Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber die Verschiebung der nächsten Stufe der Steuerreform vom Jahr 2003 auf das Jahr 2004 beschlossen hat und es bei diesem Beschluss bleiben wird, gehe ich davon aus – die aktuelle Entwicklung der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden legt dies im Übrigen zwingend nahe –, dass zumindest für das Jahr 2003 – ich möchte für mich auch das Jahr 2004 einbeziehen – kein Raum für weitere Steuersenkungen besteht. Vorrang hat nunmehr die weitere Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.
Ich weise darauf hin, dass wir zurzeit die niedrigste volkswirtschaftliche Steuerquote seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland haben. Wenn wir die öffentlichen Haushalte nicht handlungsunfähig in Bezug auf die Ausgabenseite machen wollen, dann dürfen wir die Einnahmenseite nicht weiter strapazieren, wenn das Konsolidierungsziel nicht gefährdet werden soll.
Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass Sie die nächste Steuerschätzung Anfang November abwarten wollen, um zu entscheiden, ob Sie weitere Bewirtschaftungsmaßnahmen, Ausgabensperren etc. durchführen wollen. Welche Gründe können Sie für Ihre Hoffnung anführen, dass zu diesem Zeitpunkt noch die Chance besteht, gegebenenfalls aufgetretene Defizite komplett auszugleichen?
Von Defiziten und vom kompletten Ausgleich der Defizite war nicht die Rede. Ich habe auch nicht von der Steuerschätzung im November gesprochen. Ich habe davon gesprochen, dass wir Ende Oktober größere Klarheit im Hinblick auf die voraussichtlichen Gesamteinnahmen haben werden, weil wir dann auch das Einnahmenergebnis der übrigen Länder kennen und die Auswirkungen, die sich für uns im dritten Quartal im Rahmen des Länderfinanzausgleichs ergeben, berücksichtigen können.
Meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage ist beantwortet; denn sonst kommen wir nicht mehr zur nächsten Mündlichen Anfrage. Ich bitte um Verständnis
Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Heinz-Hermann Schnabel (CDU), Finanzielle Auswirkungen des Grundsicherungsgesetzes auf die Kommunen – Nummer 4 der Drucksache 14/1460 – betreffend, auf.
1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Refinanzierungsmittel des Bundes ausreichen, um die tatsächlichen finanziellen Aufwendungen der Kommunen auszugleichen?
2. Kann die Landesregierung zusichern, dass die Bundesmittel ungekürzt an die Kommunen weitergeleitet werden und wenn ja, wie stellt sie dieses sicher?
3. Wie hoch ist der auf Rheinland-Pfalz entfallende Anteil, den das Land an die Städte und Landkreise weitergeben soll.
4. Wann wird die Landesregierung ein Landesausführungsgesetz zum Grundsicherungsgesetz vorlegen und wie erklärt sie die Verzögerung, dass die Kommunen bis zum jetzigen Zeitpunkt ohne gesetzliche Grundlagen auskommen müssen, obwohl die Kommunen spätestens zum 1. Oktober 2002 mit den Vorbereitungen für die Umsetzung beginnen müssen?
Als Gäste im Landtag begrüße ich Schülerinnen und Schüler sowie deren Lehrer des Wirtschaftsgymnasiums der Berufsbildenden Schule Koblenz. Herzlich Willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alter und dauerhafte Vollerwerbsminderung können vor allen Dingen dann, wenn keine ausreichenden Rentenansprüche vorhanden sind und keine weiteren Mittel zur Verfügung stehen, dazu führen, dass der Lebensunterhalt der betroffenen Menschen nicht gesichert ist.
Bisher waren diese Menschen auf Sozialhilfe angewiesen, was von vielen als Stigma empfunden worden ist. Im Rahmen der Rentenreform 2001 wurde daher ein neues Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung verabschiedet.
Bei dem Grundsicherungsgesetz handelt es sich um ein eigenständiges, dem Bundessozialhilfegesetz vorgelagertes Leistungsgesetz.
Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schnabel namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel dienen dem Ausgleich der den Kommunen im Rahmen des Grundsicherungsgesetzes gegenüber dem Bundessozialhilfegesetz entstehenden leistungsbezogenen Mehraufwendungen. Die Landesregierung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Auffassung, dass der zur Verfügung stehende Betrag von 409 Millionen Euro hierfür ausreichen wird.
Grundlage des Erstattungsbetrags von 409 Millionen Euro ist eine Schätzung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung auf der Basis der Sozialhilfestatistik sowie anderer Sonderauswertungen und Erhebungen, wonach sich die Mehrausgaben zwischen 470,6 Millionen DM und 790,5 Millionen DM – damals hat es sich noch um DM-Beträge gehandelt – bewegen werden. Der Erstattungsbetrag liegt somit über dem oberen Rand dieser Schätzungen.
Die Höhe des Erstattungsbetrags wird alle zwei Jahre überprüft und bei Abweichungen, die mehr als 10 % betragen, entsprechend angepasst.
Zu Frage 2: Ja. Der Referentenentwurf des Landesgesetzes zur Ausführung des Grundsicherungsgesetzes sieht vor, dass die Ausgleichszahlungen des Bundes vollständig nach einem im Gesetz ebenfalls festgelegten Verteilerschlüssel an die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Grundsicherung weitergeleitet werden.
