Protocol of the Session on March 3, 2016

Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn aus dem letzten Jahr weist das Gründungsgeschehen seit dem Jahr 2012 eine steigende Tendenz aus. Eine große Bedeutung haben dabei die urbanen Räume. Den vordersten Platz belegt dabei Bonn. Doch die Frage, warum und wieso bestimmte Städte bevorzugt werden und welche Probleme es in den ländlichen Räumen gibt, wird auch in dieser Studie aus dem Jahr 2015 nicht beantwortet. Es wird der Hinweis gegeben, es fehle das Datenmaterial.

Herr Wüst, deshalb ist es auch keine Arroganz, wie Sie es der Landesregierung unterstellen. In der Beantwortung dieser Anfrage wird vielmehr darauf hingewiesen, dass an einigen Stellen schlichtweg fundiertes Datenmaterial fehlt. Es ist unvollständig. Deshalb sollten wir zukünftig überlegen, an der einen oder anderen Stelle die Datenerhebung zu intensivieren, um die vorhandenen Förderinstrumente schärfen, die tatsächlichen Bedürfnisse besser erfassen und die Förderinstrumente daraufhin anpassen zu können.

Insgesamt zeigen die Antworten der Landesregierung, dass sie die Bedeutung der Freien Berufe für Nordrhein-Westfalen nicht nur erkannt hat, sondern diese durch ihre aktive Politik fördert und stützt. Sie kommt ihrer Verpflichtung aus Artikel 25 der Landesverfassung nach.

Herr Wüst, ich habe aufgrund meiner Erfahrung zumindest die Hoffnung, dass wir in dieser Sache weiterhin an einem Strang ziehen. Ich halte Ihren Vorschlag für zielführend; denn wir brauchen verbessertes Datenmaterial, um gemeinsam zu besseren Fördermöglichkeiten und Perspektiven der Freien Berufe in Nordrhein-Westfalen kommen zu können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Beisheim. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Bombis.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen! Sehr geehrte Herren! Das Landeswassergesetz hat vordergründig mit den Freien Berufen herzlich wenig zu tun. Folgerichtig kommt das Wort in der Großen Anfrage der CDU und auch in der Beantwortung durch die Landesregierung gar nicht vor. Ich komme später noch einmal darauf zurück, warum das Landeswassergesetz doch etwas mit den Freien Berufen zu tun hat.

Ich möchte zu Anfang meiner Rede aber – wie es Herr Wüst bereits getan hat- hervorheben: Es ist gut, dass wir uns mit der Thematik befassen. Eine Viertelmillion Freiberufler in NRW und vor allen Dingen ihre hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Fachkräftenachwuchs verdienen das.

600.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten in diesem Bereich. Jeder einzelne Freiberufler schafft also noch einmal mehr als zwei Arbeitsplätze. Dazu kommen 120.000 Auszubildende, die einen hervorragenden Einstieg in das Berufsleben gewählt haben.

Dieses sehr erfolgreiche deutsche Ausbildungswesen mit seinen hohen Standards und Zukunftsstrukturen steht für eine hervorragende Qualität und damit für ein hohes Vertrauen der Menschen in unserem Land in diese Berufsgruppen und ihre Dienstleistungen. Freiberufler sind eben nicht nur Zahlen im Wirtschaftssystem, sondern sie sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft.

Die Qualität und die Anforderungen an Freiberufler bzw. die Voraussetzungen, die sie erfüllen müssen, sind in Deutschland traditionell sehr hoch. Das hat auch seine Berechtigung: Niemand möchte im Krankheitsfall von einem schlecht ausgebildeten Arzt behandelt werden. Wer ein Bauvorhaben plant, muss sich darauf verlassen, dass der Architekt sein Handwerk versteht. Bei einem Rechtsstreit möchte sich niemand von einem Rechtsanwalt vertreten lassen, der sich in der deutschen Rechtsordnung nicht auskennt.

Ich möchte deswegen als ersten Punkt für unsere Fraktion festhalten, dass wir eindeutig für den Erhalt dieser hohen Ausbildungs- und Qualitätsstandards in den Freien Berufen einstehen. Eine Absenkung solcher Standards ist mit der FDP-Fraktion nicht zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Es ist gut, dass wir in diesem Bereich in diesem Hause bisher fraktionsübergreifend einen Konsens haben.

Darüber hinaus will ich aber noch einen zweiten und einen dritten Punkt festhalten. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung – auch das ist, ebenso wie viele andere Punkte, in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage sehr dünn beschrieben, wie der Kollege Wüst zu Recht angemerkt hat – und der Wirtschaft 4.0 – was in der Großen Anfrage seitens der Landesregierung immer noch als „Industrie 4.0“ bezeichnet wird; es ist deutlich mehr – und auch des demografischen Wandels ist unbestreitbar, dass sich die Freien Berufe weiterentwickeln werden und sich auch weiterentwickeln müssen.

