Protocol of the Session on September 15, 2005

Dies sage ich insbesondere im Hinblick auf den notwendigen Vertrauensschutz in die vorhandene Entsorgungsstruktur und in die eingewöhnten Praktiken bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie bei den privaten wie öffentlich-rechtlichen Unternehmen, die zum Teil für Erfassung, Sortierung und Verwertung von Abfällen hohe

Investitionen getätigt haben. Um es deutlich zu sagen: Wir können und dürfen nicht durch Politik „Stranded Investments“ provozieren.

Zu Frage 2: Die frühen 90er-Jahre, in denen noch ein so genannter Müllnotstand drohte, sind definitiv vorbei. In Rheinland-Pfalz betrug die Recyclingquote bei Haushaltsabfällen 1990 lediglich 20 %. Sie stieg auch dank der Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern seitdem kontinuierlich an und übertraf im Jahr 2002 erstmals die 60%-Marke.

Die Herausforderung heute besteht jetzt in einer Fortentwicklung der einzelnen Regelungen zur Produktverantwortung zu einem geschlossen Gesamtkonzept. Ziel muss bleiben, zu einer vollständigen Verwertung von Abfällen zu kommen, und dies heißt zum Beispiel, Bildung von Stoffströmen auch über die einzelnen Sektoren hinaus: ob Automobilindustrie, Elektronikindustrie oder Verpackungen.

Zu Frage 3: Ursächlich für die Ergebnisse des Modellversuchs waren insbesondere die Entwicklungen im Bereich der Sortiertechnik. Dies ist vor allem auf die Einführung der Nah-Infrarot-Technik zur Identifizierung unterschiedlicher Kunststoffe zurückzuführen.

Zu Frage 4: Die Landesregierung geht nicht davon aus, dass auf die Getrenntsammlung von Leichtverpackungen generell verzichtet wird.

Ich bin der Auffassung, dass die Erfassung flexibler gestaltet und auf örtlicher Ebene Spielräume zugelassen werden sollten: Entweder, dass die Kunststofffraktionen insgesamt – nicht nur Verpackungskunststoffe – getrennt eingesammelt werden, oder bei Verfügbarkeit einer neuesten Sortiertechnologie in Verbindung mit Trockenstabilatanlagen auf eine getrennte Erfassung der Verpackungsleichtstoffe verzichtet wird. In beiden Fällen sind aber Regelungen über die Mitfinanzierung der jeweiligen Produktverantwortlichen zu treffen, ähnlich wie wir dies jetzt bereits bei der gemeinsamen Erfassung von Papier haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Gibt es Zusatzfragen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Friedel Grützmacher und Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Verteilung von Hass-CDs durch Neonazis und NPD/JN auf Schulhöfen in RheinlandPfalz – Nummer 6 der Drucksache 14/4483 – betreffend, auf.

Herr Wiechmann, bitte schön.

Den Vorspann lese ich nicht vor, aber die Fragen würde ich schon gern stellen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Schulhof-Aktionstag am 12. September in Rheinland-Pfalz?

2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Verteilung der CD „Hier kommt der Schrecken aller linken Spießer und Pauker“, insbesondere in Rheinland-Pfalz?

3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es in den betroffenen Schulen eine Aufklärung und inhaltliche Auseinandersetzung über die Hintergründe der rechtsextremistischen Aktivitäten geben soll?

4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es wichtig ist, Öffentlichkeit zu schaffen und rechtsextreme Aktivitäten an Schulen nicht zu verschweigen?

Es antwortet Herr Innenminister Bruch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die Landesregierung darf ich die Mündliche Anfrage wie folgt beantworten:

Zu Frage 1: In einer Pressemitteilung der NPDBundeszentrale vom 13. Juni 2005 wurde der auf einer gemeinsamen Konferenz des NPD-Bundesvorsitzenden mit den NPD-Landvorsitzenden am 11. und 12. Juni 2005 gefasste Beschluss veröffentlicht, im Rahmen des NPD-Wahlkampfkonzepts für die vorgezogene Bundestagswahl unter anderem eine Schulhof-CD als eines der wichtigsten Werbemittel herauszugeben.

Nach der Presseveröffentlichung sollte die CD in einer Auflagenhöhe von 200.000 Stück erstellt werden und vor allem Jung- und Erstwähler ansprechen. Mit der Verteilung sollte bundesweit am 12. September nach Ende der Sommerferien begonnen werden.

Im August 2005 stellte die NPD die CD zunächst auf eine Internetseite mit einer Anleitung zum Selbstbrennen vor.

In einer weiteren Pressemeldung der Bundeszentrale der NPD vom 1. September 2005 hieß es – ich zitiere – „Kampf um Jungwähler – Aktion Schulhof-CD beginnt“.

Wegen der Bedeutung dieser Wählergruppe für die NPD wurden die 200.000 Tonträger unter anderem an Schulen, in Jugendclubs und Schwimmbädern verteilt. Den Höhepunkt der Aktion bildete der bundesweite Schulhofaktionstag der NPD am 12. September 2005.

Der NPD-Landesverband hat nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes während der Schulferien vorbereitende Maßnahmen für die Verteilung der CD getroffen.

