Protocol of the Session on January 25, 2007

Staat. Das passt aber auch zu den Waldbauern. Montag habe ich bei ihnen in Oberkirchen in der Küche gesessen. Dort ist mir das wieder deutlich geworden. Die Waldbauern wollen sich selbst helfen. Dort allerdings, wo sie es nicht ohne staatliche Hilfe schaffen, steht die Landesregierung bereit.

Wenn man so will, gibt es auch ein Glück im Unglück bei dieser Katastrophe. Die Holzindustrie klagt über eine Unterversorgung mit dem Rohstoff Holz. Noch einen Tag vor dem Sturm haben uns die Abnehmer gedrängt, mehr Holz zu liefern. Der Holzmarkt boomt. Das ist in dieser schlimmen Situation ein Lichtblick.

Die Fachleute glauben auch nicht, dass durch die jetzt anfallende Holzmenge zwangsläufig der Holzpreis sinkt. Wir sollten ihn zumindest nicht herunterreden. Es spricht viel dafür, dass der Markt das ganze Holz aufnehmen kann. Natürlich bekommt man für schadhaftes Bruchholz weniger als für ordnungsgemäß geerntetes Sägeholz. Das ist nicht zu leugnen. Die Preise sind aber in allen Sortimenten gut, sodass unsere Waldbauern rein ökonomisch hoffentlich mit einem blauen Auge davonkommen. Die Landesregierung wird dies konstruktiv begleiten.

In dieser Situation ist es hilfreich, dass wir auch mit der Forstwirtschaftlichen Vereinigung und gerade in letzter Zeit mit neuen Organisationsformen zur Holzvermarktung am Markt sind. Die Zusammenschlüsse von Waldbesitzern werden sich in diesem Zusammenhang bewähren.

Als vordringliche, nächste große Aufgabe für die Forstwirtschaft steht nach dem Aufräumen die Aufforstung an.

Niemand bestreitet heute, dass solche Stürme eine Folge des Klimawandels sind und wir in Zukunft mit häufigen Ereignissen dieser Art rechnen müssen. Ich will keinem Waldbesitzer vorschreiben, welche Bäume er anpflanzt. Ich empfehle aber, bei der Pflanzenwahl auch an Baumarten zu denken, die an voraussehbare Klimaveränderungen angepasster sind als andere. Die Waldbauexperten der Landesforstverwaltung werden hierzu entsprechende Hilfestellung leisten.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ein Wort zur Forstreform. In den letzten Tagen wurde diese immer wieder zur Debatte gestellt. Ich glaube, noch einmal deutlich machen zu müssen, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem gibt, was wir in den letzten Tagen erlebt haben – das ist eigentlich klar –, keinen Zusammenhang zwischen dem, was wir leisten müssen, um mit den Folgen dieses Sturms fertig zu werden,

und der Forstreform, die die Landesregierung auf den Weg gebracht hat.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wir werden die Forstreform nicht stoppen. – Selbst die Ihnen so nahestehende „taz“ hat diesen durchsichtigen Versuch als pure Parteitaktik kritisiert, Herr Remmel; den Versuch, Dinge in einen Topf zu werfen, die nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben.

Nach Abschluss des parlamentarischen Beratungsverfahrens werden wir die Forstreform umsetzen. Diese Reform ist richtig und notwendig und wird unsere Forstverwaltung in NordrheinWestfalen noch leistungsfähiger machen. Sonst würden wir sie nicht durchführen.

(Beifall von der CDU)

Mit der Forstreform werden wir Verwaltungskosten einsparen und in diesem Bereich mittelfristig auch Personal abbauen.

Das hat aber doch keine Auswirkungen auf die Aufarbeitung der Schäden in den vier Kreisen. Wir sind auch nach Umsetzung der Forstreform in der Lage, das Personal sehr flexibel an der richtigen Stelle einzusetzen. Wir ziehen keine Leute aus dem Wald ab. Das war auch vor dem Orkan nie unsere Absicht.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Die Förster bleiben in ihren Revieren und in der Fläche vertreten. Weil das so ist und bleibt, hat der Waldbauernverband – zwei Drittel unseres Waldes in Nordrhein-Westfalen sind Privatwald – die Pläne der Landesregierung zur Forstreform unterstützt.

