Stephan Gatter
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Last Statements
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Rednerliste habe ich als zweiten Redner der CDU-Fraktion den Kollegen Hegemann gesehen. Von ihm hätte ich so eine Rede eigentlich erwartet.
Deswegen will ich mir ein paar Minuten aufbewahren, um dem Kollegen Hegemann genügend Paroli bieten zu können.
Ich möchte noch einmal zur Erinnerung deutlich sagen: Es handelte sich um einen beispiellosen Großeinsatz in drei Bundesländern. 250 Polizeibeamte und fünf Staatsanwälte waren beschäftigt. Es gab 45 Haus- und Firmendurchsuchungen, das Anbringen von Peilsendern, 2.000 abgehörte Telefonate, 2.500 abgefangene E-Mails, Sperrung von Firmen- und Privatkonten, 13 Beschuldigte, darunter renommierte Wissenschaftler, auch aus dem Raum Aachen, einen angeblichen Schaden von 4,3 Millionen € durch – man höre und staune – bandenmäßigen Betrug, Untreue und Korruption.
Das Ergebnis lautet: Fast alle Verfahren sind eingestellt worden. Zwei sind noch offen, betreffen aber nicht die anderen zwölf Beschuldigten. Der ehemalige Abteilungsleiter ist wirtschaftlich vernichtet, menschlich zerstört und hat eine völlig ungewisse berufliche Zukunft. Es gibt immense wirtschaftliche Schäden bei Instituten und unschuldigen Personen, die einfach nur hineingeraten sind.
Warum sind sie eigentlich hineingeraten? Jetzt wird es spannend: Es gab übereifrige Mitarbeiter im MUNLV, die zwar von der Kette gelassen – das beweise ich auch gleich –, aber weder kontrolliert noch eingefangen worden sind. Hier kann ich nur
dem Generalstaatsanwalt Düsseldorf zustimmen, der im Ausschuss gesagt hat – ich zitiere –:
Da kann es nicht schaden, dann ist es im Gegenteil hilfreich, wenn jemand von außen einmal draufblickt und sagt: Liebe Leute, das könnte man aber auch anders sehen.
Das meinte er zum Teil in Bezug auf seine eigene Staatsanwaltschaft Wuppertal.
Diese Aussage von Generalstaatsanwalt Steinforth gilt auch für das Ministerium und das LKA. Es gab LKA-Ermittler, über die die Vorgesetzten sagten, dass sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten, und deren kriminalistischen Arbeiten sie sehr kritisch gegenüberstanden. Es gab Oberstaatsanwälte in Wuppertal, die sich so in das Verfahren verbissen hatten, dass sie nach Meinung der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf einen Tunnelblick gehabt hätten, so ein Zitat des Generalstaatsanwalts Steinforth.
Er sagt weiter:
Und ich wähle jetzt meine Worte bewusst: Ich wäre nicht unglücklich gewesen, wenn der Dezernent der Staatsanwaltschaft Wuppertal im Rahmen seiner Sachleitungsbefugnis das Verfahren mitunter etwas enger, mit einer etwas kritischeren Distanz und vielleicht auch gelegentlich mit etwas mehr Sensibilität und Fingerspitzengefühl begleitet hätte.
Es wird noch besser.
Bezeichnend ist die Kritik des Kriminaldirektors Hermanns am Leiter der Ermittlungskommission. Den möchte ich wirklich wortwörtlich zitieren. Das steht im Bericht des Ausschusses auf Seite 84:
Ich finde einen Bericht vor, der nahezu ausschließlich oder überwiegend mit Zitaten der Zeugin Delpino gespickt ist. Hat Frau Delpino die Ermittlungen geführt? Ist sie die einzige Quelle der bisherigen Ermittlungsergebnisse? Oder ist diese Ausarbeitung lediglich als Anzeige (von Frau Delpino) zu verstehen? Warum wird die Rolle von Frau Delpino so unkritisch gesehen?
Weiterhin schreibt er:
Mit Verlaub, ich habe den Eindruck, die Vielzahl der Zitate sollen die eklatanten Mängel an sorgfältiger kriminalistischer Beweisführung und Argumentation überdecken.
Sorry, aber dieser Ermittlungsbericht ist einfach nur schlecht!
Unter Punkt 10 schreibt er:
Ich habe teilweise den Eindruck, bestimmte gewünschte Wahrnehmungen sollen durch tolldreiste Spekulationen erzwungen werden!
Warum machen wir nicht einfach zügig unsere Hausaufgaben???
Aber das geht noch deutlich weiter.
Mit dieser Einschätzung möchte ich auf den Verursacher des gesamten Verfahrens kommen, das MUNLV und die dortigen mit der Angelegenheit beschäftigten Mitarbeiter. Damit kommen wir zu den vielen Ungereimtheiten dieser Angelegenheiten, die wahrscheinlich nie endgültig aufgeklärt werden können.
Abteilungsleiter I, also der Leiter der Hauptabteilung, regt im Januar 2006 in Bezug auf Dr. Friedrich den Ministerialrat Dr. Günther – das ist der Mann für Recht und Ordnung in diesem Ministerium und der Justitiar – offiziell zum Sammeln an. Da schreibt die Hauptzeugin, Ministerialrätin Delpino, an den Staatssekretär Dr. Schink im Juni 2006 – das möchte ich auch gerne zitieren –:
Sehr geehrter Herr Dr. Schink, Nach Auskunft von Herrn Dr. Günther heute Nachmittag scheint ein strafrechtliches Verfahren gegen Herrn F.
also Dr. Friedrich –
momentan nicht eingeleitet werden zu können. Er „sammelt“ mit Frau Wender und Frau MeierMönnich allgemeine Verfehlungen. Eine abschließende Bewertung konnte er mir noch nicht mitteilen.
Jetzt gehe ich etwas weiter:
Hierzu dient ja auch das Gespräch mit Ihnen. Und zwar möchte ich Ihnen folgende Informationen geben: Beim AC-Verfahren gibt Herr Dr. F. die Interviewfragen und – antworten vorher weiter …
Und zwar an Frau Delpino, behauptet sie. Übrigens hat sich herausgestellt: Das war kein AssessmentCenter-Verfahren. Das war ein ganz normales Bewerbungsgespräch. Auf diesen Vorwurf hin, es wäre ein Assessment-Center-Verfahren, wird ein riesiger Popanz aufgebaut, bei dem es heißt, es wären Geheimnisse verraten worden, es wäre jemand bevorzugt worden.
Aber dazu komme ich gleich noch.
Es geht noch weiter: Ministerialrat Dr. Günther, der Mann für Recht und Ordnung – vor allen Dingen für Ordnung –, ermittelt in der Frage der Nebentätigkeit, obwohl er nach eigenem Bekunden überhaupt nicht zuständig gewesen ist. In Fragen der arbeitsrechtlichen Prüfung der Angelegenheit wird Herr Dr. Günther tätig, obwohl eine Referatsleiterin dafür zuständig gewesen wäre. Er macht es, sie darf es nicht.
Im weiteren Verfahren im MUNLV wird der Korruptionsbeauftragte völlig außen vor gelassen, obwohl Gerüchte weitergegeben werden, die vom LKA als Hinweis auf Korruption verstanden werden.
Es treffen sich Fronleichnam 2006 Dr. Günther und zwei weitere Ministerialräte. Zufälligerweise ist Frau Delpino auch im Haus. Es ist ein hoher katholischer Feiertag. Ich möchte Ihnen zu Ihren Mitarbeitern gratulieren, Herr Minister, die an Feiertagen so rege im Ministerium sind.
Und dann ist zufälligerweise auch noch die Hauptzeugin des LKA da und redet mit darüber, wie man gegen Dr. Friedrich vorgehen kann.