Die Schulhof-CD der NPD wurde allerdings von den Generalstaatsanwaltschaften Sachsen und Brandenburg sowie von der Staatsanwaltschaft Bremen als strafrechtlich nicht relevant eingestuft.

Zu Frage 2: Der Landesregierung wurden bisher folgende Verteilaktionen bekannt:

Am 5. September 2005 vor dem Paul-SchneiderGymnasium und der Regionalschule in Meisenheim am Glan sowie der Burgschule in Schloßböckelheim bei Bad Kreuznach.

Die Verteilaktionen konnten von den jeweiligen Schulleitungen unterbunden werden. Außerdem wurde die Polizei unterrichtet. Hierdurch konnten die Verteiler ermittelt werden.

Am 7. September 2005 vor der Berufsschule Technik I in Ludwigshafen am Rhein.

Über die Verteiler liegen keine Erkenntnisse vor.

Am 9. September 2005 vor dem Schulzentrum Mäusheckerweg in Trier und auf dem öffentlichen Fußweg im Bereich der Gymnasialverwaltung in Bad Marienberg/Westerwald.

Erkenntnisse liegen nicht vor.

Am 10. September 2005 wurde die CD im Stadtgebiet von Hachenburg sowie vor dem Bundesligaspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen Werder Bremen im Bahnhofsbereich in Kaiserslautern an Jugendliche verteilt.

Die Verteiler sind nicht bekannt.

Am 12. September 2005 wiederholt vor dem PaulSchneider-Gymnasium in Meisenheim am Glan. Gleicher Personenkreis wie bereits am 5. September.

Außerdem soll es auf dem Schulweg im Bereich des Willy-Brandt-Platzes in Kaiserslautern zu einer Verteilaktion gekommen sein. Die Verteiler konnten nicht ermittelt werden.

Am 13. September 2005 vor dem Schulzentrum in Westerburg sowie an der Bushaltestelle vor dem Schulzentrum in Dahn. Die Verteilung wurde durch die Schulleitung unterbunden. Die Polizei wurde informiert, und die Verteiler konnten ermittelt werden.

Zu Frage 3: Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass es in den betroffenen Schulen eine Aufklärung und eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Hintergründe der rechtsextremistischen Aktivitäten geben soll. Aus diesem Grund wurden regelmäßige Informationsschreiben an die Schulen versandt.

Speziell zum Projekt „Schulhof“ der rechtsextremistischen Szene wurden alle Schulleiterinnen und Schulleiter in einem Schreiben des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend im Februar und erneut im April dieses Jahres über die geplante Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts mittels Musik-CD informiert und zur Zusammenarbeit mit den Polizeidienststellen und zur Thematisierung im Unterricht aufgefordert.

Ich verweise auf meinen gestrigen Beitrag.

Um die Arbeit im Unterricht zu unterstützen, erhielten alle weiterführenden Schulen im November 2004 die CD-Rom Rechtsextremismus im Internet sowie Hinweise zu Ansprechpartnern und Materialien in Rheinland-Pfalz, also unsere eigene CD.

Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz stellte Informationen zum Projekt Schulhof ins Internet. Parallel hierzu erging zu der beabsichtigten Verteilung der Schulhof-CD der NPD und der Jugendorganisation vor der bevorstehenden Bundestagswahl sowie der rheinland-pfälzischen Landtagswahl im März 2006 im Juli 2005 ein Schreiben der Ministerin an alle weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz.

Neben der Unterstützung von Maßnahmen im Bereich der primären Prävention von Gewalt und Extremismus werden zum Thema „Rechtsextremismus“ eine Vielzahl von Aktivitäten unterstützt, initiiert und angeboten. Das am 26. März 2001 vom rheinland-pfälzischen Kabinett verabschiedete Aussteigerprogramm „Rauswege aus dem Extremismus“ bietet Ausstiegshilfen, Beratung und Betreuung für Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte sowie fachliche Beratung und Unterstützung an.

Die von der Landesregierung geförderte Elterninitiative „Gegen rechts“ bietet Hilfe für Eltern rechtsextremistisch orientierter Jugendlicher sowie für Lehrkräfte an.

Am 17. und 18. Mai sowie am 1. und 2. Juli 2005 fanden in Zusammenarbeit mit der Lea Rosh Kommunikation & Medien GmbH und der Landeszentrale für politische Bildung zwei Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte zum Thema „Antisemitismus in Schule und Gesellschaft heute“ statt.

Geplant wird vom Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung eine Fortbildung im Januar 2006 für Lehrkräfte und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der außerschulischen Bildungsarbeit mit Mitarbeitern der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel zum Thema „Pädagogische Übermittlung des Holocaust im Unterricht“. Das Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend unterstützt das Netzwerk für Demokratie und Courage, das sich aktiv gegen Rechtsextremismus und Rassismus einsetzt. Die Projekttage „Für Demokratie Courage zeigen“ haben zum Ziel, die demokratische Kultur zu stärken und den jungen Menschen Mut zu machen, nicht wegzusehen, wenn andere rassistische Vorurteile äußern oder Gewalt gegen Mitschülerinnen und Mitschüler ausüben.

(Beifall bei der SPD)