Protocol of the Session on February 12, 2004

Frau Kiltz, hören Sie doch auf mit dem IncomingTourismus. Darf denn das Land Rheinland-Pfalz für seine Region, für das Rheintal, für den Raum um den Airport keine Werbung machen? Wenn Sie das natürlich in dem Flugzeug machen, in dem die Leute ankommen, dann macht es doch geradezu Sinn. Dieses zu verteufeln, ist für mich unerträglich.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Dann beschäftigen Sie sich doch endlich einmal mit den Fakten. Vorhin habe ich angefangen. Ich habe Ihnen gesagt, wenn Sie vergleichen, wo Ryanair in Europa überall startet und landet, dann sehen Sie, in allen europäischen Flughäfen ist die Insurance Levy einheitlich 2,60 Euro. Die Airport Tax auf dem Hahn beträgt 4,35 Euro, während die Flughäfen in Gerona in Spanien, Kerry in Irland, Bologna-Forli in Italien, Stockholm in Schweden, Rom in Italien, und Glasgow in Schottland überhaupt keine Airport Tax verlangen. Die Gouvernment Tax, was nichts anderes als die Sicherheitsgebühr ist, beträgt auf dem Hahn 4,35 Euro, aber die Flughäfen in Glasgow und London-Stansted erheben überhaupt keine Gouvernment Tax. Entscheidend für all diese Fragen einer eventuellen Beihilfe ist, dass auf dem Flughafen Hahn alle – ich betone: alle – Fluggesellschaften gleichbehandelt werden. So könnte beispielsweise auch die Lufthansa zu den gleichen Tarifen von Frankfurt-Hahn abheben wie Ryanair. Wir laden die Lufthansa herzlichst ein, auch vom Flughafen Hahn ihre Maschinen weltweit starten zu lassen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Es spricht Frau Abgeordnete Kiltz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Licht, das war eine billige Ablenkungsgeschichte in einem Streit, den Sie eigentlich mit der SPD haben, jetzt plötzlich auf die GRÜNEN einzuschlagen. Ich habe das irgendwie gar nicht so wahrgenommen, dass sich der Kollege Mertes jetzt von den GRÜNEN so in den Senkel gestellt gefühlt hat. Ich glaube, sein Gegner war ein anderer. (Kuhn, FDP: Wer?)

Sie können auch durch Ablenkung nicht den Erfolg erreichen, dass sich die Debatte dreht. Herr Licht, wenn Sie sagen, „Sie wissen die Zahlen doch“, ich will, dass die Öffentlichkeit das weiß. Verstehen Sie? Herr Licht, wenn Sie mir sagen, ich hätte nicht genug nachgefragt, dann ist das nun wirklich vollkommen daneben, weil es mir darum geht, dass die Öffentlichkeit über Eckpunkte informiert ist. Wenn da nichts Falsches dran ist, gibt es auch gar keinen Grund, das nicht zu tun.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister Bauckhage, wir sind uns in einem einig, was Sie eben gesagt haben. Der Hahn muss dringend weiterentwickelt werden. Der Meinung sind wir auch. Ich will auch gleich noch einmal sagen, warum. Ich habe gesagt, wir brauchen drei Punkte, damit das überhaupt nachhaltig sein kann, was im Moment dort mit dem JobMotor „Ryanair“ stattfindet. Die Verträge müssen europafest sein, habe ich gesagt. Das sind sie wohl.

Ein zweiter Punkt ist, die Nachfrage nach diesem Segment mit dem Billigangebot müsste wohl von Dauer sein.

(Creutzmann, FDP: Hochmoselübergang!)

Zu diesem zweiten Punkt will ich jetzt etwas sagen. Es ist abzusehen, dass irgendwann alle, die im Einzugsgebiet des Flughafens sind und schon immer einmal kurz nach London, nach Montpellier, nach Pisa oder sons twohin wollten, dies getan haben. Dass auch bei neuen Zielorten diese induzierte Nachfrage endlich ist, das wissen wir.

(Creutzmann, FDP: Gar nicht wahr!)