Das hat übrigens auch der Mann für Recht und Ordnung, Herr Dr. Günther, noch viel besser beschrieben. Dr. Günther hat das Verhalten von Ministerialrätin Delpino zu der Frage „Anfrage des Landesrechnungshofs“ – das und ihre Hilfe für Dr. Friedrich dabei hat da gerade eine Rolle gespielt – zu ihren Gunsten als das Handeln eines Agent Provocateur qualifiziert. Da sagt der Mann für Recht und Ordnung: Die Frau durfte das ruhig machen, im Grunde genommen hat sie als Agent Provocateur gehandelt. – Also hallo, wenn das in diesem Ministerium Recht und Ordnung ist, …
Kommt er mich jetzt direkt hauen, oder was macht er jetzt da?
Ist schon in Ordnung. Möchten Sie mitlesen? – Es wird noch besser:
Da bekommt Ministerialrätin Delpino durch das LKA Einsicht in Ermittlungsakten, die dem Rechtsbeistand von Dr. Friedrich nicht gegeben wurden. Das hat das Landgericht Wuppertal als rechtswidrig eingestuft.
Da bekommt der Staatssekretär Einsicht in seine Vernehmungsprotokolle beim LKA, bevor er vor dem PUA aussagt. Sehr ungewöhnlich, das hat sogar der Generalstaatsanwalt gesagt.
Da übermittelt Dr. Günther dem LKA Unterlagen, die gar nicht angefordert waren, und durchforstet persönlich 2.000 E-Mails im Ministerium.
Da informiert Dr. Günther das LKA unaufgefordert und unzuständigerweise über Gerüchte, die einen korruptiven Hintergrund beweisen sollen.
Da wird dem LKA von Dr. Günther unvollständiges und einseitiges Aktenmaterial zum arbeitsgerichtlichen Verfahren übermittelt. Obwohl vollständige Akten angefordert wurden, wurden die Entlastungsargumente nicht zugelassen.
Da gibt Ministerialrätin Delpino in der Frage der Finanzierung von MAPRO und der vorgeschriebenen Zweckbindung der Mittel der Abwasserabgabe – einem der Hauptpunkte der Ermittlungen – gutachterliche Stellungnahmen gegenüber dem LKA ab und wird für das LKA zur Hauptzeugin, ob
wohl sie später bei einer weiteren Vernehmung durch das LKA im Juni 2008 ihre bisherigen Aussagen einschränkt und bekundet, sie könne das nicht beurteilen, da sie keine Juristin sei.
Nebenbei bemerkt, die fachliche Beurteilung dieser Angelegenheit bezog das LKA aus Wikipedia und aus einem Gutachten einer noch nicht vollständig ausgebildeten Juristin, die zufälligerweise im LKA ihre Ausbildung vervollständigte.
All das sind die Grundlagen und die Ursachen dafür, dass am Schluss so ein Riesenaufwand betrieben worden ist. Es mag richtig sein, dass die Gerichte das auch so entschieden haben. Aber sind die Gerichte vom LKA und von der Staatsanwaltschaft eigentlich ordentlich informiert worden? Sind die Bedenken der Generalstaatsanwaltschaft und die Bedenken von Direktor Hermanns mit in die Ermittlungstätigkeit eingeflossen? – Ich glaube nicht.
Man muss einfach feststellen: Keiner hat die Mitarbeiter im MUNLV, ob als Einzelperson oder als Kommission Amtshilfe, mal gebremst. Keiner hat versucht, die handelnden Personen darauf hinzuweisen, dass sie sich eventuell rettungslos vergaloppieren. Keiner hat die Verhältnismäßigkeit geprüft. Keiner hat mal Verantwortung gezeigt. Keiner hat als Vorgesetzter so richtig Führung gezeigt. Keiner hat mal dafür gesorgt, dass das Disziplinarrecht angesetzt wird.
Aber auch im LKA wurden die Kritikpunkte an den Ermittlungen letztendlich nicht weiterverfolgt. Und bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal hat die Generalstaatsanwaltschaft erst sehr spät Führung gezeigt.
Aber eines ist deutlich: Verantwortlich in diesem Ministerium sind mindestens Abteilungsleiter, Staatssekretär, aber politisch auch der Minister.
Lassen Sie mich noch ein paar andere Punkte dazu nennen:
Nicht nur, dass in dieser Angelegenheit im MUNLV ziemliches Chaos herrschte: Man muss feststellen, dass der Staatssekretär dem Parlament objektiv die Unwahrheit gesagt hat. Kollege Kutschaty hat als Ausschussvorsitzender die beiden Beispiele genannt.
Auch die Tatsache, dass dem LKA schon am Tag der Festnahme von Dr. Friedrich bekannt war, dass Kollege Remmel abgehört worden ist, ist bemerkenswert. Der Leiter der Ermittlungsgruppe will davon aber erst am 13. Juni 2008 erfahren haben. Aber erst nach Presseberichten Mitte August wurden die Gespräche angehört und ausgewertet. Trotz Löschungsverfügung waren noch in den PUAAkten Hinweise, Protokolle und Listen vorhanden. Das ist schon heftig.
Ich fordere den Innenminister auf, mal nachzuschauen, ob die gesamten Möglichkeiten, die er
technisch hat, danach juristisch wieder normal behandelt werden können.
Kommen wir zum Schluss: Es geht auch um die Frage, wie das Parlament informiert worden ist. Ich muss gerade mal in meinen Unterlagen suchen.
In der Sitzung am 14. Januar 2009 hat die Justizministerin nicht erwähnt, dass neben der Einstellung nahezu aller der im Haftbefehl des Amtsgerichts Wuppertal vom 8. Mai 2008 aufgeführten Vorwürfe, Dr. Friedrich habe aus der Abwasserabgabe finanzierte Projekte beauftragt, die die Zweckbindung der Abwasserabgabe nicht erfüllten, und dem weiteren Vorwurf, Dr. Friedrich habe für die pflichtwidrige Auftragsvergabe von einem Beschuldigten einen Laptop angefordert und enthalten, auch die Ermittlungskomplexe „Ferienaufenthalt in Frankreich“, „unentgeltliche Zurverfügungstellung eines PKW Smart“ und „Erstellung eines Fachvortrags durch einen Auftragnehmer“ mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt werden sollten.
Ebenfalls nicht erwähnt hat die Justizministerin die beabsichtigte Verfahrenseinstellung in Bezug auf den Tatvorwurf eines Diebstahls/einer Unterschlagung einer im Eigentum des MUNLV stehenden Festplatte. Hierüber war das Justizministerium vom Generalstaatsanwalt zwar informiert, aber es wurde nicht angesprochen.
Im Ausschuss hat jemand gesagt, na gut, man hätte ja nachfragen können. – Ich denke, in der Situation, als das öffentlich so diskutiert worden ist, hätte die Justizministerin durch diese Aussagen viel Dampf aus dem Kessel nehmen können. Aber vielleicht war das gar nicht gewollt.
Eines ist dabei deutlich geworden: Der Minister und der Staatssekretär können sich nicht aus der Verantwortung freizeichnen, aus der Verantwortung für das Personal, aus der Verantwortung für die Mitarbeiter im MUNLV, aus der Verantwortung dafür, wie sie gehandelt haben.
Ich habe auf der Liste gesehen, die Landesregierung könnte reden. Ich weiß nicht, ob sie noch reden wird. Ich möchte Sie eigentlich dazu auffordern, und zwar aus zwei Gründen:
Ich würde von einem Minister, der nebenbei noch der stellvertretende Vorsitzende einer großen christlichen Partei in Nordrhein-Westfalen ist, wenigstens erwarten, dass er gegenüber den Beschuldigten aus Aachen, die da mit hineingeraten sind, sein Bedauern ausdrückt, dass sie in dieses Verfahren geraten sind.
Ich denke auch, dass eine Entschuldigung gegenüber Dr. Friedrich für die Art und Weise, wie das Ministerium Maßnahmen gesammelt hat
Sie können gleich dazu etwas sagen – richtig wäre. Er könnte mal sagen: Hallo, das war alles nicht in Ordnung. Da ist jemand befeuert worden; da ist jemand von der Kette gelassen worden. Das haben wir falsch eingeschätzt; das ist nicht in Ordnung gewesen.
