Herr Minister, wenn eben deutlich geworden ist, dass die Bundesebene eine Entscheidungsmöglichkeit an Sie einräumt, warum ziehen Sie diese Entscheidung derzeit nicht an sich?
Weil wir, Frau Abgeordnete Löhrmann, in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2007 wie auch in den Jahren vorher, als Sie noch in der politischen Verantwortung waren, ein geordnetes Verfahren haben, wonach für die Genehmigung der Frage der Sondermüllverbringung oder -verbrennung, gerade auch bei Importen, die jeweilige Bezirksregierung zuständig ist.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen in dieser konkreten Frage drei Bezirksregierungen, die die Zuständigkeit dafür haben. Die Bezirksregierung ist die Genehmigungsbehörde. Das ist bei der Mittelbehörde auch genau richtig aufgehoben; das ist nicht Aufgabe eines Ministeriums. Wir verfahren hier nach dem Baseler Abkommen, und wir verfahren jetzt im Jahre 2007 genauso wie vor 2005 nach Recht und Gesetz. Von daher gibt es überhaupt keine Notwendigkeit, an dem Verfahren etwas zu ändern.
Ich möchte aber noch einen weiteren Gesichtspunkt deutlich machen, der sonst möglicherweise zu kurz kommt. Ich bedauere, dass wir überhaupt darüber diskutieren müssen, dass Sondermüll aus Australien zu uns nach Nordrhein-Westfalen verbracht wird. Hier geht es schließlich um 18.000 km Seeweg. Das verunsichert auch die Menschen. Deswegen befürwortet die Landesregierung nicht, dass Mengen von Sondermüll aus Australien zu uns nach Nordrhein-Westfalen importiert werden. Aber trotzdem müssen wir nach Recht und Gesetz entscheiden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Letzte, was der Minister gesagt hat, kann ich nur unterstreichen. Das ist so. „Recht und Gesetz“ ist jetzt mehrfach erwähnt worden. Zur Klarheit meine Frage: Ist es richtig, dass die rechtliche Grundlage zur weltweiten Unterstützung bei der Beseitigung von Hexachlorbenzol aus der Biosphäre die von Rot-Grün 2003/2004 ratifizierte Stockholmer Konvention ist?
Ja, Herr Abgeordneter. Das deckt sich weitgehend mit der Frage, die Herr Abgeordneter Ellerbrock gestellt hat, und auch das habe ich mit Ja beantwortet.
Herr Präsident, die Chance will ich gerne nutzen. – Herr Minister, zur sachlichen Aufklärung möchte ich gerne eine Frage stellen: Wenn dieses Hexachlorbenzol jetzt
aus den Niederlanden, aus Deutschland oder aus Australien kommt, hat das unterschiedliche Emissionen? Ist das aus Australien gefährlicher? Sind das andere Frachten? Sind dafür irgendwelche anderen Filter nötig? Was hat das konkret für Auswirkungen?
Herr Abgeordneter, die Gefährlichkeit ist sicherlich gleich. Aber das Problem – und deswegen wird eine intensive Diskussion darüber geführt – ist, dass dieser Sondermüll über 18.000 km Entfernung über die Meere transportiert werden muss. Von daher sehe ich einen Unterschied zwischen dem Vorgang, Sondermüll aus Australien zu entsorgen, und der möglicherweise vorzunehmenden Entsorgung gleich gelagerten Sondermülls aus den Niederlanden.
Schönen Dank. – Der Minister hat eben aufgezählt, welche Felder des Ermessens sozusagen abgeprüft werden. Unter anderem hat er darauf aufmerksam gemacht, dass wir in Nordrhein-Westfalen keinen Sonderabfallwirtschaftsplan haben.
Würde es dem Ministerium bzw. den Behörden helfen, wenn zumindest bezogen auf diesen Teilaspekt des Importes aus Übersee – zumal aus Ländern, bei denen man davon ausgehen kann, dass eine eigene Giftmüllbehandlung möglich ist – ein solcher Plan in relativ kurzer Frist, beispielsweise beim nächsten Plenum, vom Landtag gemeinsam verabschiedet würde, um dann als Rechtsgrundlage Ihrer Entscheidung zu dienen?
