Wir werden deshalb den weiteren Prozess genau beobachten, ob und wie diese Vorgaben eingehalten werden. Die Aussagen von Minister Pinkwart zur Finanzierung lassen allerdings diese Solidität vermissen. Deshalb kann ich in der Finanzbewertung nur das wiederholen, was Kollege Prof. Bovermann ausgeführt hat: Die Landesregierung hat in einem Fünfjahresplan angekündigt, jedes Jahr 20 Millionen € mehr für die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung auszugeben. Das ist objektiv falsch, meinen Damen und Herren. Durch das Streichen eines Jahres beim Referendariat spart sie nämlich genau diese Summe ein.
Hinzu kommen die eingesparten Kosten und Stellen für Seminar- und Fachleiter. Rechnen Sie das hoch, dann werden Sie sehen, dass das mehr als diese angekündigten 100 Millionen € sein werden, die dem System Bildung verloren gehen.
Zu kritisieren ist gar nicht das Verschieben von finanziellen Ressourcen aus dem Schuletat in den Hochschuletat. Anzuprangern ist aber, dass die Landesregierung vorsätzlich die ganze Wahrheit verschweigt. Es geht eben nicht um zusätzliche Investitionen in Bildung. Oder, Frau Ministerin Sommer, versucht Herr Pinkwart, Sie gar in der Angelegenheit dieses Transfergeschäftes zu täuschen?
Es muss Ihnen bewusst sein, dass die angedachte Reform nur dann wirklich langfristig erfolgreich sein kann, wenn die dazu notwendigen Ressourcen und Kapazitäten realistisch bemessen werden und auch konsequent in der Höhe bereitgestellt werden, die benötigt wird. Wer auf die uns allen bekannten Ergebnisse der OECD-Studien der letzten Jahre adäquat reagieren will, der muss die Schulen und Hochschulen bei der Wahrnehmung der Lehramtsausbildung auch finanziell angemessen fördern.
Ein großes Problem für die Hochschulen wird in jedem Fall die zusätzliche Belastung sein, die sich aus der Standortkonzentration, wie sie für das Lehramt Berufskolleg und Grundschule angedacht ist, ergibt. Hier sind die vergangenen Schließungen der Standorte Bonn und Düsseldorf sowie Reduktionen anderenorts mahnendes Beispiel. Bei Standortkonzentrationen sind die sich dann ergebenden Kapazitätsprobleme zwingend vorher zu lösen. Es fragt sich allerdings, ob und wie das
unter den Bedingungen des sogenannten Hochschulfreiheitsgesetzes noch möglich ist. Meine Damen und Herren, das gilt im Übrigen für viele Detailpunkte, die hier zu regeln sind.
In Anbetracht der Zeit möchte ich nur auf einen Bereich genauer eingehen, nämlich den der Zentren für Lehrerbildung. Hier der Forderung der Baumert-Kommission zu folgen, ist sinnvoll. Aber es entsteht auch hier eine dem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz widersprechende Strukturproblematik. Die einzurichtenden Zentren müssen Einrichtungen sein, die zwischen den ausbildenden Fakultäten eine Klammerfunktion ausüben. Es wäre widersinnig, innerhalb der Hochschulen das Konzept der Pädagogischen Hochschule zu reanimieren. Das wäre nach unserer Sicht der falsche Weg.
So richtig die Forderung im Grundsatz bleibt, so unmöglich ist ihre erfolgreiche Einlösung, wenn dem damit verbundenen erhöhten Arbeits- und Beratungsaufwand nicht durch eine ausreichende Finanzierung Rechnung getragen würde. Wenn den Hochschulen nicht die dazu nötigen Mittel gegeben werden, dann haben wir es hier nur mit Schaufenstern zu tun, deren Wirkung in der Praxis nicht eintreten wird.
Zu begrüßen ist die Forderung nach einer Professionalisierung der Betreuung und Institutionalisierung der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung an den Universitäten. Abzulehnen ist aber eine „Quasi-Fakultät“. Eine zentrale wissenschaftliche, auch organisatorische Einrichtung der Lehrerbildung mit beratendem Charakter für die Hochschule und als Entscheidungs- und Beratungsplattform der lehrerbildenden Fakultäten wäre hier besser. Realisierbar wäre dies in einem von einem interfakultären wissenschaftlichen Beirat geleiteten Lehrerbildungszentrum als Ort eines kompakten, wissenschaftlich und konzeptionell begleiteten, gezielt lehramtsbezogenen Lehr- und Weiterbildungsangebots.
