Protocol of the Session on September 4, 2015

Wo machen wir das konkret? Das hätte ich gerne einmal gewusst. Was haben wir beim Flughafen Weeze denn gemacht? Der Flughafen arbeitet nicht wirtschaftlich, weil Ryanair in den letzten Jahren 15 Flüge von 60 täglichen Flugbewegungen abgezogen hat und es immer mehr ins Defizit geht. Und der Kreistag in Kleve hat mit einer CDU/FDP

Mehrheit beschlossen, dass sie keine weiteren Kredite mehr geben.

Ich hätte gerne von Ihnen mal konkret gewusst, wo wir als Grüne oder als rot-grüne Landesregierung diesem Regionalflughafen reingegrätscht haben. Das beantworten Sie überhaupt nicht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das ist genauso eine Unterstellung wie der Kollege Lindner es mit Frau Höhn gemacht hat mit diesem BMW-Werk. Von daher erinnert es in der Debatte natürlich exakt an diese Diskussion.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Der zweite Punkt: Sie werfen uns vor, wir hätten nichts von dem umgesetzt, was wir versprochen haben. Wir haben ganz klar im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir für ein Nachtflugverbot am Flughafen Köln/Bonn für die Passage stehen. Das haben wir hier beschlossen, im Landtag, im Kabinett. Wir haben es in Berlin beantragt. Es ist von der Bundesregierung abgewiesen worden.

Wir Grüne haben eine sehr klare Position zu der Antragstellung des Flughafens Düsseldorf, was eine Kapazitätsausweitung angeht. Wir lehnen diese Kapazitätsausweitung, die vorgelegt worden ist, inhaltlich ab. Aber wir Grüne haben das nicht alleine zu entscheiden. Das ist ein Rechtsverfahren, das läuft, mit entsprechenden gesetzlich festgelegten Schritten. Es ist auch eine Sache, die in der Regierung abzustimmen ist. Aber wir Grüne als Landespartei und Landtagsfraktion lehnen die vorgelegte Kapazitätsausweitung am Flughafen Düsseldorf ganz klar ab.

(Beifall von den GRÜNEN)

Da haben wir keinen Unterschied zwischen dem Wahlprogramm und dem, was hier am Pult gesagt wird, lieber Herr Rasche.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Als nächster Redner spricht für die Landesregierung der zuständige Minister, Herr Groschek.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was Düsseldorf angeht, nur so viel: Da wird nach Recht und Gesetz entschieden und nicht nach politischen Opportunitätsgesichtspunkten. Deshalb will ich mich zu dem Verfahren jetzt nicht weiter äußern, sondern dazu, wie die Landesregierung das Zustandekommen des nächsten Landesluftverkehrskonzeptes anlegt.

Wir haben im Koalitionsvertrag 2012, der regierungsgründend war, sehr präzise festgelegt, dass

wir aufbauen wollen auf einem nationalen Flugkonzept. Das ist auch dringend notwendig. Das ist deshalb notwendig, weil sich alle anderen Vorgänger von Herrn Dobrindt weggeduckt haben. Auch der bei Teilen der heutigen Opposition so geschätzte „Ramses“ hat die Koalitionsauflage aus der

schwarz-gelben Bundesregierungskoalition nicht

angepackt. Das muss man Dobrindt zugestehen. Er hat sehr zügig die Umsetzung eines nationalen Luftverkehrskonzeptes nach Vorgesprächen mit einigen Landesverkehrsministern, unter anderem auch mit mir, angepackt durch die Beauftragung eines Gutachtens im März diesen Jahres und die Zusage, spätestens Anfang 2016 ein Konzept vorzulegen, das dann zu diskutieren sein wird.

Warum ist das nationale Konzept wichtig?

Erstens. Es ist wichtig, weil wir als Land sowieso Teil einer Bundesauftragsverwaltung sind nach Art. 85 Grundgesetz. Also sollten wir nicht so tun, als könnten wir alleine das regeln, was wir hier gerne regeln würden. Wir sind in die Auftragsverwaltung des Bundes eingebunden.

Zweite Anmerkung: Ich habe immer die Auffassung vertreten, dass es ein gravierendes verkehrspolitisches Versäumnis ist, dass sich die Bundesverkehrsminister weggeduckt haben. Nur dadurch ist es zu der Absurdität in Deutschland als Exportnation Nummer eins in Europa gekommen, dass wir nur noch zwei nachtflugoffene Flughäfen haben,

(Beifall von der SPD und der FDP)

und das nicht in den Metropolen dieser Welt, sondern in Leipzig und in Köln/Bonn. Das hätte nie passieren dürfen, weil die Abhängigkeiten der Logistikketten damit auf ganz bestimmte Nadelöhre zugetrieben werden.

Herr Minister, entschuldigen Sie. Würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schemmer zulassen?

Immer.

Herr Schemmer, bitte.

Herr Minister, wenn man Ihren Ausführungen folgt, fällt einem erst einmal auf: Nach Recht und Gesetz wie in DattelnWaltrop? Dann ist einem ja angst und bange. Aber jetzt unterstelle ich mal, dass Sie es wirklich so meinen würden.

Muss man denn dann nicht, wenn man vom Bund fordert, ein Konzept zu machen – zu Recht –, erst einmal selber definieren und das auch vortragen, welche Forderungen und Ansätze man gegenüber

dem Bund hat? Muss man also nicht vorher selber in einem Vorkonzept – von mir aus; ich lasse das offen – sagen, was man vom Luftverkehr für sein Land erwartet, und das dem Bund zur Verfügung stellen, damit diese Dinge dann auch mit abgewogen werden, und nicht warten, bis der Bund irgendwas in die Welt setzt, sodass man nachher nur noch sehr schwer nacharbeiten kann?

