7 Keine Verlängerung der Nachtflugregelung am Flughafen Köln/Bonn ohne vorherige epidemiologische Fall-Kontroll-Studie
Ich eröffne die Aussprache und gebe Herrn Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön, Herr Becker.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe, damit Herr Kollege Becker auch die Aufmerksamkeit des Hauses hat. Ich bitte alle, die nicht zuhören möchten, den Saal zu verlassen.
Meine Damen und Herren, es geht weiter. Wenn Sie sich bitte konzentrieren würden! – Herr Becker, Sie haben das Wort.
Meine Damen und Herren, mit der nötigen Aufmerksamkeit setzen wir die Beratungen fort. – Sie haben das Wort, Herr Becker. Fangen Sie bitte an.
Erstens. Es geht um die Grundlage der Entscheidung, von der der Minister sagt, es ist alleine seine Entscheidung, nämlich die Fragestellung, wie am Flughafen Köln/Bonn Nachtflug weitergeführt wird, und zwar nicht etwa schon übermorgen, überübermorgen oder nächstes Jahr, sondern ab dem Jahr 2015 bis zum Jahr 2030.
es ginge alleine um eine Entscheidung über den Antrag des Flughafens, mit dem dieser bitte, die Betriebsgenehmigung um 15 Jahre zu verlängern. Der Minister versucht das auch deswegen zu suggerieren, weil er sich an der Problematik vorbeimogeln will, dass dieser Landtag ein Nachtflugverbot für Passagiermaschinen gefordert hat.
Herr Wittke hat im Verkehrsausschuss in der letzten Sitzung ausgeführt, er wolle alleine über die Frage der Verlängerung der Befristung, also statt bis 2015 bis 2030, entscheiden. Das heißt im Umkehrschluss unmittelbar: Er denkt nicht daran, das einzuführen, was man juristisch einen Teilwiderruf nennt, also die Betriebsgenehmigung weiter einzuschränken, wie es der Landtag für baldmöglichst gefordert hat. Das ist auch ein wesentlicher Punkt für die Öffentlichkeit, die wissen muss, dass der Minister selbst für die Jahre ab 2015 von dem abrückt, was der Landtag gefordert hat.
Zweitens. Es geht darum, dass dieser Landtag ausweislich des Verfahrens, das der Minister wählt, nicht die Gelegenheit erhalten soll, die RotGrün 1997 dem Landtag gegeben hat, nämlich mitzureden. Das muss der Minister nicht tun; das ist richtig. Aber das sollte er, wenn er intelligent wäre; das wäre auch richtig. Der Minister will jedoch alleine entscheiden.
Minister Wittke – es ist bedauerlich, dass Minister Laumann als Gesundheitsminister der Debatte nicht folgt – plant offensichtlich eine Genehmigungsverlängerung bis zum Jahr 2030, obwohl es eine epidemiologische Studie der Ärzteinitiative gibt. Diese Studie, die vom Umweltbundesamt – UBA – mitfinanziert wurde und dort bis heute als eigene Studie geführt und in ihren Ergebnissen unterstützt wird, hat eine wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigung dargelegt. Das ist für uns ein hinreichender Anfangsverdacht.
Wenn Herr Minister Wittke diese Studie im Gegensatz zum UBA nicht anerkennt, wäre das Anlass genug zu sagen: Wir sind selber aufgefordert, eine ergänzende Fall-Kontroll-Studie, epidemiologische Studie durchzuführen
und nicht einfach geradezu im Blindflug eine solche Genehmigung bis 2030 auszusprechen. Dieser Standpunkt ist nicht etwa exotisch, sondern er ist zum einen logisch. Zum anderen folgt diesem Standpunkt eine Reihe von Gebietskörperschaften, Kommunen, Kreise, aber in seiner Substanz auch die Fluglärmkommission. Alle fordern, dann, wenn das, was andere erforscht und nachgewiesen haben, von der Landesregierung nicht aner
Vor diesem Hintergrund ist es geradezu fahrlässig, wenn geplant ist, eine solche Verlängerung bis zum Jahr 2030 auszusprechen, ohne diese Erkenntnisse zu würdigen und ohne den angekündigten und immer wieder behaupteten Schritt eines nächtlichen Passagierflugverbots zu tun.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie im Interesse der Bevölkerung, im Interesse vieler Kommunen, übrigens auch mancher CDU-Bürgermeister, des Vorsitzenden der Fluglärmkommission – auch ein CDU-Mitglied; Herr Stich kommt aus Siegburg – herzlich, unserer Forderung nachzukommen. Wir befinden uns damit auf einer Linie mit den Kommunen. Wir würden uns freuen, wenn Sie wenigstens diesen Schritt machen würden, statt eine Verlängerung bis 2030 mit geradezu einer Ewigkeitsgarantie auszusprechen, die Sie weder fachlich-sachlich sauber begründen noch im Wege der Abwägung ordentlich belegen können. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verträge sind einzuhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das gilt auch hier und heute noch. Das gilt für alle Fraktionen jeglicher Couleur, also auch für Bündnis 90/Die Grünen. Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass es zurzeit keine rechtliche Grundlage gibt, die es uns ermöglicht, in die bestehende Betriebsgenehmigung des Flughafens Köln/Bonn einzugreifen. Gleichzeitig betone ich ausdrücklich, dass wir großes Verständnis für die Menschen haben, die unter den Belastungen des Fluglärms am Flughafen Köln/Bonn leiden.
