Protocol of the Session on September 15, 2005

Zu einer Zusatzfrage erteile ich Herrn Abgeordneten Bischel das Wort.

Herr Schumacher, ist Ihnen bekannt, dass in diesem Urteil auch davon gesprochen wird, dass sich selbstverständlich jede Regierung einer gewissen Zurückhaltung in Wahlkampfzeiten auferlegen muss, und ist Ihnen auch bekannt, dass es sicherlich auch in Kreisen der Opposition Abgeordnete und Sonstige gibt, die sich schon Gedanken über diese Problematik gemacht haben, und ist Ihnen auch bekannt, dass in den ergänzenden Ausführungen und Kommentaren durchaus davon gesprochen wird, dass die Zeit einer Zurückhaltung für die jeweilige Regierung etwa mit einem halben Jahr anzusetzen ist, und weiterhin frage ich Sie, weil Sie sagten, die Grenzen seien dort zu sehen, wo die Wahlwerbung beginnt, ist denn alles, was die Landesregierung macht, niemals dieser Größenordnung Wahlwerbung zuzuordnen?

(Hartloff, SPD: Wie viele Frage- stellungen waren das in der Frage?)

Schumacher, Ständiger Vertreter des Chefs der Staatskanzlei:

Ich habe die Entscheidung des Verfassungsgerichts dabei. Ich könnte sie komplett zitieren. Übrigens gab es damals auch zwei Minderheitenvoten von Verfassungsrichtern, die meinten, dass die Verfassungswirklichkeit bei dieser Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Diese Fünf- oder Sechsmonatsfrist steht in der Entscheidung ausdrücklich nicht drin. Es steht auch drin, wie schwierig es ist, die Grenze zwischen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit und Wahlwerbung zu bestimmen. So ist es auch in einschlägigen Kommentaren. Wir haben aber in diesem Hause schon vor Monaten gesagt, dass im September diese Standortkampagne beendet wird. Das hat schon darin seinen Grund, dass das dafür vorgesehene Geld dann ausgegeben ist.

Herr Abgeordneter Hartloff hat eine Zusatzfrage.

Herr Regierungssprecher, Sie haben eben selbst einmal in einem Satz Baden-Württemberg erwähnt. Sind Ihnen dort Ergebnisse bekannt, dass aufgrund der Standortwerbung, die dort sehr lange und sehr intensiv betrieben wird, Unternehmen direkt und allein aufgrund der Stand

ortwerbung Ansiedlungen vorgenommen haben und dies dann auch bei der Landesregierung so angemeldet haben, (Bracht, CDU: Es gehört auch eine gute Politik dazu!)

und des Weiteren, ist Ihnen bekannt, dass BadenWürttemberg bei jeder Landes- oder Bundestagswahl ein halbes Jahr vorher, egal, wo sie stattfindet, seine Werbekampagne aussetzt?

Schumacher, Ständiger Vertreter des Chefs der Staatskanzlei:

Das Land Baden-Württemberg mit einer sehr teuren, aber auch sehr kreativen Kampagne hat bis jetzt noch vor keinem Wahltermin Halt gemacht, weder vor den Kommunalwahlen, noch ist geplant, es vor der Bundestagswahl zu tun, noch wird es vor der Landtagswahl geschehen. Baden-Württemberg zieht das also durch, wenn Sie mich das so salopp sagen lassen. Ich nehme an, das geschah nach reiflicher, intensiver und strikter juristischer Prüfung und Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das in BadenWürttemberg seinen Sitz hat.

(Jullien, CDU: Diese Erkenntnisse haben Sie?)

Herr Abgeordneter Baldauf hat eine Zusatzfrage.

Herr Schumacher, Sie führten aus, Sie haben es von Juristen prüfen lassen, dass es in Ordnung ist. Könnten Sie uns einmal sagen, welche Juristen das geprüft haben? (Mertes, SPD: So ein Winkeladvokat wie Sie war nicht dabei!)

