Protocol of the Session on January 25, 2007

Ich kann gerne auch auf die Einzelheiten dieser Forstreform eingehen. Dann wird sich nämlich sehr bald zeigen, dass der kleine Privatwald ohne staatliche Unterstützung wirklich am Ende ist.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dies, Herr Uhlenberg, haben Sie dann zu verantworten. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf: Stoppen Sie die Reform im Interesse der Menschen, im Interesse des Waldes und vor allem im Interesse der vielen Beschäftigten des Landesbetriebes Wald und Holz, die jetzt unter Einsatz all ihrer Kräfte dabei sind, dieses Sturmholz zu bergen.

Genau diese Kollegen wissen aber auch, dass sie nach dem Willen von Minister Uhlenberg demnächst nicht mehr gebraucht werden und über die IPW oder das PEM ihren jetzigen Arbeitsplatz verlieren.

Das Land Nordrhein-Westfalen braucht eine funktionierende und leistungsstarke Forstverwaltung. Der Landesbetrieb Wald und Holz ist in der Lage, diesen Sturmschaden im Land aufzufangen. Er kann es aber nicht bei deutlich weniger Beschäftigten und erheblich weniger Geld. Deshalb, Herr Uhlenberg: Stoppen Sie die Forstreform! Jede Arbeitskraft im Wald ist jetzt und für eine längere Zeit unverzichtbar.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Watermann-Krass. – Jetzt hat das Wort der CDU-Abgeordnete Kemper.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als betroffener Landwirt weiß ich, mit solchen Katastrophen umzugehen. Mich selbst haben Sturmschäden in meiner 30-jährigen Tätigkeit als Land- und Forstwirt bisher zweimal erheblich getroffen, einmal mit der Verwüstung von 3 Hektar und von insgesamt 11 Hektar Holz, die plattgemacht worden sind, und einmal mit dem Schaden von 30 Pappeln und zwei Hausdächern.

Die emotionale Betroffenheit in dem jeweiligen Augenblick war bei mir sehr groß. Die ökonomische Betroffenheit hat sich ein halbes Jahr später anders dargestellt. Ich will damit nur sagen: Ich kann die emotionale Betroffenheit derjenigen, die jetzt vom Sturm betroffen worden sind, sehr gut nachvollziehen. Die ökonomische Betroffenheit aber fällt meistens etwas weniger stark aus. Warten wir ab, bis die Betroffenen das mit Zahlen belegen können. Vielleicht ist es einfach besser, bis dahin mit Angaben zu warten.

Übrigens haben solche Stürme zu jeder Jahreszeit stattgefunden, mal im Herbst, mal im Frühjahr. Dieses Mal hatten wir den Sturm im Januar. Ich habe ein wissenschaftliches Problem damit, diesen Sturm im Zusammenhang mit einem Klimawechsel zu sehen. Es ist unseriös, daraus abzuleiten, dass dieser Sturm eine Folge des Klimawandels wäre.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Es besteht immer noch ein Unterschied zwischen Wetter und Klima. Wer den Mikrokosmos und den Makrokosmos nicht unterscheiden kann, sollte sich gefühlsmäßig ein bisschen zurücknehmen. Irgendwann ist das Blut mal wieder aus dem Bauch in den Kopf gewandert.

Die augenblicklich gefühlte Situation ist jedoch anders. Mit welchem Problem haben wir zu tun? – Wir sehen im Fernsehen tagtäglich Katastrophenmeldungen. Ich nehme als Zuschauer quasi in Echtzeit an dem Klimaereignis teil. Die Medien haben am nächsten Tag ihre Einschaltquoten, wir die Betroffenheit und Emotionalisierung. Das deshalb, weil die Vorhersage über das Wetter – nicht das Klima – zu mittlerweile 90 % zutrifft. Wenn die Wetterkatastrophe angekündigt wird, kommt sie auch.

Das alles hat eine enorme emotionale Betroffenheit zur Folge. Aber aus dieser großen Gefühlslage grundsätzlich neue Erwägungen zum Klimaschutz abzuleiten, ist, glaube ich, falsch.

Was ist denn „Klimaschutz“? – Beim Klimaschutz ist die grundsätzliche Frage zu beantworten: Welcher Klimawandel ist durch Menschen oder menschliches Handeln verursacht? Aber das ist ja nicht alles. Welchen Anteil davon können wir in Zukunft durch unser Verhalten ändern oder bewusst in eine andere Richtung lenken? In welchem Zeitfenster ist das möglich?

Wenn wir diese akademischen Fragen beantworten können, können wir auch Konzepte entwickeln, über die wir uns einig werden, die greifen, statt nur diskutiert zu werden.

