sicherheit dürfte es sinnvoll sein, eine gewisse Umstrukturierung bundesweit vorzunehmen, aber nicht in diesem großen und radikalen Umfang wie hier. In der Tat kann man ähnliche Effizienzrenditen erzielen, indem weniger Standorte aufgegeben werden als beabsichtigt. Die modernen Telekommunikationsmöglichkeiten, über die die Telekom mit Sicherheit verfügt, erlauben auch solche Lösungen, wobei ich es – das wird von uns begrüßt – als sehr positiv beurteile, dass es keine Pläne gegeben hat, diese Leistungen ins Ausland zu verlagern. Auch das haben andere schon gemacht, dass Leistungen von Call-Centern ins Ausland verlagert werden. Das ist ein positiver Aspekt dieser Entscheidung neben den negativen, die ich dargestellt habe.

Eine weitere Zusatzfrage unseres Herrn Kollegen Eymael.

Mitarbeiter der betroffenen Call-Center sind zu Recht verärgert über die Informationspolitik seitens der Telekom. Ist die Landesregierung in diesen Entscheidungsprozess schon frühzeitig eingebunden worden, oder hat man es der Landesregierung erst wenige Tage vor der allgemeinen Veröffentlichung mitgeteilt?