Trotzdem sage ich, gegen Sie persönlich erhebe ich keinen Vorwurf, dass Sie irgendetwas versucht haben. Aber Sie haben die politische Verantwortung dafür. Deswegen sind Sie Minister. Wenn Sie ein guter Minister wären, würden Sie jetzt sagen: Okay, da ist etwas schiefgelaufen, das gebe ich gerne zu, und das werden wir in Zukunft anders machen. – Die restlichen Minuten hebe ich mir für den Kollegen Hegemann auf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht gebe ich dem Kollegen Hegemann in einem Punkt recht: Wir leben nicht in einer Bananenrepublik. Wir leben aber auch nicht in einer alttestamentarischen Stammesherrschaft unter Vorsitz des Racheengels Hegemann, wo die Maßgabe lautet: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Dort leben wir nicht. Ich halte es – höflich ausgedrückt – für eine ziemliche Unverschämtheit: Hier wird so gerechtfertigt, dass – nur weil Dr. Friedrich angeblich ein schlimmer Bube gewesen ist – alles, was danach passiert ist, rechtens gewesen ist.
Dabei spielt der Rechtsstaat keine Rolle, da spielt es keine Rolle, dass der Kollege Remmel nicht nur ein einfacher Grüner und ein einfacher Abgeordneter ist – er unterliegt genauso wie der Kollege Hegemann der Immunität.
Das ist auch in einer alttestamentarischen Racherepublik Ihrer Maßgabe nach zu berücksichtigen.
Deswegen fand ich auch die Bemerkung vom Kollegen Schmitz am Anfang relativ neben der Mütze; denn er hat wirklich – um es noch einmal allen Leuten zu sagen – über eine Zeit geredet, die nicht Untersuchungszeitraum war. Mir war klar, dass das irgendwann kommt. Es war mir deswegen klar, weil von dem Chaos und dem Tohuwabohu, das in diesem Ministerium geherrscht hat, ablenken sollte.
Es mag ja sein, dass Dr. Friedrich eine sehr merkwürdige Figur gewesen ist; das alles ist ja völlig in Ordnung. Die Reaktionen darauf aber werden mit dem Argument entschuldigt, es läge alles nur an ihm, weswegen dann jeder machen konnte, was er wollte.
Dr. Günther hat nicht nur nach Recht und Ordnung gehandelt: Er hat gegen Geschäftsordnungen verstoßen, er hat Sachen gemacht, die er nicht hätte machen sollen. Er hat, was eigentlich nur dem Minister oder dem Staatssekretär zugestanden hätte, § 12 des Antidiskriminierungsgesetzes einfach so angewendet. Das sind ebenfalls Verstöße gegen eine Geschäftsordnung; so einfach ist das.
Dieser Mann für Recht und Ordnung hat mit dafür gesorgt, dass dort befeuert worden ist. Es ist richtig befeuert worden. Es sind Leute von der Kette gelassen worden, die sich nicht mehr zurückholen ließen. Das ist das eigentlich Widerliche an dieser ganzen Geschichte.
Sie haben in dem Ausschuss gemerkt, dass ich mich bei bestimmten Dingen sehr zurückgehalten habe. Aber jetzt mit dem Argument zu kommen und zu sagen: „Das ist der Friedrich doch alles selber schuld, so ein schlimmer Finger muss irgendwann einmal vom Leben bestraft werden – und wenn das Leben Dr. Günther oder meinetwegen Minister Uhlenberg heißt“, so geht es nicht, das finde ich nicht in Ordnung. Herr Hegemann, das war gerade kein schöner Auftritt von Ihnen.
Danke schön. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich am Anfang an die Kollegen der CDU und den Minister wenden. Denn heute ist die letzte Chance, sich in der 14. Wahlperiode aus dem abfallpolitischen Würgegriff der NRW-FDP zu befreien.
Na ja, das Lachen wird Ihnen noch im Halse steckenbleiben, wenn irgendwann die Flöhe den Hund wegtragen werden, um im Bild des neuen CDUGeneralsekretärs zu bleiben. Das wird in der Abfallpolitik so passieren.
Warum ich das sage, ist ganz einfach. Am 10. März hat das Bundesumweltministerium einen Entwurf der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an die Verbände geschickt. Damit ist jetzt das eingetreten, wovor die Experten bei der Anhörung zum Abfallwirtschaftsplan die Landesregierung und die CDU und die FDP gewarnt haben.
Dieser Gesetzentwurf soll spätestens bis zum 12. Dezember 2010 Gesetz werden. Warum wird er dann Gesetz? Das schreibt die EU-Abfallrahmenrichtlinie vor. Dann passiert etwas, was eigentlich unmöglich ist. Wir haben in NRW einen Abfallwirtschaftsplan, der genau acht Monate Bestand haben wird,
sofern er schon in Kraft gesetzt worden ist. Aber ich gehe davon aus, dass die Druckerei des Ministerialblattes schon zugange ist.
Nach acht Monaten darf die neue Landesregierung, hoffentlich – nehmen Sie es bitte nicht persönlich, Herr Minister – mit einem anderen Minister oder einer anderen Ministerin, das alles wieder heilen. Das ist doch eigentlich Irrsinn, was hier passiert – deswegen unser Entschließungsantrag dazu.
Die sechs wesentlichen Elemente des Entwurfs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind in unserem Entschließungsantrag aufgeführt. Diese Punkte wirken sich alle auf den Abfallwirtschaftsplan NRW aus. Er muss nach dem novellierten Kreislaufwirtschaftsgesetz verändert werden. Also wäre der Vorschlag:
Lassen wir es doch bleiben, warten wir die acht Monate noch ab und schauen, wie das Bundesgesetz aussieht! Und dann wird ein neuer Abfallwirtschaftsplan für Nordrhein-Westfalen in Kraft gesetzt.
Aber dieser Entwurf hat nicht nur Auswirkungen auf die NRW-Abfallwirtschaft und auf den NRWAbfallwirtschaftsplan, sondern es gibt auch ein paar andere Gründe, ihn zu betrachten. Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, weil wir in den letzten Plenardiskussionen sind. Dann kommt die große Pause, und bis sich alles wieder neu organisiert hat, müssen die Landesregierung und das Parlament zu diesem Entwurf Stellung nehmen.
Dieser Entwurf widerspricht der Vorgabe des Lissabon-Vertrags in der Frage der Freiheit der Gemeinden zur eigenständigen Aufgabenerledigung der öffentlichen Daseinsfürsorge. Er widerspricht auch dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil zur gewerblichen Sammlung. Er widerspricht ebenfalls dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Juni 2009 zur Vergabefreiheit von Verträgen unter kommunalen Organisationen.
Darüber hinaus sollte man sich diesen Entwurf mal genauer ansehen. Jeder, der ihn sorgfältig liest, wird feststellen, dass in diesem Gesetzentwurf unklare Begrifflichkeiten durch eine Vielzahl von Rechtsverordnungen geklärt werden. Ich habe bei 25 aufgehört zu zählen. Um es mal ganz deutlich zu sagen: Diese Rechtsverordnungen werden dafür sorgen, dass die parlamentarische Kontrolle sowohl des Bundestages als auch der Landtage ausgehöhlt wird. Das kann nicht im Sinne des Parlaments in Nordrhein-Westfalen sein. Das kann nicht im Sinne einer Landesregierung sein. Das kann auch nicht im Sinne der anderen Landtage sein. Ich kann nur empfehlen: Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Deswegen mein Appell: Setzen Sie diesen Abfallwirtschaftsplan einfach aus! Denn er wird sowieso in acht Monaten geändert. Schon jetzt hört man in der Landschaft: Das wird noch zu viel Ärger führen. Denn einige in der von der FDP gelobten freien Wirtschaft wittern schon jetzt Morgenluft und fangen an, Landräte zu bedrohen, die vielleicht dem Vorschlag der CDU folgen wollen. Es könnte ja zu freiwilligen Kooperationen zwischen Kommunen kommen. Die freie Wirtschaft wird schon dafür sorgen, dass es das nicht geben wird. Das wollen die nicht; das will auch die FDP nicht.