Herr Schemmer, auf nationaler Ebene habe ich mich nicht nur in Gesprächen mit Dobrindt, sondern auch mit Spohr und anderen sehr klar positioniert. Für das nationale Luftverkehrskonzept sind die Buchungen aus Nordrhein-Westfalen durch den nordrhein-westfälischen Verkehrsminister an Eineindeutigkeit nicht zu überbieten.

Erstens. Die wahre europäische Konkurrenzsituation für Nordrhein-Westfalen und die Bundesrepublik Deutschland ist dadurch gekennzeichnet, dass Istanbul und die Golfstaaten eine Marktdominanz anstreben, die Westeuropa, Deutschland und Nordrhein-Westfalen zu einem Mauerblümchen degradieren würde.

(Beifall von der SPD und der FDP)

Das würde gegen unsere volkwirtschaftlichen und exportorientierten logistischen Interessen verstoßen.

Deshalb tun wir gut daran, ein nationales Konzept zu entwickeln, das der Bedeutung der Exportnation gerecht wird.

Das heißt, man darf Frachtflüge nicht auf einwohnerstarke Standorte reduzieren. Es kann nicht sein, dass die Einwohner rings um den Köln/Bonner Flughafen alleine die deutsche Exportflugbelästigung aushalten müssen. Hier muss gerechter geteilt werden.

Deshalb brauchen wir ein nationales Luftkonzept, das nicht darauf abhebt, dass Köln und Leipzig irgendwie nachtoffen bleiben. Nein, wir müssen national diskutieren und entscheiden, wo Nachtoffenheit geboten ist. Dann kann man sich nicht wegstehlen wie beispielsweise bei ganz bestimmten Großflughafenentscheidungen, bei denen man opportunistisch ganz bestimmten Initiativinteressen vorzeitig nachgibt, weil man meint, so Wahlen positiv gestalten zu können. Das halte ich für fahrlässig.

Herr Minister, Herr Kollege Rasche würde Ihnen gerne eine Frage stellen. Ich vermute, die lassen Sie zu.

Bitte schön.

Herr Minister, vielen Dank. – Ganz ruhig und sachlich: Sie sprachen davon, Minister Dobrindt habe mit Ihnen vor der Auftragsvergabe für dieses Gutachten darüber gesprochen, dass so ein Konzept bundesweit kommen soll, und er mache es nach der Vorlage wieder. Das Gespräch hat dann ja den Zweck, dass er von Ihnen erfährt, wie die Position von NordrheinWestfalen aussieht. Was teilen Sie Herrn Dobrindt denn mit, die Position der SPD oder die Position der Grünen in der Luftverkehrspolitik, die sich doch zentral unterscheiden?

Diese Unterscheidung konnte ich bislang nicht wahrnehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es gibt eine Position der Landesregierung, die ich vortrage – nicht nur hier, sondern auch in Berlin und bei jeder sich anderswo bietenden Gelegenheit.

Manch einem Kommentator aus der Luftverkehrsszene bin ich schon viel zu tendenziös. Ich will dazu nicht Stellung nehmen, ich will nur darauf hinweisen, dass mir eine ganz bestimmte tendenziöse Meinungsbildung unterstellt wird. Dazu nicht mehr, sonst haben wir wieder die nächste Kommentierung. Darauf möchte ich erst mal verzichten.

Auf nationaler Ebene ist das die eine Baustelle. Die zweite Baustelle auf nationaler Ebene ist, dass die Großflughäfen mehr Verantwortung übernehmen müssen. Man kann sich auch in München – mit einer so stabilen politischen Mehrheit, wie sie nun einmal in Bayern gegeben ist – bei der Frage der dritten Startbahn nicht wegducken. Das ist eine Zumutung, weil natürlich alle anderen Flughäfen diese Lasten mittragen müssen, auch wenn sie unter anderem aus Lärmschutzgründen gar nicht dazu geeignet sind.

Deshalb haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen ein Recht darauf, durch den Bund eine vernünftige Belastungsteilung, eine Belastungsgerechtigkeit zu erfahren. Und wir werden dann unsere spezifischen logistikwirtschaftlichen Interessen in diese Diskussion einbringen und Positionen beispielsweise von Düsseldorf und Köln verteidigen. In Düsseldorf tun wir das massiv.

Die brandenburgische Landesregierung hat mir heute Morgen noch ausdrücklich dafür gedankt, wie sich die nordrhein-westfälische Landesregierung mit anderen für die Interessen von Air Berlin einsetzt. Denn auch das ist nordrhein-westfälisches und nationales Interesse, die Marktmacht von ganz bestimmten Flugunternehmen zu begrenzen.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen erlebt, was es heißt, wenn einzelne Flughäfen an einer einzigen Fluglinie hängen. Es kann nicht sein, dass die Flugzeugbestellung von Ryanair allein darüber ent

scheidet, wie sich Luftverkehrsstandorte in NRW entwickeln. Also auch da: mehr liberales Maß, weniger Marktmacht einzelner. Das müsste eigentlich hier im Hause breit mehrheitsfähig sein; das unterstelle ich mal.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Minister, wieder gibt es den Wunsch, Ihnen eine Frage stellen zu dürfen.

Gerne.

Herr Kollege Dr. Bergmann, bitte.