Nun kann man sagen, dass das für sich genommen noch nicht so schlimm wäre, testete er nicht gleichzeitig die Grenzen der Belastung unserer Sicherheitsbehörden und unserer Verfassung permanent aus. Und das zeigt sich in der Debatte längst: Der Innenminister hat nicht nur die Balance verloren zwischen Sicherheit und Freiheit, er baut beides unbeirrt ab. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gefährdet er durch Kürzungen im Innenhaushalt 2006 und 2007 und durch praxisferne und die Polizeiarbeit behindernde Organisationsreformen. Die Freiheitsrechte der Bürger baut er ab durch ein Verfassungsschutzgesetz, in dem der Große Lauschangriff weiterhin vorgesehen ist und in dem die Online-Durchsuchung so geregelt ist, dass sie sämtlichen liberalen und freiheitlichen Maßstäben widerspricht.
Wenn Sie sich die Verfassungsbeschwerde von Gerhart Baum einmal angesehen haben, werden Sie festgestellt haben, dass allein gegen die Online-Durchsuchung eine Vielzahl von Bedenken geltend gemacht wird. Danach verletzt das vom FDP-Innenminister zu verantwortende Verfassungsschutzgesetz das Zitiergebot, das Gebot der Normenklarheit, die Menschenwürde und den Kernbereich privater Lebensgestaltung und die Unverletzlichkeit der Wohnung,
Was wir gerne erfahren würden, Herr Minister, ist: Wie stellen Sie sich zu der Kritik? Wie stellen Sie sich zu dieser Verfassungsbeschwerde? Denn wir wollen schon gerne wissen, welche Politik hier eigentlich vertreten wird. Gilt das, was in der Verfassungsbeschwerde steht und von dem früheren FDP-Bundesinnenminister Baum vorgebracht wurde und wird? Gilt das, was der FDP-Innenminister in Nordrhein-Westfalen sagt? Oder gilt
Wo ich den Kollegen Papke jetzt gerade so amüsiert hier sehe – jetzt wissen wir eigentlich auch alle, was Herr Papke meinte, als ihn die „Westfälische Rundschau“ vom 23. April mit den Worten zitierte:
und das auch noch so sehr, dass der Kollege Biesenbach und die CDU Sie schützen müssen. Das ist schon interessant.
Wir sind uns alle darin einig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Innenminister keine gute Figur macht und politisch in seinem Amt überfordert ist.
Bezeichnenderweise besitzen die Koalitionsfraktionen nicht einmal mehr die Kraft, sich auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu verständigen. Damit signalisieren sie uns und der nordrhein-westfälischen Öffentlichkeit: Dieser Kraftaufwand lohnt sich für diesen Innenminister offensichtlich nicht mehr.
Ja, es geht noch darüber hinaus. Das signalisiert zweitens: Sie finden in der nordrheinwestfälischen Innenpolitik inzwischen zu keiner gemeinsamen Linie mehr. Das nennt man – das habe ich noch gut im Ohr – Streitkoalition, eine Streitkoalition, die Innenpolitik wie aus der Apostelgeschichte betreibt. Sie redeten über dieses und jenes und wussten nicht mehr, warum sie zusammengekommen waren. Das ist Ihre Innenpolitik in und für Nordrhein-Westfalen.
Was können wir nun gemeinsam tun, damit die nordrhein-westfälische Innenpolitik zu einer soliden, berechenbaren und verfassungsfesten Linie zurückkehrt?
Erstens. Wir raten Ihnen dringend, das Gesetz zurückzunehmen und einen neuen, die Parteigrenzen überwindenden Anlauf zu nehmen. Ich sage Ihnen: Es würde sonst für Sie noch peinlicher kommen, wenn Sie Ihr Karlsruher Urteil erhalten
Zweitens. Ich rate Ihnen, die Sicherheitsbehörden in ihrer praktischen Arbeit zu stärken. Deswegen: Stoppen Sie den Personalabbau bei der Polizei! Nehmen Sie die globalen jährlichen Haushaltskürzungen in diesem Bereich zurück! Investieren Sie stattdessen 3 % mehr in die Sicherheit unseres Landes!
Der dritte Rat: Da will ich gerne Schiedsrichter sein bei dem Streit, wer eigentlich das größere Sicherheitsrisiko im Kabinett sei. Die einen sagen, das einzige Sicherheitsrisiko sei die Justizministerin. Die anderen sagen, nein, das stimme nicht, das größte Sicherheitsrisiko im Kabinett sei der Innenminister.
Ich glaube, es sind zwei, es sind beide. Mein Vorschlag zur Güte ist: Lassen Sie uns beide benennen. Dann liegen wir auf jeden Fall alle gemeinsam richtig. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen gewährleistet die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit.
Es gewährleistet die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit für die Menschen in unserem Land.
