Protocol of the Session on November 15, 2007

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Kraft?

Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Dr. Petersen, würden Sie uns bitte den Unterschied des öffentlichen Interesses an Ostersonntag und an Muttertag erläutern?

Das ist schlicht und einfach eine theoretische Herleitung an der Stelle. Frau Ministerin Thoben hat es ausgeführt. Wir haben ein öffentliches Interesse daran, dass am Muttertag – ein wirklich herausgehobener Tag – Blumengeschäfte und Bäckereien geöffnet werden können. Insofern, Frau Kraft, nützt es auch nichts, irgendwelche theoretischen Debatten herbeizuführen. Im kommenden Jahr wird – da hat die Landesregierung Wort gehalten – eine Regelung gefunden, dass diese Geschäfte öffnen können. Das ärgert Sie nur, weil damit auch dieser Antrag von Ihnen wirkungslos verpufft. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Petersen. – Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Debatte zu Tagesordnungspunkt 9.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/5357 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend – sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

10 Aufbau einer Sammlung zur Geschichte der Zuwanderung nach Nordrhein-Westfalen

Antrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/5351

Die Fraktionen haben sich entgegen dem Ausdruck auf der Tagesordnung inzwischen darauf verständigt, diesen Punkt nicht zu debattieren. Das heißt, heute wird der Antrag nur eingebracht. Dann debattieren wir das Ganze in den Ausschüssen, die eine Beschlussempfehlung an das Plenum abgeben werden.

Wir stimmen ab. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/5351 an den Kulturausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration. Die Beratung im Plenum soll nach Vorlage der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses erfolgen. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist diese Überweisung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

11 Perspektiven für einen nachhaltigen Rohstoffabbau in NRW

Große Anfrage 8

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/3647

Antwort

der Landesregierung

Drucksache 14/4280

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion, die die Große Anfrage gestellt hat, Herrn Kollegen Remmel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über die Große Anfrage „Perspektiven für einen nachhaltigen Rohstoffabbau in Nordrhein-Westfalen“. Nun ist die Beantwortung der Großen Anfrage, wie das in solchen Fällen üblich ist, sehr umfangreich. Wir werden nicht alle Verästelungen dieses Themas erschöpfend behandeln können. Deshalb müssen wir uns beschränken.

Bevor wir zu den Details kommen – ich würde mir wünschen, dass es nicht bei dieser Debatte bleibt und wir auch zukünftig zu diesem Thema in diesem Hause debattieren werden –, muss man wissen: Mit wem kann man sich in dieser Frage überhaupt zielgerichtet über politische Gestaltungsmöglichkeiten oder sogar Gestaltungsnotwendigkeiten unterhalten und mit wem nicht?

Da gibt es für mich eine klare Trennlinie. Ich muss da ein bisschen ausholen. Ich habe mit dem Kollegen Ellerbrock auf einer Veranstaltung diskutiert, die von der Wirtschaft auf der einen Seite und von NABU und BUND auf der anderen Seite organisiert worden ist, wo es genau um die Frage des nachhaltigen Rohstoffabbaus ging. Der Kollege Ellerbrock hat während dieser Diskussionsrunde ins Publikum gesagt, dass es doch eine Freude wäre, wenn man demnächst nach der Verknüpfung einzelner Baggerseen zu einem großen Teich sozusagen von Kalkar nach Kalkutta segeln könnte.

(Beifall von Christian Lindner [FDP] – Holger Ellerbrock [FDP]: Richtig!)

In dieser Diskussion habe ich das als provozierende, vielleicht sogar ironisierende Haltung angesehen. Nachdem wir darüber aber noch die eine oder andere Pressemitteilung bekommen haben, nachdem das auch größer in der Zeitung gestanden hat, muss ich annehmen, dass der Kollege Ellerbrock diese These, diesen Wunsch, das Ijsselmeer sozusagen nach Nordrhein-Westfalen zu holen, durchaus ernst gemeint hat.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Ja, sicher!)