Wir sagen deswegen: Gerade, weil Veränderungen notwendig sind, dürfen wir – ich sage das besonders auch aus Sicht der Liberalen – keine falsch verstandenen Deregulierungen vornehmen, die am Ende nur dazu führen, dass wir schlechtere Standards, weniger Arbeitsplätze, eine schlechtere Dienstleistungsqualität haben. Aus Sicht der Freien Demokraten möchte ich aber auch ausdrücklich festhalten: Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verdienen diese hohen Standards.

Ich will noch auf einen dritten Punkt eingehen. In der Antwort auf die Große Anfrage hebt die Landesregierung – ich zitiere – „die Bedeutung der Freiberufler für eine prosperierende Wirtschaft, aber auch für eine intakte und zukunftsfähige Gesellschaft“ hervor. Das ist richtig. Es ist aber auch schnell geschrieben. Wenn dann aber die Frage nach der spezifischen bürokratischen Belastung durch die Politik gestellt wird, antwortet die Landesregierung, dass sich ihr der Sinn dieser Frage nicht unmittelbar erschlösse. Damit kommen einige Zweifel an der Richtigkeit und vor allen Dingen an der Aufrichtigkeit der vorherigen Aussage auf.

Wir sagen als Freie Demokraten ganz klar: Dieses Bekenntnis der Landesregierung zu den Freien Berufen darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Auch die heutige Debatte – deswegen ist es richtig, dass wir dieses Thema noch einmal in den Ausschuss nehmen – darf nur der Auftakt für Taten sein, die wir zur Stärkung der Freien Berufe erwarten, indem sich die Landesregierung zum Beispiel dafür einsetzt, dass die fatalen Pläne der Bundesregierung für eine Erbschaftsteuer nicht in die Tat umgesetzt werden, denn das würde auch die Freien Berufe und ihre Strukturen unmittelbar gefährden.

(Beifall von der FDP)

Wir erwarten außerdem vollen Einsatz zur Stärkung der erfolgreichen Selbstverwaltung der Freien Berufe durch ihre Kammern und ihre Versorgungswerke.

Schließlich erwarten wir mehr Mut beim Bürokratieabbau und weniger Elan beim Aufbau neuer bürokratischer Hürden und Belastungen. Denn nur dann ist – mit Blick auf das vorherige Zitat – zu erhoffen, dass sich dieser Landesregierung der Sinn von Bürokratieabbau vielleicht doch noch einmal irgendwann erschließt.

Es reicht eben nicht, ein Mittelstandsgesetz zu verabschieden, mit dem man angeblich auch gegen bürokratische Belastungen arbeiten will, und dann – damit komme ich auf das Landeswassergesetz zurück – zum Beispiel ein Gesetz wie dieses, von dem die IHK in Nordrhein-Westfalen sagt, dass es die mittelständischen Betriebe in unserem Land im Vergleich zu anderen Bundesländern belastet, nicht einmal der in diesem Mittelstandsgesetz vorgesehen Clearingstelle vorzulegen.

Das reicht nicht, meine Damen und Herren. Hier erwarten wir von der Landesregierung mehr. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege, Entschuldigung, ich wollte Sie nicht unterbrechen; mir war nicht klar, dass Sie sofort zum Ende kommen. – Die Kollegin Müller-Witt würde Ihnen gerne noch eine Zwischenfrage stellen. Möchten Sie diese am Ende noch zulassen?

Aber selbstverständlich.

Wunderbar. Vielen Dank.

Herr Kollege Bombis, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie sprechen immer wieder von Bürokratieabbau. Das ist ein gängiges, geliebtes Schlagwort, das überall als Allzweckwaffe eingesetzt wird. Sie haben zum Schluss ein Beispiel aus dem Mittelstand gebracht. Bringen Sie aber bitte einmal ein Beispiel für überbordende Bürokratie im Bereich der Freien Berufe und dazu, was dort konkret unternommen werden sollte!

Ich glaube, Frau Müller-Witt, dass die Freien Berufe selber – sei es im Bereich der Steuerberater, der Rechtsanwälte und vor allem der Arztpraxen – diese Fragen sehr wohl beantworten können.

Was die Fragen nach der Abrechnung und dem Punktesystem angeht: Es ist konkret. Die Abrechnungen – sie wurden eben schon angesprochen – in den Arztpraxen: Reden wir doch einmal mit den Ärzten darüber, was wir da verändern können!

(Zuruf von der SPD)

Sie wollten ein konkretes Beispiel. Das ist ein konkretes Beispiel. Und ich freue mich auf die Diskussion.