Schauen wir mal, wie das weitergeht. Ich appelliere nur an Sie – wahrscheinlich ist das zwecklos –, diesen Abfallwirtschaftsplan einfach auszusetzen und die acht Monate zu warten. Dann schauen wir mal, was der Bundestag beschlossen hat. – Vielen Dank.
Ich möchte mich in einem Punkt den Worten des Ministers anschließen. Ich möchte mich bei Karl Kress für die Zusammenarbeit in den letzten Jahren bedanken.
Und ich möchte für den Straßenkampf, der demnächst um die Mülltonnen ausbrechen wird, einen Namen vorschlagen: Kommando Holger Ellerbrock.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hüsken, ich kann Sie natürlich nicht enttäuschen. Natürlich werde ich jetzt noch ein paar kritische Bemerkungen machen. Aber ich werde ein paar kritische Bemerkungen machen zu einem Thema, bei dem ich es mit der Tradition des Finanzministers halte: Der hat bei der letzten Einbringung einer Haushaltsrechnung 2006 ja einen ziemlichen Angriff auf den Landesrechnungshof gefahren. Diese Sache hat sich auch durch den Haushaltskontrollausschuss gezogen, gerade in der Sitzung am 3. November 2009, als es wieder um LEG-Verkauf und NRW.BANK ging.
Ich erinnere daran: Im damaligen Plenum ist der Landesrechnungshofspräsidentin sowohl vom Kollegen Hüsken wie vom Kollegen Hegemann wie vom Kollegen Weisbrich vorgeworfen worden, sie würde Politik betreiben. Das hat der Kollege Weisbrich übrigens auch sehr deutlich im Ausschuss gesagt. Das „Krullige“ daran ist übrigens, dass sich in dieser Ausschusssitzung, in der es um diese Themen ging, all jene Kollegen der CDU, die im Haushaltskontrollausschuss normalerweise zu vielem etwas zu sagen haben, völlig herausgehalten haben. Keiner hat irgendeinen Ton dazu gesagt. Sie haben den Kollegen Weisbrich mal richtig „losrappeln“ lassen. Er redete vom zentralen Angriff des Landesrechnungshofs auf die Landesregierung. Zu diesem kriegerischen Terminus „zentraler Angriff“ möchte ich nichts weiter sagen.
Aber es ist schon schlimm, dass auch der Kollege Hegemann der Präsidentin des Landesrechnungshofs im Plenum im letzten Jahr konkret gesagt hat: Wenn Sie Politik machen wollen, prima – ich zitiere wörtlich aus dem Protokoll, Frau Präsidentin –, machen Sie das! Kandidieren Sie für die SPD! Dann kriegen Sie die Mehrheit, dann kommen Sie eine Reihe nach vorne, dann können Sie Politik machen! – Ich habe noch in keinem Landesparlament erlebt, dass eine Präsidentin oder ein Präsident eines Landesrechnungshofes so massiv angegangen worden ist und dass so massiv unterstellt worden ist, sie oder er würde Politik machen.
Aber das Schlimmste bei dieser ganzen Geschichte ist eigentlich, dass die Regierungskoalition nicht nur den Vorwurf macht, der Landesrechnungshof Politik würde betreiben, sondern ihm auch Prüfungsrechte abspricht und ihm vorwirft, er würde die Landesregierung ungerechterweise angreifen.
Nehmen wir das Beispiel LEG-Verkauf. Die CDU hat in ihrem Beschlussvorschlag im Haushaltskontrollausschuss geschrieben:
Die Auffassung des LRH, im Rahmen des LEGVeräußerungsverfahrens grundsätzlich und frühzeitig beteiligt werden zu müssen, verkennt die rechtliche Stellung des LRH. Die Kontrolle durch den LRH ist nachlaufend.
Da kann ich nur noch einmal aus dem Bericht des Landesrechnungshofs zitieren:
Die Auffassung des Finanzministeriums, der Landesrechnungshof dürfe nur abgeschlossene Vorgänge prüfen, führt zu einer Behinderung des verfassungsmäßigen Auftrags des Landesrechnungshofs und steht mit dem Haushaltsrecht nicht im Einklang. Die Tragweite dieser Auffassung wird besonders deutlich am Beispiel der Prüfung der Zuwendungen an das Inkubator-Zentrum Emscher Lippe GmbH (IKZ), das der Landesrechnungshof auch zum Gegenstand seiner Unterrichtung des Landtags nach § 99 LHO vom 19. März 2007 gemacht hat. Das Verfahren „Zuwendungen an das IKZ“ war zu Beginn der Prüfung nicht abgeschlossen. Würde die Auffassung des Finanzministeriums zutreffen, hätte der Landesrechnungshof nicht prüfen dürfen.
Ich kann mich noch gut an die Bemerkungen der Kollegen zu diesen Themen erinnern, daran, wie toll sie es fanden, dass der Landesrechnungshof geprüft hat. Noch ein Zitat aus dem Bericht:
Das FM verkennt, dass bereits Teilmaßnahmen einer Prüfung zugänglich sind, wenn sie finanzwirksame Folgen auslösen können. … der Abschluss des Gesamtvorhabens muss nicht abgewartet werden. Zudem wäre die Definition des Gesamtvorhabens ins Belieben der Exekutive gestellt mit der Folge, dass die Prüfung je nach Ausgestaltung des Gesamtvorhabens viele Jahre hinausgezögert werden könnte.
Hört, hört! Sind da etwa einige Leute beim Tricksen erwischt worden?
Dann gibt es noch die NRW.BANK. Dazu hat der Beschlussvorschlag der Kollegen im Haushaltskontrollausschuss gelautet:
Der HKA nimmt den Bericht des LRH zur Kenntnis. Nicht haltbar ist die Rechtsauffassung des LRH bezüglich der Prüfung der Geschäfte der NRW.BANK und der Bestellung des Abschlussprüfers.
Um es einmal deutlich zu sagen: Einen größeren Schwachsinn kann man in solch einen Beschluss gar nicht schreiben.
Ich kann auch begründen, warum das so ist. Gegenstand der Prüfung des Landesrechnungshofs war nämlich nicht die Haushalts- und Wirtschaftsführung der NRW.BANK, wie es die CDU und die FDP behauptet haben, sondern die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Finanzministeriums im Hinblick auf die Aufgabenwahrnehmung gegenüber der NRW.BANK. Hört, Hört! Das Finanzministerium ist geprüft worden.
Prüfungssubjekt war auch nicht die NRW.BANK, sondern das Finanzministerium. Insofern seien die Unterlagen, die man hinsichtlich der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Finanzministeriums benötige, Teil der Prüfung des Landesrechnungshofs nach § 88 LHO. Es hat keinen Grund gegeben, die Herausgabe dieser Unterlagen zu verweigern, ebenso wenig wie es einen Grund gegeben hat, zwar die Presse zu unterrichten, aber den Landesrechnungshof erst 14 Tage später davon in Kenntnis zu setzen.
Ich möchte noch eines sagen: Das macht ganz deutlich, dass wir eine neue Qualität der Auseinandersetzung mit dem Landesrechnungshof haben. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, und wir werden auch darauf schauen, wie es im Haushaltskontrollausschuss der nächsten Wahlperiode abgeht. So geht das eigentlich nicht. Ich war auch sehr enttäuscht darüber, dass die Kollegen von der CDU und der FDP im Haushaltskontrollausschuss zwar den Herrn Kollegen Weisbrich von der Kette gelassen, aber selbst keinen Kommentar dazu abgegeben haben.
Meine Redezeit ist jetzt zu Ende. Es werden vielleicht einige klatschen; das soll mir auch egal sein.
Ich möchte noch eines dazu sagen: Ich beantrage eine getrennte Abstimmung über Punkt 1 der Beschlussempfehlung des Haushaltskontrollausschusses, die Bestätigung der Beschlüsse, und über Punkt 2, die Entlastung der Landesregierung.