Vom normalen Geschäftsverkehr, das heißt, von denen, die sowieso an die angebotenen Zielorte müssen und Ryanair nutzen, weil sie verbraucherbewusst ein Ticket kaufen oder ihre Firma das tut, wird Ryanair leider nicht leben können. Das vermute ich einmal. Sie können mich gern eines Besseren belehren. Es setzt die nachhaltige Nachfrage in diesem Sektor voraus, dass die Kosten der Fluggesellschaft nicht gravierend steigen, damit die Billigpreise gehalten werden. Was ist aber, wenn wir europaweit die Kerosinbesteuerung bekommen, die wir alle außer der Flugbranche wollen, weil wir uns alle darüber einig sind, dass möglichst viel Verkehr, auch Kurzstreckenverkehr, auf die Schiene verlagert werden soll. Dann wird es teurer werden.

(Schwarz, SPD: Das ist aber doch Wettbewerb! Das haben doch alle dann zu tragen!)

Das Problem ist einfach, dass sich hier eine Region – ich will das als Problemstellung definieren – abhängig macht in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung davon, dass möglichst viele Billigflieger unterwegs sind. Das ist natürlich ein Problem. Ich weiß, dass Herr Creutzmann wahrscheinlich auch dafür noch eine ökologische Argumentation hinbekommt. Herr Kollege, aber meine Hirnwindungen sind noch nicht so verkreuzt, dass ich dem folgen könnte.

(Glocke des Präsidenten)

Ich finde das auch absolut nicht in Ordnung. Ich will Ihnen aber jetzt noch eines zum Schluss sagen. Ich fordere Sie auf, entwickeln Sie gemeinsam mit der Region ein Konzept unter Einschluss des RyanairDrehkreuzes, aber mit dem Willen zur Diversifikation im Passagierflugbereich und mit dem Willen, die flugunabhängigen Komponenten dieses Konversionsprojekts, das wichtig für die ganze Region ist, zu stärken. Damit sollten Sie ganz schnell beginnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht noch einmal Herr Verkehrsminister Bauckhage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will etwas zu Frau Kiltz sagen, und zwar einmal zu der Nachfrage auf Dauer. Es macht keinen Sinn, einen Exkurs durch die Marktwirtschaft oder die Volkswirtschaft zu machen. Wir haben eine angebotsorientierte Marktwirtschaft. Hier wird ein Angebot gemacht, das hoch angenommen wird, meine Damen und Herren.

Zweitens möchte ich noch einmal etwas zu dem Vertrag sagen. Es gibt Vertragspartner. Die Vertragspartner haben ein Recht auf Vertrauensschutz und ein Recht auf Diskretion.

(Zurufe von der SPD: Jawohl!)

Wir haben das getan, was man tun muss. Wir haben den Ausschuss, also das Parlament informiert. Derjenige, der darüber hinaus sagt, er wolle, dass die Öffentlichkeit informiert wird, hat etwas anderes als eine vernünftige Information im Schilde.

(Beifall bei FDP und SPD – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe den zweiten Teil der

AKTUELLEN STUNDE

auf:

„Maßnahmen gegen Frust und Gewalt an den berufsbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/2916 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Wiechmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir alle haben in den vergangenen Tagen die erschreckenden Berichte über Gewalttätigkeiten an berufsbildenden Schulen, ob nun aus Hildesheim oder auch aus unserem Bundesland, aus Prüm oder Germersheim, gelesen oder gesehen.

Wir als verantwortliche Politikerinnen und Politiker müssen uns fragen lassen, ob wir wirklich alles tun bzw. getan haben, um solche Vorfälle, so weit es irgend möglich ist, zu verhindern. Deshalb haben wir als Fraktion diese Aktuelle Stunde beantragt, in der es uns nicht um irgendwelche pauschalen Schuldzuweisungen gehen darf.

Meine Damen und Herren, dass an diesen bekannt gewordenen Gewalttaten insbesondere Schülerinnen und Schüler aus dem Berufsvorbereitungsjahr beteiligt waren, kann kaum überraschen. Der eklatante Mangel an Ausbildungsplätzen nimmt einer immer größeren Zahl von jungen Menschen die Hoffnung und die Perspektive auf einen guten Start ins Berufsleben und damit auch in ein selbstständiges Erwachsenenleben. Viele Schülerinnen und Schüler, insbesondere des Berufsvorbereitungsjahres, des Berufsgrundbildungsjahres und auch der Berufsfachschulen sind, wenn man dies verharmlosend sagen will, schulmüde.