(Unruhe – Zurufe von der CDU)

Jetzt beruhigen Sie sich doch mal! Ich bin gefragt worden; dann lassen Sie mich doch auch antworten, lieber Herr Kollege. Sie müssen nicht direkt aufjaulen, wenn Sie getroffen werden. Wir können das gern im Ausschuss noch vertiefen. Ich bin der festen Überzeugung, wir werden noch viele andere Beispiele haben. Sie wollten von mir ein Beispiel hören, das war eines. Viele andere werden folgen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Zuruf von der SPD: Sa- gen Sie mal ein Beispiel!)

Vielen Dank, Herr Kollege Bombis. – Für die Piraten spricht Herr Kollege Dr. Paul.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Irgendwie habe ich das Gefühl, wir haben es gerade mit so einem Sturm im Wasserglas zu tun. Wir beschäftigen uns jetzt mit dieser Großen Anfrage der CDU, für die ich mich genauso wie für die Antwort der Landesregierung bedanke. Die erste und einzige Erkenntnis zunächst einmal aus der Antwort der Landesregierung besteht darin, dass wir ein Erkenntnisproblem haben.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass, wenn es andersherum gewesen wäre, wenn unter einer schwarz geführten Regierung die SPD diese Anfrage gestellt hätte, Ihre Antwort, Herr Wüst, besser ausgefallen wäre. Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Aber viel besser!)

Ja, ja. – Es gibt nämlich ein ganz pragmatisch vorliegendes einheitliches statistisches Erfassungssystem für die Freien Berufe leider nicht. Die Freien Berufe stellen eine äußerst vielfältige heterogene Gruppe dar – das wurde schon gesagt –: Selbstständige wie abhängig Beschäftigte, die „Katalogberufe“, die gesetzlich definiert sind und Kammern besitzen, aber eben auch artverwandte Tätigkeiten, zum Beispiel in den Heilberufen oder in der Kreativwirtschaft, die zu den Freien Berufen zählen, solange sie nicht einem Gewerbe zugeordnet sind.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Als Konsequenz aus der sehr heterogenen Gesamtlage konnten daher verständlicherweise – ich muss das noch einmal einräumen – nur fragmentarische Zahlen für einzelne Bereiche von der Landesregierung zusammengetragen werden.

Diesen Gesamtzustand müssen wir gemeinsam ändern. Von daher macht es auch tatsächlich Sinn, Herr Wüst, im Ausschuss darüber noch einmal zu reden und zu schauen, wie man dort zu Zahlen kommt. Denn wir haben es mit gewaltigen Veränderungen im Rahmen der digitalen Revolution zu tun, mit Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt. Wenn die Politik dort ihre Kennzahlen nicht kennt, kann man natürlich nicht sinnvoll irgendwelche Gesetze beschließen. Von daher ist es ein Grundproblem, das ich jetzt nicht unbedingt der rot-grünen Landesregierung direkt anlasten möchte. Das ist eine Sache der Zeit.

Das zeigt sich zum Beispiel auch daran, dass die Zahl der Freiberufler in der Kreativwirtschaft in Nordrhein-Westfalen noch nicht einmal erfasst ist. Aber ich denke, trotz der dünnen Datenbasis besteht vermutlich Konsens in diesem Haus, dass die Freien Berufe eine wichtige Funktion in der Wirtschaft erfüllen und ihre Bedeutung in Zukunft eher gewaltig zunehmen als schrumpfen wird.

Das möchte ich kurz begründen. Was zeichnet die Freien Berufe aus? Im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz § 1 Abs. 2 ist festgehalten, dass sie

„auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt“

haben. Es handelt sich meist um die eigenverantwortliche Erbringung dieser Dienstleistung für einen Auftraggeber, der aber oft selbst nicht in der Lage ist, die Qualität dieser Leistung auch zu beurteilen.

Ein Industrieprodukt – das wissen wir alle –, das fehlerhaft ist – es ist ja gerade passiert –, kann man im Zweifel zurückgeben. Auf die Leistungsfähigkeit eines Arztes oder eines Rechtsanwalts muss man vertrauen dürfen. Es handelt sich daher auch in hohem Maße um Vertrauensgüter. Dieses Vertrauen darf auch nicht durch einen Dritten missbraucht werden. Ärzte und Rechtsanwälte, die zu den Berufsgeheimnisträgern gehören, haben sich daher deutlich gegen die erneute Einführung der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen.

Wir Piraten hätten uns gewünscht, die Kollegen von CDU und SPD hätten diese Kritik dahin gehend berücksichtigt, die anlasslose Komplettüberwachung ein für allemal zu begraben.

(Beifall von den PIRATEN)

Denn leider gibt es neben dem Staat auch noch kriminelle Privatpersonen, die Zugriff auf die Daten haben wollen. Wir sind ja erst wieder Zeugen geworden. Gestern ist der Fall der Krankenhäuser debattiert worden. Das Vertrauen der Patienten in die sichere Speicherung ihrer sensiblen Daten wird dadurch sicher erschüttert. Darüber hinaus fragen