Protocol of the Session on June 21, 2001

Es ist wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz rasch auf preisgünstige breitbandige Infrastrukturen zugreifen können, unabhängig davon, um welche Technologie es sich im Einzelfall handelt.

Vor dem Hintergrund der sich in Konkurrenz zum Breitbandkabel entwickelnden Alternativtechnologien – DSL oder WLL – oder Satellit teilt die Landesregierung die Auffassung der Bundesregierung, dass staatlicherseits keine bestimmte Technologie favorisiert werden soll.

Ich versichere Ihnen, dass die Landesregierung bei der Frage künftiger Strukturen, Arbeitsplätze, Organisationsformen und Standorte des Kabelgeschäfts das Gespräch mit den Investoren suchen wird. Jedoch werden diese letztlich die Entscheidungen treffen und wirtschaftlich zu verantworten haben.

Zu Frage 4: Es ist richtig, dass die Zusammenführung der Netzebenen 3 und 4 noch ein offenes Problem ist, da der direkte Kontakt zum Kunden auf der so genannten Netzebene 4, die vom Gebäudeübergabepunkt bis zur Kabelanschlussdose in der Wohnung reicht, häufig in der Hand von mittelständischen Unternehmen, zum Beispiel Hausbaugesellschaften, liegt. Experten rechnen damit, dass es in diesem Bereich zu Zusammenschlüssen bzw. Akquisitionen kommen wird.

Darüber hinaus teilt die Landesregierung grundsätzlich die in der gemeinsamen Position der DLM im April dieses Jahres dargelegte Auffassung, dass mit der Veräußerung der Kabelnetze und der Neustrukturierung des Kabelnetzbetriebs neue Chancen, aber auch Risiken einhergehen. Sie geht davon aus, dass auch künftig Free-TV-Programme des öffentlich-rechtlichen und pri

vaten Fernsehens fester Bestandteil des Angebots der neuen Kabelnetzbetreiber sein werden.

Vor diesem Hintergrund greifen die in den §§ 52 und 53 des Rundfunkstaatsvertrags durch den Staatsvertragsgesetzgeber eingezogenen Sicherungsmechanismen, die durch entsprechende Anforderungen an die technischen Plattformen in den Satzungen der Landesmedienanstalten zu § 53 konkretisiert wurden.

Mit den Regelungen zur Kanalbelegung und zur Zugangsfreiheit bei digitalen Dienstleistungen besteht ein ausreichendes Instrumentarium, das es den Landesmedienanstalten im Vollzug ermöglicht, die Interessen der Zuschauerinnen und Zuschauer, aber auch der Anbieter zu wahren und damit auch künftig die notwendige Vielfalt der Rundfunkprogramme im Kabel zu erhalten.

Gibt es Zusatzfragen? – Herr Dr. Braun!

Herr Staatssekretär, Sie haben zu Recht sehr sibyllinisch geantwortet, mit den neuen Medien gebe es Ris iken und Chancen. Sie haben aber nicht ausgeführt, welche Risiken und Chancen Sie genau sehen. Wird mit der „Must-Carry“-Regelung, also mit der Regelung, was übertragen werden muss, Ihrer Meinung nach wirklich die Garantie ausgesprochen, dass auch die Medienbetreiber, die vom Landtag hauptsächlich gefördert werden, nämlich die Bürgermedien und die offenen Kanäle, nach einer Privatisierung tatsächlich die Chance haben, zu überleben?

Ich glaube schon, dass dies möglich sein wird. Der Rundfunkstaatsvertrag gewährt in den §§ 52 und 53 die notwendigen Sicherungsmechanismen. Die Landesmedienanstalten werden dies konkret in den technischen Plattformen der Satzungen ausformulieren. Damit wird es eine gewisse Garantie geben, dass das, was wir gemeinsam in den letzten 20 Jahren auch in RheinlandPfalz aufgebaut haben, nämlich das Duale Rundfunks ystem, mit all seinen Facetten auch weiter erfolgreich betrieben wird.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schiffmann.

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Tatsache, dass in Hessen, wo Klesch zum Zuge gekommen ist, die Firma eKabel eine neue Settop-Box – nicht die d-Box von Kirch – einsetzt im Hinblick auf die Vorgabe eines offenen Standards und auch im Hinblick auf die Frage, die Herr Kollege Dr. Braun gestellt hat?

Ich bin gern bereit, diese Frage schriftlich zu beantworten.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun.

Herr Staatssekretär, wir befinden uns beim Verkauf der Kabelnetze in einer Umbruchphase. Wie wird die Landesregierung konkret die Landesmedienanstalten unterstützen? Die Landesregierung ist rundfunkpolitisch in Deutschland schließlich nicht unwichtig. Wie wird also die Landesregierung konkret die Landesmedienanstalten im Kampf gegen die doch sehr wirtschaftsstarken interessierten Käufer – Liberty Media, aber vor allem auch Callahan – unterstützen? Ursprünglich war auch Prim acom als eventueller Käufer mit im Boot. Wie wird die Landesregierung konkret die Landesmedienanstalten unterstützen und ihnen den Rücken stärken?