Dann sage ich an dieser Stelle: Da trennen sich unsere Wege des Miteinanderdiskutierens. Ich meine, Sie gehen von einem ganz anderen Grundverständnis der Zusammenhänge aus, die Natur, Menschen und Umwelt haben, die es in solchen Nutzungskonflikten möglicherweise zu regeln gilt. Dann diskutiere ich mit dieser Seite des Hauses nicht mehr, weil Ihr Verständnis von Natur, vom Umgehen mit knappen Ressourcen, von Nachhaltigkeit mit meinem Verständnis davon jedenfalls nicht mehr so übereinstimmt, dass ich eine Diskussionsgrundlage sehe.

Das Verständnis, das Sie in diesem Vorschlag zum Ausdruck bringen, geht davon aus: Umwelt ist beliebig gestaltbar. Es gibt quasi keine Konflikte, die es zu bearbeiten gilt, bei denen Abwägungsentscheidungen zu treffen sind. Wir gestalten uns unsere Welt nach unserem Bild von Kalkar nach Kalkutta. – Das ist, mit Verlaub, nicht meine Vorstellung von der Abwägung unterschiedlicher Interessen und Güter.

Herr Kollege Remmel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lindner?

Bitte schön, Herr Lindner.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Remmel, ist Ihnen bekannt, dass in und um Leipzig herum viele Seen entstanden sind, die miteinander verbunden sind? Kennen Sie den ökologischen und tourismuswirtschaftlichen Wert dieser sehr breiten künstlichen Seenanlage, die in den letzten fünf bis zehn Jahren entstanden ist?

Darüber wird in der Auseinandersetzung über die Frage „Was ist Natur, Naturdenkmal, wo setzt es an, welche Wertigkeit hat eine bestimmte Verformung oder Überformung für die Natur?“ sehr intensiv diskutiert. Aber in diesem ganz konkreten Fall, über den wir hier sprechen – Ijsselmeer am Niederrhein –, hätte das Ausmaße, die dazu führen, dass man das mit dem Beispiel, das Sie genannt haben, nicht mehr vergleichen kann. Also: Ich will da klare Trennlinien ziehen.

Wenn man allerdings davon ausgeht – ich setze voraus, dass dieser Gedanke sowohl im Ministerium als auch bei der CDU-Fraktion vorhanden ist –, dass es Raumnutzungskonflikte – so lautet der Fachausdruck – und Schutzgüter gibt, die es in Konkurrenz zueinander abzuwägen gilt, dann muss man auch über Instrumente diskutieren, mit denen man diese Konflikte strukturieren und lösen will. Die Landesregierung hat in der Großen Anfrage die Regionen benannt – Niederrhein, Teutoburger Wald, Hellwegbörde –, in denen diese Konflikte in Bezug auf einen nachhaltigen Rohstoffabbau von besonderer Brisanz sind.

An dieser Stelle herzlichen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage. Allerdings muss ich als Kritik nennen dürfen, dass es in dieser Antwort erhebliche Widersprüche gibt. Und diese Widersprüche will ich Ihnen kurz darstellen.

Widerspruch 1. Wenn ich mich dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung verpflichtet fühle – das drückt die Landesregierung in ihrer Antwort aus –, dann muss ich, wenn ich A sage, auch B sagen. Dann muss ich benennen, wie ich Nachhaltigkeit interpretiere und wie ich Nachhaltigkeit in einer Messgröße fasse, Frau Ministerin. Nachhaltigkeit

in einer Messgröße zu fassen, das wäre die Anforderung, die ich gerne formulieren würde, die in Ihrer Antwort so jedenfalls nicht erkennbar ist. Ich würde dann auch den Anspruch erheben, dass diese Messgröße der Nachhaltigkeit operationalisiert werden kann. Dies kann sich nicht in freiwilligen Vereinbarungen, in Gesprächen oder in partnerschaftlichen Vermittlungen erschöpfen. Ich muss Nachhaltigkeit messen und operationalisieren können. Das wird mir in Ihrer Antwort nicht klar.