(Beifall von der FDP)

Die eigentliche Frage lautet also: Ist Kyrill eine Wettererscheinung oder eine Klimafolge? Herr Remmel, wir stimmen in der Bewertung von Kyrill sicherlich nicht überein. Sie haben sich klar für eine Klimafolge entschieden. Für mich ist Kyrill immer noch eine Wetterfolge.

(Beifall von der FDP)

Rein wissenschaftlich müsste für eine Klimafolge eine Beweiskette angetreten werden, die im Augenblick noch nicht zu erreichen ist. Daraus aber, wie Sie es in Ihrem Papier fordern, abzuleiten, ein Klimakonzept für Nordrhein-Westfalen zu entwickeln, ist etwas, was mich, ohne dass ich falsch verstanden werden möchte, als überzeugten Lipper dazu bringt, als Hinterteutoburgerwaldler ein solches Konzept auch für Ostwestfalen einzufordern. Denn das macht doch Sinn, weil wir nicht immer das gleiche Wetter haben.

Wir leben aber auch nicht hinter dem Mond. Aus diesem Grund fordere ich das nicht.

Vielleicht verwechseln Sie hier einiges und sollten sich deshalb grundsätzlicher mit den Dingen beschäftigen. Die grundsätzlichen Dinge sind nämlich alle schon getätigt worden: Die Enquetekommission zum Schutz der Erdatmosphäre hat 1992 alles beschrieben. Wer lesen kann, ist echt im Vorteil! Wir sollten es tun.

Übrigens ist Kyoto seit dem 16. Februar 2005 in Kraft. Die augenblicklichen Teilziele auf dem Weg bis 2012 haben wir in Nordrhein-Westfalen aktuell alle erreicht. Für ein Klimaschutzkonzept in der Folge von Rio und Kyoto müssen wir uns nachhaltige Gedanken nach 2012 machen. Dabei werden wir Ihnen helfen. Insbesondere unter Minister Gabriel ist das etwas angenehmer als unter Herrn Trittin, da die Realitäten auch im Umweltbereich mittlerweile wieder etwas stärker Platz greifen.

Herr Remmel, übrigens ist das Problem eines schlechten Klimas fast immer zu viel heiße Luft, womit kühle Köpfe ein Problem haben.

(Beifall von der FDP)

Ein Sturm im Wasserglas ist optisch zwar sehr anschaulich und in den Medien hervorragend überzubringen, aber selten eine Problemlösung für das ursprüngliche Anliegen, Wasser gegen den Durst zu benutzen.

Meine Damen und Herren, damit ich übrigens nicht falsch verstanden werde: Wir helfen bei dem Versuch, für die Zukunft ein Klimaschutzkonzept zu entwickeln. Es muss aber ein Unterschied zwischen Mikrokosmos und Makroklima gemacht werden. Das muss nachvollziehbar und wissenschaftlich haltbar sein. Wir brauchen kein Klimaschutzkonzept für Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen ein weiteres Konzept nach 2012 für Europa und die Welt. Einen Mikrokosmos hier in Nordrhein-Westfalen aufzubauen, bedeutete, eine ABMaßnahme für Wissenschaftler einzurichten, die wir anderweitig besser einsetzen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kemper. – Jetzt hat noch einmal der grüne Abgeordnete Remmel um das Wort gebeten.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Welche Katastro- phe droht uns denn heute?)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte in der mir verbleibenden Zeit noch zwei Anmerkungen machen: – Ich sehe mich durch die Debatte hier und heute in meiner These bestätigt, dass ein stures Verhalten an der Forstreform verantwortungslos ist. Ich habe den Minister aber auch nicht so wahrgenommen, als wenn er in jeder Phase seines Handelns stur wäre. Herr Minister, Sie müssen – das wäre aus meiner Sicht die erste richtige Überlegung – den Menschen – vor allem denen, die draußen im Wald sind – jetzt Sicherheit geben.

Ich habe das Bild eines Bekannten aus meiner Region vor Augen, der fast 24 Stunden lang mit der Motorsäge im Wald steht und weiß, dass er demnächst in dieser PEM landet. Diesen Menschen – demnächst sind es sogar 150 – müssen Sie sagen, was passiert. Das wäre der erste Schritt, der für Sicherheit sorgen würde. Vielleicht muss man das nicht mit einem Zurücknehmen der Forstreform überschreiben, aber Sie müssen für Sicherheit sorgen.

Das ist keine Aufgabe nur für das nächste halbe Jahr, sondern diese Sturmschäden zu beseitigen wird eine Aufgabe mit einer Perspektive bis zu 20 Jahren sein. Deshalb brauchen nicht nur die Menschen, die im Wald arbeiten, Sicherheit, sondern auch die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer.