Zum Schluss möchte ich sagen: Nach Ihren Bemerkungen, Herr Hüsken, reizt es mich fast, ihn Antrag abzulehnen. Wir bleiben konsequent bei dem, was wir auch im Ausschuss gemacht haben. Wir werden uns bei der Entlastung der Landesregierung der Stimme enthalten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle kennen diesen berühmten Witz von dem Geisterfahrer, der auf der Autobahn bei der Radiodurchsage „Vorsichtig fahren – ein Geisterfahrer befindet sich auf der Auto
bahn Richtung Lünen!“ laut vor sich her schimpft: „Ein Geisterfahrer? Dutzende Geisterfahrer!“
Da sitzt nun der abfallpolitische Geisterfahrer, Prof. Dr. Martin Beckmann, in seinem neuen privaten Müllfahrzeug eines westfälischen Entsorgungsunternehmens aus Lünen und lauscht der schmeichelnden Stimme des Kollegen Ellerbrock, die aus dem Navi kommt. Zur Sicherheit liegt auf der Beifahrerseite als abfallpolitische Wegbeschreibung für die Zukunft der Entwurf des Wahlprogramms der NRW-FDP unter der globalen Überschrift „ Freiheit, Innovation, Lebensqualität – Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen“. Auf Seite 70 dieses Entwurfs steht: Die Liberalisierung der Abfallwirtschaft konnte bereits mit dem neuen Abfallwirtschaftsplan angegangen werden.
Herr Kollege Remmel, jetzt wissen Sie, warum es jetzt noch beschlossen werden muss. Denn die Jungs müssen in ihrem Wahlprogramm auch noch zeigen können, dass sie Vollzug gemacht haben.
Auf Seite 71 steht: In der Privatisierung unter staatlicher Kontrolle sehen wir Chancen. – Auf der gleichen Seite steht dann auch noch in Zeile 6: Deswegen wollen wir ein großflächigen Modellversuch Grau in Gelb – ich betone: Grau in Gelb –, bei dem trockene Reststoffe (graue Tonne mit Leichtverpackung und gelbe Tonne) zusammengeführt werden. – Grau in Gelb heißt übrigens: Wir werfen nicht den DSD-Müll in die Satzungsmülltonne der Kommunen, sondern wir werfen den Satzungsmüll in die private gelbe Tonne.
Wunderbar, dass du dazu „richtig“ sagst. Das ist in Ordnung. Hinten an diesem abfallpolitischen Geisterfahrzeug steht als Ehrenmüllwerker der Kollege Kress, der zwar grob die Richtung kennt, aber nichts mitbekommt von dem genauen Ziel und der Geschwindigkeit des Geisterfahrers auf diesem Müllfahrzeug. Und was macht das Müllfahrzeug überhaupt auf der Autobahn? Das wird die Zukunft zeigen. Deswegen ist das auch alles ganz richtig, was ich da versuche zu beschreiben.
Der Fahrer Beckmann – für die Kollegen, die bei der Anhörung nicht dabei waren – ist der einzige und Hauptzeuge des Umweltministeriums und der CDU- und FDP-Fraktion, der sagte, das sei alles der richtige Weg, der da beschritten wird. Der Fahrer Beckmann hält wie anfangs in dem genannten Witz alle anderen für die Geisterfahrer, nämlich fast alle anderen Experten in dieser Anhörung bis auf den BDE, der als kleiner Beiwagen am Geisterfahrzeug dran hing. Alle anderen – das hat der Kollege Remmel gesagt –, Städtetag, Städte- und Gemeindebund, Landkreistag, Prognos AG, INFA, VKU, ver.di, das sind alles die Geisterfahrer.
Die gleichen Geisterfahrer sitzen im Rhein-SiegKreis, Kreisvorsitzender ist Herr Papke. Sie sitzen da, auch von der CDU. Die CDU stimmt in einer Resolution sogar noch gegen diesen Landesabfallwirtschaftsplan, und die FDP enthält sich. Na gut, so kann man auch Liberalität betreiben. Jeder macht, was er will, Hauptsache, alle machen mit.
Wie war das noch? Die Behauptung der FDP, es komme zu mehr Wettbewerb und Gebührengerechtigkeit durch den Landesabfallwirtschafsplan, wird wie eine Monstranz vor sich her getragen. Die FDP bringt es auf den Punkt: Liberalisierung der Abfallwirtschaft ist das Ziel. Ich kann mich gut daran erinnern: Die Liberalisierung des Energiemarktes hat nicht zu einer Gebührengerechtigkeit oder zu günstigeren Gebühren geführt. Schon gar nicht hat sie dazu geführt,
dass die Bürger alles das machen konnten, was sie gerne machen möchten.
Noch eine Bemerkung zum Kollegen Kress. Er weiß ja, warum er Köln angeführt hat. Das Schöne daran ist: Köln könnte den Müll aus Dormagen gar nicht nehmen, weil in Köln auf Forderung der CDU im Stadtparlament gesagt worden ist: Wir bauen die Müllverbrennungsanlage nur für den Kölner Hausmüll, und es darf kein fremder Hausmüll aus anderen Gebietskörperschaften angenommen werden. Dann bedanke dich bitte bei deinem Kollegen – damals war es Bietmann – dafür, dass es so ist, dass der Dormagener Müll in Köln nicht verbrannt werden darf. Also ist nach dieser Aussage die nächste Müllverbrennungsanlage für euch Asdonkshof, ganz einfach. So würde ich das auch sehen.
Wenn ich mir alles so angucke: Das Schlimmste an dieser Anhörung war: Dieser Experte Beckmann meinte, es wäre doch ungerecht, wenn Bürger für Fehlentscheidungen anderer Kreise in Verantwortung genommen werden.
Mit den Fehlern meint er, dass es Kommunen und Kreise gab, die Müllverbrennungsanlagen gebaut haben, wie der Staat, wie das Land, wie die Gesetze sie gefordert haben, und andere haben sich einen schlanken abfallpolitischen Fuß gemacht. Die haben es nicht gemacht. Jetzt sagt er, es war ein Fehler, dies getan zu haben.
Wenn wir gewusst hätten, was FDP und CDU wollen, dann könnte man zu der Auffassung gelangen, dass es vielleicht ein Fehler war. Aber diesen Kommunen daraus einen Vorwurf zu machen, ist völlig ungerecht, denn die Bürger werden zweimal bestraft:
Diejenigen, die die Anlagen gebaut haben, die ökonomisch und ökologisch sinnvoll sind, haben dafür als Gebührenzahler viel Geld investieren
müssen. Sie werden jetzt um die Möglichkeit gebracht, dieses Ding in irgendeiner Form finanzieren zu können, weil sich nämlich die anderen einen schlanken Fuß gemacht haben und keinen Müll mehr dahin zu bringen brauchen. Das nennt man dann Gebührengerechtigkeit.
Jetzt werden Sie noch einmal bestraft, denn die haben die Anlagen. Die könnten sich nach der Theorie von FDP und CDU gar nicht irgendwo eine billigere Lösung suchen. Die müssen ihre eigene Lösung nehmen, die sie gebaut haben. Deswegen werden die doppelt bestraft.
Und diejenigen, die sich einen schlanken Fuß gemacht haben, verdienen zweimal Geld.
Jetzt habe ich endlich verstanden, was Liberalismus ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte meine Rede eigentlich mit der Bemerkung anfangen, dass ich mich in einer wirklich schönen Situation befinde: Ich bin jetzt neun Jahre in diesem Parlament, davon
habe ich eine Wahlperiode im Haushaltskontrollausschuss als Vertreter einer Regierungspartei mitgemacht. Jetzt mache ich eine Legislaturperiode als Vertreter einer Oppositionspartei mit.
Das, was gerade passiert ist, ist schon sehr bemerkenswert; das muss ich ganz deutlich sagen.
Ich denke, dass man auch über das Verständnis des Finanzministers noch einmal ordentlich diskutieren muss.