Herr Abgeordneter, das hätte überhaupt keine Auswirkungen auf das Beantragungswesen, was diesen Sondermüll angeht.
gang bedauern. Kann ich daraus schließen, dass Sie nicht mit dem Abgeordneten Kress einer Meinung sind, der in einer Presseerklärung gesagt hat, es sei sinnvoll, den australischen Sondermüll in diesen modernen Verbrennungsanlagen zu entsorgen, weil wir diese leistungsfähigen Anlagen hätten? Stimmen Sie mir da zu?
Frau Abgeordnete, es gibt keine Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Abgeordneten Kress und der Landesregierung. Der Abgeordnete Kress hat darauf hingewiesen, dass es eine wichtige umweltpolitische Maßnahme ist, dass gefährlicher Sondermüll immer dorthin verbracht und entsorgt werden muss, wo die entsprechenden Anlagen sind. Ich denke, man sollte das nicht durcheinanderbringen. Das ist das Anliegen des Abgeordneten Kress, der ja gerade in umweltpolitischen Fragen besonders engagiert ist.
Die andere Frage, die sich stellt, ist, ob es sinnvoll ist, dass dieser Sondermüll über 18.000 km Entfernung transportiert wird. Das ist nach meiner Auffassung nicht sinnvoll. Aber wir können im Moment ja noch nicht den Beweis antreten, dass es eine entsprechende Sondermüllverbrennungsanlage in Australien gibt. Von daher ist der Prozess ja auch noch nicht abgeschlossen.
Jetzt hat die Fragestellerin, Frau Abgeordnete Schulze, Gelegenheit zu ihrer dritten und damit letzten Frage.
Herr Minister, das müssen Sie mir aber jetzt noch einmal erläutern. Sie sagen, Sie bedauerten den langen Transportweg. Und Sie sagen, die Entscheidung liege bei Ihnen, wenn es Entsorgungsmöglichkeiten vor Ort gäbe. Wenn es Entsorgungsmöglichkeiten vor Ort in Australien gibt – bei uns verdichten sich jedenfalls diese Hinweise –, die australische Regierung aber Bürgerproteste fürchtet und deshalb andere Wege wählt – jedenfalls gibt es solche Aussagen –, dann möchte ich von Ihnen gerne noch einmal wissen, welche Informationen Sie eigentlich noch brauchen, um die Genehmigung des Giftmülltransportes um den halben Globus zu untersagen.
Frau Abgeordnete Schulze, ich wiederhole mich gern. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass das Verfahren im Zusammenhang mit Australien noch nicht abgeschlossen ist. Ein ganz entscheidender Teil des Genehmigungsverfahrens
durch die Bezirksregierung ist es ja, dass die Regierung von Australien erklären muss, ob auf australischem Grund und Boden das Verbrennen dieses Sondermülls möglich ist. Die Antwort liegt zurzeit noch nicht vor. Deswegen können wir zurzeit eine solche Entscheidung noch nicht treffen.
Dann habe ich vom Kollegen Kress noch eine Wortmeldung. Es ist auch seine zweite und damit letzte Frage. Bitte schön, Herr Kress.
Herr Präsident! Auf die Anmerkung, die eben gemacht worden ist, will ich jetzt nicht mehr eingehen; ich danke aber dem Minister.
Wir haben ja den Abfallwirtschaftsbericht 2004 für Sonderabfälle bekommen, den wir uns alle sicherlich sehr kritisch angesehen haben. Ich habe auch im Fachausschuss daraus zitiert. Wir haben aber auch die Abfallbilanz 2005 bekommen mit einer rückblickenden Statistik von 1997 bis 2005.
Herr Minister, ist es richtig, dass die Abfallimporte von 1997 bis 2005 beachtlich sind, aber zum ersten Mal im Jahre 2005 eine erfreuliche Trendumkehr bei Importen zu verzeichnen ist?
Wir haben weitere drei Fragesteller. Zunächst hat Herr Kollege Gatter noch einmal Gelegenheit zu einer Frage.
