Thomas die Telefonnummer von Herrn Trittin überreiche. Möglicherweise ist der Einfluss der rheinlandpfälzischen GRÜNEN beim Bundesumweltminister aber nicht so groß, dass er unbedingt sofort ans Telefon geht.
Herr Dr. Braun, bei aller kritischer Betrachtung, ich habe aber keinen Nachholbedarf der Vorgänge. Sie machen heute ein Stück Basisarbeit, und als solches möchte ich das deutlich bezeichnen.
Wenn ein Betreiber eine Betriebserlaubnis hat – wir leben immer noch in einem Rechtsstaat –, muss es gravierende Gesichtspunkte geben, um ihm diese Betriebserlaubnis zu entziehen. Wenn sie entzogen wird, wird der Betreiber vor Gericht gehen. So ist das nun einmal in Deutschland.
Wenn es also wirklich gravierendste Bedenken gegen einen Betreiber gibt, muss der Bundesumweltminister oder die baden-württembergische Landesregierung die Betriebserlaubnis entziehen. Die Rechtslage ist so, dass, wenn dieser Schritt nicht erfolgt, der Betreiber darüber entscheidet, ob er wieder ans Netz geht oder nicht. Der Betreiber wird nicht ans Netz gehen, solange nicht die anstehenden Fragen mit dem Bundesumweltminister – deshalb auch heute der Termin in Bonn, wovon in allen Tageszeitungen zu lesen ist – unter Einbeziehung des Landes Baden-Württemberg geklärt sind.
Biblis ist eine endlose und lange Geschichte, meine Damen und Herren. Es gab einmal einen Umweltminister namens Weimar in dem Kabinett Wallmann, der ein umfassendes Sanierungskonzept hatte. Zur Wahrheit gehört, dass die nachfolgende rotgrüne Koalition in Hessen dieses Sanierungskonzept nicht umgesetzt hat. Es ist der Eindruck entstanden, dass es manchen Leuten recht war, dass das Thema „Biblis A“ erhalten bleibt. Aus Zeitgründen will ich im Einzelnen nicht darauf eingehen; denn es ist mehr eine grundsätzliche Debatte.
Jetzt komme ich auf Philippsburg zu sprechen. Meine Damen und Herren, ich bitte alle, die emotional beteiligt sind, um Ihre Aufmerksamkeit. Meldungen aus der „Frankfurter Allgemeinen“, aus dem „Mannheimer Morgen“, aus der „Stuttgarter Zeitung“ und aus den „Stuttgarter Nachrichten“ habe ich Aussagen entnommen, dass das, was wir alle befürchtet haben, nämlich die Unbeherrschbarkeit des Reaktors bei einem Kühlmittelverlust, nicht gegeben war. Das war ein ganz entscheidender Punkt. Die Flutbehälter hatten vor dem Wiederanfahren des Reaktors den geforderten Füllstand erreicht. Darüber hinaus war die Borkonzentration ausreichend für die Beherrschung eines Kühlmittelverlusts für den Fall eines Störfalls im Reaktorkreislauf.
Es war ein Fehler, nicht abzuschalten. Wenn der Betreiber den Fehler nicht gemacht hätte, wäre die ganze Geschichte relativ unproblematisch über die Bühne gegangen.
Die Verantwortlichen waren sich sicher, dass sie den Reaktor beherrschen. Aus Stuttgart höre ich, dass offensichtlich Versuche durchgeführt worden sind. Unter
Einbeziehung von Framatome haben diese Versuche ergeben, dass in der Tat das, was selbst die Fachpresse annehmen musste, die größte Sorge des Durchmarschierens des Reaktors, nicht gegeben war – was auch ich angenommen habe. Das mindert nicht die Verantwortlichkeit für Fehler. Die dramatische Situation, von der wir ausgegangen sind, war – bei allem, was ich erfahren konnte, und ich habe Zeit im Hinblick auf die heutige Sitzung in dieses Thema investiert – nicht gegeben.