Schumacher, Ständiger Vertreter des Chefs der Staatskanzlei:

Ich darf Sie beruhigen, dass in der Staatskanzlei eine Reihe von sehr fähigen Juristen arbeiten und ich die selbstverständlich zu Rate gezogen haben. Sie haben in der CDU-Fraktion eine große Affinität zur Justiz. Ich weiß das. Das bezieht sich auf die ganze Palette von Straf- und Zivilrecht. Ich habe das gemacht.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hohn.

Herr Regierungssprecher, man sagt immer, es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Nachdem jetzt diese

Kampagne so hervorragend in der Öffentlichkeit angekommen ist, hat man sich seitens der Landesregierung Gedanken gemacht, oder wäre es im Bereich des Möglichen, diese Kampagne auch zu verlängern, denn diese Kampagne ist eine Erfolgsstory?

(Beifall bei der SPD – Dr. Weiland, CDU: Spott und Hohn war das!)

Schumacher, Ständiger Vertreter des Chefs der Staatskanzlei:

Ich glaube, der Erfolg dieser Kampagne stünde dafür, ein Erfolg, der sich in vielen Reaktionen zeigt. Ich habe gerade, weil es von dieser Woche ist, von einer Professorin gelesen – Gabi Troeger-Weiß, Lehrstuhl für Regionalentwicklung und Raumordnung aus Kaiserslautern, meiner Heimatstadt –, die ausdrücklich gefordert hat, die Stadt Kaiserslautern solle auch eine Standortkampagne machen. Ich zitiere das jetzt wörtlich: „Ideal wäre eine Einbindung in die Superkampagne des Landes Rheinland-Pfalz unter dem Motto ‚Wir machen’s einfach’.“ Das war ein Beispiel.

(Beifall der SPD und der FDP)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jullien.

Herr Regierungssprecher, Sie haben gerade das Thema oder den Slogan dieser Kampagne genannt „Wir machen’s einfach“. Wäre es nicht sinnvoller vor dem Hintergrund der Haushaltslage des Landes, diese Kampagne einfach unter das Motto zu stellen „Wir lassen es einfach“?

(Mertes, SPD: Sie hätten Ihre Anfrage besser gelassen! Das wird barbarisch!)

Schumacher, Ständiger Vertreter des Chefs der Staatskanzlei:

Herr Abgeordneter, ich glaube, alle Jokes und alle Variationen, die mit diesem Claim möglich sind, sind in den letzten Monaten gemacht worden. Das zeigt gerade die Stärke dieses Claims, dass man ihn verballhornen kann. Das zeigt, dass darüber gesprochen wird. Dass sogar Sie Ihre Witze darüber machen, zeigt, wie kreativ und gelungen dieser Spot ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Herr Bischel, Sie haben Ihr Fragenkontingent bei weitem ausgeschöpft. (Kuhn, FDP: Aber es war nett!)

Ich verstehe Ihre Neugierde, aber wir haben uns an die Geschäftsordnung zu halten.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen sehe ich nicht. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich rufe nun die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Reinhold Hohn (FDP), Aufgabe der GetrenntSammlung von Restmüll und Leichtverpackungen – Nummer 5 der Drucksache 14/4483 – betreffend, auf.

Herr Abgeordneter Hohn, bitte schön.

Herr Präsident! Auch in Rheinland-Pfalz haben Modellversuche zur Frage der Aufgabe der GetrenntSammlung von Restmüll und Leichtverpackungen (Grü- ner Punkt) stattgefunden. Dabei sollte herausgefunden werden, ob eine gemeinsame Erfassung von Restmüll und Leichtverpackungen mit moderner Sortiertechnik ohne ökonomische und ökologische Nachteile möglich ist. Die Versuche sind vor kurzem positiv im Hinblick auf die Aufgabe der Getrennt-Sammlung verlaufen.

Die davon unabhängig zu sehende Getrennt-Sammlung von Altpapier, Altglas und biogenen Abfällen ist von der nachstehenden Fragestellung nicht berührt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Beabsichtigt die Landesregierung die erwähnten Versuchsergebnisse in die Praxis umzusetzen und wenn ja, in welchem Zeithorizont erscheint dies opportun?