Meine Damen und Herren, ein solches Lehrerbildungszentrum könnte im Rahmen der grundständigen Lehramtsausbildung wie in Weiterbildungsangeboten neben allgemeinen und pädagogischen Fragestellungen auch Aspekte des Schulrechts, medizinische Aspekte zur Entwicklung des Körpers und seiner Funktionen in Kindheit und Jugend, neurologische Grundlagen bestimmter Lernstörungen, spezielle Fragen der frühen Kindheit sowie Einblicke in sonderpädagogische Zusatzausbildungen geben und zu einer Art Stan
dardbegleitprogramm curricular entwickelt werden und selbst Anlass und Begleitung zu wissenschaftlichen Projekten sein.
Meine Damen und Herren, dies ist nur ein Feld, wo wir als diejenigen, die für den Bereich Wissenschaft und Forschung zuständig sind, großen Handlungsbedarf sehen und besonders vor dem Hintergrund des Hochschulfreiheitsgesetzes die Handlungsmöglichkeiten der Landesregierung als sehr eingeschränkt erachten. Das ist ein ganz gewichtiger Punkt.
Sprache ist ja verräterisch, Herr Minister Pinkwart. Sie sagen immer: „Wir werden das machen.“ Wer ist eigentlich „wir“? – Sie können das gar nicht mehr machen: Sie sind die Regierung. Die Hochschulen müssen das machen, und diese werden Sie motivieren müssen. Das geht insbesondere durch die Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen. Die ersten Vorlagen hierzu weisen in eine andere Richtung.
Wir werden den Prozess begleiten. Für uns sind die Punkte klar, an denen wir dann den Gesetzentwurf, den wir zu erwarten haben, messen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für meinen Geschmack gab es in der Debatte bisher zwei wirklich zutreffende Beiträge: vom Kollegen Recker, wie immer präzise und zutreffend, und von Frau Ministerin Sommer, wie immer präzise, zutreffend und zudem noch charmant – das wollte ich schon immer einmal sagen.
Wollen Sie das bestreiten? Sie wollen „charmant“ bestreiten? – Mir würde es fehlen, wenn sie nicht reden würde.
Meine Damen und Herren, die Eckpunkte für eine grundlegend neue Lehrerausbildung sind ein erneuter Beweis für den strikten Reformkurs der Landesregierung und der sie tragenden schwarzgelben Koalition.
Nach der Neuausrichtung der Schul- und Hochschulpolitik folgt auch in der Lehrerausbildung ein Wechsel des Systems. Auch hier halten wir, was wir vor der Wahl versprochen haben. Dazu gehört
Das Presseecho – das wurde eben von verschiedener Seite angesprochen – ist nahezu einhellig positiv. Der Philologenverband wird auch noch die Kurve kriegen; da sind wir ganz sicher. Und die Opposition, allen voran die SPD, aber auch die Grünen, liest gerade mal im Kaffeesatz herum – mehr bleibt für sie wohl nicht zu tun.
Meine Damen und Herren, das Ziel ist eindeutig und klar: Die Lehrerausbildung in NRW wird professioneller, profilierter und praxisnäher. Besonders begrüßenswert: Die verschiedenen Schulformen werden in ihrer Wertschätzung gleichgestellt. Das gilt besonders für die Grundschulen und Hauptschulen. Es gibt ein eigenes Grundschullehrerlehramt, was man sich schon immer vorgestellt hat, was aber in Ihrer Zeit einfach unmöglich war. Die Regelstudienzeit für alle Studierenden ist gleich lang. Aber kein Missverständnis – ich unterstreiche das von Frau Ministerin Sommer eben Vorgetragene –: Es gibt ebenso wenig eine Einheitsschule wie einen Einheitslehrer, um das noch einmal ganz deutlich zu sagen.
Es gilt eine differenzierte Lehrerausbildung für ein differenziertes Schulsystem mit unterschiedlicher Gewichtung zwischen fachwissenschaftlicher und pädagogischer Ausbildung. Der Kernpunkt – Sie wissen das – ist eine deutliche Stärkung und Aufwertung der Lehrerausbildung in den Hochschulen. Da gibt es drei Eckpunkte – in aller Kürze –:
Erstens. Der staatliche Regelungsrahmen wird auf das notwendige und sinnvolle Maß reduziert. Wir ersetzen daher das erste Staatsexamen durch den Master. Das Land legt zwar fest, was Lehrerinnen und Lehrer mit bestandenem Examen können müssen, das Land regelt aber nicht mehr die Studieninhalte im Detail, um dieses Ziel zu erreichen.
Zweitens. Die Lehrerausbildung in Hochschulen wird insgesamt aufgewertet, indem selbstständige Zentren für Lehrerausbildung im Range von Fakultäten eingerichtet werden. Künftig haben diese Zentren auch die inhaltliche Verantwortung für die Lehramtsstudiengänge. Bisher mangelte es ja in der Lehrerausbildung an einer starken eigenständigen Position innerhalb der Hochschulen.