Ich sage Ihnen ganz offen, dass es mir ein Rätsel ist, dass der Vorstandsvorsitzende der Energie BadenWürttemberg AG, Herr Goll, aus dem Urlaub zurückkommt, alles an sich zieht, Leute entlassen werden und genau dieser Eindruck erweckt wird, der auch bei uns vorhanden war, dass die Gefahr eines Durchmarschierens des Reaktors gegeben war. Es ist mir bis zum heutigen Tag ein Rätsel, wie man eine solche Politik machen kann. Natürlich musste er zugeben, dass Fehler passiert sind. Natürlich muss das besser werden. Dass er den Eindruck erweckt hat, es hätte einen Vorgang gegeben, den es bisher in Deutschland noch nie gegeben hat, seitdem es Kernkraftwerke gibt, ist mir ein Rätsel. Ich weiß nicht, welche Strategie dahinter steht. Das sage ich in aller Offenheit.
Man muss erst einmal auf die Idee kommen, in Philippsburg einen Leiter zu installieren, der die atomrechtliche Genehmigung nicht hat. Natürlich haben beide Reaktoren Leiter, die mit allen Kompetenzen ausgestattet sind, in A und in B. Ihr Vorgesetzter ist aber nur Vorgesetzter in bestimmten betriebswirtschaftlichen und personalwirtschaftlichen Angelegenheiten und beim Auftreten in der Öffentlichkeit. Er ist aber nicht Vorgesetzter beim Betrieb des Kraftwerks. Er darf beispielsweise Briefe, die Sicherheitsaspekte betreffen, nicht unterschreiben.
Das ist meines Erachtens eine Ungeschicklichkeit. Auf diese Ungeschicklichkeit muss man erst einmal kommen. Insofern halte ich es für gut, vielleicht für viele Beteiligte in Deutschland, dass dieses Thema in dieser kritischen Grundhaltung und in dieser Radikalität diskutiert worden ist und offensichtlich viele aus diesem Vorgang lernen konnten. Insofern hat das Ganze auch eine positive Seite und etwas Gutes.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aufgrund der Worte meiner Vorredner meine ich feststellen zu können, dass es keine unterschiedliche Auffassung gibt, dass es zunächst einmal um die Sicherheit der Bürge
Vor zwei Monaten haben wir in diesem Haus sehr umfangreich die Problematik in Philippsburg diskutiert. Ich denke, die Probleme bezüglich der Kühlsysteme sind jedem bekannt. Die fehlende Borsäure hat dazu geführt, dass im Ernstfall die entsprechende Sicherheit nicht gegeben war.
Auch im Ausschuss für Umwelt und Forsten haben wir dieses Thema sehr umfangreich behandelt. Frau Ministerin Conrad hat keinen Zweifel an der Position der Landesregierung gelassen. Ferner hat sie keinen Zweifel daran gelassen, was die Landesregierung von rheinlandpfälzischer Seite aus tun kann, sogar tun muss.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz klar: Sicherheit muss vor Profit gehen. Darüber sind wir uns in diesem Hause meines Erachtens alle einig.
Die Verantwortlichen in Philippsburg müssen für die Versäumnisse, die auf der Hand liegen, zur Rechenschaft gezogen werden – wenn es sein muss, auch im Rahmen eines Strafverfahrens.
Herr Dr. Braun, nach Biblis kommen auch noch andere Kernkraftwerke. Dieser Ansatz rückt Sie von der Glaubwürdigkeit, dass es Ihnen wirklich nur um die Sicherheit geht, weg.
(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt haben Sie wieder keine Ahnung, was Biblis A ist! Wenn Sie keine Ahnung haben, dann sagen Sie es nicht!)
Hören Sie einmal zu. Nach den Ereignissen von New York sind wir uns alle einig, dass wir umdenken müssen, auch was das Thema „Sicherheit bei Kernkraftwerken“ betrifft. Der Terrorismus hat eine nie gekannte Form angenommen. Der falsche Schritt ist, jetzt in Aktionismus zu verfallen und zu sagen, wir müssen alle Kernkraftwerke abschalten, weil sich so etwas, was in New York passiert ist, auch im Zusammenhang mit Kernkraftwerken wiederholen kann.
