Protocol of the Session on September 26, 2002

Ich bin als Ministerin überhaupt nicht auf einen bestimmten Weg festgelegt. Das Grundsicherungsgesetz ist ganz bewusst so angelegt, dass über den Landesvorbehalt die Delegationsmöglichkeit vorgesehen ist. Es gehört zur Selbstverwaltungsangelegenheit zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, dies zu tun oder nicht zu tun. Wir akzeptieren beide Wege. Sie sind rechtlich auch vorgesehen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, mir liegen noch drei Wortmeldungen vor. Mit Blick auf die Uhr müssen wir dann zum Schluss kommen. Ich erteile Herrn Abgeordneten Schmitt für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, ich halte noch einmal für die Kommunen Ihre Aussage von vorhin fest, dass dann, wenn diese 409 Millionen Euro nicht ausreichen, das Land den Kommunen diese Kosten einschließlich des Verwaltungsaufwands, der enorm sein wird – wir im Kreis TrierSaarburg rechnen mit zwei bis drei Bediensteten –, ersetzen wird.

Herr Abgeordneter, Sie haben mich offenbar missverstanden.

(Ministerpräsident Beck: Sie haben nicht zugehört!)

Ich habe etwas ganz anderes gesagt.

(Ministerpräsident Beck: So ist es!)

In Bezug auf das Grundsicherungsgesetz gibt es keine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Land und den Kommunen. Wir haben es mit einem Erstattungsverfahren zu tun, im Rahmen dessen wir das Geld des Bundes an die Kommunen weiterreichen. Dementsprechend werden die Anpassungen im Verhältnis Bund zu den Kommunen erfolgen.

(Schmitt, CDU: In zwei Jahren!)

Ganz konkret heißt das, wenn es zu Mehraufwendungen kommt, wird der Bund den Schlüssel neu festlegen und das Geld nach der Quote an das Land weiterreichen. Wir reichen das Geld weiter an die Kommunen. Das Land ist an der Finanzierung nicht beteiligt. Es übernimmt sozusagen nur die Funktion der Durchreichestation.

Ich erteile der Abgeordneten Frau Hammer für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben ausgeführt, dass auf Rheinland-Pfalz ungefähr 14,7 Millionen Euro entfallen werden. Die Stadt Mainz hat den städtischen Gremien bereits eine Vorlage zugeleitet, aus der hervorgeht, dass über 6 Millionen Euro an Mehraufwendungen jährlich allein auf die Stadt Mainz entfallen werden. Wie ist das mit Ihrer Aussage in Einklang zu bringen? Sie gehen davon aus, dass der Betrag für das gesamte Land Rheinland-Pfalz ausreichen wird. Trifft es auch zu, dass Personalaufwendungen bei den Mehraufwendungen nicht berücksichtigt werden, sondern nur die ausgezahlten Beträge?

Frau Abgeordnete Hammer, es ist so, dass nur die leistungsbezogenen Mehraufwendungen im Vergleich zur Sozialhilfe berücksichtigt werden. Das heißt, der Pers onal- und Verwaltungsaufwand ist von der kommunalen Seite zu tragen.

Ich gehe davon aus, dass am Anfang ein erheblicher Mehrbedarf auf die Kommunen zukommen wird, weil es eine Umstellung bei den Menschen geben wird, die zurzeit Sozialhilfe empfangen, gleichzeitig aber grunds icherungsberechtigt sein werden. Danach ist das Verfahren im Vergleich zur Sozialhilfe erheblich erleichtert. Es ist ein Dauerverwaltungsakt. Bei der Grundsicherung ist nicht mehr erforderlich, dass eine permanente Überprüfung stattfindet.

Der Rückgriff ist nicht mehr erforderlich. Das heißt, es wird sich in den ersten zwei Jahren ganz erheblich auswirken und deutlich zeigen, inwieweit Arbeitskapazitäten im Bereich der Sozialhilfe eingespart und diese über die Mehraufwendungen, die im Bereich der Grundsicherung erfolgen, kompensiert werden können.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Thelen.

Ist es richtig, dass im Vergleich zu den bisher bekannten Sozialhilfefällen, von denen man ausgehen kann, dass sie in die Grundsicherung fallen werden, doch eine Reihe von Fällen dazu kommen wird, die bislang statistisch gar nicht zu erfassen ist? Deshalb frage ich: Mit Hilfe welcher Kriterien hat die Bundesregierung versucht, diese Mehraufwendungen festzulegen? – Für mich gibt es nämlich eine große Anzahl von Fällen, die man statistisch bislang überhaupt nicht erfasst hat und damit ei

gentlich auch nicht zur Grundlage irgendeiner Mehraufwandsberechnung machen kann.

Frau Abgeordnete Thelen, es ist genau das Ziel dieses Gesetzes, auch diejenigen älteren Menschen mit zu erfassen, die unter die verschämte Armut fallen, also diejenigen, die sich bislang nicht getraut haben, zum Sozialamt zu gehen. Das heißt, es gibt eine bestimmte Dunkelziffer, von der wir ausgehen müssen, dass es sich in Zukunft um Grundsicherungsberechtigte handelt. Wie hoch diese Zahl ist, ist umstritten. Ich denke, wir werden darüber erst klare Vorstellungen haben, wenn das Gesetz zur Anwendung kommt. Es gibt Schätzungen, die meilenweit auseinander liegen.