Widerspruch 2. Wenn es hinsichtlich der Nachhaltigkeit eine Gleichwertigkeit der Ziele in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales gibt, dann darf ich mich aber nicht davor drücken, Instrumente zu benennen, wie den ökologischen Anforderungen in Bezug auf einen nachhaltigen Rohstoffabbau Rechnung zu tragen ist. Dann kann es nicht nur eine Bedarfsberechnung geben, die alleine auf dem Bedarf fußt, der durch die Verbraucherinnen und Verbraucher oder durch die Wirtschaft formuliert wird.

Ich würde sogar Priorität für einen ganz bestimmten Bereich sehen; denn der Gedanke der Nachhaltigkeit ist ja unter dem Aspekt entwickelt worden, dass man der Umwelt und Natur nur das entnehmen kann, was man an einer anderen Stelle gegebenenfalls zurückgibt, dass man also nicht überfordert.

Widerspruch 3. Wenn man Nutzungskonflikte mit den Bereichen Naturschutz, Wasserschutz und Flächenschutz konstatiert, dann darf ich nicht nur auf partnerschaftliche Lösungen setzen, wie das in der Antwort zum Tragen kommt. Dann gilt es eben nicht, sich in freiwilligen Vereinbarungen zu ergießen, sondern dann muss es einen konkreten rechtlichen Rahmen geben, in dem ich die Nutzungskonflikte löst. Und wenn ich sehe, dass bestimmte Bereiche überhandnehmen und dass sich bestimmte Nutzungskonflikte zuspitzen, dann muss ich Lösungen formulieren und anbieten. Die Landesregierung formuliert in ihrer Antwort aber leider keinen konkreten Hinweis darauf, wie die sich zuspitzenden Konflikte im Bereich des Rohstoffabbaus tatsächlich zu lösen sind.

Wenn ich dann weiter – vierter Widerspruch! – davon ausgehe, dass die Regionalräte diese Raumnutzungskonflikte zu lösen hätten – laut Planungsrecht würde ich das als richtig annehmen –, dann muss ich auch konstatieren, dass die Wirtschaftsseite zurzeit – zumindest am Niederrhein – sehr aggressiv mit Anwälten vor Gericht zieht und ihre Rechte durchsetzt und die Regionalräte dem nicht gewachsen sind, weil sie derzeit keine Instrumente haben, das zu regeln. Frau Mi

nisterin, da ist die Landesregierung gefordert, eine Regelungslücke, auf die gerichtlich hingewiesen worden ist, zu schließen. Das heißt, sie muss die „Planungssicherheit“ – den Bedarf – so vorgeben, dass die Regionalräte mit Instrumenten gestaltend tätig werden können.

Es ist also Steuerung nötig. Es ist nötig, dass Daten unabhängig erhoben werden. Es ist eine Bedarfsermittlung nötig, die auch umweltpolitische Anforderungen einbezieht.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Und, meine Damen und Herren, es ist nötig, dass neue Instrumente eingeführt werden.

Die Landesregierung hat bereits darüber diskutiert, den Planungszeitraum auf 15 Jahre zu verkürzen. Wenn diese Entscheidung innerhalb der Landesregierung tatsächlich gefällt wird, dann muss sie auch gesetzlich umgesetzt werden, um den Regionalräten die Möglichkeit zu geben, ihre Regionalplanung entsprechend umzugestalten.

Und ich sage auch: Die Rohstoffe müssen künstlich verknappt werden. Deshalb hat meine Fraktion auch in Kenntnis der Ergebnisse der Großen Anfrage beschlossen – wie das im Übrigen vom Niederrhein gefordert worden ist, wie das in anderen Bundesländern üblich ist –, eine Kiesabgabe einzuführen.