Zu Frage 3: Der Anteil des Landes Rheinland-Pfalz an dem Festbetrag richtet sich nach seinem Anteil an den Gesamtaufwendungen aller Länder für den Mietzuschuss nach dem fünften Teil des Wohngeldgesetzes. Maßgebend für die quotenmäßige Aufteilung der Mittel für das Jahr 2003 sind die Aufwendungen des Vorjahres, also des Jahres 2002. Die exakte Höhe des rheinlandpfälzischen Anteils kann daher erst Anfang 2003 bestimmt werden.
Ausgehend von den Werten für das Jahr 2001 ist davon auszugehen, dass Rheinland-Pfalz rund 3,6 % des Ausgleichsbetrags erhalten wird. Das wären 14,7 Millionen Euro.
Zu Frage 4: Der Referentenentwurf eines Landesausführungsgesetzes befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Das im Mai 2001 beschlossene Grundsicherungsgesetz wurde nämlich Ende April 2002 unter anderem um einen Länderrechtsvorbehalt ergänzt. Die zum damaligen Zeitpunkt bereits feststehenden Inhalte des
Landesausführungsgesetzes mussten dementsprechend um eine Regelung zur Umsetzung des Länderrechtsvorbehalts sowie der damit verbundenen Kostenbeteiligungen ergänzt werden.
Die Kommunen wurden bereits während der Erarbeitung des Gesetzentwurfs regelmäßig vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit über die aktuellen Entwicklungen informiert und hatten Gelegenheit, ihre Anliegen vorzutragen.
Die wichtigsten Inhalte des Referentenentwurfs wurden außerdem bereits in Sitzungen der Sozialausschüsse der kommunalen Spitzenverbände und der Landrätekonferenz bekannt gegeben. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Kommunen in der Lage sind, rechtzeitig mit der Vorbereitung der Umsetzung des Grunds icherungsgesetzes zu beginnen.
Im Übrigen hat noch kein Bundesland ein Landesausführungsgesetz zum Grundsicherungsgesetz verabschiedet. Das hängt einfach mit der Tatsache zusammen, dass Ende April die sehr wesentliche Veränderung auch für die Kommunen erfolgt ist.
Frau Ministerin, Sie gehen davon aus, dass die Bundesmittel zur Sicherstellung des Grundsicherungsgesetzes vor Ort ausreichen. Die Spitzenverbände vertreten eine völlig andere Auffassung. Sie gehen davon aus, dass mindestens 1 Milliarde Euro notwendig sind. Sie gehen von 409 Millionen Euro aus. Die Spitzenverbände haben berechnet, dass durchschnittliche Landkreise rund 1 Million Euro zusätzlich erbringen müssen. Wenn das so sein wird, wird die Landesregierung über das Finanzausgleichsgesetz die Kommunen unterstützen?
Herr Abgeordneter Schnabel, zunächst einmal habe ich Zweifel an diesen Schätzungen. Es ist heute überhaupt noch nicht absehbar, was auf den Cent gerechnet herauskommt. Die Grundlagen, auf der diese Summe errechnet worden ist, sind aber meiner Meinung nach durchaus seriös.
Auch die kommunalen Spitzenverbände vertreten sehr unterschiedliche Auffassungen zu diesem Punkt. Es gibt Vertreterinnen und Vertreter, die im Vorfeld der Erarbeitung des Grundsicherungsgesetzes bereits stark involviert waren, die davon ausgehen, dass dieser Betrag durchaus reichen wird. Wenn der Betrag nicht ausreicht, ist nicht das Land am Zug. Es gibt auch dafür eine Bundesregelung. Nach zwei Jahren werden die Beträge
überprüft. In der Antwort habe ich bereits dargestellt, wenn eine Erhöhung des Betrags erforderlich ist, wird der Betrag entsprechend angepasst.
Frau Ministerin, Sie kennen die verfassungsrechtlichen Bedenken in einem Gutachten von namhaften Wissenschaftlern in Bezug auf das Grundsicherungsgesetz. Teilen Sie diese Bedenken, oder sind Sie anderer Auffassung?
Herr Abgeordneter Schnabel, der Landkreistag hat diese Bedenken auch mir gegenüber vorgetragen. Ich habe dem Landkreistag gegenüber geäußert, dass dann, wenn der Spitzenverband bei seiner Auffassung bleibt und sich dem Gutachten anschließt, es dem Landkreistag obliegt, gegebenenfalls entsprechende rechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Ich gehe davon aus, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist. Wenn der Landkreistag weiter der Auffassung ist, dass es dies nicht ist, muss das über ein Rechtsverfahren geklärt werden.
Noch eine letzte Frage: Die Aufgabe der Grundsicherung wird zunächst einmal bei den Landkreisen und Städten liegen. Wie wir wissen, gibt es die Möglichkeit der Delegation. Ich weiß, dass es sich um eine Selbs tverwaltungsaufgabe handelt, aber ich muss die Frau Ministerin einmal fragen, welche Auffassung Sie dazu hat. Ist es sinnvoll, diese Aufgabe von den Kreisen auf die Verbandsgemeinden zu delegieren?
Ich will das von der regionalen Situation abhängig machen. Deshalb ist es sinnvoll, dass sich die Landkreise da nicht hineinreden lassen, sondern auch in diesem Punkt ihre Selbstverantwortung selbst wahrnehmen wollen. Ich habe dazu eine Diskussion mit der Landrätekonferenz geführt. Dort gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen zu diesem Punkt. Es gibt Landräte, die es vorziehen, das Grundsicherungsgesetz zunächst einmal auf der Ebene des Landkreises durchzuführen. Das hängt aber auch mit der Struktur des Landkreises zu
sammen. Wenn die Verbandsgemeinden zu klein sind, macht es möglicherweise keinen Sinn, die Grundsicherung zu delegieren.