Eine weitere Bemerkung: Hier und heute haben sich zwischen den einzelnen Akteuren tiefe Gräben aufseiten der Regierung und aufseiten der Koalitionsfraktionen aufgetan, was die Bewertung des Klimawandels und der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen angeht. Da lagen richtige Welten dazwischen.

Herr Ellerbrock und Herr Kemper treten hier auf und sagen, alles habe nichts mit Klimawandel zu tun. Der Minister aber bestätigt genau diesen Zusammenhang. Offensichtlich haben Sie nicht die gleiche Linie. Offenbar wird das, was wir immer vermutet haben: Aufgrund der tatsächlichen Differenzen sind Sie nicht in der Lage, eine Klimakonzeption für Nordrhein-Westfalen vorzulegen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es ist schade, dass der Ministerpräsident jetzt aus dem Raum gegangen ist. Vielleicht hört er mich trotzdem noch. Wenn nicht, möge man ihm das bitte zutragen: Herr Ministerpräsident, Sie sind jetzt gefordert. Sie sind der Regierungschef dieses Landes. Sie fordere ich auf, ein Klimaschutzkonzept des Landes vorzulegen, weil offensichtlich die Beteiligten in den Fraktionen und in der Landesregierung dazu nicht in der Lage sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben es groß angekündigt. Zumindest hat der Herr Minister in seiner Eröffnungsrede erklärt, was er in dieser Legislaturperiode in diesem Bereich machen will. Aber bis heute liegt dazu nichts auf dem Tisch.

Allerdings gibt es offensichtlich auch politische Hinderungsgründe. In den entscheidenden Punkten, beispielsweise beim Kraftwerkszubau, vertreten Sie andere Positionen als die, die aus Klimaschutzgründen nötig wären. Offensichtlich gibt es grundlegende Differenzen zwischen den Regierungsfraktionen und der Regierung, und es besteht auch keine Einigkeit über den Weg, den Nordrhein-Westfalen in Sachen Klimaschutz beschreiten will. Das ist schade für dieses Land. Im Übrigen wird uns das auch wirtschaftspolitisch zurückwerfen. Wir werden alles tun, damit das nicht passiert, und deshalb weiter an diesem Thema arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Remmel. – Herr Minister Uhlenberg, wünschen Sie noch einmal das Wort?

(Minister Eckhard Uhlenberg: Nein.)

Dann hat der Abgeordnete Römer für die SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich will in dieser Aktuellen Stunde für die SPDFraktion zusammenfassend festhalten: Der Orkan Kyrill hat uns schonungslos vor Augen geführt, dass „Privat vor Staat“ keine Antwort auf die drängenden Fragen unserer Zeit ist.

Herr Minister Uhlenberg, eine solche Feststellung ist weder eine Belehrung noch, wie Sie das gerade zu unterstellen versucht haben, die Suche nach Schuldigen. Sie ist auch nicht der Versuch, parteipolitisches Kapital aus dieser Katastrophe zu schlagen, sondern eine solche Feststellung

macht deutlich, dass Sie mit Ihrer Politik „Privat vor Staat“ überhaupt nicht auf der Höhe der Zeit sind. Sie sind mit Ihrer Politik weit weg von dem, was in der Realität gefordert wird.

(Beifall von der SPD)

„Privat vor Staat“ ist keine Lösung für die Probleme, die der Klimawandel aufwirft, und auch keine Antwort auf die Frage, wie mit den Folgen dieses Orkans umgegangen werden soll. Der Markt ist blind für ökologische Herausforderungen – im Übrigen auch für soziale. Der Markt hat keine Antworten auf die Fragen, die sich in Bezug auf den Klimaschutz stellen. Hier ist eindeutig der Staat gefordert. Das Gemeinwesen muss sich um die Aufgaben kümmern, die Einzelne nicht schultern können.

Hier ist Solidarität gefordert. Starke müssen Schwächeren helfen. Hier sind vom Staat aufgestellte Leitplanken erforderlich. Der Staat muss die Rahmenbedingungen setzen und durchsetzen, damit unsere Erde auch für unsere Kinder und Enkelkinder lebenswert bleibt. Die Ideologie „Privat vor Staat“ hilft besonders bei Katastrophen und bei Weichenstellungen zugunsten künftiger Generationen überhaupt nicht. Das ist hier noch einmal deutlich geworden. Auch meine Vorrednerinnen und Vorredner haben das deutlich gemacht.

Das gilt für den Katastrophenschutz und für die Nachbarschaftshilfe. Das gilt für Wald und Forst und gleichermaßen auch für den Klimaschutz. Für die SPD will ich deshalb die wichtigen Punkte kurz zusammenfassen.