Herr Finanzminister, Sie waren etwas kurzatmig, weil Sie hierhergelaufen sind, da wir früher zu diesem Tagesordnungspunkt gekommen sind. Sie scheinen aber kurz vor der empörungspolitischen Schnappatmung gewesen zu sein. Aus Ihren Ausführungen habe ich gelernt, dass Sie einfach nur fürchterlich angefressen und aufgeregt sind. Das gestehe ich Ihnen gerne zu.
Ich wäre an Ihrer Stelle mit der Kritik des Landesrechnungshofes im Bericht für das Jahr 2009 auch sehr angefressen und aufgeregt.
Ich weiß nicht, ob es der Kollege Seel auch schon einmal erlebt hat. Sehr viel schöner finde ich nämlich, dass ein kontradiktorisches Verfahren in der Öffentlichkeit, hier im Parlament, gemacht wird. Ich möchte den Kollegen klar machen, dass der Minister die Sachen, die er gerade beanstandet hat, vorher schon beanstandet hat. Das konnte er nämlich im kontradiktorischen Verfahren. Das heißt: Er macht etwas, was bisher noch nie üblich gewesen ist.
Das ist in Ordnung. Das kann er gerne machen. Ich wollte nur feststellen, dass wir hier auf einmal eine etwas andere Umgangsweise miteinander gefunden haben.
Ich stelle auch die Bemerkung gegenüber dem Landesrechnungshof fest: Einer nach der Verfassung selbstständigen, nur dem Gesetz unterworfenen obersten Landesbehörde – und damit auf der gleichen Stufe wie die Landesregierung oder ein Landesministerium – wird so nebenbei gesagt: Ich brauche keinen Rat von anderen!
Der Landesrechnungshof ist nicht „irgendein anderer“, sondern ein Verfassungsorgan dieses Landes.
Hier muss ganz deutlich gemacht werden, dass der Landesrechnungshof damit eine Sonderstellung im Dienste der Gewaltenteilung und der Gewaltenkontrolle wahrnimmt. Das ist auch gut so. Leider sieht
das nicht jeder so. Der Herr Minister hat gerade bewiesen, dass er das auch nicht so sieht.
Ich bin eigentlich immer ein sehr fröhlicher Mensch und wollte eigentlich auch einen fröhlichen Aspekt in meine Rede einbringen. Das tue ich jetzt trotzdem.
Ich weiß, dass der Landesrechnungshof nicht unbedingt die schönste Blume auf der Lebenswiese einer Landesregierung ist. Sie ist schon eher eine stachelige Distel.
Frau Präsidentin, entschuldigen Sie, dass ich Sie jetzt mit einer Distel vergleiche. Aber es scheint wirklich so zu sein, dass dieser Landesfinanzminister jeden Morgen in eine Distel greift und meint, er wäre vom Landesrechnungshof angegriffen worden.
Nicht nur die Jahresberichte haben Stacheln, sondern besonders stachelig sind auch die Unterrichtungen nach § 99 der Landeshaushaltsordnung.
Eben habe ich eine Bemerkung gehört, dass sich der Minister ungefragte Beratung nicht nur verbittet, sondern dass nur dann die Beratung durch den Landesrechnungshof erfolgen soll, wenn er aufgefordert wird. Dann kann ich der Frau Präsidentin des Landesrechnungshofs nur empfehlen, in Zukunft bestimmte Sachen nach § 99 der Landeshaushaltsordnung zu machen. Dann müssen Sie es zur Kenntnis nehmen und können sich nicht hierhin stellen und sagen: Wenn ich nicht frage, dann möchte ich auch keine Antwort. – Übrigens haben Sie das gestern auch schon einmal gesagt.
Ich antworte auch nicht, wenn ich nicht gefragt werde. – Können Sie sich an Ihre Aussage gestern erinnern?
Aus den Berichten des Landesrechnungshofes zu Antworten der einzelnen Ministerien auf seine Einwände hin und aus der Diskussion im Haushaltskontrollausschuss kann ich nur den Schluss ziehen, dass mal wieder auf die einschlägigen Grundsätze und Vorschriften hingewiesen werden sollte. Das alles kann man in den Artikeln 86 und 87 der Landesverfassung, im Gesetz über den Landesrechnungshof und in der Landeshaushaltsordnung finden. Darin sollte man mal wieder hineinschauen, vielleicht auch der Finanzminister dieses Landes.
Damit meine ich nicht nur die teilweise schleppende Umsetzung der nachvollziehbaren Empfehlungen des Landesrechnungshofes oder die teilweise Ignorierung von Empfehlungen, sondern ich meine damit auch den immer deutlicher wahrzunehmenden Eindruck – der ist heute so etwas von bestärkt worden –, den Landesrechnungshof in seinen verfas
sungsmäßig und gesetzlich geregelten Rechten – ich drücke es einmal diplomatisch aus – nicht so ganz ernst zu nehmen. – In meinem Manuskript stehen andere Worte, aber ich bleibe diplomatisch.
Als Beispiel möchte ich aus den letzten Sitzungen des Ausschusses die Befassung mit der Wohnungsbauförderungsanstalt nennen, als es erst einmal nur um die Wirtschaftsprüfung der auf die NRW.BANK übertragenen wirtschaftlich und organisatorisch selbstständigen Anstalt ging. Die Haltung des Landesrechnungshofes war völlig klar: Die Integration der Anstalt in die NRW.BANK widerspricht dem Wohnungsbauförderungsgesetz und ist mit dem Schutz des Vermögens der Anstalt unvereinbar.
Kurzform der Reaktion der Landesregierung: Das geht den Landesrechnungshof nichts an. – So ist das bei uns herübergekommen. Und so ist es auch bei der Öffentlichkeit herübergekommen.
Die NRW.BANK spielt auch im Jahresbericht 2009 eine wesentliche Rolle. Der Landesrechnungshof hat im Oktober 2008 dem Finanzminister eine Prüfung angekündigt. Darauf sind Sie gerade eingegangen. Ich finde es übrigens toll, dass Sie coram publico, also vor den anwesenden Bürgern, die gar nicht wissen, worum es geht, Vorwürfe zurückweisen und sagen, dass alles, was da passiere, nicht rechtmäßig sei, ohne zu sagen, worum es eigentlich geht.
Fazit: Der Landesrechnungshof hat gesagt, er habe nicht prüfen können, wie der Finanzminister seine Aufgaben gegenüber der NRW.BANK wahrnimmt. Das steht so im Bericht, und das kann ich nachvollziehen. Dies sieht der Landesrechnungshof als höchst intransparent und als Schaffung von prüfungsfreien Räumen an. Das ist für den Landesrechnungshof wegen der unbeschränkten Haftung des Landes als Miteigentümer und Gewährträger der NRW.BANK ein höchst schwerwiegender Vorgang, vor allen Dingen auch deswegen – auch für mich –, da laut Zeitungsberichten – in den Zeitungen steht manchmal die Wahrheit …
Ja, manchmal, aber man kann auch mal nachfragen. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen. Herr Weisbrich, ich habe die Erfahrung gemacht, dass Staatsanwaltschaften sofort anfangen zu ermitteln, wenn sie etwas in der Zeitung gelesen haben. Darauf kommen wir beim nächsten Tagesordnungspunkt, der Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, noch zu sprechen.
Ich als Politiker darf aber Sachen, die in der Zeitung stehen, nicht ernst nehmen, Herr Weisbrich? Sie müssen sich entscheiden, was eigentlich richtig oder was falsch ist. In den Zeitungen steht, dass
auch die NRW.BANK in „toxische Finanzinstrumente“ investiert hat.
Dann soll der Landesrechnungshof nicht einmal nachfragen dürfen? – Aber hallo, wo sind wir hier denn eigentlich?
Aber das wird alles noch getoppt. Es wurde gerade erklärt, dass die Gesellschafterversammlung ohne das im NRW.BANK-Gesetz vorgeschriebene Einvernehmen mit dem Landesrechnungshof die Bestellung des Abschlussprüfers für das Jahr 2009 der NRW.BANK beschlossen habe. Hier werden, behaupte ich, Gesetze bewusst missachtet. Den gleichen Vorwurf macht der Finanzminister gegenüber dem Landesrechnungshof, auch er würde Gesetze missachten. Das halte ich für einen gravierenden Vorwurf gegenüber dem Landesrechnungshof. Wir müssten auch einmal auf Plenarebene thematisieren, ob es eigentlich so ist, dass vonseiten des Landesrechnungshofes etwas missachtet worden ist. Ich habe es übrigens noch nie erlebt, dass in irgendeiner Debatte über den Landesrechnungshof ein Finanzminister ein Verfassungsorgan so massiv angeht.
