Protocol of the Session on December 14, 2001

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben uns bereits in der vergangenen Legislaturperiode von den skandinavischen Ländern, die in der PISA-Studie so erfolgreich abgeschnitten haben, anregen lassen.

Unser Entwurf eines Schulgesetzes enthält praktisch alle Elemente, die diese Länder an die Spitze der Bildungsleistungspyramide gebracht haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie, liebe Kollegin Morsblech, liebe Kollegin von der FDP, aber auch liebe Kolleginnen von der SPD, haben diese Regelungen alle abgelehnt. Ich bin gespannt, wie lange Sie Ihre Verweigerungshaltung vor dem Hintergrund von PISA noch aufrechterhalten können. Wir haben mit unseren Initiativen für ein neues Schulgesetz eine Reform der Lehrkräftebildung, den Start eines echten landesweiten Ganztagsangebots an den Grundschulen, eine Weiterentwicklung von Kindergärten zu Kinderhäusern sowie andere Prioritäten im Landeshaushalt und umfassende Reformkonzepte für mehr Bildungsqualität vorgelegt.

PISA zeigt den dringenden Reformbedarf auch in Rheinland-Pfalz. Der politische Wille entscheidet, ob in Zukunft weiterhin benachteiligte und ausländische Schülerinnen und Schüler aussortiert und abqualifiziert werden oder diese für ihre persönliche Bildung und die berufliche Zukunft optimal gefördert und qualifiziert werden.

(Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Was wir GRÜNEN vorzuschlagen haben, wagen sich die anderen kaum: Stimmt doch unseren Vorschlägen zu, dann hat die liebe Seele Ruhe.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit im Hause)

Meine Damen und Herren, die Aussprache ist beendet.

Ich rufe nun Punkt 19 der Tagesordnung auf:

A K T U E L L E S T U N D E

„Vorrang für die Sicherheit der Bevölkerung – AKWs Biblis und Philippsburg abschalten“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/507 –

Wir beginnen mit dem ersten Thema, dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Für die antragstellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Dr. Braun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem der Landtag beeindruckend vorgeführt hat, dass die Deutschen immer noch ein Volk von Dichtern und Denkern sind, komme ich nun wieder zu den prosaischen politischen Gefilden zurück.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Es geht um ein Problem, das in Rheinland-Pfalz viele Menschen beschäftigt, nämlich die Sicherheit der Atomkraftwerke, vor allem in Philippsburg und Biblis. Kein Land und kein Dorf ist so betroffen wie wir in Rheinland

Pfalz, weil die Menschen in Rheinland-Pfalz näher an den Reaktoren wohnen als die in Hessen oder BadenWürttemberg, das heißt, wenn es zu Störfällen käme, wären rheinland-pfälzische Menschen die ersten, die hiervon betroffen wären. Deswegen ist es wichtig, dass wir im rheinland-pfälzischen Landtag über die Problematik von Philippsburg und auch Biblis diskutieren.

Meine Damen und Herren, wir hatten schon vor zwei Monaten eine Aktuelle Stunde zu dem Thema, als das Atomkraftwerk Philippsburg abgeschaltet wurde, weil es nicht ordnungsgemäß betrieben worden war. Wir haben heute eine Aktuelle Stunde in der Situation, in der das Atomkraftwerk Philippsburg 2 wieder angefahren werden soll. Heute soll darüber entschieden werden. Am Wochenende soll dieses Atomkraftwerk wieder angefahren werden.

Wir hatten damals alle gemeinsam festgestellt, dass wir starke Zweifel haben, ob der Betreiber zuverlässig ist. Ich kann für unsere Fraktion heute nur sagen, die Zweifel, ob der Betreiber zuverlässig ist, bestehen nach wie vor. Sie bestehen fort, weil der Betreiber bisher keine Zuverlässigkeit hat nachweisen können. Deswegen gehen wir davon aus, dass das einzig Richtige ist, das Atomkraftwerk Philippsburg 2 nicht anzufahren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damals gab es die zunächst bekannten Ausfälle von Kühlsystemen. Seitdem haben wir erfahren müssen, dass die Atomaufsicht in Baden-Württemberg einiges Zusätzliche nicht geregelt hat.

Frau Ministerin, Sie hatten uns damals versichert, dass Sie auch aktiv werden wollen. Soweit wir im Umweltausschuss erfahren haben, haben Sie insofern Ihre Aktivität unter Beweis gestellt, dass Sie einen Brief an den Minister in Baden-Württemberg geschrieben haben. Aber ich muss sagen, das reicht uns natürlich nicht. Wir brauchen hier und heute noch einmal eine deutliche Erklärung der Landesregierung, wie sie zu den Vorgängen steht und ob sie den Betreiber für zuverlässig hält.

Wir gehen davon aus, die Landesregierung kann aufgrund der Tatsachen auch nur zu dem gleichen Ergebnis kommen wie wir. Die Betreiberin, der Betreiber, die EnBW hat ihre Zuverlässigkeit nicht nachgewiesen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit der letzten Debatte ist auch noch zum Vorschein gekommen, dass der Leiter des Atomkraftwerks oder beider Atomkraftwerke, der Leiter der Anlage, gar nicht dazu befähigt war, eine solche Anlage zu leiten.