Drittens. Die Fachdidaktiken und die empirische Bildungsforschung werden deutlich gestärkt. Angehende Lehrer sollen an der Hochschule – das ist doch wirklich endlich einmal erstrebenswert –
Das Studium wird deshalb künftig mehr darauf ausgerichtet, dass ein angehender Lehrer nicht nur die wissenschaftlichen Grundlagen seines Faches beherrscht, sondern auch lernt, Unterrichtsinhalte bestmöglich zu vermitteln. Dafür werden vermehrt fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Inhalte Teil des Studiums.
Meine Damen und Herren, ich will es für heute dabei belassen. Wir haben noch einiges an Beratungsstrecke vor uns. Ich bin sicher, wir werden die Eckpunkte umsetzen. Wir freuen uns, dass die Landesregierung diese Eckpunkte vorgelegt hat, beide Ministerien im Gleichklang mit den Koalitionsfraktionen. Hier ist ein Grundstein für ein neues Lehrerausbildungsgesetz gelegt. Dieser Grundstein ist solide und tragfähig. Darauf kann man aufbauen. Wir fordern alle auf, dabei mitzumachen. – Herzlichen Dank.
beendet mit der Reform der Lehrerausbildung endlich das rot-grüne Einsortieren von Lehrern in verschiedene Statuskategorien. Lehrämter werden unter Schwarz-Gelb gleichwertig. Für alle gelten sechs Semester Bachelor- und vier Semester Masterstudium. Ein eigenständiges Grundschullehramt bedeutet die Aufwertung der Primarpädagogik, damit auch die Chance besteht, hierfür verstärkt männliche Bewerber zu gewinnen. Gegenwärtig sind weniger als 6 % der unter 35-jährigen Grundschullehrer männlich.
(Hannelore Kraft [SPD]: Das hat nichts mit der Ausbildungsdauer zu tun, sondern mit der Besoldung, Herr Kollege!)
Völlig klar ist: Für uns als Koalition der Erneuerung gibt es zukünftig in der Wertigkeit der Lehrämter keinen Statusunterschied mehr, sondern eine Differenzierung nach Fachlichkeit. Insofern ist selbstverständlich diese Entscheidung für dieses Modell der Lehrerausbildungsreform auch ein klares Bekenntnis zum gegliederten Schulwesen.
Wir legen auch zukünftig und auf Dauer bewusst die Fachlichkeit in unterschiedlichen Bildungsgängen an.
Das ist eine zwingende Logik. Wenn man sich für ein differenziertes System entscheidet, wenn man anerkennt, dass Menschen unterschiedlich sind, dass Bildungsgänge unterschiedlich sind und mit unterschiedlichen Profilen verbunden sind und dass der Unterricht in der Grundschule ganz andere Anforderungen und Fragestellungen bedeutet als im Berufskolleg, dann muss man das auch in der Lehrerausbildung abbilden. Insofern gibt es keine Statusunterschiede mehr, sondern ein klares Bekenntnis zur Fachlichkeit im gegliederten Schulwesen. Das gilt für die Fachlichkeit der Personalvertretung und auch für unser heutiges Bekenntnis für die Lehrerausbildung. Das ist ganz entscheidend.
Selbstverständlich wird sich damit ein Prozess ergeben, bei dem zukünftig auch über Besoldungsfragen zu reden sein wird. Wir werden wahrscheinlich perspektivisch, sobald die Neuerungen greifen, viel eher bei der Differenzierung von Aufstiegsperspektiven und Besoldung auf Kriterien wie die erbrachte Leistung abstellen und nicht so sehr auf den Status eines speziellen Lehramts. Das halte ich ausdrücklich für richtig.
Wir haben selbstverständlich von den Fachleuten in diesem Land sehr viel Lob bekommen. Es gibt wenige Fragen im ja doch umstrittenen Bildungsbereich, die so einheitlich von einer Vielzahl von Verbänden und Experten bewertet werden wie die Innovationen, die wir bei der Lehrerausbildungsreform auf den Weg bringen. Wenn Verbände in diesem Land, die nicht im Verdacht stehen, a priori und automatisch alles richtig zu finden und alles zu begrüßen, was die Landesregierung auf den Weg bringt, sagen, das ist eine mustergültige Messlatte mit bundesweitem Vorbildcharakter, an der sich andere Bundesländer orientieren müssen, dann freut uns das außerordentlich.
Die Kritik der Opposition, auch der Wissenschaftspolitiker der Opposition, teilen wir nicht. Das ist ausdrücklich – auch bei all den Bedenken, die Herr Schultheis in seiner Presseerklärung vorgebracht hat – eine Frage, die wir über das Hochschulfreiheitsgesetz regeln.