Daran werden auch die uns heute hier vorliegenden Anträge von den Grünen und von der SPD nichts ändern. Interessanterweise machen sich die Grünen ja noch nicht einmal mehr die Mühe, sich eigene Anträge zu überlegen oder sich in irgendeiner Weise halbwegs intelligent inhaltlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das kann man zumindest für den Antrag der SPD nicht behaupten, da sich die SPD inhaltlich mit dem Gesetz
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich nenne gleich zu Beginn die Befugnis zu offensiven Maßnahmen im Internet. Beobachtung ist notwendig und verhältnismäßig. Internationale terroristische Netzwerke und auch inländische Extremisten nutzen das Internet als Propagandamittel und Aktionsforum zur Kommunikation, für logistische Zwecke und zur Anschlagsplanung. Deshalb muss der Staat auf der Basis eines Gesetzes und ausschließlich auf der Basis eines Gesetzes die Befugnis haben, da hineinzuschauen.
Die Befugnis, in Kommunikationssysteme einzudringen, gibt es bereits in § 5 Abs. 2 Nr. 11 Verfassungsschutzgesetz NRW. Sie wurde lediglich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für das Internet konkretisiert.
Wir brauchen eine Anpassung an den technischen Fortschritt im Kommunikationsbereich. Nicht jede Maßnahme stellt einen schweren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar, wie zum Beispiel das Lesen offener Internetseiten oder die Teilnahme an einem offenen Chat. Sind mit der Maßnahme besonders schwere Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht verbunden, so sind diese nur unter den Voraussetzungen des G-10-Gesetzes möglich. Ich erinnere daran: Verdacht einer schwerwiegenden Straftat, Genehmigung durch die G10-Kommission.
Das macht auch an dieser Stelle wieder deutlich, dass die Balance zwischen Eingriff und Kontrollrechten ausgeglichen ist. Wir haben uns ganz bewusst nicht für den Richtervorbehalt entschieden; das sage ich auch für die Damen und Herren der Medien. Wir haben einen G-10-Vorbehalt. Da die G-10-Kommission vom Landtag eingesetzt wird, kann man beinahe sagen, dass wir einen indirekten Vorbehalt durch das Parlament haben.
Uns ist gleichwohl bewusst, dass es einen rechtlichen Streit über die Zulässigkeit solcher Maßnahmen gibt. Das ist völlig klar. Letztlich wird das in Karlsruhe entschieden. Wir wissen alle, dass man vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand ist.
Keinen Streit sollte es aber über die Tatsache geben, dass alle Sicherheitsbehörden generell nur aufgrund von Gesetzen tätig werden dürfen, insbesondere natürlich bei Grundrechtseingriffen. Das unterscheidet uns eben in ganz entscheiden
der Weise von den Verhältnissen, die zum Beispiel im Bund herrschen. Dort haben SPD- und CDU-Innenminister, also die Verfassungsminister, einfach so dem Bundesamt für Verfassungsschutz quasi per Erlass erlaubt, Online-Durchsuchungen durchzuführen.
Das geschah ohne gesetzliche Grundlage und nur auf Anordnung des Innenministers, der sich inzwischen selbst erwischt hat; so habe ich es auch in einer Pressemitteilung versucht zu formulieren. Erst kommt die Maßnahme, dann gibt es die Diskussion, und jetzt erklärt er: Ich lasse das alles einmal rechtlich überprüfen. – Dieses Verhalten halten wir natürlich für inakzeptabel und für rechtsstaatlich nicht vertretbar.
Alles in allem stehen wir nach wie vor zum Verfassungsschutzgesetz. Wir werden es auch nicht ändern und sehen der Metamorphose der Grünen und der SPD vom Saulus der Bürgerrechte zum Paulus gelassen zu, wobei die SPD auch noch auf Bundesebene an weiteren Einschränkungen der bürgerlichen Freiheit mitarbeitet.
Das heißt aber nicht, dass wir uns bei der gesetzlich vorgeschriebenen Evaluation im Jahr 2009 nicht alle Befugnisse des Verfassungsschutzes genau anschauen werden und nicht nur die Erforderlichkeit und Geeignetheit jeder Maßnahme evaluieren. – Herzlichen Dank.
Danke schön, Herr Engel. – Für die Landesregierung spricht jetzt der Innenminister, Dr. Wolf. Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rabulistik ersetzt nicht innenpolitische Kenntnisse und Profil, Herr Rudolph. Wer bis vor Kurzem noch nicht einmal wusste, dass es eine G-10-Kommission gibt, und das auch auf der Pressekonferenz verkündet hat, ist natürlich kein satisfaktionsfähiger Partner. Das kann man schon einmal festhalten, meine Damen und Herren.
Ich glaube, es ist durch die Vorredner der Koalitionsfraktionen völlig klar geworden, dass wir eine sehr ausgewogene Entscheidung getroffen haben. Die SPD auf Bundesebene – damals übrigens auch noch in der Koalition mit den Grünen; das können Sie sich gleich mit an die Backe heften –