(Annette Watermann-Krass [SPD]: Die sind doch eingekauft!)

Wenn Sie in diesen Tagen zu den Waldbauern in die Häuser gehen, spricht Sie niemand auf die Forstreform an. Es gibt andere Dinge, die jetzt umgesetzt werden müssen. Holzlagerplätze müssen eingerichtet oder wieder aktiviert werden. Die Lagerplätze im Sauerland waren in der letzten Zeit leer. Praktische Dinge zur Unterstützung der Arbeit vor Ort und zur Unterstützung der Arbeit der Förster sind notwendig. Die theoretische Debatte über die Forstreform, die in diesem Jahr noch gar nicht wirkt, ist eine reine Debatte im Rahmen der politischen Auseinandersetzung.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Sie hat mit den großen Schäden, die wir in Nordrhein-Westfalen – insbesondere in Südwestfalen – zurzeit haben, nichts zu tun.

Die Landesregierung hat auf die Folgen des Orkans rasch, angemessen und umfassend reagiert. Für mich bleibt es besonders wichtig, mich auch weiterhin persönlich über die Lage vor Ort, über den Stand der Aufräumarbeiten und über die Wirkung unserer Sofortmaßnahmen persönlich zu informieren.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Laut Ellerbrock ist das Katastrophentourismus!)

Ich werde das jede Woche machen. Daher werde ich am Samstag erneut die Schadensgebiete im Märkischen Kreis und in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein aufsuchen.

Über die von mir genannten Maßnahmen hinaus werden wir in den nächsten Wochen und Monaten alles tun, was uns möglich ist, um den Geschädigten zu helfen und die Wunden in der Natur zu heilen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Für die SPD-Fraktion erhält Frau Watermann-Krass das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf die Ausführungen von Herrn Minister Uhlenberg eingehen. Die Zusammenhänge zwischen der Forstreform und dem unermesslichen Einsatz, der vor Ort geleistet wird, wird von Ihnen absolut nicht gesehen. Er stellt sich für mich wirklich anders dar.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Reden Sie doch einmal mit den Forstamtsleitern. Reden Sie mit der Försterin und dem Förster vor Ort. Diese sagen mir, dass sie trotz dieser Reform unter Lebensgefahr großen Einsatz zeigen. Es besteht die Befürchtung, demnächst als Lebensmittelkontrolleur in Ostwestfalen-Lippe oder in der tiefsten Eifel eingesetzt zu werden. Die Angst um ihren Arbeitsplatz ist Realität.

(Beifall von der SPD)

Ich komme zu den Ausführungen von Herrn Ellerbrock. Ich weiß nicht, ob er anwesend ist.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Natürlich!)

Herr Ellerbrock, ich denke, Sie werden gleich noch einmal an das Rednerpult kommen und auch mir eine Haltungsnote geben.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Sie haben sich klar als Klimafachmann geoutet. Ich habe Gespräche mit wirklich kompetenten Mitarbeitern der LÖBF geführt, die gerade im Bereich des Klimawandels tätig sind. Diese sagen mir, man benötige über eine lange Zeit beständig Aufzeichnungen über verschiedene Parameter, um daran festzustellen, wie sich das Klima in unserem Land verändert. Sie sagen mir, durch die Zerschlagung dieser Sonderbehörden, durch die Abkopplung der Rechner, die bislang alle zusammenlaufen, könnten sie gar nicht garantieren, dass die Arbeit, die sie über Jahre hinweg geleistet haben, jetzt noch in dem Umfang im Land erhalten bleibt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Besser keine Aufzeich- nungen! Sie könnten ihn überzeugen!)

Ich denke, Herr Ellerbrock wird gleich noch einmal darauf eingehen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Mit Sicherheit!)

Zurück zu meinen Ausführungen. Europaweit ist Nordrhein-Westfalen am stärksten betroffen mit 25 Millionen Bäumen, die 12 Millionen Kubikmetern Holz entsprechen. Diesen Schaden hat der Orkan Kyrill in diesem Land angerichtet. Übrigens ist das die doppelte Menge dessen, was sonst komplett in diesem Land eingeschlagen wird. Das macht, wie Sie eben ausgeführt haben, wirklich für einige Waldbesitzer die Arbeit von Generationen kaputt.

