Protocol of the Session on June 21, 2001

(Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht nun Herr Abgeordneter Alexander Licht.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Kollege Stretz, Sie haben davon gesprochen, wer den Spuk ausgelöst hat. Wir hatten diese Debatten in diesem Hause schon in der Vergangenheit geführt. Ich möchte Ihrem Kurzzeitgedächtnis noch einmal gern in Erinnerung rufen, wie viele SPD-Zitate dazu genannt worden sind.

Ich möchte jedoch auf diesem Gebiet gar nicht verweilen; denn Atompolitik in der Bundesrepublik Deutschland ist auf einem breiten Konsens zwischen Sozial- und Christdemokraten entstanden.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig! – Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, so ist auch Mülheim-Kärlich entstanden.

(Kramer, CDU: So ist es!)

Nach dem energiepolitischen Konzept dieser Landesregierung kommt kein Atomstrom aus Rheinland-Pfalz, da wir den Strom aus der Steckdose erhalten.

(Zurufe von der SPD – Itzek, SPD: Aus dem Wasserhahn!)

Man kann in der Tat sagen, auf dem Weg zu diesem Ziel sind Sie am Ende der Träume angelangt, meine Damen und Herren. Diesem Ziel soll offensichtlich dieser Antrag dienen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Meine Damen und Herren, doch wie das immer so ist: Träume verschleiern oft die Wirklichkeit. Wer sich der wahren Bilanz nicht stellt, handelt landespolitisch grob fahrlässig.

(Pörksen, SPD: Jetzt werden Sie aber sehr unvorsichtig!)

Im Grunde genommen ist es schon falsch, von einer Stilllegung zu sprechen; denn die theoretisch errechnete Leistung eines sich am Netz befindlichen Meilers Mülheim-Kärlich wird nicht stillgelegt. Darin sind wir uns sogar in der Auffassung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einig. In der Vergangenheit haben wir mit dem Kollegen Rieth schon öfter darüber diskutiert. Diese Leistung wird

auf andere Standorte in der Bundesrepublik Deutschland verlagert.

Meine Damen und Herren, unter Anwendung des SanktFlorians-Prinzips wird also anderen zugemutet, was der Ausdruck der Ängste der Kläger vor Ort war oder ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ängste werden nicht stillgelegt, sondern sie werden verschoben, um es einmal aus deren Sicht heraus zu beurteilen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung lässt sich darüber hinaus dafür feiern, dass Arbeitsplätze verlagert werden und Kaufkraft verlagert wird. So wird Konsens zum Nonsens, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Ich habe überhaupt nichts gegen einen Ausstieg nach vorn einzuwenden. Aber wer aussteigt, muss auch verantwortbar sagen, wo er einsteigt. Er muss Alternativen vorlegen.

Ich habe auch nichts dagegen, in regenerative Energien zu investieren. Das ist überhaupt kein Problem, oder sollen wir in Rheinland-Pfalz schon wieder „Ja, aber“ sagen? Wie viele Windparks kann Rheinland-Pfalz verkraften, oder – sagen wir es einmal anders – wie viele Bürgerinitiativen gegen Windparks kann Beck verkraften? – Das wird eine spannende Frage in den nächsten Jahren werden.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die regenerativen Energien werden bei allen Prognosen die Kernenergie in Deutschland, in Europa und bei dem wachsenden Energiebedarf auch weltweit nicht ersetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Die Deckung des Energiebedarfs ist eben keine rheinland-pfälzische oder deutsche Frage und – ich sagte es bereits – auch keine Frage, die man im stillen Kämmerlein lösen kann. Es ist eine internationale Frage, und wenn ich bei der Kernkraft die Frage nach der Sicherheit stelle, dann erst recht.

Meine Damen und Herren, noch führt kein Weg an der Kernenergie vorbei. So würde ich gern einen Ausschnitt eines Artikels aus dem „Handelsblatt“ vom 12. Juni zitieren:

„Frankreich hält an der nuklearen Energie fest. In Finnland steht schon bald die Inbetriebnahme eines neuen Reaktors an. In Russland und in großen asiatischen Volkswirtschaften soll die Kernenergie expandieren.“

430 Kernkraftwerke sind weltweit in Betrieb, und 90 werden derzeit umgesetzt und befinden sich noch im

Genehmigungsverfahren. Wir müssen feststellen, dass die Bundesregierung kein Konzept vorlegt, das eine wettbewerbsfähige, zuverlässige und umweltverträgliche Energie- und Stromerzeugung beinhaltet und zulässt. Das ist mir beim Ausstieg jetzt zu wenig. Ich bin für einen Ausstieg nach vorn, aber dann muss man wissen, wo man einsteigt.