Die Bundesregierung hat zur Grundlage ihrer finanziellen Berechnung mehrere Kriterien herangezogen. Diese können wir gern schriftlich nachreichen. Die Bundesregierung ist nicht nur auf die Sozialhilfestatistiken eingegangen, sondern hat auch andere Faktoren mit einbezogen, sodass ich davon ausgehe, dass wir am Ende dennoch mit dem Betrag hinkommen.

Meine Damen und Herren, die Fragestunde ist schon seit einiger Zeit abgelaufen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Kollegen Jullien das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDUFraktion beantragt die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Josef Keller und Erhard Lelle (CDU), Besetzung von Schulleiterstellen – Nummer 2 der Drucksache 14/1460 – betreffend.

Zur Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Thomas das Wort.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt im Namen vieler die Aussprache über die Mündliche Anfrage, Haushaltssituation bzw. Haushaltsrisiken (Einnahmen und Ausgaben, Überschreitung der veranschlagten Nettoneuverschuldung im Jahr 2002) im September 2002 – Nummer 3 der Drucksache 14/1460 – betreffend.

Die dafür nach der Geschäftsordnung vorgesehene Stunde wird thematisch und rechnerisch geteilt.

Wir beginnen mit der Diskussion über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Josef Keller und Erhard Lelle (CDU), Besetzung von Schulleiterstellen.

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Keller.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf unsere Mündliche Anfrage zur Besetzung von Schulleiterstellen beweist, dass die Bewerbersituation mehr als Besorgnis erregend ist. Zweit- und Drittausschreibungen, sogar Viertausschreibungen bei Konrektorenstellen im Grundschulbereich nehmen zu. Aktuell dürften wir bei fast 30 % Mehrfachausschreibungen über alle Schularten hinweg liegen. Im Grundschulbereich, vor allem im Konrektorenbereich, dürfte die Marge von 40 % schon überschritten sein.

Diese Bewerberknappheit ist nicht über Nacht gekommen. Sie ist schon seit Jahren zu beobachten.

(Beifall der CDU)

Die Gründe für diese verhängnisvolle Entwicklung sind bekannt. Die Ministerin hat einige genannt. Eine verantwortungsbewußte Landesregierung hätte schon längst in geeigneter Weise reagieren müssen.

(Beifall der CDU)

Diese Landesregierung hat entweder den Ernst der Lage noch nicht begriffen – dafür sprechen die Ausführungen der Ministerin –, oder sie ist unfähig, durch konkrete Maßnahmen eine spürbare Verbesserung der Bewerberlage zu erreichen.

(Frau Spurzem, SPD: Das ist unverschämt!)

Mehrfachausschreibungen sind dann erforderlich, wenn nicht genügend geeignete Bewerbungen oder nur Hausbewerbungen vorliegen. Hausberufungen sollen aus guten Gründen Ausnahme sein. In Rheinland-Pfalz werden sie allmählich zur Regel. Unser Verdacht ist vorhanden. Wir haben heute darauf keine Antwort bekommen. Das scheint wohl so zu sein.

Wenn die Bewerberlage dürftig ist, kommen oft Bewerbungen zum Zug, die nicht unbedingt die qualifiziertesten sind.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das ist eine Unverschäm theit!)

Das tut der Schule auf Dauer nicht gut.

(Beifall der CDU)

Mehrfachausschreibungen bedeuten auch, dass Führungspositionen über einen längeren Zeitraum, zum Teil über ein Jahr, vakant sind. Kein Betrieb könnte dies verkraften. Die Schule muss jedoch damit fertig werden.

(Beifall der CDU)

Schulleiterinnen und Schulleiter haben eine äußerst wichtige Funktion, wie zum Beispiel die Qualitätsverbesserung von Unterricht, die Entwicklung von Qualitätsprogrammen usw. Ich könnte alles aufzählen. Das ist Ihnen wohl bekannt.

Schulleiterin oder Schulleiter zu sein, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die viele Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten und damit auch berufliche Zufriedenheit bietet. Da dies der Fall ist, müsste es eigentlich genügend Bewerberinnen und Bewerber geben, wie es früher einmal war. Mittlerweile ist der Beruf der Schulleiterin oder des Schulleiters kein erstrebenswertes Ziel mehr, weil er nicht mehr attraktiv ist.

Eine verantwortungsbewußte Landesregierung hätte deshalb schon längst für verbesserte Rahmenbedingungen sorgen müssen, um mehr Anreize für die Übernahme dieser wichtigen Funktionsstellen zu bieten. Leider war diese Landesregierung untätig. Die von der Ministerin genannten Maßnahmen haben nur Alibicharakter und sollen vom massiven Versagen und Versäumnissen ablenken.

(Beifall der CDU – Zuruf der Frau Abg. Brede-Hoffmann, SPD)

Bekanntermaßen unzulänglich sind vor allem im Grundund Hauptschulbereich die geringen Entlastungsstunden. Auch die Bezahlung spielt eine Rolle. So ist der Besoldungsunterschied zwischen den Lehrern und den Schulleitungsmitgliedern vor allem im Grund- und Hauptschulbereich zu gering und wird der Mehrarbeit nicht gerecht. Auch bei der Fort- und Weiterbildung gibt es massive Defizite. So gibt es zu wenig Angebote für Lehrerinnen und Lehrer, die sich für Funktionsstellen interessieren. Die genannte Sommerakademie können Sie in der Pfeife rauchen. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

(Beifall der CDU)

Wer bei uns eine Funktionsstelle antritt, muss dies oft unvorbereitet tun. Sehen Sie sich einmal an, wie das Baden-Württemberg macht. Dort gibt es Kurse für Interessenten.