2. Wie haben sich nach Auffassung der Landesregierung die Rahmenbedingungen für die Abfallwirtschaft seit Beginn der 90er-Jahre und zudem nach dem 1. Juni 2005 verändert und welche Konsequenzen, etwa im Hinblick auf eine Änderung der Verpackungsverordnung, zieht die Landesregierung daraus?

3. Welche technischen Fortschritte sind ursächlich für die Ergebnisse der Modellversuche?

4. Wie stellt sich die Landesregierung im Falle einer Beendigung der Getrennt-Sammlung die Koexistenz von Produktverantwortung einerseits und der öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger andererseits vor?

Herr Kollege, auch für Sie gilt, wir verzichten auf die Verlesung des Vorspanns. Ich bitte, das zukünftig zu beachten. Das haben wir im Ältestenrat so beschlossen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt überhaupt nicht!)

Die Mündliche Anfrage wird von der Frau Umweltministerin beantwortet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der technischen Entwicklungen im Bereich der Abfallsortierung stellt sich nun einmal die Frage, ob längerfristig ganz oder teilweise auf die Getrennt-Sammlung von Leichtverpackungen im Gelben Sack verzichtet werden kann. In Kooperation mit der DSD AG sind dabei in mehreren Ländern Modellversuche durchgeführt worden. Gegenstand des Versuchs in Rheinland-Pfalz war, ob durch die Trocknung von Abfallgemischen in Trockenstabilatanlagen die Sortierfähigkeit von Abfallgemischen verbessert wird und in Kombination mit moderner Sortiertechnik wieder verwertbare Abfälle gewonnen werden können.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Reinhold Hohn wie folgt:

Zu Frage 1: Unser Modellversuch bestätigt, dass sich die Getrennt-Sammlung von Bioabfällen, Altpapier und Altglas bewährt hat. Hierauf darf auch in Zukunft nicht verzichtet werden; denn nur so ist es möglich, die Voraussetzungen für eine hochwertige Verwertung dieser Stoffströme zu erfüllen.

Bezüglich der Leichtstofffraktionen, also der Kunststoffverpackungen, belegen die Ergebnisse des rheinlandpfälzischen Versuchs, dass bei einer gemeinsamen Erfassung der so genannten LVP-Fraktion zusammen mit dem Restmüll durch Einsatz moderner Sortiertechnik die Verwertungsquoten der Verpackungsverordnung erfüllt werden können. Um ein solches Ergebnis erzielen zu können, müssen und mussten die gemeinsam erfassten Abfälle zunächst getrocknet werden. Hierzu wurde die Trockenstabilattechnik eingesetzt. Nur aus den so vorbehandelten Mischabfällen ist es möglich, Sortierfraktionen mit hohem Reinheitsgehalt und hoher Qualität zu gewinnen. Derzeit aber bekennt sich – das ist auch gut so – die große Zahl, ja fast die gesamte Bevölkerung zur Getrennt-Sammlung verwertbarer Abfälle inklusive der Leichtstofffraktionen und praktiziert diese auch erfolgreich. Eine pauschale Änderung der bewährten Erfassungsstrukturen ist deswegen auch nicht sinnvoll. Sie wäre ohnehin auch nicht möglich, weil die notwendigen hochwertigen Sortiertechniken nicht flächendeckend zur Verfügung stehen.

Für eine Umsetzung der Versuchsergebnisse in die Praxis sind daher die individuellen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Kommunen zu beachten. Dies kann deshalb nicht bundes- oder landesweit entschieden werden, sondern muss einer Einzelfallbetrachtung vorbehalten bleiben.

Dies sage ich insbesondere im Hinblick auf den notwendigen Vertrauensschutz in die vorhandene Entsorgungsstruktur und in die eingewöhnten Praktiken bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie bei den privaten wie öffentlich-rechtlichen Unternehmen, die zum Teil für Erfassung, Sortierung und Verwertung von Abfällen hohe