Daraus kann ich nur schließen, dass Finger in Wunden gelegt worden sind, die dem Finanzminister verdammt wehtun.
Kommen wir zur LEG. Gestern haben wir lange darüber diskutiert. Aber noch eine Bemerkung dazu. Sie haben gerade erklärt, wie Ihre Sicht über die Unterrichtung des Landesrechnungshofes ist. Nun gut, dann müssen wir einmal prüfen lassen, wer denn recht hat, der Landesrechnungshof oder der Finanzminister. Auch das sollte noch einmal thematisiert werden, für die Öffentlichkeit, aber auch für uns als Parlamentarier. Ich gebe gerne zu: Man kann auch dazulernen, aber vielleicht muss auch der Finanzminister etwas annehmen. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt.
Hinzu kommt, dass der Finanzminister sagte, er habe dem Landesrechnungshof den Vertrag zwei Wochen später noch nicht geben können. Aber aus zwei Wochen zwölf Wochen zu machen und zu sagen, er sei erst nach zwölf Wochen in der Lage gewesen, dem Landesrechnungshof diesen Vertrag vorzulegen, ist nun wirklich keine unverzügliche Unterrichtung des Landesrechnungshofes. Ich teile völlig die Auffassung des Landesrechnungshofes, dass die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung des Landesrechnungshofes eine schwerwiegende Einschränkung seiner Rechte ist und dass die Weigerung, den erbetenen Vertrag vorzulegen, ein bewusstes Unterlaufen des verfassungsmäßigen Rechtes des Landesrechnungshofes ist. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt.
Zurück zu meiner persönlichen Situation, der ich zwei Wahlperioden in diesem Landtag bin. Ich habe mir – das ist der zweite lustige Aspekt meiner Rede – vorgestellt: Wenn wir uns während der letzten Legislaturperiode gegenüber dem Landesrechnungshof so verhalten hätten, dann hätten die Kollegen Breuer und Klein es geschafft, kreismäßig im Dreieck zu titschen.
Die FDP hätte ebenfalls eine empörungspolitische Schnappatmung bekommen, sodass selbst der Kollege Ellerbrock nichts mehr hätte sagen können – und der kann wirklich zu allem etwas erzählen.
Über viele Punkte des Berichts des Landesrechnungshofs ist in der Presse schon berichtet worden. Auch da nehme ich die Presse manchmal ernst. Stichwort „Europäischer Fonds für die regionale Entwicklung“, „verschwundene Polizeiwesten“, „Nichtdurchführung des Korruptionsbekämpfungsgesetzes durch viele Ministerien“. Ich denke, wir werden noch spannende Sitzungen im Haushaltskontrollausschuss darüber haben.
Nach Meinung des Landesrechnungshofs war das für die Landesregierung ein Jahr des Höchststandes. Das kann man vielleicht sogar noch als Lob sehen. Im Jahr 2008 gab es einen Höchststand der Ausgaben, 5,13 Milliarden €, einen Höchststand der Steuereinnahmen, 42,1 Milliarden € und einen Höchststand der Gesamtverschuldung, 119,3 Milliarden €, wobei den Streit darum, das sei weniger, weil anders gerechnet worden sei, in der Öffentlichkeit niemand verstehen kann. Der eine sagt: Es ist mehr, weil ich ein bestimmtes Rechnungsjahr nehme. – Das versteht niemand mehr in der Öffentlichkeit. Aber nach dem heutigen Auftritt des Finanzministers sollte man einen weiteren Höchststand erklären, nämlich den Höchststand des Wassers am Hals des Finanzministers. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hegemann, Sie haben noch einmal eine Chance, gegen einen Kölner zu pöbeln. Er steht nämlich schon wieder hier und redet jetzt. Nehmen Sie also die Gelegenheit wahr; ich lade Sie herzlich ein: Bleiben Sie sitzen, pöbeln Sie noch ein bisschen!
Zum Thema Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses: Vor etwas mehr als einem Jahr wurde der ehemalige Abteilungsleiter des MUNLV verhaftet. Es kam zu einem beispiellosen Großeinsatz in drei Bundesländern mit 275 Polizeibeamten. 45 Objekte wurden durchsucht, Telefone und E-Mails wurden abgehört bzw. abgefangen. Das haben wir alles schon in der Presse gelesen.
Die Vorwürfe gegen diesen Abteilungsleiter und gegen zwölf Mitbeschuldigte – mir geht es dabei auch darum, deutlich zu machen, dass dies nicht nur einen Abteilungsleiter im Ministerium, sondern auch zwölf Mitbeschuldigte betraf – waren bandenmäßiger Betrug, Untreue und Korruption. Angeblicher Schaden: 4,3 Millionen €. Dies alles löste sich relativ schnell in Luft auf.
Für diesen Irrtum aber zahlten die Betroffenen einen hohen Preis. Der beschuldigte Abteilungsleiter musste drei Wochen in Untersuchungshaft über sich ergehen lassen. Es wurden Konten von Firmen gesperrt; eine Firma wurde in der Folge wirtschaftlich ruiniert. Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren ihre Arbeit. Weitere betroffene Firmen sind nachhaltig durch Rufschädigung und Auftragsausfälle geschädigt.
Ich war sowohl im Umweltausschuss am 9. Juni, 26. November und 10. Dezember 2008 als auch im Haushaltskontrollausschuss am 3. Juni mit dieser Angelegenheit befasst. Zusätzlich befasste sich der Rechtsausschuss am 10. Dezember mit diesem Fall. In all diesen Sitzungen – das ist so ein Stapel von Protokollen – ergaben sich zahlreiche Widersprüche über die Rolle des MUNLV, etwa darüber, wer was im MUNLV angestoßen hat, wer eigentlich die Anzeige beim LKA gemacht hat. Die einen sagen, es handele sich nicht darum, eine Anzeige unterschrieben zu haben – Originalzitat Staatssekretär –, das LKA schreibt von einer Anzeige des Ministeriums. Was da nun alles richtig ist, wollen wir geklärt haben. Es wurde lange getagt, viel protokolliert, aber wenig Klarheit über die Vorgänge geschaffen.
In der Zwischenzeit zeigte sich wiederholt, dass in dieser Angelegenheit der Landtag nur bruchstückhaft informiert wurde. Im Januar 2009 erweckte die Landesregierung den Eindruck, die Ermittlungen seien noch voll im Gange. Tatsächlich wurde Ende Januar der überwiegende Teil der Ermittlungen mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Dies wurde dem Landtag allerdings erst auf Nachfrage am 20. April 2009 durch die Justizministerin mitgeteilt. Auch die Ende Mai erfolgte Einstellung der restlichen Ermittlungsverfahren wurde bisher durch die Presse bekannt, aber dem Landtag bisher noch nicht mitgeteilt. Noch in der Sitzung des Rechtsausschusses am 20. Mai, das heißt, vor knapp einem Monat, gab der Vorsitzende die Mitteilung des Justizministeriums weiter, es gebe nichts Neues zu berichten.
Insgesamt möchten wir in diesem Untersuchungsausschuss vier Fragenkomplexe in den Mittelpunkt stellen:
Der erste Fragenkomplex ist die Untersuchung der Vorgänge und Hintergründe, die zu den massiven Vorwürfen und Anschuldigungen gegen den damaligen Abteilungsleiter geführt haben. Ich habe übrigens hier gerade die Pressemitteilung des Kollegen
Biesenbach gesehen, in der er den Grünen gegenüber die Frage aufwirft, ob sie irgendetwas zu verbergen hätten. Damit wir uns richtig verstehen: Es geht in diesem Untersuchungsausschuss vor allen Dingen darum, den Abteilungsleiter nicht als Subjekt, sondern als Objekt eines im Grunde genommen schon als Staatsmobbing zu bezeichnenden Verhaltens zu betrachten, an dem viele staatliche Stellen beteiligt waren.