Diese Schulabgängerinnen und Schulabgänger von den allgemein bildenden Schulen wollen alles andere, aber auf keinen Fall noch einmal Schule. Sie wollen auf keinen Fall Warteschleifen. Über diese so genannten Warteschleifen haben wir schon gestern gesprochen.

Gerade die Schülerinnen und Schüler im Berufsvorbereitungsjahr haben oftmals eine vollständige, ziemlich frustrierende, von Misserfolgen geprägte Schulkarriere hinter sich. Viele der jungen Menschen haben in ihrem engen sozialen Umfeld oftmals massive Gewalterfahrungen machen müssen. Dass diese ausweglos erscheinende Situation aus Frust, Hoffnungslosigkeit und manchmal auch sinnloser Langeweile in Gewalttätigkeiten umschlagen kann, ist auch aus anderen Zusammenhängen bereits bekannt. Damit kann und will ich die Geschehnisse überhaupt nicht rechtfertigen.

Meine Damen und Herren, diese aktuellen Vorfälle führen uns einmal mehr in erschreckender Art und Weise

offensichtliche Defizite vor Augen. So sehr wir uns nach einfachen Konzepten sehnen, übereilte Vorschläge, wie beispielsweise Verstärkung der Überwachung, härtere Strafen oder das Umrüsten von Schulen zu Hochsicherheitstrakten, helfen uns nicht weiter.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Die gegenwärtigen Ereignisse geben uns allen die Gelegenheit, noch einmal den Versuch zu starten und in eine Diskussion einzusteigen, nämlich die Diskussion, wie wir eigentlich mit den jungen Menschen umgehen, die in den vergangenen Jahren und in diesem Schuljahr keinen Ausbildungsplatz bekommen haben und für sich selbst – das muss man auch sehen – oftmals kaum eine Perspektive sehen.

Meine Damen und Herren, was wir brauchen,

(Pörksen, SPD: Nicht solche Reden!)

ist zuerst einmal in den Schulen wieder mehr eine Kultur des Hinsehens, eine Kultur der Solidarität und Unterstützung dieser jungen Menschen; denn eines muss klar sein: Kein Jugendlicher darf ein hoffnungsloser Fall sein oder sich als ein solcher fühlen.

Wir müssen in unseren Schulen ein Klima des EinanderAchtens und des Aufeinander-Achtens schaffen, weil wir eine stärkere Gewichtung des pädagogischen Unterstützungssystems aus den Gründen, die ich eben genannt habe, insbesondere an den berufsbildenden Schulen brauchen. Um das konkret zu machen: Wir brauchen mehr Mittel für Schulsozialarbeit, weil sich durch den Mangel an Ausbildungsplätzen an den berufsbildenden Schulen die Zahl der schulmüden Schülerinnen und Schüler vergrößert und den berufsbildenden Schulen damit verstärkt auch die Aufgabe zufällt, die jungen Menschen aufzufangen, ihnen in ihrem neuen schulischen Umfeld Perspektiven aufzuzeigen und sie beim Weg in eine Berufsausbildung zu unterstützen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch zusätzliche Mittel zur Entwicklung und Durchführung von vollständigen, anerkannten beruflichen Ausbildungen für Schülerinnen und Schüler des Berufsvorbereitungsjahres und des Berufsgrundbildungsjahres. Wenn wir den jungen Menschen nach dem Abschluss ihrer allgemein bildenden Schulzeit keinen Ausbildungsplatz in der Wirtschaft anbieten können, dann können wir es aber auch nicht so weit kommen lassen, dass sie in oftmals sehr frustrierende und hoffnungslose Warteschleifen abgeschoben werden.

(Glocke des Präsidenten)

Sie kennen diese Forderung sicherlich. Sie ist auch hier schon wiederholt von mir geäußert worden.

Meine Damen und Herren, in der ersten Runde einen Satz zum Schluss: Ich glaube, dass wir unbedingt noch darüber reden müssen, wie weit wir von der Politik so genannte Streitschlichter- und so genannte Gewaltpräventionsprogamme in den Schulen steuern und eine

verstärkte Thematisierung von Gewalt als Unterrichtsthema in die Schulen mit einbringen können.