Ich sage Ihnen ganz klar: Wir dürfen in dieser Situation, in der es um die Sicherheit geht, mit den Ängsten und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land keine Politik machen. Das ist der Hauptansatzpunkt.
Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, dass wir uns in Zukunft, wenn wir über das Thema „Sicherheit“ sprechen, Gedanken machen müssen, wie wir zum Beispiel Kernkraftwerke vor solchen Ereignissen wie im September in New York schützen können. Hier muss man sich allein schon einmal um die Fluglinien im militärischen und zivilen Bereich Gedanken machen. Das sind die Ansatzpunkte, die man zunächst einmal klären kann. Ich bin der Meinung, dass dies Ihr Umweltminister in Berlin zunächst einmal klären muss. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz kann doch nicht in BadenWürttemberg eingreifen.
Lieber Herr Braun, lassen Sie uns dieses Thema der Sicherheit – wir liegen alle auf einer Linie – nicht zerreden und keine, so wie Sie das gern tun, ideologische und populistische Politik mit den Ängsten und den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land machen.
Herr Stretz, vielleicht kann man darauf antworten. Sie wollen das nicht. Wir wollen das. Das sind vielleicht die anderen Rollen.
Herr Hohn, wenn wir uns einig sind, ist das eine wichtige Sache. Ich glaube, Sie haben die Einigkeit schon wieder zerredet. Sie sagen, sie wollen alle Atomkraftwerke abschalten. Wir differenzieren doch auch. Biblis A hat Nachrüstungen zu leisten. Das hat Herr Gölter deutlich gemacht.
Hier stellt sich doch die Frage, genauso wie bei Philippsburg. Die Ministerin hat letztes Mal gesagt, es darf keinen wirtschaftlichen Vorrang vor den Sicherheitsstandards geben. Das Atomkraftwerk Philippsburg wird wieder angefahren, weil sonst pro Tag eine Million DM Verluste eingefahren werden. Die Überprüfungen liegen noch nicht vor. Das ist doch klar. Deswegen diskutieren wir auch hier darüber. Das ist in BadenWürttemberg ganz deutlich zutage getreten. Es sind noch nicht alle Nachweise erbracht, die hätten erbracht werden müssen. Dennoch entscheidet sich der Betreiber, das Atomkraftwerk wieder anzufahren. Das ist die Sache, um die wir uns kümmern und sagen müssen, das kann nicht sein, weil unsere Bevölkerung auch betroffen ist.
Natürlich muss auch Bundesumweltminister Trittin agieren. Zuständig für die Atomaufsicht sind zunächst die
Länder. Wer hat überhaupt Philippsburg 2 abgeschaltet? Das war doch nur deswegen, weil Trittin Umweltminister Müller nach Berlin zitiert hat. Die hätten doch gar nicht abgeschaltet.
In dieser Diskussion tragen wir doch alle Verantwortung. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir das hier diskutieren.
Auch die Nachrüstungen, die für Biblis A gefordert werden – nicht nur die GRÜNEN, sondern alle Parteien und alle Bürger vor Ort haben die gleichen Diskussionen geführt –, kosten nun einmal 500 Millionen DM. Das ist von der RWE nicht mehr zu investieren, weil der Reaktor nur noch drei, vier oder fünf Jahre läuft.
Man kann doch nicht mit Sicherheitsabschlag den Reaktor weiterlaufen lassen. Man muss sich entscheiden: Entweder man investiert, wenn man diesen Reaktor weiter betreiben will, oder man stellt ihn ab. – Genau das ist die Diskussion, die wir im Moment führen. Deswegen muss klar sein, dass auch aus Rheinland-Pfalz die entsprechenden Zeichen kommen. Das hat auch der Oberbürgermeister von Worms getan. Wir tun das auch, indem wir sagen: Ihr könnt nicht mit Sicherheitsabschlag das Atomkraftwerk weiterlaufen lassen.
Hier ist die FDP in einer schwierigen Lage, weil sie dann sagt: Wir müssen auch den Betreibern ihr Recht zugestehen.