Herr Minister, Sie korrespondieren mit der australischen Regierung. Der zweite Aspekt dabei ist auch, zu kontrollieren oder nachzufragen, ob es nicht auch andere Alternativen der Entsorgung gibt. Die kann ja nicht nur auf australischem Boden stattfinden, sondern es gibt ja, denke ich, noch einige andere hochindustrialisierte Staaten, die etwas näher an Australien liegen als die Bundesrepublik Deutschland. Das ist zum Beispiel Japan. Bei den USA weiß ich nicht genau, ob die Entfernung von Australien dorthin weniger als 18.000 km sind.
Wird es bei Ihrer Überprüfung auch eine Rolle spielen nachzufragen, ob es nicht auch andere Alternativen gibt, als auf deutschem Boden zu entsorgen?
Nein, das ist nicht Teil des Genehmigungsverfahrens, sondern hier geht es nur um die Angaben der australischen Regierung, ob eine Entsorgung auf australischem Grund und Boden nach den entsprechenden rechtlichen Vorgaben, die wir haben, möglich ist.
Herr Minister, Sie haben vorhin ausgeführt, dass Sie auch eigene Recherchen über Entsorgungsmöglichkeiten durchgeführt haben, die bestätigen, dass Entsorgungsmöglichkeiten vor Ort gegeben sind.
Wenn nun die australische Regierung mitteilt, dass sie keine Entsorgungsmöglichkeiten hat: Nach welcher Gewichtung Ihrer eigenen Recherche oder Darstellung würden Sie dann genehmigen oder ablehnen?
Herr Abgeordneter, ich habe eben nicht ausgeführt, dass es eine solche Entsorgungsmöglichkeit vor Ort gibt. Das ist Teil des Verfahrens, das zurzeit mit der australischen Regierung durchgeführt wird. Ich werde mich hüten, bevor dieses Verfahren abgeschlossen wird, irgendeine Stellungnahme dazu abzugeben.
Ich habe jetzt noch eine letzte Wortmeldung zu dieser Dringlichen Anfrage, nämlich vom Kollegen Kuschke von der SPD.
Herr Minister, genau an diesen letzten Satz, den Sie gerade formuliert haben, möchte ich anknüpfen. Der Sprechzettel von Staatssekretär Schink im zuständigen Ausschuss trägt die dicke Überschrift: „Kein Ermessungsspielraum bei Genehmigung von Sondermüllimporten aus Australien“.
Sie haben gerade mehrfach darauf hingewiesen, dass Sie bestimmte Dinge jetzt noch nicht abschließend bewerten können, weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Kann ich daraus entnehmen, dass diese Überschrift „Kein Ermessensspielraum …“ eigentlich so nicht hätte formuliert werden können?
Nein, Herr Abgeordneter, das können Sie nicht daraus entnehmen. Die Überschrift „Kein Ermessensspielraum …“ bezieht sich darauf, dass die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen nach den geltenden Gesetzen dieses Genehmigungsverfahren über die Bezirksregierung durchführt. Das heißt, wir führen es ganz klar nach Recht und Gesetz durch. Und im Rahmen dieses Prüfungsverfahrens gibt es keinen politischen Ermessensspielraum, der immer vonseiten der Landesregierung eingefordert wird, sondern nur im Rahmen der geltenden Gesetze. Von daher ist auch die Überschrift des Sprechzettels von Herrn Staatssekretär Schink, der dem Ausschuss zur Verfügung gestellt worden ist, genau richtig. Es ist also keine politische Prüfung.
Wir appellieren natürlich an die Länder, alles vor Ort zu untersuchen und zu prüfen, dass der Sondermüll dort entsprechend entsorgt und in den Kreislauf zurückgeführt wird, wo der Müll entsteht. Das ist Wille der Landesregierung.
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen – darin hätte ich dann auch sicherlich die Unterstützung der Wirtschaftsministerin – ist auch gerne bereit, dass Technologie aus Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit Abfallentsorgung in die gesamte Welt geliefert wird. Dieser Beitrag scheint mir viel sinnvoller zu sein, als Sondermüll über 18.000 km nach Nordrhein-Westfalen zu transportieren.
Ich danke Herrn Minister Uhlenberg für die Beantwortung. Meine Damen und Herren, damit ist die Dringliche Anfrage 110 erledigt.