Die rechtlichen Grundlagen sind geschaffen. Die Landesregierung und die Abgeordneten sind teilweise in den Landesmedienanstalten vertreten. Ich selbst hatte auch einmal die Ehre, dort zu Anfang des Aufbaus tätig zu sein. Ich bin davon überzeugt, dass wir genügend rechtliche Instrumente haben, damit auch die mittelständischen Vertreter in diesem Wettbewerb mithalten können. Vor dem Hintergrund teile ich Ihre Bedenken eigentlich nicht.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Pepper.

Sind Sie mit mir der Meinung, dass der diskriminierungsfreie Zugang auch in Zukunft die wichtigste medienpolitische Voraussetzung für unser Handeln sein muss, da wir es durchaus mit einem neuen Fall zu tun haben, weil Inhalte und Weg sich miteinander verschmelzen? Insofern müssen wir erst die Erfahrung machen, weil es sich um einen neuen Tatbestand handelt, dass die vorhandenen Rahmenbedingungen tatsächlich auch greifen können.

Ich teile vollkommen Ihre Meinung. Der diskriminierungsfreie Zugang ist für mich das A und O. Wenn die jetzigen rechtlichen Grundlagen nicht ausreichen sollten, muss man über Verbesserungen nachdenken.

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

AKTUELLE STUNDE

Stilllegung des Atomkraftwerkes Mülheim-Kärlich auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/44 –

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Stretz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zehn Tagen, am 11. Juni, ist die Vereinbarung über den Ausstieg aus der Kernenergie zwischen der Bundesregierung und den kernkraftwerkbetreibenden Energieversorgungsunternehmen unterzeichnet worden. Damit ist unserer Meinung nach der gesellschaftspolitische Konflikt um die Kernenergie erheblich entschärft worden; denn in ungefähr zwanzig Jahren sind bei uns in der Bundesrepublik Deutschland alle Kernkraftwerke vom Netz.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Schon einen Tag nach dieser Unterzeichnung hat die RWE bei uns in Rheinland-Pfalz einen Antrag auf Erteilung der Stilllegungs - und ersten Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich gestellt. Das ist sicherlich kein Grund, um Sektkorken knallen zu lassen, aber das ist für uns ein Grund, sich darüber zu freuen.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einen Hinweis: Damit zeigt der viel zitierte Atomkonsens seine Auswirkungen. Es macht uns alles andere als unglücklich, dass wir in Rheinland-Pfalz die Ersten sind, die davon profitieren. Das zeigt auch, wie wichtig es war, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung im vergangenen Jahr erfolgreich auf den Einbezug von Mülheim-Kärlich in die Atomkonsensverhandlungen gedrängt hat. An dieser Stelle gebührt unser besonderer Dank der Bundesregierung, dem Bundeskanzler, der Landesregierung und auch Ihnen, Frau Umweltministerin.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dem Bundesumweltminister!)

Herr Dr. Braun, das können Sie nachher noch nachreichen.

Allen Unkenrufen zum Trotz kommt es zu einer pragmatischen Regelung. Es werden keine Ersatzansprüche gestellt, und es gibt auch kein Liebäugeln oder Schielen

nach einer Wiederinbetriebnahme. Das Aus für das AKW in Mülheim-Kärlich ist besiegelt und unumkehrbar. Auch das will ich ausdrücklich betonen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht nicht nur darum, nachzuweisen, dass Versprechungen eingehalten wurden, sondern es geht darum, dass das Ergebnis von unverantwortlichem Verhalten von vor mittlerweile über 25 Jahren nun endlich korrigiert und abgeschlossen werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich einige Daten anführen: 9. Januar 1975: Die erste Teilgenehmigung und Baubeginn; 14. März 1986: Der Reaktor geht ans Netz; 9. September 1988: Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die Teilgenehmigung aufzuheben, wird der Reaktor abgeschaltet; schließlich der 12. Juni 2001: Antrag auf Stilllegung und Rückbau.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Stilllegung und der Abbau der Anlage umgesetzt sein werden, dann ist auch der Spuk AKW Mülheim-Kärlich Vergangenheit geworden, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, den Sie in Ihrer damaligen Regierungszeit ausgelöst haben.

(Kramer, CDU: Reden Sie doch nicht so einen Quatsch!)

Ich verstehe es, dass Sie sich aufregen, aber man kann Urteile, die ergangen sind, nicht danach bewerten, ob sie einem in den Kram passen oder nicht. Das war und das bleibt unverantwortlich.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Kramer, CDU)

Sie wissen, wenn Sie mit dem Finger zeigen, was der Daumen dann immer macht.

Ich will noch etwas – das richte ich insbesondere in die Richtung des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – klar und deutlich sagen: Wo abgebaut wird, muss natürlich auch abtransportiert werden.

(Beifall der SPD)

Dieser Abtransport ist dann am sichersten, wenn er möglichst schnell durchgeführt wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen kein angeblich kalkulierbares Risiko. Wenn ich auf die jüngsten Presseberichte zu Cattenom verweise, wird auch deutlich, dass die Vereinbarung vom 11. Juni und der Antrag vom 12. Juni den Weg geöffnet haben. Die erforderliche Novelle des Atomgesetzes wird die Förderungswürdigkeit der Atomkraft ausschließen. Der Bau neuer Atomkraftwerke wird verboten. Zugegebenermaßen gilt das leider zunächst nur bei uns in Deutschland. Gleichwohl wird dieser zunächst nationale

Alleingang von uns Sozialdemokraten ausdrücklich begrüßt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und der FDP)