Von den Forstbehörden höre ich, die Kollegen schufteten bis spät in die Nacht und auch am Wochenende. Diese Fachleute wissen auch, dass gerade Sturmholzbeseitigung eine wirklich gefährliche Arbeit darstellt. Eile ist geboten. Das Sturmholz muss vor dem Borkenkäferflug im April ins Lager oder zur Weiterverarbeitung abtransportiert werden.

Sie, Herr Minister Uhlenberg, reisen durch das Land, schauen sich die Schäden an. Sie versprechen Hilfe in Form einer Aufhebung der Arbeitszeitbeschränkung und einer Erleichterung des Zugangs von Arbeitskräften aus der EU für die Forstarbeit. Sie richten, wie es sich in anderen Bundesländern bewährt hat, auch in NRW ein Informationszentrum ein. Dieses Informationszentrum – das habe ich heute wieder gehört – funktioniert leider noch nicht. Das Callcenter arbeitet noch nicht. Dieses Zentrum soll dazu beitragen, dass die Sicherheit, die Kommunikation und die Koordination für alle Beteiligten verbessert werden.

Es wird über Landesbürgschaften und über Steuererleichterungen für die Betroffenen nachgedacht, wie Sie ausgeführt haben. Das ist richtig und angemessen. Den Betroffenen muss schnell und unbürokratisch geholfen werden.

Deshalb spreche ich auch an dieser Stelle den Dank an alle Kräfte aus, die im Einsatz waren und noch sind, um die Schäden dieses Orkans zu beseitigen.

(Beifall von der SPD)

Um die Folgen dieser Naturkatastrophe bewältigen zu können, brauchen die Waldbesitzer, die Beschäftigten des Landesbetriebes und alle Menschen im Land, die Nutzer und Genießer des Waldes sind, aber klare und nachhaltige Perspektiven, die wirklich in die Zukunft weisen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der Klimawandel ist nämlich spürbar. Nicht nur die Stürme nehmen zu, auch die Dürreperioden und der Anstieg des CO2-Wertes werden den Wald auf Dauer belasten und verändern. Noch haben wir im Land gut ausgebildete Forstwirte, die sich mit diesen Herausforderungen beschäftigen, wie ich es gerade ausgeführt habe. Es wird Sachverstand benötigt, wenn in nächster Zeit ganze Wälder neu aufgeforstet werden müssen.

Wir brauchen keine Monokulturen, sondern standortgerechte Wälder. Es müssen zukünftig Wälder entstehen, die eine hohe Stabilität, eine geringe Anfälligkeit bei klimatischen Schwankungen aufweisen und eine verlässliche Ressource für die kommenden Generationen sind. Unser Wald schützt wie sonst andere Elemente in ganz besonderem Maße unsere Umwelt und trägt zum Schutz von Boden, Wasser und Luft bei.

Der Orkan Kyrill zeigt, wie wichtig eine funktionierende Forstverwaltung ist. Jetzt muss es darum gehen, die Schäden in den Griff zu bekommen. Dies schaffen derzeit die Beschäftigten des Landesbetriebes durch ihren selbstlosen Einsatz. Sie kennen die betroffenen Waldbesitzer und deren Waldfläche. Sie können kompetent die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, weil sie eben die Menschen sind, die über die entsprechende Kenntnis vor Ort verfügen.

Aber in Zukunft wird bei einer Katastrophe wie dieser keine schlagkräftige Verwaltung mehr zur Verfügung stehen; denn auch im Wald gilt in Zukunft das Motto „Privat vor Staat“. Dafür sollen 148 Kolleginnen und Kollegen der Landesforstverwaltung aufs Abstellgleis geschickt werden.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Oh!)

Ich kann gerne auch auf die Einzelheiten dieser Forstreform eingehen. Dann wird sich nämlich sehr bald zeigen, dass der kleine Privatwald ohne staatliche Unterstützung wirklich am Ende ist.