Wer aber wie Sie, Herr Becker, unrealistische Forderungen stellt, der streut den Menschen Sand in die Augen, und das dient in keiner Weise der Sache. Gerade deshalb sichere ich Ihnen und auch den Menschen in der Region am Flughafen Köln/Bonn heute zum wiederholten Male zu, dass wir die zukünftige Entwicklung des Betriebs am Flughafen Köln/Bonn mit Blick auf eine nächtliche Kernruhezeit bei Passagierflugzeugen aufmerksam verfolgen werden, und zwar ohne, dass Sie es immer wieder auf die Tagesordnung des Plenums setzen. Denn, Herr Becker, wir sind nicht bereit, mit Ihnen bei jeder Gelegenheit, ob im Verkehrsausschuss oder hier im Plenum, über unab
änderliche Voraussetzungen zu debattieren. Seit dem 16. August beschäftigen wir uns bereits zum fünften Mal mit diesem Thema. Damit tun wir den Menschen in der Region keinen Gefallen und helfen ihnen auch nicht weiter.
Deshalb sage ich Ihnen ganz deutlich: Wir werden auch heute Ihren Antrag ablehnen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 19. September hat der Landtag mit der Mehrheit von CDU und FDP den Antrag der Grünen – unterstützt von der SPD – nicht beschlossen, sondern ihn abgelehnt. Er hat abgelehnt, vor einer vom Flughafen beantragten Verlängerung der gültigen Betriebserlaubnis, die insbesondere den arbeitsplatzintensiven Nachtfrachtflug beinhaltet, den Landtag zu beteiligen.
Wenn nun CDU und FDP nicht bereit sind, vor einer solchen Verlängerung durch das zuständige Ministerium den Landtag zu beteiligen, warum sollte dieselbe Mehrheit, bloß weil es erneut beantragt wird, heute tun, was Sie beantragt haben, Herr Kollege Becker?
Sicherlich gehört das Bohren dicker Bretter zum politischen Geschäft. Das ist ganz klar. Aber man darf die dazu erforderliche Bohrmaschine nicht mit einer Gebetsmühle verwechseln, durch die man im Monatsturnus immer wieder das gleiche Anliegen mit kleineren oder größeren Nuancen zur Abstimmung stellt.
Die SPD-Landtagsfraktion spricht sich ganz klar für zwei Ziele aus, die keine Rangfolge haben, sondern die sich im Gegenteil einander bedingen.
Das eine ist eine ganz klare Lärmminderungsperspektive für die Anwohner des Flughafens Köln/Bonn. Das gilt im Übrigen auch für die anderen Flughäfen; aber heute reden wir über Köln/Bonn.
Zweitens. Wir sprechen uns für eine klare Standort-, Investitions- und Arbeitsplatzperspektive am Flughafen Köln/Bonn aus.
Dafür ist die Verlängerung der Nachtoffenheit des Flughafens dem Grunde nach unverzichtbar. Das hat ganz aktuell das von CDU und Grünen vor Ort geforderte und dann von Experten erstellte Gutachten über die Möglichkeiten der Umwandlung
von Nachtfrachtlogistik in Tagesfrachtlogistik belegt: Man kann das nur unter höchstgradiger Gefährdung von Arbeitsplätzen tun. Wenn Arbeitsplatzperspektive und Lärmperspektive einander bedingen, erfordern sie wechselseitige Akzeptanz: Eine längere Nachtoffenheit des Flughafens ohne Lärmminderungserfolge oder Lärmminderungsschritte auf Kosten von Arbeitsplätzen werden nicht akzeptiert werden.
Deswegen halten wir es für falsch, Lärmminderung vorrangig durch eine Verbotsdiskussion zu erreichen.
Wir streben stattdessen den Weg der Technik- und Logistikoptimierung sowie der finanziellen Anreize und der optimierten Schalldämmung, mithin einen kreativen und auf Innovation angelegten und keinen auf Restriktion und Verweigerung ausgerichteten Weg an. Das werden wir bei der Luftverkehrskonzeption ab 2010 ansprechen, die demnächst eingebracht und im Landtag sicherlich breit diskutiert werden wird.
Ich begrüße, dass auch die Wirtschaftsministerin anwesend ist. – An dieser Stelle würde ich gern eine klare Stellungnahme der Mehrheitsfraktion zu den permanenten gegenteiligen Äußerungen der CDU vor Ort hören.
Denn es kann nicht angehen, dass die CDU hier die Arbeitsplätze in den Vordergrund stellt und dass der Ministerpräsident, der leider nicht mehr im Plenarsaal ist, publikums- und medienwirksam die Frachthalle von UPS auf dem Flughafen Köln/Bonn einweiht, in der überwiegend Nachtfrachtlogistik betrieben wird, während die CDU vor Ort, deren Kreisvorsitzender im Übrigen der neue Minister Krautscheid ist, genau das Gegenteil fordert und durch eine gegenteilige Politik vor Ort Wahlkampf betreibt.
Das ist eine perfide Doppelstrategie, der Sie durch ein klares Wort an diesem Rednerpult in dieser Debatte den Boden entziehen sollten, damit ganz klar ist, dass die CDU nicht hier das eine fordert und dort das Gegenteil macht.