Wir haben deutlich gemacht, dass dies ähnlich ist, wie wenn jemand – man muss dies so sagen – Auto fährt und keinen Führerschein hat. Derjenige würde sofort bestraft werden. Er würde nicht wieder an das Steuer gesetzt werden und keine Erlaubnis zur Weiterfahrt bekommen. Was aber bei einem Auto und bei dem Normalbetrieb eines anderen Betriebs, im Chemiebetrieb, in jedem Wirtschaftsbetrieb, sogar in jeder Kneipe, dass man eine Lizenz braucht, um einen solchen Betrieb weiterzuführen, normal ist, das scheint bei dem Atom

kraftwerk Philippsburg nicht der Fall zu sein. Man überlegt sich trotz dieser Mängel, den Leiter im Amt zu belassen und so weiterzumachen wie bisher, sozusagen im Blindflug weiterzufliegen und keine Sicherheitszulagen zu gewähren.

Wir halten es für einen Skandal, dass wir aus RheinlandPfalz davon betroffen sind, aber noch nicht von unserer Landesregierung gehört haben, dass wir eingreifen wollen, einen klaren Protest formulieren, uns klar für die Sicherheit in diesen Kernkraftwerken aussprechen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ähnliches geht in Biblis vor. In Biblis gibt es nach wie vor keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen. Gerade nach dem 11. September wissen wir alle, ein Flugzeugabsturz auf Philippsburg wäre absolut katastrophal. Aber es gibt keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen. Seit mehr als 15 Jahren ist klar, dass die Notstandsrate in Biblis nicht vorhanden ist, Biblis A eines der unsichersten Atomkraftwerke ist. Aber es gibt keine Nachrüstung. Deswegen muss von unserem Land aus klargemacht werden, dass unsere Bevölkerung betroffen ist.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, Biblis A und Philippsburg 2 müssen vom Netz.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Stretz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Braun, lassen Sie mich zu Biblis nur einen Hinweis geben: Ich glaube nicht, dass es uns sehr viel weiterhelfen würde, wenn wir im rheinland-pfälzischen Parlament einen Handlungsfaden für mögliche Terroristen entwickeln würden und Hinweise geben, was auf der Welt noch alles als Angriffsziel definiert werden kann, damit man entsprechend tätig werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten uns vor acht Wochen im Oktober über die Problematik des AKW in Philippsburg unterhalten. Ich denke, die Problematik ist weniger das AKW Philippsburg, sondern der Betreiber, die Zuverlässigkeit des Betreibers.

Herr Kollege Dr. Braun hat dies vorhin erwähnt: Es gab einen Leiter ohne Lizenz. Die Bücher wurden nicht ordnungsgemäß und richtig geführt. Meldepflichtige Zwischenfälle wurden falsch bewertet, anfangs heruntergespielt, später hoch bewertet. Im Ergebnis spielt es eigentlich keine Rolle, ob das bei diesem Betreiber nun Schlamperei ist oder war, Absicht oder gängige Praxis war. Das Ergebnis lautet, dass ein solches Verhalten einfach unverantwortlich ist.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schon spannend – was unsere einzige Möglichkeit ist –, in der Presse zu verfolgen, was derzeit abläuft, wenn man sich diesen Spagat in Baden-Württemberg zu Gemüte führen muss, wenn der zuständige Umweltminister meint, man könne einen Großteil der Mängel, die entsprechend der Situationsbeschreibung, wie wir diese im späten Sommer hatten, nachweislich festgestellt wurden, im laufenden Betrieb erledigen.

Der Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg – auch das konnten wir lesen – vertritt anscheinend eine andere Auffassung.

Herr Kollege Dr. Braun, was erwarten Sie denn von der rheinland-pfälzischen Landesregierung? Frau Ministerin Conrad ist erst seit wenigen Wochen im Amt und hat ganz klare Positionen bezogen, wofür wir ausdrücklich dankbar sind. Bei diesem Punkt hat sie ganz klar die Haltung ihres Hauses und der Landesregierung dargestellt. Was sollen wir denn im Moment machen?

Gefordert, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sind eigentlich Sie. Ihr Umweltminister im Bund hat die Möglichkeit, sofort eine Entscheidung zu treffen.

(Beifall des Abg. Creutzmann, FDP)

Ich weiß nicht, ob Sie weniger Vertrauen zu Ihrem Umweltminister Trittin in Berlin haben als wir aufgrund seines Vorgehens, das er bisher in dieser Sache an den Tag gelegt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Betreiber – man sollte nicht alle anderen in Sippenhaft nehmen – hat die Zweifel vieler Bürger an der Atomindustrie verstärkt. Dadurch hat ein Betreiber alle Betreiber in Misskredit gebracht. Ein Betreiber hat sehr viel Kredit bei den Befürwortern der Atomenergie verspielt.

Wenn die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Betreibergesellschaft nicht auszuräumen sind – wir haben gehört, dass heute ein Gespräch stattfinden soll –, müssen die Zuständigen handeln. Dann muss der Bundesumweltm inister handeln, und dann muss in Baden-Württemberg gehandelt werden. Wir in Rheinland-Pfalz – so Leid es uns tut – können uns nur auf die Beschreibung der Situation beschränken. Wir können anregen und fordern, was die Frau Ministerin auch getan hat, da erhebliche Zweifel aus unserer Sicht bestehen. Wir haben aber keine Möglichkeit, aktiv auf die Situation einzuwirken.

Danke schön. (Beifall bei SPD und FDP)

Es spricht Herr Abgeordneter Dr. Gölter.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir heute Morgen überlegt, ob ich Frau