Meine Damen und Herren, der Weltenergierat prüft derzeit, ob nicht gerade verantwortungsvolle Energiepolitik den Ausbau der Kernenergie umfassen muss. Mir wäre es lieber, in demokratisch entwickelten Systemen oder Ländern ein entwickeltes Sicherheitssystem zu gewährleisten; denn Sicherheit bedeutet Schutz und Arbeit, meine Damen und Herren. Diese Landesregierung hingegen lässt sich für ein Konzept „Strom aus der Steckdose“ feiern. Das ist nicht unser Weg.

(Beifall der CDU – Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)

Es spricht Herr Abgeordneter Hohn.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich für die FDP-Landtagsfraktion an dieser Stelle betonen, dass wir den Antrag der RWEPower auf Stilllegung und Rückbau des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich ausdrücklich begrüßen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Die Landesregierung rechnet ab dem Jahr 2003 mit dem Beginn des Rückbaus. Während des hierzu notwendigen Genehmigungsverfahrens, das unter Beteiligung der Öffentlichkeit und einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, beabsichtigt RWE-Power, die insgesamt 209 bestrahlten Brennelemente aus der Anlage zu entfernen. Mit dem Abtransport der Brennelemente nach La Hague in Frankreich soll ab Juli dieses Jahres begonnen werden.

(Zuruf von der SPD: Herr Licht, wo kommen die denn hin?)

Meine Damen und Herren, damit wird einer von der FDP-Fraktion über lange Jahre hinweg immer wieder vorgetragenen Argumentation bezüglich des Standorts Mülheim-Kärlich zu einem erfolgreichen Ende verholfen. Für die Fraktion der FDP war die Frage: „Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich ja oder nein?“ immer unabhängig von der Frage zu betrachten, ob man sich für oder gegen die Kernenergie ausspricht, da für unsere Fraktion immer die Frage der Sicherheit der Bürger vor Ort im Mittelpunkt der gesamten Diskussion stand.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht nur für die FDP!)

Durch das erfolgreiche Drängen der Landesregierung auf den Einbezug von Mülheim-Kärlich in die so ge

nannten Atomkonsensverhandlungen ist diese erfolgreiche Lösung überhaupt erst möglich geworden.

Meine Damen und Herren, dies ist nicht der Ort, um die berechtigten Fragen nach dem ökonomischen und auch dem ökologischen Sinn dieses Atomkonsenses zu beantworten. An dieser Stelle kann auch die Frage nach der Innovationsfähigkeit und Konsequentheit der Energiepolitik der Bundesrepublik nicht näher beleuchtet werden.

(Licht, CDU: Dann müssen Sie eine andere Rede halten! Das ist klar!)

Bezogen auf Rheinland-Pfalz lässt sich jedoch festhalten, dass die von der Landesregierung mit großer Beharrlichkeit betriebene Einbeziehung von MülheimKärlich in die Vereinbarung zwischen Bund und Energiewirtschaft zu einem, wie ich denke, für uns alle sehr positiven Ergebnis geführt hat.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, dadurch wurde das endgültige Aus für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich besiegelt, ohne dass etwaige Schadensersatzansprüche auf das Land zugekommen sind. Das sollte man an dieser Stelle auch einmal erwähnen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Dies muss auch gerade vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte um das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich betont werden.

Die Bevölkerung wird das jetzt gefundene Ergebnis umso mehr freuen, als jetzt die Frage der Sicherheit vor Ort endgültig entschieden ist. Nicht auszudenken wäre gewesen, wenn die Frage der Stilllegung des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich sich noch länger hingezogen hätte.

Zwei Gründe waren für die FDP-Fraktion immer maßgebend, warum man sich gegen eine Inbetriebnahme ausgesprochen hat, und zwar erstens die Frage des konkreten Standorts Mülheim-Kärlich in puncto auf seine Erdbebensicherheit. Dieser Standort im Rheingraben wäre mit Sicherheit einer der unsichersten Standorte in ganz Deutschland gewesen.

Erinnert sei an dieser Stelle an das schwere Erdbeben im Rheingraben Anfang der 90er-Jahre. Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, die Münchner Rückversicherung hat das Erdbebenrisiko für den Mittelrheingraben mit der Stärke 6 angegeben.