Wir haben also aufzuklären, ob so etwas stattgefunden hat. Es geht aber nicht darum, ob irgendjemand Fritten oder Schnitzel gegessen hat, was möglicherweise nicht in Ordnung gewesen ist. Das kann man alles klären; wenn es so sein sollte, gibt es auch Verantwortliche.
Das tue ich jetzt nicht, nachdem ich als unseriöser Kölner bezeichnet worden bin, der keinen Anstand hat. Insofern ist heute mein Bedarf an der CDU gedeckt.
Der zweite Fragenkomplex, der im Mittelpunkt stehen sollte, ist die Untersuchung der Hinweise und Vorwürfe aus dem MUNLV, die zu der Verhaftung im Rahmen einer Großrazzia geführt hatten, und der Zusammenarbeit der betroffenen Ministerien und der ermittelnden Behörden, auch hier unter dem Aspekt, ob politischer Einfluss auf die Ermittlungsbehörde genommen worden ist. Ich hoffe, es wird herauskommen, dass dies nicht getan wurde. Aber es muss geklärt werden.
Der dritte Fragenkomplex ist die Untersuchung des Agierens der Justizbehörden und der Landesregierung ab dem Zeitpunkt, als klar war, dass die schwerwiegenden Tatvorwürfe nicht aufrechterhalten werden konnten.
Der vierte und letzte Fragenkomplex: Wir möchten auch geklärt haben, warum das Parlament so schleppend oder überhaupt nicht informiert worden ist.
All diese Fragestellungen möchten wir im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geklärt haben; denn nur dort haben wir die Chance, Zeugen zu befragen und in Akten zu sehen. Nur in einem solchen Gremium lässt sich wirklich einmal klären, was da eigentlich passiert ist. Deswegen werden wir der
Einsetzung des Untersuchungsausschusses zustimmen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer am Sonntagabend Fernsehen geschaut hat – das empfehle ich ab und zu; „Westpol“ ist immer sehr spannend –, der hat die Aussagen des Staatsekretärs des MUNLV zum Abfallwirtschaftsplan gehört.
Und er hat auch mitbekommen, in welche Richtung der Hase dieses Ministeriums in dieser Frage gescheucht werden soll.
Unter der abenteuerlichen Behauptung, mehr Wettbewerb erhielte die hohen Umweltstandards bei der Müllentsorgung und führte zu Preisstabilität für die Bürger, wird es zu einem extremen Zweiklassensystem für Gebührenzahler in Nordrhein-Westfalen kommen.
Es wird unter den Bürgerinnen und Bürgern in Nordrhein-Westfalen eine kleine Anzahl von Gewinnern geben, und es wird eine große Anzahl von Verlierern geben.
Der Zuschauer von „Westpol“ hat noch eine Erkenntnis gewonnen, nämlich die, wo sich das – rollende – Zwischenlager seines Hausmülls in Zukunft befinden wird: ganz eindeutig auf den Landstraßen, den Bundesstraßen und den Autobahnen von Nordrhein-Westfalen. So habe ich mir Zwischenlager nicht vorgestellt und so habe ich mir Kreislaufwirtschaft eigentlich auch nicht vorgestellt.
Wenn der Abfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfall, Realität wird, wird eine Situation geschaffen, die eine nicht nachvollziehbare Ungerechtigkeit manifestiert.
Viele Gebietskörperschaften haben sich für eine sichere, technisch moderne und ökologisch sinnvolle Müllentsorgung auf ihrem Gebiet beziehungsweise in ihrer Nähe entschieden. Hausmüll soll sicher da entsorgt werden, wo er entsteht, und nicht durch die Landschaft transportiert werden. Dafür haben die Bürger durch die Entrichtung von Gebühren tief in die Tasche gegriffen, teilweise sehr tief, aber es war ökonomisch sinnvoll und ökologisch völlig richtig. Andere Gebietskörperschaften haben sich vermeintlich clever einen abfallpolitisch schlanken Fuß gemacht, nichts investiert, oder sie haben sich nicht an modernen Entsorgungsanlagen beteiligt. Im Gegenteil, sie haben bewusst abgewartet und ihren Müll weiterhin im Boden verbuddelt. Sie dachten,
„Mal sehen, was mit der TASi wird, ob sie wirklich so kommt und wann sie eigentlich kommt!“ und haben jahrelang von den Dumpingpreisen der Deponien profitiert, die in der Schlussphase der TASi Müll um fast jeden Preis angenommen haben.
Die einen haben jahrelang mit ihren Müllgebühren die sicheren Entsorgungsanlagen finanziert und die anderen mit dem abfallpolitisch schlanken Fuß haben jahrelang von Dumpingpreisen profitiert.
Gott sei Dank ist dies seit Mitte 2005 vorbei. Der Hausmüll muss in sichere Entsorgungsanlagen gebracht werden. Dies führte dazu, dass nun auch die Profiteure der Deponien realistische Entsorgungskosten bezahlen und sich an den Investitionskosten und Betriebskosten beteiligen mussten.
Was war daran ungerecht?
Nun wird die Losung ausgegeben: Mehr Wettbewerb in der Abfallwirtschaft, ein neuer landesweiter Abfallwirtschaftsplan muss her, keine Zuweisung von Müllentsorgung zu bestimmten Anlagen.
Das ist eine fatale Fehleinschätzung von Gerechtigkeit und Gleichbehandlung. Es privilegiert für die Zukunft die früheren Profiteure und bestraft die ökologisch Weitsichtigen. Wer nicht in Anlagen investiert hat, wird belohnt.
Das Beispiel aus der Region Aachen zeigt den Irrsinn deutlich auf. Bisher haben die Stadt Aachen, der Kreis Aachen, der Kreis Düren und der Kreis Heinsberg ihren Hausmüll in der Müllverbrennungsanlage Weisweiler sicher entsorgt.
Wenn sich Heinsberg bei Wegfall der Zuweisung einen anderen Weg der Entsorgung suchen kann, weil er vermeintlich billiger ist, geht dies auf Kosten der Bürger der Region Aachen. Als Mitbetreiber der Anlage können sie nicht anders. Heinsberg liefert den Müll irgendwo, über LKW-Transporte quer durch Nordhrein-Westfalen, ab. Die Betriebskosten bleiben gleich und die Müllgebühren werden zwangsläufig steigen, wenn der Heinsberger Müll fehlt. Die einen bezahlen dann mehr, damit die anderen ihren Müll billiger im Land loswerden können.
Und was macht Weisweiler dann? –
Weisweiler steigt entweder in Dumpingpreise ein – dann bezahlt es der Gebührenzahler –, und irgendwann wird die Anlage pleitegehen – dann bezahlt es auch der Gebührenzahler –, oder sie versuchen, europaweit Müll zu finden, sodass wir wieder mehr Transporter auf der Straße hätten.
Die modernen Anlagen sind noch nicht alle abbezahlt. Und auch hier wird es zu einem Preisunterschied kommen. Denn während zum Beispiel Weisweiler im Jahr 2017 und Köln im Jahr 2018
abbezahlt sind, sind andere, nicht ganz so moderne Anlagen schon abbezahlt, können also auch andere Preise auf dem Markt anbieten.
Was bedeutet das jetzt? – Das bedeutet unter anderem auch, dass in vielen alten Anlagen notwendige Modernisierungen nicht durchgeführt werden, weil die Betreiber alter Anlagen sich fragen: Wie soll ich wissen, woher mein Müll in Zukunft kommt? Also mach ich das lieber nicht; meine Anlage ist abgeschrieben. Ich kann damit noch Geld verdienen, also senke ich mal den Preis. Wenn dafür der Müll 120 km in Nordrhein-Westfalen auf der Straße transportiert werden muss, dann ist mir das relativ egal.